1 Personalisierung von Botschaften „You are the message“
Wir müssen das, was wir denken, sagen.
Wir müssen das, was wir sagen, tun.
Und wir müssen das, was wir tun, dann auch sein.
Alfred Herrhausen
In diesem Kapitel erfahren Sie,
1 was „Personalisierung“ bedeutet,
2 wovon die Überzeugungswirkung abhängt.
Die mediale Ausstrahlung von Bill Clinton und Ronald Reagan, aber auch von Joschka Fischer und Gerhard Schröder ist unbestritten. Sie ist der beste Beweis für die erste Grundregel publikumswirksamer Auftritte: Der Mensch ist wichtiger als Worte. Beim Duell John F. Kennedy gegen Richard Nixon kam Nixon 1960 unrasiert und bleich zum Zweikampf. Er wirkte mürrisch und verbissen. Der jüngere Herausforderer hingegen kam sympathisch, glaubwürdig und gelassen über den Sender – und gewann am Ende die Wahl. Wer sich also vor Publikum präsentiert, muss wissen: Die Gesamtwirkung der Persönlichkeit ist nachhaltiger als der verbale Inhalt. Und noch weiter: Je weniger die Zuschauer die Argumente nachvollziehen können, umso wichtiger wird die emotionale Ausstrahlung und das äußere Erscheinungsbild. In der Managerkommunikation kommt es also darauf an, Persönlichkeitswirkung und Inhalte zu verknüpfen: Man muss eine Botschaft personalisieren.
1 Was bedeutet „Personalisierung“?
Wenn Sie eine „Bühne“ betreten, geben Sie stets eine Kostprobe Ihrer Persönlichkeit. Persönlichkeit kommt vom Lateinischen „personare“ und bedeutet „durchtönen“. Durch Ihr Erscheinungsbild, Ihre Stimme, Ihre Körpersprache und durch den Stil Ihrer Interaktion zeigen Sie „unterschwellig“, welche Einstellung Sie zu sich selbst, zum Thema und zu den Zuhörern haben. Manager und Sprecher hinter dem Mikrofon geben ihrem Unternehmen ein Gesicht. Jürgen Schrempp ist DaimlerChrysler, Heinrich von Pierer ist Siemens und Bill Gates ist Microsoft.
Zu Recht sagen amerikanische Berater den Spitzenkandidaten, die in den Medien oder auf Parteitagen den Wählern ihre Politik vermitteln wollen: „You are the message.“ Der Mensch, der spricht, ist die Botschaft.
Personalisierung kommt einem Wunsch des Publikums entgegen: Es möchte emotionale Ansprache und interessiert sich für Führungspersönlichkeiten, die an der Spitze eines Unternehmens stehen. Dabei ist es besonders reizvoll, die jeweilige Person „live“ zu erleben – vielleicht sogar in überraschenden oder schwierigen Situationen: Wenn Siemens-Chef von Pierer vor eigenen Mitarbeitern eine mögliche Produktionsverlagerung ins Ausland begründet, wenn Gerhard Schröder zu einer dramatischen Wahlschlappe im Fernsehen Stellung nimmt oder wenn Jürgen Schrempp vor Aktionären die Verluste beim Allianzpartner Mitsubishi Motors kommentiert.
Der Trend zur Personalisierung hat auch damit zu tun, dass es heute ohne ein gewisses Maß an Selbstinszenierung kaum möglich ist, Aufmerksamkeit zu gewinnen: Und dies ist eine notwendige Voraussetzung dafür, Überlegungen und Botschaften an ein breites Publikum heranzutragen. Die Personalisierung entspricht, wie Peter Radunski (2002) zu Recht betont, dem Trend zum Bild in den Medien, dem sich selbst seriöse Meinungsblätter auch nicht mehr verschließen. Das Fernsehen lebt davon, durch Personalisierung die notwendige Visualisierung zu erhalten. Seit Reagans HPS-Präsidentschaft (= Headline-Picture-Story) haben alle Strategien des öffentlichen Auftretens an Bilder, Symbole und Inszenierungen angeknüpft. Die Kampagnen von Mitterand, Chirac, Thatcher, Blair, Clinton, Bush und Schröder sind eine Fundgrube von Personalisierungsformen, die auch auf die Unternehmenskommunikation übertragen werden könenn.
Bilder wirken schneller als Worte. Sie sind „schnelle Schüsse ins Gehirn“ (Kroeber-Riel 1993). Worte dagegen werden erst verstanden, wenn sie decodiert sind. Im Fernsehzeitalter ist dies ein wichtiges Argument, auf Personalisierung und unterstützende Visualisierung zu setzen, und zwar in allen Standardsituationen externer Kommunikation.
2 Wie Sie Ihre persönliche Überzeugungswirkung fördern
Wenn Sie Überzeugungsarbeit leisten, geht es darum, eine oder mehrere Personen zur Annahme Ihrer Ideen, Vorstellungen oder Ihres Standpunktes zu bewegen. Diese Ziele können Sie durch Ihr Auftreten und Ihre Persönlichkeit (Aspekt der „Personalisierung“) sowie durch eine zielgruppenorientierte, sachlich fundierte und psychologisch geschickte Argumentation erreichen.
Die folgenden Ausführungen geben Ihnen Gelegenheit, die persönlichkeitsbezogenen Faktoren zu durchdenken, die Ihre Wirkung in Überzeugungssituationen beeinflussen. Abbildung 2 zeigt die Wirkfaktoren der Persönlichkeit auf einen Blick.
