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Tot, was nun? Eine Auseinandersetzung mit dem Sterben, dem Tod, der Trauer und dem Leben nach dem Tod

Eine Auseinandersetzung mit dem Sterben, dem Tod, der Trauer und dem Leben nach dem Tod

AutorGünter-Manfred Pracher
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl281 Seiten
ISBN9783656352570
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,99 EUR
Fachbuch aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Theologie - Praktische Theologie, , Sprache: Deutsch, Abstract: 'Es ist schwer zu sagen was möglich ist, denn der Traum von Gestern ist die Hoffnung von Heute und die Wirklichkeit von Morgen.' (Robert Goddard) In diesem Buch geht es darum, sich mit der Fragestellung auseinander zu setzen, die in unserer Gesellschaft an ganz vielen Stellen verdrängt und/oder aus dem Bewusstsein Erfolg verdrängt wird - dem Tod. Ich habe mich bei der Recherche mit vielen Menschen in allen Alterstufen und Schichten unterhalten, Schulklassen in die Gespräche einbezogen und dabei viele neue und interessante Erfahrungen gesammelt. In unserer modernen Hightech - Welt wird ein Thema immer mehr und immer erfolgreicher verdrängt: Das Thema Sterben und Tod. Die Werbung verheißt dem Menschen die ewige Jugend, die medizinische Forschung macht immer mehr Fortschritte. Im Bereich der Pharmazie werden Medikamente entwickelt die altersbedingte Probleme verhindern sollen so das Leben zu verlängern zu helfen. Alter, unheilbare Krankheiten, Schmerzen, das Ende eines Lebens haben wenig Platz im Leben der Menschen. In fast allen Gesprächen wurde deutlich, dass wir als Gesellschaft viel Erfolg in der Verdrängung dieses Themenbereiches aus unserem Leben haben. Berufsschüler haben beispielsweise auf die Frage 'Was würden Sie tun, wenn Sie wüssten, dass Sie mit Sicherheit (durch medizinische Untersuchungen nachgewiesen) nur noch drei Monate zu leben hätten?' geantwortet: 'Schulden machen, mich sinnlos betrinken ...' Die Jugendlichen haben sich aber durchaus in Frage stellen und deutlich verunsichern lassen, als sie sich damit beschäftigten, ob wohl ein genießen des Lebens, des Urlaubs mit diesem Wissen überhaupt noch möglich ist. Bei der echten Auseinandersetzung mit dem Thema kam doch ein 'Informationshunger' zum Tragen. Es ging primär nicht um den Tod als solchen sondern um das Sterben, dem eigentlichen Sterbegeschehen; 'vor dem Tod habe ich keine Angst, aber vor dem Sterben', so die jungen Menschen; 'Am liebsten möchte ich einschlafen und dann nie mehr aufwachen; das ist schmerzfrei und ohne Qualen'! Menschen zwischen dem 30. Lebensjahr und dem 60. Lebensjahr haben sich nur sehr schwer und schon fast ungern auf die unterschiedlichen Fragen eingelassen. Andere Kulturen werden im Blick auf das Sterben kurz dargestellt. Im zweiten Teil des Buches kommt die christliche Lehre etwas mehr zum Tragen, die ein Leben nach dem Tod, angstfrei und ermutigend darstellt.

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Leseprobe

Kapitel 2


 

Umgang mit dem Tod


 

Jens Zieske, so lese ich im Internet, ist 23 Jahre alt und macht seit einem Jahr eine Ausbildung im Bochumer Bestattungsinstitut Wellers. Er richtet Trauerfeiern aus, versorgt Verstorbene, betreut Hinterbliebene. Wie kommt man als junger Mensch auf so einen Beruf? Ich lese weiter:

 

„Nach der Hauptschule habe ich eine Ausbildung als Gärtner auf dem Friedhof gemacht“, erzählt Jens. „Einmal stand die Tür zur Kapelle offen, drinnen hat man gerade einen Sarg verschlossen. Der Deckel wurde zugeklappt, dabei hingen noch die Haare draußen“. Jens hat sich erschrocken über soviel Nachlässigkeit. Gleichzeitig war das ein Schlüsselerlebnis: „Ich habe plötzlich gedacht, es ist wichtig, dass man damit behutsamer umgeht“.

