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E-Book

Motivationsdiagnostik

AutorFalko Rheinberg
VerlagHogrefe Verlag Göttingen
Erscheinungsjahr2004
Seitenanzahl170 Seiten
ISBN9783840916151
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR

Motivationspsychologische Fragestellungen und Konzepte sind für zahlreiche Bereiche der Psychologie bedeutsam, wie zum Beispiel für die psychologische Beratung, die Interventions- und Therapieplanung sowie die Evaluation und Forschung. Wie kann man aber feststellen, welche Motivationsform oder welches Motivationsproblem in einem konkreten Fall vorliegt? Der Band ist die erste deutschsprachige Monographie, die sich ausschließlich mit dieser Fragestellung beschäftigt und eine leicht verständliche Einführung in die Motivationsdiagnostik bietet.

Zunächst wird ein siebenstufiges Diagnoseschema zum Motivationsprozess beschrieben, mit dem sich verschiedene Motivationsformen und Motivationsprobleme vorweg grob einordnen lassen. Zu jeder Stufe dieses Schemas werden deutschsprachige Diagnoseinstrumente vorgestellt und so beschrieben, dass sie vom Leser praktisch eingesetzt und im Ergebnis richtig eingeordnet werden können. Vergleichskennwerte zu den einzelnen Verfahren werden im Buch entweder direkt aufgeführt oder es wird eine leicht zugängliche Quelle genannt. Das Buch bietet somit einen Überblick über bewährte Verfahren der Motivationsdiagnostik und gibt zahlreiche Hinweise zur Interpretation der Ergebnisse. 

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis und Vorwort
  2. 1 Einführung
  3. 2 Ein Analyseschema zur Motivationsdiagnostik
  4. 3 Die Erfassung motivationsrelevanter Tätigkeitsqualitäten
  5. 4 Motivation über fremdkontrollierte Anreize
  6. 5 Diagnose von Handlungsergebnissen
  7. 6 Die Attraktivität von Handlungsergebnissen – ihre direkte und indirekte Erfassung
  8. 7 Erreichbarkeit von Handlungsergebnissen: Wirksamkeitserwartungen und Fähigkeitseinschätzungen
  9. 8 Willensdefizite und selbstbeherrschte Zielaktivität
  10. 9 Anwendungsaspekte der Motivationsdiagnostik
  11. 10 Praktischer Einsatz des Diagnoseschemas
  12. Literatur
  13. Anhang: Vergleichskennwerte und Testverzeichnis
Leseprobe

3 Die Erfassung motivationsrelevanter Tätigkeitsqualitäten (S. 31-32)

3.1 Theoretische Annahmen
Eine Tätigkeit, die schon im Vollzug großen Spaß macht, braucht keine weitere Veranlassung, um ausgeführt zu werden. „Motivationsprobleme" ergeben sich allenfalls dann, wenn man diese Tätigkeit häufiger und intensiver ausführt, als es mit Blick auf unerwünschte Konsequenzen gut wäre (z.B. Übergewicht beim Essen; Gesundheitsschäden beim Rauchen; finanzieller Schaden beim zwanghaften Spielen etc.). Ist der Tätigkeitsvollzug neutral oder gar negativ, muss sich die aktuelle Motivation auf anreizbesetzte Ergebnisfolgen und/oder die Fremdsteuerung stützen, sofern engagierte Zielverfolgung zu Stande kommen soll. Das ist weit unsicherer und erfordert mehr kognitive Zwischenprozesse, als eine Motivation, die sich unmittelbar aus dem positiven Anreiz des Tätigkeitsvollzugs ergibt.

Wenn der Arzt jemandem sagt, er müsse zwecks Blutdrucksenkung häufig Fahrrad fahren, so hat dieser Patient großes Glück, wenn er sich ohnehin gerne in der frischen Luft bewegt. Personen, die dieses positive Vollzugserleben nicht haben, müssen sich ständig mit Blick auf die gesundheitlichen Folgen zur Tätigkeitsaufnahme aufraffen. Sie werden immer wieder wichtige/ dringende Dinge haben, die sie heute leider vom Radfahren abhalten. Häufig werden sie ihre vernünftigen Vorsätze auch einfach vergessen. Die Schülerin, die sich gerne mit Zahlen und logischen Systemen befasst, hat für das Fach Mathematik eine günstige Prognose, wenn sie wegen einer Krankheit im Unterricht für längere Zeit gefehlt hat und deshalb nacharbeiten muss. Die hier erforderliche Beschäftigung mit Mathematikaufgaben macht ihr ohnehin Freude und sie wird sie nicht vor sich herschieben, wie sie das vielleicht im ungeliebten Fach Erdkunde tut.

