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Wer braucht noch Banken?

Wie Start-Ups die Finanzwelt verändern und was uns das nutzt

AutorProf. Dr. Ralf Beck
VerlagBörsenbuchverlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl304 Seiten
ISBN9783864702914
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
Brauchen wir eigentlich noch Banken? Prof. Ralf Beck sagt: eigentlich nicht. Mit den neuen Fintech-Akteuren werden wir unabhängig von teuren und unflexiblen Bankleistungen. Prof. Beck nimmt die Anbieter genau unter die Lupe. Intelligente Start-ups krempeln unser tägliches Leben in immer mehr Bereichen um. Das gilt auch für den Bankensektor. In seinem neuen Buch untersucht Prof. Ralf Beck die Fintech-Branche und stellt fest: Mit ihrer Hilfe können wir uns weitgehend unabhängig von Banken machen! Fast alle Dienstleistungen, die Banken traditionell anbieten, bekomme ich als Kunde mittlerweile auch von anderen Anbietern - und oftmals schneller, besser und billiger. Der Autor wirft einen genauen Blick auf die aktuellsten Entwicklungen. Er zeigt, was die Bankkonkurrenten leisten und wie sich Privatpersonen, Unternehmer und Unternehmen aus dem Klammergriff der Banken befreien können.

Prof. Dr. Ralf Beck, tätig an der Fachhochschule Dortmund, ist ein gefragter Experte für Crowdfinance und erscheint regelmäßig in diversen Medien. Der Vorgänger 'Crowdinvesting' ist ebenfalls im Börsenbuchverlag erschienen.

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Leseprobe

Vorwort


Warum sind eigentlich riesige Bankentürme und astronomische Gehälter für Bankmanager nötig, um mein Girokonto und mein Sparbuch zu führen und mir vielleicht einen Kredit für was auch immer zu ermöglichen? Das frage ich mich schon lange. Und: In Zeiten des Internets sollte doch vieles einfacher und kostengünstiger gehen, oder? Beispielsweise müsste es über das Internet möglich sein, mit vielen anderen Leuten in Kontakt zu kommen, die mir oder jemand anderem gemeinsam einen Kredit geben. Weiterhin: Die Anlage meiner Reserven bzw. meines momentan überschüssigen Geldes muss doch nicht über meine Bank laufen. Kann ich das nicht anderweitig viel transparenter und kostengünstiger haben? Bezahle ich die von den Banken versenkten Milliardenbeträge über die Finanzierung von Rettungsschirmen eigentlich anteilig mit und zusätzlich deren trotzdem noch erzielte Gewinne? Die Antworten lauten: Nein, Bürotürme und irrwitzige Vergütungen für Bankmanager sind dazu nicht nötig. Ja, in Zeiten des Internets ließe sich vieles einfacher und direkter organisieren. Ja, es ginge transparenter und kostengünstiger für uns Kunden. Ja, die verzockten Milliarden und die Gewinne der Banken zahlen wir alle anteilig mit.

Wechsel der Perspektive: Vor etwa 15 Jahren wurde mir jemand folgendermaßen vorgestellt: „Das ist mein älterer Bruder Roland, seines Zeichens Banker.“ Ein nicht unerheblicher Stolz schwang dabei in Stimme und Gestik mit. Heutzutage würde die Situation bestimmt nicht mehr so ablaufen. Vermutlich würde eine andere Eigenschaft besagten Bruders in den Vordergrund gestellt, sicherlich aber nicht mehr der Beruf des Bankers. Eine solche einstmals ehrenhafte Tätigkeit wird inzwischen tunlichst so lange wie möglich verschwiegen, oder? Wer erwähnt schon gerne frühzeitig und ohne Not, Politesse zu sein, Steuerberater, Versicherungsvertreter oder Politiker? Arzt müsste man sein. Die Berufsprestige-Skala des Instituts für Demoskopie Allensbach führt den Banker an letzter Stelle auf.1 Wie kam es zu diesem gnadenlosen Image-Abstieg eines einstmals angesehenen Berufsstandes in so kurzer Zeit? War es einfach Pech?

