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I.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen
Organspenden machen Organtransplantationen möglich. Folgende Organe können von einem verstorbenen Spender auf einen Empfänger übertragen werden: Niere, Leber, Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse, Dünndarm und Haut. Außerdem lassen sich Gewebe wie Hornhaut und Knochen, Gehörknöchelchen, Herzklappen, Teile von Blutgefäßen, Hirnhaut, Knorpelgewebe und Sehnen transplantieren. »Zurzeit können Niere, Herz, Leber, Lunge, Pankreas und Dünndarm nach dem Tod gespendet werden. Diese Organe gehören zu den vermittlungspflichtigen Organen. Ihre Spende, Entnahme, Vermittlung und Übertragung unterliegt den Regelungen des deutschen Transplantationsgesetzes«, heißt es in einer Information der Deutschen Stiftung Organtransplantation.3 Von lebenden Spendern kann eine Blut- und Knochenmarkspende oder die Spende einer Niere oder eines Teiles der Leber erfolgen. Genaueres regelt das Transplantationsgesetz.
Das deutsche Transplantationsgesetz (TPG) wurde im Juni 1997 vom Bundestag mit großer Mehrheit verabschiedet und ist seit dem 1. Dezember 1997 in Kraft.4 Damit wurden die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen für die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen, die nach dem Tod oder zu Lebzeiten gespendet werden. Es schließt jeden Missbrauch aus und schafft Rechtssicherheit für Spender, Empfänger und alle an der Organentnahme Beteiligten. Es sorgt für Transparenz und Chancengleichheit unter allen Organempfängern, da die Verteilung streng nach bundesweit einheitlichen Richtlinien erfolgt. So ist jedenfalls die gesetzliche Vorgabe. Einige Vorfälle in der jüngsten Vergangenheit – Manipulationen in der Zuteilung von Organen in verschiedenen Unikliniken, zum Beispiel in Regensburg und Göttingen – haben jedoch gezeigt, dass es in der Praxis auch in diesem Bereich zur Beugung und zum Bruch des Rechts kommt.
Die Lebendspende von Organen und Gewebe ist im TPG, Abschnitt 3, § 8 genau geregelt.5 Es folgt eine ausführliche Erläuterung des Gesetzes gemäß den Bekanntmachungen der Bundesärztekammer.6
»Die Lebendorganspende kann und soll bei den Bemühungen der Medizin um das Leben und die Lebensqualität von Empfängern (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 TPG) das Verfahren der postmortalen Organspende nur individuell ergänzen, nicht generell ersetzen.«7 Das TPG begrenzt jedoch den Kreis potenzieller Spender, die für eine Lebendorganspende infrage kommen. In Paragraf 8 Abs. 1 Satz 2 ist die Lebendorganspende auf »Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, Verlobte oder andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen«, beschränkt. »Lebendorganspender können nur volljährige und einwilligungsfähige, über unmittelbare und mittelbare Folgen sowie Spätfolgen aufgeklärte Personen sein, die der Organentnahme freiwillig zugestimmt haben. Die Lebendorganspende ist gemäß Transplantationsgesetz auch nur dann zulässig, wenn zum Zeitpunkt der Organentnahme kein geeignetes Organ eines Verstorbenen zur Verfügung steht. Deshalb muss der Empfänger rechtzeitig auf die Warteliste im Transplantationszentrum aufgenommen und bei der Vermittlungsstelle als transplantabel gemeldet werden. Der Arzt hat sich über die besondere persönliche Verbundenheit von Spender und Empfänger zu informieren und sich der Freiwilligkeit der Organspende zu vergewissern. Bei nicht Deutsch sprechenden Ausländern ist immer ein hierfür geeigneter Dolmetscher hinzuzuziehen. Spender und Empfänger müssen sich vor der Transplantation bereit erklären, an den ärztlich begründeten Nachsorgemaßnahmen teilzunehmen (§ 8 Abs. 3 TPG).«8
»Eine rechtswirksame Aufklärung des Spenders zur Organentnahme muss durch den verantwortlichen Arzt gemeinsam mit einem weiteren approbierten Arzt erfolgen, der nicht mit der Transplantation befasst und von dem transplantierenden Arzt unabhängig ist. Sie muss Folgendes umfassen:
• die Möglichkeit der Transplantation eines postmortal entnommenen Organs ohne Belastung und Gefährdung des Lebendorganspenders
• Art und Umfang des Eingriffs sowie mögliche Komplikationen
• Folgen und Spätfolgen, Hinweis auf mögliche Minderung der Erwerbsfähigkeit
• Erfolgsaussicht der Transplantation und versicherungsrechtliche Absicherung
• Erläuterung der ärztlich begründeten Nachsorgemaßnahmen
• Einbeziehung der Gutachterkommission
• Hinweis auf die Möglichkeit, auch in einem vertraulichen Gespräch die Einwilligung bis zum Eingriff zu widerrufen.
