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E-Book

A Single Woman

Ein Plädoyer für Selbstbestimmung und neue Glückskonzepte

AutorSilvia Follmann
VerlagGoldmann
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783641252786
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
»Man kann auch ohne Beziehung glücklich sein. Liebe gibt es nicht nur zu zweit!«

Frauen können heute vieles, aber eines sicher nicht: ungestört Single sein. Denn noch immer ist die Paarbeziehung für viele das ultimative Lebensziel: Man findet sich, heiratet, bekommt 1,6 Kinder. Happy End, fertig. Das Single-Dasein wird dabei als bedauernswerter Zustand definiert, besonders die Single-Frau als traurig, ungeliebt und wertlos eingestuft. Dieses Klischee gehört endgültig abgeschafft, übt es doch permanent Druck aus und vermittelt unzähligen Mädchen und Frauen das Gefühl, falsch zu sein. Wir brauchen neue, vielfältige Konzepte von Liebe, Glück und Zufriedenheit: Denn Single zu sein ist genauso gut, wie nicht Single zu sein. Ist genauso richtig und falsch, genauso lebenswert. Es ist Zeit für das eigene gute und verrückte Leben!

Silvia Follmann studierte Germanistik und Literaturwissenschaften in Bonn und Berlin. Sie ist Redaktionsleiterin beim Online-Magazin EDITION F und hat zuvor als freie Autorin für verschiedene Magazine, unter anderem für das Missy Magazin, geschrieben.

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Leseprobe

Vorwort


Als Frau kann man heute vieles, aber eines ganz sicher nicht: ungestört Single sein. Denn noch immer wird einem ohne eine Paarbeziehung ganz schnell das Label der Einsamkeit und der großen Suche um den Hals gehängt, als könne es gar nicht anders sein. Wieso haben wir uns nicht längst von der kruden Idee verabschiedet, dass das Single-Dasein auf jeden Fall ein Zustand des Mangels oder des Wartens ist? Wieso glauben wir immer noch so fest daran, dass wir ohne romantische Beziehung kein gutes Leben haben können?

Ich dachte lange Zeit, wir hätten dieses Klischee der Single-Frau als Mängelexemplar längst hinter uns gelassen, wären so frei in unseren Lebensentscheidungen und Lebensläufen, wie wir gemeinhin erwarten zu sein – wer sollte uns schon aufhalten, wer uns einschränken? Bis ich das bereits verschwunden geglaubte Label in meinen Zeiten als Single doch aufgedrückt bekam und mir von genau dieser Erfahrung in den unterschiedlichsten Varianten immer wieder erzählt wurde. Von ganz jungen Frauen, von Frauen in meinem Alter, von Frauen, die älter als ich sind. Es brauchte gar nicht mehr den Moment, in dem kürzlich eine sehr viel jüngere Kollegin zu mir sagte: »Ich bin bereit viel zu ertragen, aber ich will niemals als Alleinstehende enden.« Oder eine Frau um die 50 mir zu dem Thema meines Buches zurief: »Single-Frauen sind ab einem bestimmten Alter irgendwie alle vollkommen verrückt, total fernab der Realität.« Wessen Realität das ist, wird noch zu ergründen sein. Denn genau das sind die Aussagen, die viele Single-Frauen auch heute noch verbindet, selbst wenn sie ansonsten komplett unterschiedliche Leben führen. Es sind Erfahrungen, die uns an Stereotype binden und vollkommen ausblenden, wer man ist, wie man lebt, was man will und was einem zusteht – nämlich frei zu sein in dem, was man tut und fühlt. Diese Stereotype nehmen Frauen oft derart in Beschlag, dass sie ganz vergessen, sich auf ihre ureigenen Bedürfnisse zu konzentrieren. Dass sie vergessen, sich zu fragen: Will ich da überhaupt reinpassen?

