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E-Book

Time to think

Zehn einfache Regeln für eigenständiges Denken und gelungene Kommunikation

AutorNancy Kline
VerlagRowohlt Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783644570115
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Besser kommunizieren, anders zuhören, mehr Ziele erreichen! Nancy Kline hat eine Methode entwickelt, mit deren Hilfe wir unsere Art zu denken und zu kommunizieren radikal verbessern können - und damit auch unsere Art zu leben und zu arbeiten. Gutes, aktives Zuhören ist der Kern dieser Methode. In ihrem Buch zeigt sie, wie wichtig es in einer Zeit stetigen Wandels ist, Menschen dabei zu unterstützen, kreativ, unabhängig und selbständig zu denken und in Teams eine wertschätzende Kommunikationsatmosphäre zu schaffen. Mit ihren praxisnahen Strategien, die im Beruf ebenso wie in der Partnerschaft angewendet werden können, kann jeder neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und des Zusammenlebens schaffen. Der Bestseller der modernen Kommunikation - jetzt erstmals in Deutschland!

Nancy Kline beschäftigt sich seit 35 Jahren mit den Themen Kommunikation und Denken. Sie entwickelte das «Thinking Environment», eine Methode, die Einzelpersonen, Teams und Organisationen hilft, ihre Kommunikation zielführender und effektiver zu gestalten. Nancy Kline ist die Gründerin der Organisation «Time To Think». Sie wurde in den USA geboren und lebt mittlerweile in Großbritannien.

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Leseprobe

Einführung


Am Tag bevor sie starb, sagte meine Mutter etwas völlig Überraschendes zu mir: «Ich muss mich entschuldigen», sagte sie, «für das Chaos, das meine Generation über die deine gebracht hat. Ich wünschte, ich hätte dir ein besseres Erbe hinterlassen können. Ich hoffe nur, ich habe dir ausreichend Mut mit auf den Weg gegeben, um dich mit dem, was wir angerichtet haben, auseinanderzusetzen – und auch mit dem notwendigen Quantum Hoffnung, um etwas dagegen zu tun.

Aber wie auch immer: Denk daran, es ist nicht deine Schuld. Das alles hat schon lange vor deiner Geburt begonnen.»

Meine Mutter war weder Soziologin noch Managerin oder Unternehmensberaterin. Sie war ein ganz normaler Mensch und genau wie die meisten Menschen, denke ich, erschüttert von dem, was in der Welt vor sich ging. Ich weiß nicht, ob sie mit dem Chaos, das sie angesprochen hatte, die Macht-Kriege meinte, die Tatsache, dass Menschen zwischen Abfällen auf Kanalgittern schliefen, die 60-Stunden-Woche für Büroangestellte oder das Verstummen des Insektengesangs in den brennenden Regenwäldern.

Tatsächlich war es wohl all das zusammen. Ich habe sie nicht gefragt, sondern nur in den Arm genommen und ihr gesagt, dass die wunderbarste Hinterlassenschaft für mich sie selbst gewesen sei.

Und das stimmte. Sie hatte mir, meiner Schwester und meinem Zwillingsbruder – und jedem, mit dem sie in Berührung kam – nicht nur den Mut gegeben, dem Chaos zu begegnen, sondern auch das wichtigste Werkzeug, um damit umzugehen.

Ohne es zu wissen, hatte sie auch der Geschäftswelt, Organisationen und Regierungen eine Schlüsselkompetenz zur Führung hinterlassen.

Sie hatte uns zugehört.

Sie hatte uns Zeit und Raum zum Denken gegeben.

Dieses Buch handelt nicht von meiner Mutter. Es handelt nicht einmal vom Zuhören – zumindest nicht so, wie man es normalerweise tut. Es geht vielmehr darum, was geschehen kann, wenn man so meisterhaft zuhört, wie sie es tat, wenn man den Menschen durch höchste Aufmerksamkeit seine Wertschätzung erweist und sie in ihren Grundfesten erschüttert, indem man sie überzeugt, dass sie für sich selbst denken können; wenn man sie ins Herz schließt und ihnen zeigt, dass sie selbst und das, was sie denken, eine ganz wesentliche Rolle spielen.