Die Aufklärung muss vollständig dokumentiert, das Protokoll von allen Gesprächsteilnehmern, die Einverständniserklärung vom Spender unterschrieben werden (§ 8 Abs. 2 TPG).«9
»Die versicherungsrechtliche Absicherung des Spenders kann die anstehenden Entscheidungen beeinflussen. Deshalb muss der verantwortliche Arzt für verständliche und verbindliche versicherungsrechtliche Auskünfte sorgen, gegebenenfalls eine in Versicherungsfragen sachverständige Person hinzuziehen. In dieser Empfehlung sind nur Hinweise möglich. Die Kosten der Lebendorganspende, ihrer Vorbereitung und der erforderlichen Nachbehandlung gelten als Behandlungskosten des Empfängers und werden deshalb von seiner Krankenversicherung getragen. Einzelheiten der Zahlungsverpflichtung können von einzelnen gesetzlichen Krankenkassen unterschiedlich beurteilt und von einzelnen privaten Krankenversicherungen je nach Versicherungstarif verschieden weit abgedeckt werden. Daher erfordert es die Aufklärungspflicht, von der gesetzlichen oder der privaten Krankenkasse des potenziellen Empfängers eine schriftliche Zusage für die Übernahme der Kosten einzuholen. Sie muss dem Spender die Kostendeckung gewährleisten für:
• die erforderlichen Voruntersuchungen
• die Beurteilung durch die Kommission nach § 8 Abs. 3 TPG
• die erforderlichen Fahrten
• den stationären Aufenthalt
• die Organentnahme
• die unmittelbare Nachbehandlung und die ärztlich empfohlene Nachbetreuung
• den nachgewiesenen Ausfall des Nettoverdienstes.
Der Spender ist kraft Gesetzes auch in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Zuständig ist der Unfallversicherungsträger des Transplantationszentrums. Von hier wird auch eine Komplikation gemeldet. Wann, wofür und wieweit die gesetzliche Unfallversicherung anstelle der Krankenversicherung des Empfängers Kosten übernimmt, müssen gegebenenfalls die beiden Versicherungsträger untereinander klären. Falls der Spender entsprechende Auskünfte wünscht, sollten sie von den Versicherungsträgern schriftlich eingeholt werden. Die Kosten für mittelbare und Spätfolgen der Lebendorganspende werden außer der ärztlich empfohlenen Nachbetreuung von der Krankenversicherung des Empfängers nach derzeitigem Kenntnisstand nicht getragen. Darüber sind Spender und Empfänger ausdrücklich aufzuklären.
Eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit infolge einer Lebendorganspende ist von der jeweiligen Rentenversicherung, eine Pflegebedürftigkeit von der sozialen oder der privaten Pflegeversicherung abgedeckt. Nicht abgesichert ist das Risiko finanzieller Einbuße durch Arbeitsunfähigkeit und vorzeitige Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit. Ist der Empfänger oder der Spender oder sind beide nicht kranken- und rentenversichert, macht dies die große Verantwortung des transplantierenden Arztes und der Kommission nach § 8 Abs. 3 TPG besonders deutlich.«10
»Der Empfänger muss sowohl über alle transplantationsspezifischen Fragen aufgeklärt werden als auch über die:
• Möglichkeit und gegebenenfalls sogar Notwendigkeit der Transplantation eines postmortal entnommenen Organs
• Belastungen und Gefährdungen des Lebendorganspenders
• Zustimmung zu ärztlich begründeten Nachsorgemaßnahmen.«11
Um das Risiko bei einer Lebendorganspende so gering wie möglich zu halten, sind auch beim Organspender Untersuchungen der Organfunktion und der Organmorphologie sowie zur Beurteilung der Narkose- und Operationsrisiken durchzuführen. Nach § 8 Abs. 1 TPG ist die Lebendorganspende nur dann zulässig, wenn sie den Spender »voraussichtlich nicht über das Operationsrisiko hinaus gefährdet oder über die unmittelbaren Folgen der Entnahme hinaus gesundheitlich schwer beeinträchtigt. Das heißt unter dem Aspekt der in dieser Situation besonderen ärztlichen Verantwortung: Die Lebendorganspende oder ihre Folgen dürfen Leben und Gesundheit des Spenders nicht mehr gefährden als ein vergleichbarer Heileingriff bei einem im Übrigen gesunden Patienten.«12
»Das TPG verlangt in § 8 Abs. 3 eine gutachterliche Stellungnahme einer nach Landesrecht zu bildenden unabhängigen Kommission. Sie hat nicht die medizinischen Aspekte einschließlich...