Wenn ich in meinem Bekanntenkreis davon erzählte, dass ich ein Buch über Singles schreibe, kam fast immer die erstaunte Frage: DU schreibst einen Ratgeber für Singles? Was ich natürlich vehement verneinen musste, ich bin schließlich weder Psychologin noch Therapeutin, noch habe ich das Gefühl, dass Singles wirklich Rat gegeben werden muss. Schließlich hat man es dabei nicht mit einem Ausnahmezustand zu tun. Und doch scheint ein Ratgeber im ersten Moment das Logischste zu sein, das man zum Thema Single-Leben zum Besten geben kann. Aber nein, ich schreibe nicht, was zu tun ist, um da rauszukommen, sondern in verschiedenen Episoden über die Gefüge und Situationen, in denen man sich selbst als Single als mangelhaft begreifen kann, wer und was zu diesen Gefühlen beiträgt, wieso sich das Leben ohne Beziehung manchmal vollkommen zu Unrecht schlecht anfühlt und warum es das oft nicht müsste, wenn unsere Gesellschaft nicht so auf die Idee von (Lebens-)Glück fixiert wäre, die mit Paarbeziehungen zusammenhängt. Und es wäre auch häufig nicht notwendig, wenn wir uns selbst mehr trauen würden, uns selbst ein wenig mehr vertrauen würden. Unsere Liebesbiografien und unser Datingverhalten ändern sich eben mit der Welt, die sich verändert, und mit einer Gesellschaft, die im Wandel ist. Die Krux dabei ist: Unsere Erwartungen an die (romantische) Liebe, wie und wo sie wartet, dass sie auf jeden Fall wartet und wie sie auszusehen hat, die verändern sich offensichtlich nicht. Ebenso wenig wie die meisten Ratschläge dazu, wie wir auszusehen oder uns zu verhalten haben, um Liebe überhaupt zu verdienen. Aber wenn Single zu sein zeitgleich normal, ja, selbstverständlich zu sein scheint und doch noch immer bei jeder sich bietenden Gelegenheit zum prekären Zustand erklärt wird, dann führt das zu einer Schräglage und einem Tauziehen um die Deutungshoheit über das geglückte Leben mit uns selbst und den anderen.

All das hängt, ganz gleich, welches Leben wir uns heute für uns selbst eingerichtet haben, unweigerlich mit dieser einen Erzählung zusammen, die in unserer von traditionellen Rollen- und Beziehungsbildern immer noch selig besoffenen Gesellschaft allzu gerne weitergetragen wird und die erst einmal so herrlich ungefährlich, ja, wohlig warm ist und sich als einziger Entwurf unseres Lebens selbstverständlich anfühlt: Frau findet Mann, sie finden sich toll, sie heiraten und bekommen 1,6 Kinder – Happy End, fertig. Das ist das Leben, auf das es im besten Falle hinauslaufen soll. Das ist das höhere Ziel, auf das es noch immer hinzuarbeiten gilt. Das Zusteuern auf und das anschließende Halten einer Paarbeziehung wird noch immer als die universale Glücksformel gehandelt und so eine (hierarchische) Ordnung aufrechterhalten, die Singles zu den Rosinen im Gesellschaftsstollen machen – ob sie da wirklich hineingehören oder man lieber einen ohne will, wird immer Stoff für Diskussionen sein.

