Das Alt-Strelitzer Residenzschloss war ein Wasserschloss, das aus einer mittelalterlichen Burg an der Kreuzung von Handelswegen entstanden war. Seit 1316 befand sich hier eine Burg der Brandenburger Markgrafen. Bereits 1673 wurde diese zur „ständigen Logis“ der Mecklenburger Herzöge hergerichtet.[22] Schon vor der Landesteilung von 1701 war das Strelitzer Stadtschloss die Residenz des späteren ersten Fürsten Adolph Friedrich II.[23]
Mit der Wahl einer festen Residenz entsprachen die Mecklenburger Fürsten den Gegebenheiten der Zeit. Ab etwa 1500 wurden die Fürsten auch in Deutschland zunehmend sesshaft. Dieses Sesshaftwerden führte zum Ausbau der Stadtschlösser. In den Städten entstanden um die Residenzen weitestgehend geschlossene Gebiete, die Schlossbezirke, in denen sich der Hofstaat ansiedelte.[24]
Abb. 2: Alt- Strelitz, Plan der Residenzstadt im frühen 18. Jahrhundert
Im Hamburger Vergleich wurden Adolph Friedrich II. einmalig 8000 Taler zugesprochen, damit er sich ein „ansehnliches Schloss“ bauen konnte.[25]
Für die Zeit nach 1700 finden sich auch die ersten Nachrichten über Umbau- und Erweiterungsarbeiten in Strelitz in den Akten. Von 1700 bis 1709 wurde auf dem Bauhof ein Reitstall errichtet. Der Marstall wurde 1703 repariert.[26]
Am 10. Januar 1707 wurde Joachim Borchman als Baumeister verpflichtet. Aus einem Empfehlungsschreiben Borchmans geht hervor, dass er zuvor, ähnlich wie die meisten Baumeister der Zeit, für das Militär gearbeitet und durch Reisen nach „Frankreich, Holl- und Engelland [...]“ bereits Erfahrungen gesammelt hatte.[27] Mit der Einstellungsurkunde wurden ihm konkrete Aufgaben zugewiesen. Er sollte die Residenz und die Amtsbauten im Bistum Ratzeburg errichten sowie eine nicht näher benannte Kirche reparieren oder umbauen.[28] Es ist anzunehmen, dass es sich hier um den Ausbau einer Kirche zu höfisch- zeremoniellen Zwecken handelte. 1707 entstanden für den Postmeister und den Oberschenken[29] zwei neue Häuser. Bereits für den Juli 1707 weist eine Handwerkerrechnung eine „neue Schloßbrücke“ sowie ein Dachfenster in einem „neuen Stock“ des Schlosses aus.[30] Nachrichten über einen beabsichtigten Umbau der Stadt nach barockem Muster sind nicht vorhanden. 1708 starb der erste Landesherr.[31] Sein Nachfolger, Adolph Friedrich III., ließ das Schloss weiter ausbauen.
Der Ausgangspunkt der größeren Umbauten des Strelitzer Schlosses war die Hochzeit Adolph Friedrich III. mit Dorothea Sophia von Holstein-Plöen am 16. April 1709.[32] Die laut dem Hamburger Vergleich von 1701 einmalig gezahlten 8000 Reichstaler zum Residenzausbau waren vielleicht schon verbraucht.
Die nun benötigten Mittel kamen mit der Gemahlin aus Holstein. Zusätzlich zum „üblichen Brautschatz“ wurde im „Ehepact“ von 1708 die Zahlung von 17500 Dänischen Kronen, etwa 12000 Reichstaler, vereinbart. Im Gegenzug sollte Adolph Friedrich das Amt Mirow, Sperenberg oder Stargard als Witwensitz für die Herzoginmutter zur freien Auswahl stellen und ausbauen.[33] Es wurde unterstellt, dass die Herzogin Einfluss auf die Landesverwaltung ausübte[34] und die treibende Kraft hinter den Bautätigkeiten war.[35]
Nach der Hochzeit forcierte der Herzog unverzüglich die Bauarbeiten in Strelitz. Bereits am 18. April 1709 ermahnte er den Baumeister Borchman schriftlich: „das ein und andere Bauen und repariren lassen geht zu langsam voran [...]“. Borchman sollte mit „ernsterem Fleiße und Kräften [...]“ an die Arbeiten herangehen.[36]
Für das Jahr 1709 existieren umfangreiche Baurechnungen, die neben dem neuen Stockwerk auch eine neue Küche erwähnen. Für das Jahr 1709 bis 1710 beliefen sich die Ausgaben zum Schlossbau, darunter für die Zimmer der Herzogin und für neue Möbel, das Superintendentenhaus, zum Brückenbau und für den Chor der Stadtkirche auf 1360 Reichstaler.[37] Die Vielzahl der Rechnungen und die genannten Summen sprechen für den größeren Umfang der Umbauarbeiten. Anhaltspunkte über die formalen Veränderungen geben sie nicht. Nach Aktenlage war auch jetzt kein Geld in den Aus- oder Umbau der Residenzstadt Strelitz geflossen.