Banken spielen nicht selten mit unserem Geld und streichen dabei immense Gewinne ein, die dann weitestgehend an die Eigentümer ausgeschüttet werden. Reserven werden kaum aufgebaut, zumindest nicht in der erforderlichen Höhe. Die Gewinne sind dann verprasst und in sehr schlechten Zeiten reicht der verbliebene Puffer gelegentlich nicht. Die Steuerzahler – also wir – gleichen die bei Großbanken entstandenen Verluste aus. Im Gegensatz zu den (Groß-)Banken steigt bei uns, den Anlegern, mit der Gewinnchance auch das Verlustrisiko. Niemand gleicht unsere Verluste bei misslungenen Anlagen aus. Nicht so bei „systemrelevanten“ Banken, deren Risiko allenfalls darin besteht, vorübergehend niedrigere Gewinne auszuweisen. Ich sehe die Vorstände der als systemrelevant erklärten Großbanken bildlich vor mir, wie sie sich in ihren Bürotürmen auf die Schenkel schlagen und lachen, lachen, lachen, nachdem die Rettungsschirme aufgespannt waren: Schampus bis zum Abwinken!

Sind Banken durchsetzt von abgezockten Managern und Mitarbeitern? Oder hat nur das System Schuld? Verstecken sich dort alle hinter der Organisation, teuren Anwälten und Panzerglasscheiben? Sind es einzelne Personen bzw. Personengruppen, deren Handeln unerwünschte Nebenwirkungen zeigt, oder sind Banken sogar ein besonders prägnantes Beispiel für einen allgemeinen moralischen Verfall in unserer Gesellschaft? Sind Versicherungen eigentlich die besseren Institutionen? Was ist mit anderen Branchen? Zocken uns die Handwerker nicht auch andauernd ab? Genug der Depression.

Wir brauchen am Markt überlebensfähige Unternehmen. Diese schaffen Arbeitsplätze, die dafür sorgen (sollen), dass es möglichst vielen von uns gut geht. Unternehmen benötigen finanzielle Mittel, um sich entwickeln zu können. Doch welchen Unternehmen geben die Banken „ihr“ Geld? In allererster Linie denjenigen, die in der Vergangenheit Erfolge erzielt haben, die also in den Jahren zuvor Gewinne einfahren und Sicherheiten anhäufen konnten. Wer allerdings mit einer richtig guten Geschäftsidee neu starten möchte, was ist mit dem? Was ist mit dem, der mit neuen Ideen in der Lage ist, Arbeitsplätze zu schaffen, wenn die „Old Economy“ schwächelt und Personal abbaut? Der innovative Unternehmer wird große Probleme haben, Neues aufzubauen, wenn er auf Banken setzt. Von dort bekommt er im Normalfall kein Geld. Das Risiko ist zu groß für Banken. Zwei Ausnahmen: Der Innovator kann Sicherheiten beibringen oder die Bank gibt ihm das Geld als „Durchreicher“ öffentlicher Förderprogramme, Letzteres ist indirekt also wiederum Geld vom Steuerzahler.

Banken sorgen letztlich dafür, dass die Wirtschaft am Althergebrachten festhält und dass vorrangig diejenigen Geschäfte finanziert werden, denen die Vergangenheit gehört. Das ist aber beileibe nicht immer das, was Zukunft hat.

Derzeit werden Banken, was ihr Verhalten anbelangt, als besonders „schwierig“ angesehen. Können die Banken wirklich nicht anders? Soll der Gesetzgeber einschreiten oder ist er sogar schuld an allem? Möchte der Gesetzgeber überhaupt eingreifen? Haben schlau daherredende Politiker auch nur annähernd einen Blick für die Zusammenhänge? Welche Argumente bringen Attac und Occupy im Zusammenhang mit dem Thema Banken und was ist davon zu halten?