Aber diese Geschichte können oder wollen heute immer weniger Menschen erzählen, schon gar nicht in der Stringenz, die der romantischen Liebe immer wieder abverlangt wird, damit sie wahr, groß und gut sein darf – etwa 40 Prozent der Menschen in Deutschland leben allein1, knapp 17 Millionen Menschen sind nicht in einer festen Beziehung2, Beziehungen haben insgesamt eine kürzere Halbwertszeit als früher, und die Scheidungsrate liegt derzeit bei rund 40 Prozent.3 Das ist auch kein deutsches Phänomen, überall auf der Welt sind Menschen länger Single, heiraten später und bekommen später Kinder. Statt diese Entwicklung negativ zu betrachten, könnte man auch sein Gutes darin sehen. Denn Beziehungen, die nicht guttun, werden offensichtlich schneller beendet, und Liebeleien, die kurzweilig sind, aber keine Basis haben, führen wahrscheinlich gar nicht erst in eine. Oder Kompromisse, die einzugehen sich nicht gut anfühlen würde, werden schlicht nicht mehr geschlossen. Doch statt diese positiven Aspekte zu betonen, ist fast immer von Beziehungsunfähigkeit, Unentschlossenheit und Vereinsamung die Rede, denn wir sind eben die unsägliche Generation Y. Als wäre diese Zuschreibung nicht schon schlimm genug. Die Veränderung geht, gerade global gesehen, aber auch mit der steigenden Bildung einher – gerade bei Frauen! Und sie hängt außerdem mit ökonomischen Faktoren zusammen, denn in vielen Ländern können sich junge Menschen weder Heirat, noch den Auszug von zu Hause, noch ein Kind leisten.4 Und das wiederum ist dann gar nicht positiv, weil nicht selbstbestimmt gewählt – das wird aber durch den sozialen Druck, den man als Single so oder so erfährt, nicht besser. Vielen Menschen, das finden zumindest Mutter, Onkel Heinrich, Kolleginnen und Kollegen oder der Taxifahrer, der uns nach Hause fährt und sich über den Beziehungsstatus austauschen will, fehlt also aus verschiedenen Gründen immer häufiger und immer wieder eben jene Paarbeziehung, um ihrem Leben endlich echte Substanz zu verleihen. Trostlos sind dabei gerade wir Frauen, denn wir verschenken unsere saftigen Jahre, weil wir uns nicht genug anstrengen, uns zu sehr auf den Job konzentrieren, zu wählerisch, zu egoistisch oder nicht schön zurechtgemacht sind – oder nicht oft genug gelächelt haben. Es gibt immer jemanden, der so tut, als sei es die gottgegebene Aufgabe der Frau, stets auf die romantische Liebe hinzuarbeiten. Und natürlich auf eine eigene Familie.

Immer wieder habe ich darüber gelacht und gefragt: Was hat euer Problem mit dem Thema mit meinem Single-Dasein zu tun? Und doch ist es eben schwer, in einem System zu leben, in dem Singles stigmatisiert werden – und davon frei zu sein. Frei von Zweifeln zu sein. Denn wie man sich fühlt und was man überhaupt fühlt, hat doch meist sehr viel mehr mit der eigenen Umgebung – oder mit der Annahme von der eigenen Umgebung – zu tun, als dass es ausschließlich uns selbst entspringt. Und das ist auch heute noch in vielen Punkten eine Gesellschaft, die in Bezug auf ihr Frauenbild noch immer Jahrzehnte hinter dem hinterherjapst, was sein könnte – und manchmal sogar durch einen antifeministischen Backlash, der bereits Erkämpftes wieder infrage stellt, bereitwillig wieder in das Alte zurückfällt. Das trägt auch dazu bei, dass man vielleicht selbst oft noch mit alten Rollenbildern kämpft, nicht davon loskommt, weil manchmal noch nicht ganz klar ist, wer man ohne diese Label eigentlich ist. Und das kann auch ein Selbstbild formen, das gar nicht zum eigenen Leben passt. Bin ich wirklich die Frau, die gerade oder generell nach einer Beziehung sucht? Oder die Frau, die auf keinen Fall eine will? Oder die Frau, der das alles eigentlich egal ist, mal sehen, was kommt? Aus diesem innerlichen Ringen entsteht nicht selten eine Selbstwahrnehmung, die mit den eigenen Wünschen und Bedürfnissen kollidiert und so ein Scheitern manifestiert, das keines ist. Doch genau diesem falschen Scheitern auf die Spur zu kommen, darum soll es in diesem Buch gehen.

Denn ein Leben als Single beschreibt eben nicht zwingend ein Leben mit einer Lücke. Weil Menschen nicht auf sozialen Inseln leben, zu der Liebe und Zufriedenheit nur durch eine exklusive Paarbeziehung vorstoßen kann. Single zu sein ist kein Lebensmodell, mit dem man ernsthafte äußerliche Bedrohungen zu fürchten hat – zumindest, wenn man an dieser Stelle etwa das Armutsrisiko von Alleinerziehenden ausklammert –, vielmehr aber doch innere Bedrohungen aus einem selbst, die verborgener sind, kleiner scheinen, aber deshalb nicht weniger wesentlich sind. So wesentlich wie die verdammte Luft zum Atmen. Nämlich jene Gefühle, die infrage stellen, wer wir sind und welches Leben wir führen...

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