Glaubwürdigkeit
Sie schaffen eine wichtige Voraussetzung für Glaubwürdigkeit aus Zuhörersicht, wenn Sie sich treu bleiben. Ein glaubwürdiges Auftreten hat verschiedene Dimensionen: Zum einen ist es wichtig, dass Ihre Körpersprache zum gesprochenen Inhalt passt. Wenn Sie also für ein Ziel motivieren wollen, sollte durch Ihr Engagement und Ihre Dynamik in Körpersprache und Stimme erkennbar sein, dass Ihnen das Thema am Herzen liegt und dass Sie selbst an Ihre Idee glauben. Es kommt also auf die Stimmigkeit (Kongruenz) des verbalen und nonverbalen Verhaltens an.
Abbildung 2: Wirkfaktoren der Persönlichkeit
Zur Glaubwürdigkeit gehört neben einem erkennbaren Engagement für die Sache vor allem die wahrgenommene Einheit von Wort und Handeln. Das heißt beispielsweise, das zu tun, was man angekündigt hat. Es beinhaltet auch den Mut, Unpopuläres zu sagen und unbeliebte Entscheidungen im Dienste der richtigen Sache durchzusetzen und, wenn es sein muss, auch im Antipathiefeld (wenn Sie nur von Kritikern umgeben sind) Flagge zu zeigen. Natürlich kommt es zusätzlich Ihrer Glaubwürdigkeit zugute, wenn erkennbar wird, dass Sie sich sorgfältig vorbereitet haben, den Sachstand überblicken und Aspekte sowie Bewertungsmaßstäbe der Gesellschaft in Ihre Urteilsbildung einbezogen haben.
Alfred Herrhausen* zur Frage persönlicher Glaubwürdigkeit
„… Natürlich kann ich verstehen, dass man meinen Worten misstraut. Es ist nicht eine Frage der Worte, sondern es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit der Person, die Worte sagt … Wenn man sich bemüht, das zu sagen, was man denkt, und wenn man sich bemüht, das zu tun, was man sagt, und dann auch das zu sein, was man tut, dann glaube ich, hat man eine Chance, glaubwürdig zu werden. Und dann müsste damit – mit dieser Glaubwürdigkeit – auch das Misstrauen in das, was man sagt, verschwinden. Das ist ein Prozess, den können Sie nicht von Sonntag auf Montag erledigen. Das ist ein langfristiges Bemühen. Und diesem Bemühen müssen wir alle uns unterziehen. Das versuche ich auch.“
* Alfred Herrhausen zu Gero von Böhm im Südwestfunk 1989 während des ersten und letzten großen Fernsehinterviews kurz vor seiner Ermordung
Selbstwertgefühl
Der Dreh- und Angelpunkt zu sicherem, gelassenen Auftreten und somit überzeugender Argumentation liegt nicht so sehr in der mechanischen Anwendung rhetorischer (äußerer) Techniken, so wichtig diese auch sind. Viel wichtiger ist jedoch eine positive Einstellung zur eigenen Person, zum Thema und zum Gegenüber.
Abbildung 3: Die Voraussetzung für positive Ausstrahlung
Im Folgenden erhalten Sie Anregungen, wie Sie Ängste und negative „innere Dialoge“ überwinden und zum anderen Selbstvertrauen und Gelassenheit fördern können.
Positive Einstellung zur eigenen Person
Wie denken Sie über sich selbst, wenn Sie Vorträge halten, interviewt werden oder an Diskussionsrunden teilnehmen? Haben Sie Vertrauen in Ihre fachlichen und in Ihre kommunikativen Fähigkeiten? Wenn nein, warum nicht? Wenn Sie vor einem Auftritt Selbstgespräche (innere Dialoge) führen, worum kreisen dabei Ihre Gedanken? Sind es eher Risiken, mögliche Ablehnung, Angst vor Kritik, oder denken Sie vorrangig an Chancen, die Stärke Ihrer Argumente und Ihre kommunikativen Fähigkeiten?
Um erfolgsmotiviert zu wirken, sollten Sie eine positive Meinung von sich selbst entwickeln. Wenn Sie sich selbst nicht akzeptieren, können Sie nicht erwarten, dass andere dies tun! Nur ein Mensch, der Selbstvertrauen hat, kann das Vertrauen anderer erwerben.
Positive Einstellung zum Thema
Ihre Zuhörer müssen spüren, dass Sie eine positive Einstellung zum diskutierten Thema haben. Wenn Sie selbst nicht hinter Ihren Kernbotschaften und den vermittelten Inhalten stehen, können Sie nicht erwarten, dass Ihr Publikum Ihre Ausführungen akzeptiert. Es gibt allerdings Situationen, in denen es schwer fällt, Selbstüberzeugung zu zeigen. Beispielsweise dann, wenn Sie von bestimmten Schwachstellen Ihrer Problemlösung wissen, dies aber in der externen Kommunikation nicht offen sagen können. In diesem Falle hilft das Prinzip der selektiven Wahrheit: Du musst nicht alles sagen – was du jedoch sagt, muss wahr sein.
Positive Einstellung zum Zuhörer
Zeigen Sie durch Ihr Auftreten und Ihre rhetorische Darstellung, dass Ihre Beziehung zum Gegenüber auf gleicher Augenhöhe stattfindet. Günstig ist grundsätzlich ein partnerschaftliches, wertschätzendes Verhalten.
Denken Sie positiv über Ihre Zuhörer. Dies ist die beste Voraussetzung für Ihre Überzeugungsarbeit und für den Abbau von...