Schamanische Beziehungsarbeit
Eine glückliche Beziehung, gegenseitiges Vertrauen, gute Gespräche, schöner Sex … Es gibt kaum jemanden, der nicht von einer liebevollen Partnerschaft träumt. Aber der Alltag sieht leider häufig anders aus: täglicher Ehekrach, kleinliche Streitereien und Seitensprünge stehen auf der Tagesunordnung vieler Beziehungen. Woran liegt es, dass der Traum vom Beziehungsglück trotz aller Bemühungen so schwer zu verwirklichen ist? Welche Hindernisse stehen wirklich zwischen uns und unseren Partnern, und was können wir tun, damit Glück und Zufriedenheit in unsere Beziehungen einkehren?
Im Laufe meiner Beratungspraxis habe ich immer wieder die überraschende Erfahrung gemacht, dass viele Paare gar nicht wie angenommen in trauter Zweisamkeit zusammenleben, sondern dass sich überall und andauernd lebende und verstorbene Familienmitglieder, Kinder, verflossenen Liebschaften und sogar Haustiere in jedes Gespräch, jede Begegnung und jede Auseinandersetzung einmischen und selbst das gemeinsame Bett besetzen. Das Bett ist dann manchmal von den Teilnehmern an der Beziehung richtig überfüllt. Und auch wenn wir damit umgehen können oder diese Probleme schon aus dem Bett geschafft haben, wirken womöglich noch andere. Viele Geister bevölkern das Bett eines Paares, aber nicht alle Paare werden von denselben Gespenstern heimgesucht.
Bei einem meiner KlinikAmore®-Vorträge zu »Beziehungen – Krisen – und Heilung« stand plötzlich eine Zuhörerin, betroffen von meinen Worten auf und berichtete sehr emotional, dass sie einen afrikanischen Mann geheiratet habe. Sie liebe ihn, aber es sei für sie eine große Belastung, dass seine Mutter zwischen ihnen im Bett läge. Gott sei Dank, sagte sie, lebe sie nicht das ganze Jahr bei ihnen, sondern reise zweimal im Jahr zurück nach Afrika. Die Schwiegermutter selbst sei der Ansicht, es wäre eine Ehre für die Schwiegertochter, dass sie zwischen den beiden liegen würde. Sie selbst jedoch halte diese Situation bald nicht mehr aus.
Sollte Ihnen das ungewöhnlich vorkommen, so irren Sie sich. So etwas passiert sogar ziemlich oft. Vielleicht denken Sie jetzt ja, dass es doch nicht so schwer sein könne, die Mutter aus dem Zimmer zu schieben oder aus dem Bett zu werfen. Ist es aber. Und dass da tatsächlich ein Mensch aus Fleisch und Blut zwischen den Liebenden im Bett liegt, ist noch dazu nur die materielle Spitze des Eisberges. Da sind ja auch noch all die lebenden und toten Gestalten, gedachten und imaginierten Bilder, Moralvorstellungen und Familienzaubereien, die sich im Bett eines Paares befinden und hinausgeworfen werden müssen.
Die Lebenden und die Toten beanspruchen einen Platz in der Intimität eines Paares, oder sie bekommen ihn von den Partnern zugewiesen. In vielen Beziehungen herrscht dadurch so ein Durcheinander und »Lärm«, dass die Liebenden schlicht nicht in der Lage sind, sich zu verständigen, sich auszutauschen, ja, sich überhaupt gegenseitig zu erkennen, und beim Sex sogar von manchen dieser Geister beobachtet fühlen.
Die Erkenntnis, dass diese »Heimsuchung« keinen Einzelfall, sondern ein alltägliches Geschehen darstellt, das viele Paare betrifft, brachte mich dazu, mit der KlinikAmore® ein Konzept für die schamanische Paartherapie zu entwickeln, bei dem es zwar schnell wie bei der lösungsorientierten Kurzzeittherapie – aber nicht nur darum geht, systemische Zusammenhänge der Ursprungsfamilien und früherer Partnerschaften zu erkennen und mithilfe kraftvoller Rituale aufzulösen, sondern auch die Geister zu beseitigen, die die Partner selbst riefen und erzeugten.
Die Ursache vieler Paarkonflikte
Aus schamanischer Sicht haben Beziehungsprobleme vor allem zwei Ursachen: Da dringt zum einen eine von außen kommende Kraft (zum Beispiel die Magie der Eltern, Geister der Ahnen, zu starke Bindungen an ehemalige Partner) in das System ein, nimmt die Beziehung in Besitz und stört so das gesunde Gleichgewicht. Zum anderen können durch verschiedene Einflüsse wichtige Teile des Systems verloren gehen und schmerzliche Lücken hinterlassen, die es erschweren, den Alltag zu bewältigen. Oder anders ausgedrückt: Das Paar oder einer der Partner erleidet eine Beschränkung oder einen Verlust der eigenen Möglichkeiten, in der Welt zu wirken, da die eigenen Entscheidungen und Lebensmöglichkeiten durch übertriebene Bindungen in verfehlter Liebe oder Hass geschmälert sind. Erst wenn jeder Partner für sich und die Partner zusammen ihr aktives und freies Leben erobern und mit den Lebenden und Toten versöhnt sind, können sie sich in Frieden dem gemeinsamen Leben widmen.