Im Großen und Ganzen sind wir ein friedliches Volk geworden. Es ist schon einige Zeit her, dass Bankvorstände Ziel terroristischer Anschläge waren. 1977 wurde Jürgen Ponto, Vorstandssprecher der Dresdner Bank, und 1989 Alfred Herrhausen, Vorstandssprecher der Deutschen Bank, von der Rote Armee Fraktion (RAF) ermordet. Diese Taten wurden von der breiten Mehrheit der Bevölkerung als nicht akzeptabler Angriff auf das System und den Staat gesehen.

Heutzutage wird man vielleicht umgekehrt das Handeln der Banken als Angriff auf das System und den Staat sehen. Wenn dem so wäre: Völlig inakzeptabel und zudem noch untauglich sind natürlich Aktionen wie die seinerzeitigen der Rote Armee Fraktion, gar keine Frage. Es gibt sehr viel verträglichere und gleichzeitig wirksamere Mittel und Wege, den Banken beizukommen.

Die Notwendigkeit, Banken in ihre Schranken weisen zu müssen, damit es uns besser geht, wird kaum noch bestritten. Oder? Nun gut, das Bankenlager selbst argumentiert natürlich anders, mit Blick auf die eigene Tasche, wahrscheinlich aber nur selten aus echter innerer Überzeugung. Was heißt aber „in die Schranken weisen“? Strengere und engmaschigere Gesetze? Hierbei ist zu bedenken, dass schärfere gesetzliche Regelungen auch einen abwürgenden Effekt haben und zusätzliche Inaktivitäten von Banken verursachen können. Geben Kreditinstitute nicht ohnehin schon zu wenig Kredite heraus? Bleiben nicht viele aussichtsreiche Investitionen und Projekte genau deshalb unfinanziert? Müssten die Gesetze vielleicht sogar gelockert werden? Meine Gedanken dazu gehen unglücklicherweise in gegensätzliche Richtungen. Gibt es keine anderen Lösungen, die ohne die „Hilfe“ des Gesetzgebers auskommen? Lösungen, die von uns ausgehen?

Die derzeitige Standardlösungsvariante ist der Ruf nach dem Gesetzgeber, so im Ergebnis auch das Buch „Zerschlagt die Banken“ von Rudolf Hickel.2 Die gesetzgeberische Verschärfungsvariante wäre ein möglicher Weg, allerdings wohl ein recht unwahrscheinlicher. Und falls der Gesetzgeber doch eingreift, wäre dies nicht ungefährlich – siehe meinen Hinweis auf ein durch die Verschärfung womöglich verursachtes Abwürgen von Finanzaktivitäten. Darauf, dass die Politik etwas Sinnvolles tut, müssen wir wohl noch lange warten. Aktuell passiert wenig ernst zu Nehmendes und es ist unwahrscheinlich, dass etwas Substanzielles passieren wird.3 Warum ist das so?

Erstens: Die Politik lässt sich von (Banken-)Lobbyisten vereinnahmen. Manchmal merken die Politiker das, manchmal wahrscheinlich auch nicht. Höchstwahrscheinlich kommen die Politiker aus diesem System auch nicht heraus, zumindest die meisten von ihnen. Ohne Druck von unserer Seite ist kein echter Fortschritt zu erwarten. Schaffen wir das?

Zweitens: Der richtige Zeitpunkt wurde möglicherweise schon verpasst, denn der Leidensdruck lässt langsam nach und es herrscht (bewusstes) Verdrängen und Vergessen vor. Probleme werden nicht gelöst, es wird versucht, die Sache auszusitzen. Typisch Politik oder Politiker? Unter ihnen gibt es keine Helden (mehr)! Außerdem müssten die Helden auch noch wissen, was genau zu tun ist.

Für wen wäre es keine riesige und freudige Überraschung, wenn die Politik hier vernünftig und im Sinne unser aller handeln würde? Den reichen und einflussreichen Lobbyisten Auge in Auge gegenüberzusitzen und ihnen Wünsche abzuschlagen ist schwer, nicht nur für Politiker....

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