Dieses Buch handelt auch von Incisive Questions, Fragen, die Blockaden überwinden und es möglich machen, an Dinge zu denken, die vorher unvorstellbar schienen.

Mit dieser besonderen Art des wertschätzenden Zuhörens und mit Incisive Questions löst man Probleme, die man für unlösbar gehalten hatte, und es lassen sich Beziehungen und Organisationen aufbauen, die vor neuen Möglichkeiten geradezu überquellen.

Die Art, wie meine Mutter zuhörte, war ungewöhnlich. Ihre Aufmerksamkeit war so voller Achtung, ihre Miene so anhaltend ermutigend, dass man in ihrer Gegenwart vollkommen klar denken konnte und plötzlich verstand, was vorher verwirrend war. Und so kam man auf völlig neue, überraschende Ideen. Was vorher langweilig und eintönig war, fand man plötzlich aufregend. Man setzte sich mit den Dingen auseinander. Man löste ein Problem. Man fühlte sich wieder gut.

Sie war einfach da, ganz bei dir, und wartete gebannt, dass vielleicht ein brillant formulierter Satz aus deinem Mund sprudeln oder ein Einfall ihr den Atem verschlagen würde. Es war ein so natürlicher Vorgang, dass man ihn gar nicht richtig bemerkte. Man fühlte sich einfach wohl dabei. Für sie war es im Grunde nicht einmal ein «Vorgang». Es war einfach Teil des Lebens.

Sie schenkte einem nur ihre Aufmerksamkeit. Aber die Art ihrer Aufmerksamkeit war «katalytisch». Es sollte 40 Jahre dauern, bis ich verstehen würde, welche Kraft darin steckte.

Nach der Universität, mit einer Ausbildung in Pädagogik, Psychologischer Beratung und Philosophie, inspiriert von Descartes, machte ich mich auf die Suche nach der grundlegendsten Wahrheit, die ich finden konnte. Schließlich entschied ich mich für die Beobachtung, dass alles, was wir tun, in seiner Qualität davon abhängt, was wir zunächst einmal denken. Wie bestimmt, wie unbesiegbar oder charismatisch jemand auch sein mag, so ist doch jede seiner Handlungen nur so gut wie die Idee dahinter. Ich war von der Tatsache gefesselt, dass das Denken zuerst kommt. Daraus folgte dann, dass wir, wenn wir unser Tun verbessern wollen, zuerst das Denken verbessern müssen.

Später gründete ich zusammen mit meinen Kollegen eine Quäker-Schule, weil wir jungen Menschen im Teenager-Alter dabei helfen wollten, für sich selbst zu denken. Doch wir wussten nicht wirklich, wie wir das bewerkstelligen konnten. So beobachteten wir einige Jahre lang, in welchen Situationen unsere Schüler und Schülerinnen klar und eigenständig dachten und in welchen nicht.

Wir stellten fest, dass der IQ, das Alter, der soziale Hintergrund, das Geschlecht und selbst die Erfahrungen überraschend wenig mit den Momenten zu tun hatten, in denen die Schüler und Schülerinnen «gut» dachten. Der wichtigste Faktor, wenn es darum ging, ob sie zu einem bestimmten Zeitpunkt eigenständig und unvoreingenommen denken konnten oder nicht, schien der zu sein, wie sie von den anderen Menschen um sie herum behandelt wurden.

Wir stellten fasziniert fest, dass vieles von dem, was wir bei anderen Menschen wahrnehmen, wenn sie in unserem Beisein nach neuen Gedanken suchen, unsere Wirkung auf sie widerspiegelt. Damit waren wir einen Schritt weiter, denn als wir erst einmal entdeckt hatten, was dieses denkenfördernde Verhalten ausmachte, konnten wir es lernen und weitergeben. Anders als der IQ oder der familiäre Hintergrund war das Verhalten gegenüber anderen ja nicht naturgegeben. Es konnte verändert werden.

Das Kollegium staunte. Selbst der am wenigsten kluge Schüler schien klüger, wenn er auf eine bestimmte Art behandelt wurde. Mit den Jahren, als wir den Komponenten dieser «Denkumgebung» auf die Spur kamen, dachte ich von Zeit zu Zeit an meine Mutter zurück.