Wir sind nicht allein in unserer Beziehung
Auf eine Paarbeziehung wirken viele Kräfte ein. Jede Begegnung mit anderen Menschen hinterlässt Spuren im Energiesystem. Auch wenn es uns nicht bewusst ist, befinden wir uns über Worte, Gedanken, Gefühle und Berührungen in einem ständigen Austausch mit unseren Mitmenschen. Auf diese Weise entstehen energetische Verbindungen – in Form von dünnen Fäden, starken Ketten, Seilen, Stricken oder Nabelschnüren, die uns im Alltag stützen, aber auch schwächen können.
Viele dieser Verbindungen sind schlicht Ausdruck unseres Daseins in der Welt. Kein Mensch ist eine Insel: Eltern, Geschwister, Nachbarn, Freunde, Lehrer, Arbeitgeber … die Liste der Menschen, mit denen man täglich in Verbindung tritt, ist lang. Und diese Bindungen werden problematisch, wenn sie unsere Autonomie beschränken und in den intimen Raum eindringen, der in einer Beziehung dem Paar vorbehalten ist.
Absichtliche und unabsichtliche Übergriffe durch die Eltern, die ehemaligen Partner, den früheren oder gegenwärtigen Geliebten sind in vielen Beziehungen an der Tagesordnung. Aber nicht nur die Lebenden wirken auf uns ein, sondern auch Ahnen, Verstorbene und Tote. Auch Kinder und Enkel nehmen Einfluss auf unser Beziehungsleben.
Die Welt und wir sind eins. Wir verbinden uns mit allem, was wir berührt, getroffen und natürlich mit all dem, was wir absichtlich in unsere Nähe geholt haben.
Jeder Flirt mit der Welt hinterlässt Spuren. Jeder sexuelle Kontakt, mag er noch so kurz und unverbindlich gewesen sein, hinterlässt Verbindungen. Und damit meine ich weder Kinder noch Krankheiten. Die tatsächlichen Folgen häufig wechselnder Sexualpartner lassen sich nicht nur auf körperlicher Ebene feststellen, sondern auch auf der tiefen Ebene der Verbindungen. Gemeinsame Kinder festigen diese Verkettungen meist auf positive Weise, genauso, wie gute Beziehungen zu unseren Liebsten die Verbindungen stabilisieren.
Was aber in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden darf, ist, dass sich gerade auch die Verbindungen zu den Ungeliebten verstärken. Hass, Rachsucht, Zorn und Schuld können Menschen ungewollt aneinander binden und ihre Energien schwächen. Manche dieser negativen Bindungen überdauern sogar ganze Generationen und werden von den Eltern an die Kinder weitergegeben. Im Extremfall kann die Ursache für heutige Beziehungsprobleme also weit in der Vergangenheit liegen.
Wie funktioniert schamanische Paartherapie?
In der herkömmlichen Paarberatung besteht das vorrangige Ziel meist darin, die oft über eine lange Zeit hinweg eingeübten negativen Kommunikationsspiralen zu unterbrechen, etablierte Verhaltensweisen zu ändern und eine neue, konstruktive Gesprächskultur zu verankern. Dabei kommen verhaltenstherapeutische Ansätze, Mediationstechniken und Elemente der Gestalttherapie zum Einsatz, die oft in einen systemischen Zusammenhang eingebettet werden, der die familiäre und soziale Situation des Paares beleuchtet. Dass es sich dabei um sinnvolle Maßnahmen handelt, Beziehungsprobleme aufzulösen, steht außer Frage. Und in vielen Fällen ist diese Vorgehensweise sicher auch ausreichend und erfolgversprechend, wenn auch zeitaufwendig.
Es gibt jedoch Paare, die trotz ihres erklärten Willens und therapeutischer Hilfe nicht wirklich zueinander finden. Ihre Konflikte haben andere Ursachen, oder ihre Probleme wiegen so schwer, dass in diesen Fällen, die eine Mehrheit von Paaren betrifft, eine schamanische Herangehensweise helfen kann.
Bei der Paararbeit gehe ich nach alter schamanischer Tradition in zwei Schritten vor: Als Erstes vertreibe ich mittels verschiedener körperlich-geistiger Übungen, mithilfe von Ritualen und Unterstützung meiner Geistwesen und Helfer alle Geister, Geistwesen und fremden Energien, die in den intimen Raum vordringen, der in einer Paarbeziehung ausschließlich den beiden Partnern vorbehalten sein soll.
Nachdem ich, zusammen mit dem Paar, die ungebetenen Gäste vor die Tür gesetzt, respektive aus dem Bett geworfen habe – unter anderem mithilfe der in diesem Buch beschriebenen »Großen Betttrance« –, begebe ich mich auf die Suche, um die ursprünglich vorhandenen Kräfte und Eigenschaften der Klienten, die zum Glück des Paares beitragen können, wieder zu installieren und in deren System zu verankern.
Der Weg der Heilung führt zuerst in die Hölle, durch sie hindurch und weist in den Himmel.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang besonders an eine junge Frau, die mich in meiner Praxis aufsuchte. Sie war völlig aufgelöst, weil sie die Ehe mit dem Vater ihrer drei Kinder als gescheitert ansah. »Wir haben alles versucht«, erklärte sie. Die beiden hatten gemeinsam eine Eheberatung aufgesucht, ein Paar-Coaching absolviert und sogar einen Priester um seelsorgerischen Beistand gebeten, weil sie die Beziehung nicht leichtfertig aufgeben wollten und konnten. »Wir haben so viele Strategien gelernt, um unseren Kommunikationsstil zu...