Oberflächlich betrachtet, sind die Dinge also trivial. Nicht trivial ist dagegen die Frage, was dann genau solche Tätigkeitsanreize ausmacht und wie sie in ihrer individuellen Unterschiedlichkeit entstanden sind. Hierzu weiß die Forschung erst relativ wenig. Die klassische Motivationspsychologie hatte nämlich die Tendenz, Motivation über Anreize und Wahrscheinlichkeiten von Folgen zu verstehen und weniger über den Anreiz der Tätigkeit selbst. Teils wegen der mitunter problematischen Auswirkungen hoch positiver Tätigkeitsanreize (Suchtverhalten, s. o.), vor allem aber wegen der massiven Motivationskonsequenzen fehlender positiver Tätigkeitsanreize ist es ratsam, solche Anreize routinemäßig gleich zu Beginn jeder Motivationsdiagnose zu erfassen. Von daher steht im Diagnoseschema der Abbildung 2 die Frage nach den Tätigkeitsanreizen auch an erster Stelle. Bemerkenswerterweise gibt es allerdings erst wenige Verfahren, die gezielt zu dieser Frage entwickelt wurden. Aus der jüngeren Forschung lassen sich aber Methoden übernehmen, die auch in der Praxis verwendbar sind. Sie werden im Folgenden auszugsweise vorgestellt. Die Verfahren sind meist quantitativer Art. Qualitative Aspekte lassen sich durch standardisierte Interviews abklären (s. Abschnitt 3.5). Neben der üblichen rückblickenden Selbstauskunft lässt sich gerade hier die in situ Erhebung durch die Erlebens- Stichproben-Methode (ESM) sinnvoll einsetzen (siehe Abschnitt 3.3.1).

3.2 Bestimmung der Attraktivität einer Tätigkeit

3.2.1 Die Persönliche Hitliste (PH)

Geht es nur darum, festzustellen, wie gerne jemand eine Tätigkeit ausführt, so kann man diese Tätigkeit natürlich auf einer entsprechenden Skala („gar nicht gerne" bis „sehr gerne") einordnen lassen. Insbesondere, wenn man unter Alltagsbedingungen vorhersagen will, was jemand wahrscheinlich tun wird, müsste man dazu auch die Attraktivität der möglichen Konkurrenztätigkeiten kennen. So könnte Englisch zwar ein Lieblingsfach in der Schule sein, gleichwohl ist deshalb nicht sicher, dass sich die Englischhausaufgaben im nachmittäglichen Verdrängungswettbewerb gegen das Reiten oder ein Treffen mit dem Freund durchsetzen können. Um hier zu einer absoluten und individuell möglichst lebensnah verankerten Einschätzung zu kommen, kann man die Persönliche Hitliste (PH) einsetzen (Rheinberg, 1989, S. 137 f.). Dies kann schriftlich geschehen oder gesprächsweise mit optischer Skalenunterstützung. Die Skala reicht von 1 (unbeliebteste Tätigkeit) bis 9 (beliebteste Tätigkeit).

