Hoffnungsträgerin – Der Weg in der Politik
Sie waren Bundestagsabgeordnete und Staatssekretärin in Berlin. Eigentlich nicht schlecht. Und doch sind Sie zurück nach Rheinland-Pfalz gegangen und wollen dort nun bereits zum zweiten Mal Ministerpräsidentin werden. Wie lebt es sich eigentlich auf Jahre im »Amt« der CDU-Hoffnungsträgerin?
Das ist in Ordnung. Hoffnung ist etwas Positives. Sie drückt Zuversicht aus.
Und doch steigen die Erwartungen. Wie gehen Sie mit dem Erfolgsdruck um?
Ich mache meine Arbeit, bleibe auf dem Boden. Meine Familie, die mir dabei hilft, und glücklicherweise ehrliche Freundinnen und Freunde sind auch an meiner Seite. Mein unbestechlichster Kritiker ist dabei mein Partner. Durch ihn werde ich immer wieder geerdet. Er sagt, wenn er etwas nicht gut findet.
Kommt das oft vor?
Gelegentlich. Es wäre ja auch sehr verwunderlich, wenn man ernsthaft glauben würde, perfekt zu sein. Das ist ja keiner von uns. Lernfähig müssen wir sein, gerade in der Politik.
Was passiert, wenn der Erfolg ausbleibt?
Zum Leben gehören Erfolge und Misserfolge. Das sind Prozesse. Und mit Blick auf die nächste Landtagswahl: Hier werbe ich für einen Regierungswechsel, mein Ziel ist, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz zu werden. Ich möchte gerade in meiner Heimat zeigen, dass wir es besser machen. In dieser Aufgabe fühle ich mich angekommen und auch von ganz vielen getragen. Beim Thema Hoffnung stellt sich eher die grundsätzliche Frage, ob unsere Gesellschaft generell Personen braucht, in die sie ihre Hoffnung immer wieder setzen können.
Manch ein Hoffnungsträger scheiterte, etwa Karl-Theodor zu Guttenberg ...
Politiker sind keine Übermenschen. Karl-Theodor und ich sind zur selben Zeit in den Bundestag eingezogen und gehörten gemeinsam der Jungen Gruppe in der CDU/CSU-Fraktion an. Aber unsere Herkunft und Lebenswege sind völlig verschieden. Er kommt aus einer adeligen Familie mit politischer Tradition. Ich komme aus normalen Verhältnissen, bin ganz anders aufgewachsen.
Nicht ausweichen: Sie sind eine Hoffnungsträgerin ...
(Lacht) Dass Hoffnungen in Politiker gesetzt werden, ist normal. Vor allem, wenn sie zum Führungspersonal gehören. Das darf aber nicht vom Wesentlichen ablenken. Im Kern kommt es in der Politik darauf an, Probleme zu lösen, Konzepte für die Zukunft zu haben, das Land voranzubringen. Das gilt auch für mich. Rheinland-pfälzische Politik muss endlich aus ihrer Lähmung befreit werden. Als Ministerpräsidentin will ich dafür sorgen, dass die Menschen hier wieder zukunftsfreudiger sind, sie sollen wieder darauf hoffen können, dass neue Arbeitsplätze entstehen und wir bei der Gründerszene und der Patentanmeldung nach vorne kommen.
Das klingt nach Wahlkampf. Bei der zurückliegenden Wahl, die Sie verloren haben, wollten sie das auch. Wie gehen Sie mit Niederlagen um?
2011 hat ein halbes Prozent gefehlt. Natürlich lernt man daraus. Ich kenne das Gefühl, auf einem Feld etwas bewegen zu können, und ich kenne genauso das Gefühl, dass die bessere Idee, die bessere Initiative nicht zum Zug kommt, weil die Mehrheit fehlt.
Also konkreter: Was machen Sie heute anders?
Im Laufe des Politikerlebens habe ich verschiedene Erfahrungen gemacht, aus denen ich Kraft schöpfe. Deswegen ist jetzt einiges anders. 2011 haben uns nur 8000 Stimmen, ein halbes Prozent gefehlt. Während die SPD rund zehn Prozentpunkte eingebrochen war, legte die CDU zu. Dennoch hat es nicht für die Regierungsübernahme gereicht, die Grünen haben die alte SPD gestützt und ihr noch einmal über die Ziellinie geholfen. Die Probleme sind danach geblieben. Man kann das eine Niederlage nennen, ich nenne es die Ermunterung zu einem neuen Anlauf.
Wie stark lassen sich Erfolg und Niederlage beeinflussen?
Viel und wenig zugleich. Viel, weil es an uns als Bewerber liegt, wie wir auftreten, und wenig, weil die Gesamtstimmung auch immer eine Rolle spielt. Klar wird auch viel davon abhängen, ob ich meine Aufgabe als Spitzenkandidatin ordentlich mache.
Wie denn?
Jeder Schritt von mir, jeder Satz, auch unser Gespräch natürlich wird vom politischen Mitbewerber beobachtet, weil er etwas zu verlieren hat. Wählerstimmen, Macht. Und natürlich will man eine starke CDU treffen, indem einige versuchen, mich anzugreifen.
Wie gehen Sie damit um?
Sportlich-gelassen.
Wirklich?
Ja, Politik ist auch ein Handwerk, jedenfalls kein Ferienparadies. Persönlicher Angriff ist aber immer Ausdruck von Angst und Hilflosigkeit. Mein Stil ist das nicht. In der Sache konsequent, aber im Umgang verbindlich, das ist mir wichtig.
Haben Sie ein Beispiel?
