1.2.1 Versicherungsvermittler
Das VVG unterscheidet Versicherungsvermittler und Versicherungsberater.
§ 59 VVG: Versicherungsvermittler
(1) Versicherungsvermittler im Sinn dieses Gesetzes sind Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler.
In der Vertriebspraxis werden diese Begriffe oft falsch verwendet und der Versicherungsvermittler mit Versicherungsvertreter gleichgesetzt und damit als Gegenstück zum Versicherungsmakler angesehen. Damit soll möglicherweise der Versicherungsmakler als höherwertigere Mittelsperson oder als Berater positioniert werden. Das ist aber nicht sachgerecht, denn seine Hauptaufgabe ist dieselbe wie die des Versicherungsvertreters: Er vermittelt Versicherungen.
Versicherungsvertreter zeichnen sich nach dem VVG dadurch aus, dass sie vonseiten der Versicherer direkt oder indirekt über einen weiteren Versicherungsvertreter – man spricht dann von |21|einem Untervertreter – betraut, also durch Vertretervertrag mit der Vermittlung beauftragt werden.
§ 59 Abs. 2 VVG: Versicherungsvertreter
(2) Versicherungsvertreter im Sinn dieses Gesetzes ist, wer von einem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter damit betraut ist, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen.
Das VVG spricht dabei von „gewerbsmäßiger“ Vermittlung. Damit sind nicht alle Versicherungsvertreter gemeint, sondern nur diejenigen, die ihre Tätigkeit gewerbsmäßig ausüben. Als gewerbsmäßig gilt eine Tätigkeit nur, die selbstständig ausgeübt wird und mit Gewinnerzielungsabsicht, also typischerweise gegen Provision, auf Dauer angelegt ist und gewerberechtliche Bagatellgrenzen überschreitet. Wie hoch diese Bagatellgrenzen sind, ist nicht festgelegt. Allerdings gibt es im führenden Gewerberechtskommentar einen Vorschlag dazu, der immerhin vom früheren Ministerialdirigenten des Bundeswirtschaftsministeriums stammt, der das Vermittlergesetz zur Umsetzung der EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie entworfen hat. Dieser Vorschlag spricht von einer Grenze bei sechs vermittelten Versicherungen oder 1.000 € Provision im Jahr. Dies stellt aber nur eine persönliche Meinung dar, ein Gericht könnte sich auch an anderen Grenzen orientieren. Klar ist aber, dass es hier um eine sehr geringe, nebenberufliche Tätigkeit als Versicherungsvertreter geht.
Kriterium | Selbstständige, gewerbsmäßige Tätigkeit | Selbstständige, nicht gewerbsmäßige Tätigkeit |
Überschreiten gewerberechtlicher Bagatellgrenzen | | |
Unterscheidung gewerbsmäßiger und nicht gewerbsmäßiger Tätigkeit
Als Versicherungsmakler sieht das VVG einen gewerbsmäßigen Vermittler an, der anders als der Versicherungsvertreter nicht von einem Versicherer oder von dessen Vertreter durch Vertretervertrag mit der Vermittlung betraut wird.
|22|§ 59 VVG: Versicherungsmakler
(3) Versicherungsmakler im Sinn dieses Gesetzes ist, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein.
Ein Sonderfall ist der Versicherungsvertreter, der sich den falschen Anschein eines Maklers gibt. Er wird auch Pseudomakler oder Anscheinsmakler genannt. Das kann beispielsweise dann passieren, wenn der Vertreter gegenüber dem Kunden Aussagen mündlich oder schriftlich tätigt, die der Kunde nur so verstehen kann, als handele es sich um einen Makler. Missverstanden werden können beispielsweise werbliche Umdefinitionen der eigenen Tätigkeit zum Beispiel als „unabhängiger Vermittler“ oder Behauptungen wie die, dass man einen umfassenden Marktüberblick und Marktzugang besitzt. Der Nachteil für den Betreffenden ist, dass er sich dann auch als Makler behandeln lassen muss, was er in der Regel jedoch gar nicht erfüllen kann. Damit gerät dieser Vertreter ungewollt in eine Maklerhaftung.