Ich erinnerte mich, dass die Art und Weise, in der sie Aufmerksamkeit gewährte, den Menschen geholfen hatte, besser zu denken, eigenständig zu denken, manchmal zum ersten Mal in ihrem Leben. Ich erforschte meine Erinnerungen genauer und begann zu verstehen, wie diese Dynamik ablief. Ihre Tiefgründigkeit wurde sanft überdeckt durch die Art, wie die Augen meiner Mutter ganz selbstverständlich auf mir ruhten, wie sie sich zurücklehnte und den Kopf in die Hand legte, völlig ungezwungen und gelassen, wie sie ihre Beine unter ihrem Rock verschränkte und es sich bequem machte. Mir kam zu Bewusstsein, in welchem Ton sie sprach und welche Laute sie von sich gab. Ich weiß noch, dass sie gelacht hatte, aber immer nur mit mir zusammen, niemals auf meine Kosten. Ich erinnere mich daran, wie wichtig ihr die Umgebung war, in der wir lebten, und wie sehr ich mich dort ernst genommen fühlte.

Ich ging noch einmal in Gedanken durch, wie sehr ich mich ihr ebenbürtig gefühlt hatte und wie sie mich bei den meisten Themen ermutigt hatte, bis an die unerforschten Grenzen meiner Vorstellungen zu gehen; sie schien niemals beunruhigt und wollte sich auch niemals mir gegenüber durchsetzen. Ich weiß noch, wie gelassen sie blieb, wenn ich etwa weinte oder eingestand, manchmal Angst zu haben. Ich bemerkte, dass sie mir an einem bestimmten Punkt genau die Informationen zukommen ließ, die ich brauchte, ohne sie mir aufzudrängen. Ich weiß noch, wie viel häufiger sie mich ermutigte als kritisierte, dass sie mich nicht unterbrach und meine Sätze nicht für mich beendete und wie ihre Augen aufleuchteten, wenn ich einen Weg gefunden hatte, etwas auf eine neue und präzise Weise auszudrücken.

Ich begann zu verstehen, dass diese einfachen Dinge eine große Kraft besaßen. Meine Kollegen und ich erkannten ein System darin, das sich reproduzieren ließ.

Der Schlüssel für das Verhalten war Aufmerksamkeit. Viel später einmal fasste ein Klient, beruflich in einer Führungsposition, es so zusammen: Die Qualität unserer Aufmerksamkeit bestimmt die Qualität des Denkens von anderen.

  • Alles, was wir tun, wird zunächst davon bestimmt, was wir denken, und

  • unser Denken hängt von der Aufmerksamkeit füreinander ab.

Wenn diese beiden Aussagen wahr wären (und sie schienen unwiderlegbar), schlossen wir, wäre vielleicht das Wichtigste, was wir mit unserem Leben und mit unseren Führungsaufgaben anfangen könnten, den Menschen so achtsam und genau zuzuhören, ihnen so respektvoll Aufmerksamkeit zu zollen, dass sie beginnen würden, eigenständig zu denken, in aller Klarheit und völlig unvoreingenommen.

Incisive Questions: Wenn gutes Zuhören nicht ausreicht

Obwohl die Aufmerksamkeit, mit der wir uns gegenseitig bedachten, ein entscheidender Faktor war, merkten wir bald, dass dieses genaue Zuhören, bei aller Wirksamkeit, manchmal nicht ganz ausreichte. Es brauchte noch etwas anderes – etwas, was die Überwindung von Denkblockaden möglich machte, die auch die fachkundigste Aufmerksamkeit nicht hatte beseitigen können.

Auf unsystematische Weise, fast zufällig, hatten wir bereits die Blockaden aus dem Weg geräumt. Wir wussten, dass dieser Prozess etwas mit Fragen zu tun hatte. Aber wir wussten nicht genau, wie bestimmte Fragen wirkten oder wie man sie jedes Mal erneut so stellten konnte, dass sie zum Erfolg führten. Auch wussten wir nicht einmal, um was für Arten von Blockaden es sich handelte. Wir konnten jedenfalls anderen nicht beibringen, was wir taten. So konnten wir sie zwar beeindrucken, aber nicht selbst dazu befähigen.

Erst nach...

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