Wenn der SPD-Landesvorsitzende mich »Shitstorm auf Pumps« nennt, ist er stolz, dass ihm nach vielen Tagen des Überlegens etwas eingefallen ist, um von seinen Problemen abzulenken: insolventer Nürburgring, insolventer Flughafen Zweibrücken, insolventes Schlosshotel Bad Bergzabern. Alles SPD-Projekte, die schiefgingen. Dass eine Opposition so etwas aufgreift, ist nicht nur klar, sondern notwendig. Also wollte er zum Gegenschlag ausholen mit einem frauenspezifischen Witz, über den aber allenfalls Herren seiner Liga lachen konnten. Das ging nach hinten los, ich bekam zahlreiche Solidaritätsbekundungen von Frauenverbänden.
Was ist Ihre Antwort?
Gelassenheit. Nicht verbissen darauf reagieren, meine Arbeit weiter machen, nicht an jeder Talkshow teilnehmen, sondern im Land unterwegs und vor Ort präsent sein, Fragen beantworten, Ideen vorstellen. Die Rheinland-Pfälzer merken, dass es mir wirklich um das Land geht, und sie schätzen es, wenn sie merken, dass sie wichtiger sind als Talkshow-Termine.
Fernsehtauglichkeit ist schon wichtig ...
Das liegt im Auge des Betrachters. Sie oder er muss ein Typ sein. Deutschland wird nicht wie die USA werden, zum Glück führen wir anders Wahlkampf, nicht dermaßen durchgestylt, familieninszeniert und typbereinigt. Wir in Deutschland mögen Charaktere, authentische, nicht unbedingt makellos glatte. Das Telegene ist austauschbar, ein Typ nicht.
Welcher Typ sind Sie?
Am besten andere fragen.
Ihre Antwort?
Ich bin eher der geländegängige Typ. Zwischen Gummistiefeln und Pumps, zwischen humorvollem Weinfest und akribischer Schreibtischarbeit, zwischen Tradition und Moderne. Politisch schlägt mein Herz in der Mitte.
Der Nachteil eines Typen ist, dass man ihn nicht überall einsetzen kann?
Stimmt. Ich würde nicht als Erste Bürgermeisterin nach Bremen passen. Ich komme aus einem Flächenland. Ein Stadtstaat wie Bremen hat andere Themen, andere Probleme. In der Bundespolitik ist es wieder etwas anderes, da brauchen Sie ja gerade einen überregionalen Blick auf die Dinge.
Wie wird man Hoffnungsträgerin? War Ihnen der Landesvorsitz der CDU Rheinland-Pfalz nach den Krisen in der Partei auf dem Silbertablett serviert worden?
Mir wurde die Spitzenkandidatur, nicht der Landesvorsitz angetragen. Der Landesvorsitz war meine Bedingung. Ich habe gesagt: Wenn ich mich ganz für Rheinland-Pfalz entscheide, brauche ich die bestmöglichen Bedingungen für einen Erfolg. Da gehören Fraktions- und Landesvorsitz in eine Hand.
Welche Rolle spielte, dass Sie eine Frau waren?
Die Stunde der Frauen schlägt häufig in Krisenzeiten der Parteien. Angela Merkel übernahm die Bundes-CDU in einer Krisenzeit, Hannelore Kraft kam in der SPD-Krise in Nordrhein-Westfalen.
Zu Frauen ist das Zutrauen in der Krise größer?
Oder es finden sich in einer Krise keine Männer. Wegen drohender Aussichtslosigkeit hält sich das Engagement in Grenzen. Generös wird gerne einer Frau der Vortritt gelassen, und dann ist man erstaunt, wie gut es läuft.
Das klingt jetzt aber bitter ...
Nüchtern. Ich handle nicht nur gern, ich beobachte auch gern. Meinen politischen Weg in Rheinland-Pfalz verdanke ich ebenfalls Krisensituationen. Die erste war im Kreis Bad Kreuznach/Birkenfeld, als es aussichtslos schien, der SPD den Wahlkreis abzunehmen. Die zweite herrschte in der Landes-CDU, die keine Perspektiven für einen Machtwechsel nach parteiinternen Auseinandersetzungen sah. Noch immer müssen wir in der Politik zuerst mit dem Latein am Ende sein, bevor sie an etwas denken, woran bislang niemand gedacht hat, nämlich eine Frau und Seiteneinsteigerin zu holen.
Am Anfang aber war die Quote. Ein Drittel der CDU-Mitglieder im Bundestag sollten Frauen sein?
Ohne das so genannte Frauenquorum wäre ich heute nicht in der Politik, das ist richtig. Der Kreisverband stand vor der Frage: Nehmen wir einen Mann, der es schwer hat in einem SPD-Wahlkreis? Oder nehmen wir eine Frau, die es auch schwer hat, die aber, weil die CDU das Frauenquorum einführte, über die Landesliste in den Bundestag kommt? Als ich zusagte, kandidierte ich auf Listenplatz sechs. Das war ein sicherer Platz.
Wie muss eine »CDU-Frau« sein?
Ich habe mich nie gefragt, wie eine »CDU-Frau« sein muss. Ich gebe mich so, wie ich bin. Es geht ja nicht darum, ob man einem bestimmten Muster entspricht, sondern ob man in dem, was man tut, authentisch ist. Und glauben Sie mir, ich mag Volksfeste, ich mag die Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, ich mag unsere Dörfer und Städte in Rheinland-Pfalz, ich mag aber auch Berlin, die Hauptstadt, montags das Treffen mit Angela Merkel, Wolfgang Schäuble, Ursula von der Leyen, Norbert Lammert im CDU-Bundespräsidium, ich mag den Mix. Vor allem aber mag ich Menschen. Ich habe ein Grundvertrauen in...