Inhaltsverzeichnis
Vorwort der Herausgeber7
Inhaltsverzeichnis9
Vorwort13
1 Einführung15
1.1 Anlässe zur Motivationsdiagnostik im Alltag15
1.2 Professionelle Motivationsdiagnostik17
1.3 Gegenstand dieses Buches19
1.4 Ziele des Buches20
2 Ein Analyseschema zur Motivationsdiagnostik21
2.1 Das Grundmodell21
2.2 Das leitende Diagnoseschema23
3 Die Erfassung motivationsrelevanter Tätigkeitsqualitäten31
3.1 Theoretische Annahmen31
3.2 Bestimmung der Attraktivität einer Tätigkeit32
3.2.1 Die Persönliche Hitliste (PH)32
3.2.2 Fachspezifische Tätigkeitsanreize (PMI-GT)34
3.3 Befindlichkeit im Tätigkeitsvollzug35
3.3.1 Die Erlebens-Stichproben-Methode (ESM)35
3.3.2 Die Erfassung des motivationsrelevanten Befindens mit PANAVA37
3.3.3 Flow-Erleben: Die Erfassung eines besonderen Zustandes (FKS)41
3.4 Motivation über den Zweck oder die Tätigkeit: Die AF-Skala45
3.5 Interviewleitfaden zur qualitativen Analyse48
3.6 Interesse als besondere Determinante des Tätigkeitserlebens50
3.6.1 Positives Erleben als Merkmal der Interessenhandlung50
3.6.2 Klassische Interessentests51
3.6.3 Der Fragebogen zum Studieninteresse (FSI)52
3.7 Bewertung und Ausblick53
4 Motivation über fremdkontrollierte Anreize55
4.1 Eingrenzung des Diagnosegegenstandes55
4.2 Konzeptionelle Verankerung57
4.3 Academic Motivation Scale (AcMS)57
4.4 Fremdbewertungsanreize im PMI59
4.5 Fremdbewertungsanreize im Einzelinterview60
4.6 Bewertung und Ausblick61
5 Diagnose von Handlungsergebnissen63
5.1 Führt die Aktivität zu einem Ziel?63
5.2 Subjektive Zielstruktur64
5.3 Bewertung und Ausblick65
6 Die Attraktivität von Handlungsergebnissen – ihre direkte und indirekte Erfassung67
6.1 Theoretische Annahmen67
6.2 Kontext- und episodenspezifische Anreizexplorationen: Beispiele für Interviews und adaptierte Fragebögen70
6.2.1 Modellgeleitete Anreizinterviews: Verübte Straftat als Beispiel70
6.2.2 Episodenspezifische Fragebögen: Vorbereitung auf eine Klassenarbeit als Beispiel72
6.3 Zielorientierung: Die Bevorzugung ausgewählter Ergebnisfolgen beim Lernen74
6.3.1 Das theoretische Konstrukt74
6.3.2 SELLMO: Ein standardisiertes Verfahren zur Erfassung der Zielorientierung75
6.4 Fragebögen zur Erfassung motivationaler Selbstbilder78
6.4.1 Leistungsmotivationsfragebögen78
6.4.2 Kombinierte Fragebogenverfahren85
6.5 TAT zur Erfassung basaler (impliziter) Motive88
6.5.1 Theoretische Grundlagen88
6.5.2 Die Technik des TAT-Verfahrens90
6.5.3 TAT zur Leistungsmotivation91
6.5.4 Multi-Motiv-TAT von Winter (1991)93
6.5.5 Bewertung des TATs93
6.6 Die GITTER-Technik zur Motivmessung94
6.6.1 Die Charakteristik des semiprojektiven Verfahrens94
6.6.2 Das LM-Gitter95
6.6.3 Das Multi-Motiv-Gitter MMG97
6.7 Ein Fragebogen zur aktuellen Motivation (FAM)99
6.8 Bewertung und Ausblick101
7 Erreichbarkeit von Handlungsergebnissen: Wirksamkeitserwartungen und Fähigkeitseinschätzungen103
7.1 Theoretische Annahmen103
7.2 Erfassung aktueller Erfolgserwartung (AE)105
7.3 Erfassung bevorzugter Erfolgswahrscheinlichkeiten (Zielsetzung im Labyrinthspiel, ZS-L)105
7.4 Die Erfassung von Selbstwirksamkeitserwartungen108
7.4.1 Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung108
7.4.2 Fragebogen zur Kompetenz- und Kontrollüberzeugung (FKK)110
7.5 Selbstkonzept der intellektuellen Fähigkeiten113
7.5.1 Das theoretische Konzept113
7.5.2 Das Selbstkonzept der Begabung (SKB-Fragebogen)115
7.5.3 Die Erfassung des schulischen Selbstkonzeptes (SESSKO)117
7.6 Bewertung und Ausblick120
8 Willensdefizite und selbstbeherrschte Zielaktivität123
8.1 Theoretische Grundlagen: Motivation und Wille123
8.2 Beispiel: Selbstregulationsprobleme im Fach Mathematik126
8.3 Handlungs- vs. Lageorientierung (HAKEMP)128
8.4 Verhaltensnahe Diagnostik einzelner Selbstregulationskomponenten: Der SRKT-K131
8.5 Habituelles Vermeiden von Anstrengung als Selbstregulationsproblem133
8.5.1 Das theoretische Konzept133
8.5.2 Der Anstrengungsvermeidungstest (AVT)134
8.6 Bewertung und Ausblick136
9 Anwendungsaspekte der Motivationsdiagnostik137
9.1 Das Diagnoseschema und die Verfahrensauswahl in diesem Band137
9.1.1 Zur Funktion des Diagnoseschemas137
9.1.2 Zur Verfahrensauswahl137
9.2 Motivationsdiagnostik im Einzelfall138
9.2.1 Abklären von Problemfällen138
9.2.2 Prognosen140
9.3 Motivationsdiagnostik auf der Gruppenebene141
10 Praktischer Einsatz des Diagnoseschemas143
10.1 Ein Beispiel143
10.2 Das diagnostische Vorgehen144
10.3 Das Diagnoseschema im Explorationsgespräch144
10.4 Die Testsitzung148
10.5 Bewertung und Ausblick149
Literatur151
Anhang: Vergleichskennwerte165
Testverzeichnis169

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