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E-Book

Tucholsky in Berlin

Gesammelte Feuilletons 1912-1930

VerlagBerlin Story Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl150 Seiten
ISBN9783863687182
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Tucholskys unterhaltsamer Blick auf die Stadt. Dieses Buch vereint ironische und kritische Artikel und Gedichte aus Feuilletons Berliner Zeitungen von 1912 bis 1930. Geschehnisse, Wörter und Dinge, die Tucholsky in seiner Umgebung auffallen, nimmt er unter die Lupe: Straßenbahnfahrer, Varieté, Tanzbälle, die Öffentlichkeit. Von satirisch bis süffisant, von kritisch bis kratzbürstig: Die besten Texte Tucholskys aus seiner Berliner Zeit. 'Es gibt nur ein Berlin!' Theobald Tiger, Ignaz Wrobel, Peter Panter, Kaspar Hauser und Kurt Tucholsky kommen alle zu Wort, wenn es um abwechslungsreiche Auseinandersetzung mit Berlin geht. Der Blick des begnadeten Schriftstellers auf die Stadt garantiert intellektuelle Lesefreude. 'Berlin vereint die Nachteile einer amerikanischen Großstadt mit denen einer deutschen Provinzstadt.' - Ignaz Wrobel. Humorvolle Vergleiche wie dieser machen Tucholskys Berlin-Feuilletons über Technik, Mode, Nachtleben und skurrile Ereignisse zu bester Unterhaltung.

Seit ihrer Jugend beschäftigt sich die studierte Judaistin, Jahrgang 1981, mit Tucholsky und der Berliner Geschichte. Eine Sammlung mit Texten von Tucholsky über Berlin herauszugeben war somit logisch konsequent - und willkommener Anlass, wieder einmal tief in die Archive einzutauchen.

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Leseprobe
Sommerliches Berlin
von Peter Panter
Die Schaubühne, 28.8.1913
Die Jalousien sind herabgelassen, Peter Panter sitzt allein in der Stube. Draußen ist heller Sommer, mit weißen Stäubchen, die die leere Straße herunterfliegen, einem hell-blauen Pastellhimmel und Sonne, Sonne ... Das ist eine Stadt! Jetzt, da alle fort sind, fühlt man erst, welche Unruhe sie mitgenommen haben, wieviel Hast und wieviel Randal. Alles scheint ein ruhigeres Tempo eingeschlagen zu haben, die Elektrischen und die Zeitungen und die zurückgebliebenen.
Ja, ein Theater gibt es auch. Man sollte es nicht für möglich halten, aber es ist so. Da liegt der Wannsee, und viele andre Seen gibt es in der Mark, die jetzt in der Sonne glitzern, während der Wind ein bißchen in den langen Ufergewächsen rauscht. Eins schließt das andre nicht aus, Gott hat das so gewollt - in der Stadt spielen sie Theater. Manche noch, manche schon wieder, und einige haben überhaupt nicht aufgehört.
An den Säulen, die schlafend Lanolin und, Gent Ia - Die neue Dreipfennigzigarette anzeigen, brüllt es: Sylvester Schäffer!!! Das größte Kunstgenie aller Zeiten!!! Wer spricht da? Der Impresario -nicht doch: der "Impresa" S. Nachmann. Und prompt denkt man - Namen verpflichten - an Rachenmandeln, dicke Gaumenlaute, Prusten beim Essen und ein langgezogenes Püüühh!! Dabei kann der Junge nicht allzuviel, nur vieles.
Wir hier in der Großstadt aber haben viel mehr verloren als die Lust und die Weite und die Wolken - man sieht sie nur stückweis, dann ist es nichts - und all das. Die Beschaulichkeit haben wir verloren.
So, wie ihr jetzt lebt, Abonnenten, so solltet ihr das ganze Jahr leben; ruhig, sachte, bedächtig. Die Dinge bekommen einen andern Aspekt, das Meer lehrt einen lächeln, während man sich hier gebost hat, die Berge lassen erkennen, wie klein vieles war, was uns groß dünkte, und wenn erst der Wind weht; dann gibt es kein Problem, das uns noch beunruhigen könnte.
Nicht wahr - ihr möchtet schon? Ihr könnt auch.
Wir sind fast alle gezwungen, in dieser großen Stadt zu arbeiten, weil wir leben müssen. Aber wir sollten das zackige Tempo, das die Besseren zerrüttet und die Besten abstößt, auf ein menschenwürdiges Maß reduzieren. Es ist ja nicht einmal amerikanisch, dazu haben sie bei uns nicht die Kraft und nicht die Rücksichtslosigkeit - das Ganze gebärdet sich nur wie ein wahnwitzig gewordenes Dorf. Es ist eine kleine Stadt geblieben, die erst in das Kleid nachwachsen muß, das ihr Bauschieber angemessen haben. Und das hat noch gute Weile.
Vorläufig bauen sie einen Kino neben dem andern auf und stehen ängstlich an der Kasse, wie es gehen wird. Wird es ... ? So nicht.
Da zappelten die Herrnfelds aus dem Film an und vorüber, die Leute lachten ein bißchen -im Theater der beiden selbst brüllen sie. Aber da gibt es auch hinterher kein Cowboy - Drama, bei dem einem die Tränen in die Augen kommen, so muß man gähnen.
Man läuft hinaus. Draußen am Potsdamer Platz spielen sie im "Grand-Luxus-Gala-Palast-Café" oder wie das Ding heißt, ein Lied, das alle Dienstmädchen beim Tellerspülen heulen, eine volksliedmordende Weise. Und doch ist überall Sommer, laue Luft, und ein wenig von der freudigen Beschaulichkeit, die dieser Stadt sonst so sehr fehlt.
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