Als Versicherungsmakler gilt, wer gegenüber dem Versicherungsnehmer den Anschein erweckt, er erbringe seine Leistungen als Versicherungsmakler nach Satz 1 (§ 59 Abs. 3 S.2 VVG).
1.2.2 Versicherungsberater
Das VVG definiert zusätzlich den Versicherungsberater, der kein Vermittler ist:
§ 59 VVG: Versicherungsberater
Versicherungsberater im Sinn dieses Gesetzes ist, wer gewerbsmäßig Dritte bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen oder bei der Wahrnehmung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen im Versicherungsfall berät oder gegenüber dem Versicherer außergerichtlich vertritt, ohne von einem Versicherer einen wirtschaftlichen Vorteil zu erhalten oder in anderer Weise von ihm abhängig zu sein.
Die Aufgabe und Stellung des Versicherungsberaters versteht man am besten, wenn man in dessen Historie blickt. Der Versicherungsberater war ursprünglich ein Unterfall des Rechtsberaters. Für die Rechtsberatung gab es nach dem zum 1.7.2008 abgelösten Rechtsberatungsgesetz ein Monopol des Rechtsanwalts. Einige sehr wenige Ausnahmen davon waren im Gesetz definiert, eine davon der Versicherungsberater. Dieser war zwar kein zugelassener Rechtsanwalt, durfte aber aufgrund einer Zulassung durch ein Amts- oder Landgericht und seiner besonderen Rechtskenntnisse in diesem Bereich wie ein Rechtsanwalt Rechtsberatung über (private) Versicherungen anbieten. Dazu gehörte die außergerichtliche Vertretung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer.
|23|Beispiel: Versicherungsberatung
Typisches Beispiel für den Bedarf einer Versicherungsberatung ist der Eintritt eines Versicherungsfalls, in dem der Versicherungsberater die Ansprüche des Kunden prüft und aufgrund einer Vollmacht des Kunden gegenüber dem Versicherer geltend macht.
Analog zum Versicherungsberater gab es den Rentenberater für die Rechtsberatung im Bereich der Gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Umsetzung der EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie und die Reform des Rechtsberatungsrechts verliefen ungefähr zeitgleich. Im Zuge der Gesetzesberatung kam es zu einer Auseinandersetzung darüber, ob Versicherungsberater weiterhin als Rechtsberater in dem neuen Rechtsdienstleistungsgesetz oder aber als Versicherungsvermittler im Vermittlergesetz geregelt werden sollten. Dazu muss man erwähnen, dass die Zahl der Versicherungsberater mit rund 100 bundesweit sehr klein war. Auf Vermittlung der EU-Kommission kam es zu der Lösung, die Versicherungsberater als im weitesten Sinn von der EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie erfasst anzusehen und im Vermittlergesetz zu regeln. Grund dafür war, dass die Richtlinie ihren Anwendungsbereich tätigkeitsorientiert ausformuliert hat, und die Tätigkeit der Beratung zu Versicherungen dort namentlich erfasst wird.
Der Versicherungsberater ist deshalb seit 22.5.2007 rechtlich dem Versicherungsvermittler sehr ähnlich geworden. Als wesentlichen Unterschied kann man nach der Formulierung des VVG ansehen, dass der Versicherungsberater, anders als ein Versicherungsvermittler, nicht vom Versicherer vergütet oder sonst in ein Abhängigkeitsverhältnis gebracht werden darf. Damit wird der Versicherungsberater ausschließlich vom Kunden (Versicherungsnehmer) vergütet.
In der Praxis führte diese Zuordnung des Versicherungsberaters nach VVG und der Gewerbeordnung zu einer weiteren Begriffsverwirrung, die bis heute anhält. Danach wird im Kern nicht mehr zwischen Versicherungsrechtsberatung und Versicherungsvermittlung, sondern nur noch nach der Frage unterschieden, wer die Mittelsperson bzw. den Berater vergütet. Damit entwickelt sich der Versicherungsberater schleichend zu einer weiteren Unterart des Versicherungsvermittlers, der sich nur noch durch die Festlegung einer bestimmten Vergütungsart vom Vermittler unterscheiden soll. Sachgerecht ist das allerdings...