Der Umbau des Schlosses könnte bereits 1710 abgeschlossen worden sein. Dafür sprechen die fehlenden Rechnungen in den Akten ab dem Jahr 1710 und der gleichzeitig begonnene Ausbau eines Hauses auf dem Gelände der Meierei in Glieneke. Zudem schrieb ein gewisser G. Bartsch[38] aus Berlin am 17. März 1713 zum Verbleib von Entwurfszeichnungen zum Strelitzer Schloss aus dem Jahre 1711, dass es 1711 „keine apparence, daß Hochfürstl. Durchl. bauen würden [...]“ gegeben hatte.[39]
Eine wichtige Bedeutung hatte der Residenzausbau innerhalb des innermecklenburgischen Konfliktes mit Mecklenburg-Schwerin. Strelitz war von den Staaten des Niedersächsischen Kreises, allen voran Braunschweig-Celle, als machtpolitisches Gegengewicht zum größeren Mecklenburg-Schwerin aufgebaut worden. Schwerin musste für den Ausbau einer Residenz in Strelitz einmalig 8000 Reichstaler zahlen. Die weiteren Zahlungen aus Niedersachsen und Dänemark für den Residenzausbau in Strelitz und in der Folge für Neustrelitz zeigen, dass die Existenz einer repräsentativen, mit Schwerin vergleichbaren Residenz im Ringen um Vormacht innerhalb Norddeutschlands von Bedeutung war.
Adolph Friedrich II. und Adolph Friedrich III. versuchten mit dem Ausbau des innerstädtischen Residenzschlosses von 1701 bis 1710 nicht nur den allgemeinen Tendenzen und „Moden“ der Zeit zu folgen. Dieser war Teil des notwendigen Landesausbaus. Adolph Friedrich II. versuchte durch eine Vielzahl zentralistisch gesteuerter Unternehmungen das Einkommen des Landes zu heben.[40] Wie die Akten zeigen, wurden die neuen Bauten in der Stadt für den angewachsenen Hofstaat und die Verwaltung des Landes errichtet. Der Umbau des Schlosses war zur Installation einer zentralen Verwaltung aber auch zu repräsentativen Zwecken für die neuen Landesherrn notwendig.
Um 1700 war der Raum in vielen deutschen Residenzstädten, sowohl für die gewachsenen Hofstaaten, wie zur Errichtung repräsentativer Bauten, bereits zu eng geworden. Auch die Stadt Strelitz bot keinen Platz mehr zur Erweiterung, wie der Herzog einige Jahre später selbst feststellte.[41]
Die Fürsten mussten um 1700 vor die meist noch befestigten Städte ziehen, um dort die neuen Formen der repräsentativen Raumgestaltung zu entfalten.[42] Oft geschah dies durch planmäßige Stadterweiterungen, wie in der Berliner Dorotheenstadt und der Friedrichstadt.
Einen anderen Weg, die Flächen vor den Toren der Städte zu erschließen, stellte die Errichtung von Lusthäusern und die Anlage von Gärten dar.[43] Kleinere Lust- oder Jagdhäuser bildeten oft die Zwischenstufe auf dem Weg zu repräsentativen Lustschlössern und neuen Residenzen vor der Stadt.
Auch bei Strelitz entstanden schon früh einige dieser Anlagen. So gab es in Christiansburg, das noch bis zum Ausbau des Mirower Hauses 1712 als Witwensitz für die Gemahlin Adolph Friedrichs II. genutzt wurde,[44] einen von Franz Sänger betreuten Garten.[45]
In Glieneke auf einem Gutshof, der wegen seiner Verbindung zu dem Domanialgebieten Torwitz und Prelank von Bedeutung war,[46] wurde gebaut, nachdem der Umbau des Strelitzer Stadtschlosses beendet war. Das hier entstandene Haus nimmt innerhalb der Residenzbildung und der späteren Residenzverlagerung eine bedeutende Rolle ein.
Das landwirtschaftliche Gut Glieneke soll seit 1549 im Besitz des Herzogs Johann Albrecht gewesen sein.[47] Glieneke war seitdem immer Teil des fürstlichen Domanialgebietes[48] und gehörte stets zum Amt Strelitz.[49]
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