 

Anfangs hat Jens sich kaum getraut zu erzählen, was er beruflich macht, wenn er abends neue Leute auf einer Party kennen lernte. „Ich hab mich vor Ablehnung gefürchtet. Über den Tod spricht man nicht gern“. Doch die Reaktionen seiner Umwelt sind „konstant positiv“, schwanken zwischen neugierigem Gruseln und aufrichtiger Bewunderung für einen schwierigen Job. Im Umgang mit den Angehörigen der Toten ist permanente Sensibilität gefragt. „Floskeln, über die man sonst nicht nachdenkt, wie ‚Auf Wiedersehen’ oder ‚Frohe Ostern’, sind tabu“, sagt Jens.

 

Ist Jens mit seiner Arbeit fertig, dann sieht die/der Verstorbene im Sarg aus, als ob sie/er schläft.

 

Die Medien beschäftigen sich in diesem Jahr ganz besonders mit dem Thema Tod. Thematisch gibt es dazu drei inhaltliche Schwerpunkte, die sich im Ersten, in den Dritten Programmen, im Radio und im Internet wieder finden:

 

„Wie wir umgehen mit dem Tod“,

 

„Wie wir sterben wollen“ und

 

„Was am Ende bleibt“.

 

Auf die Frage, warum sie sich für die ARD – Themenwoche einsetzt, antwortet die Theologin Margot Käßmann[22]: „Allzu oft werden Sterben und Tod verdrängt, gerade in der Medienwelt. Da gibt es zwar Krimis zu sehen, aber was Sterbeprozess bedeutet, wie Menschen mit Trauer umgehen, dafür ist kein Sendeplatz, keine Zeit. Deshalb finde ich großartig, dass die ARD zu diesem Thema eine Themenwoche plant“.

 

Für Kabarettist Dieter Nuhr[23](„Satire Gipfel“) lässt sich - wie so vieles, was unfassbar schrecklich ist - auch der Tod nur mit Humor ertragen. „Es hat ja keinen Sinn, sein Leben trauernd zu verbringen, weil es irgendwann ein Ende haben wird. Ich will den Tod auslachen, vielleicht ist er dann beleidigt und kommt nicht wieder. Man sollte über den Tod als Teil des Lebens nachdenken, und ich will beweisen, dass man deshalb nicht gleich schlechte Laune kriegen muss“.

 

„Immer nur den Tod zu fürchten, führt dazu, das Leben aus den Augen zu verlieren“, sagt der ARD – Moderator Reinhold Beckmann[24] („Beckmann“, „Sportschau“). „Alter, Krankheit und Verlust sind ein Teil unserer Geschichte. Das sollten wir zu akzeptieren lernen und offen damit umgehen. Dabei hoffe ich, wir können einen kleinen Anstoß geben, in einer älter werdenden Gesellschaft angstfrei darüber zu reden, wie wir Menschen auf ihrem letzten Weg begleiten, und uns selbst darauf vorbereiten“.

 

Im ersten Schwerpunkt „Wie wir umgehen mit dem Tod“ steht das Verhältnis der Menschen zum Tod im Mittelpunkt: Welche Rolle spielt der Tod in unseren Köpfen, wann und wie kommt er dort vor, wie reden wir eigentlich darüber? Obwohl wir von unserem irdischen Ende wissen, verdrängen wir es, sprechen nicht oder nur sehr selten und verkrampft, geradezu gezwungenermaßen darüber.

 

Dieser Schwerpunkt soll uns mögliche Tabus bewusst machen, sie gezielt hinterfragen und zur Überwindung der allgemeinen Sprachlosigkeit beitragen. Er soll einen Paradigmenwechsel in Deutschland befördern: Weg vom Jugendwahn einer ökonomisierten und fast ausschließlich leistungsorientierten Ellenbogen  Gesellschaft hin zu einer Neuentdeckung von Trauerarbeit, Bewahrung des Andenkens von Verstorbenen und dem möglichen Totenkult.

 

Im zweiten Schwerpunkt „Wie wir sterben wollen“ steht der eigentliche Sterbeprozess im Fokus der Arbeit: Die Entscheidung darüber, wie, wo und wann gestorben wird, fällt auf den Grundlagen von moralischen, juristischen und religiösen Urteilen, sowie auf der Basis von gesellschaftlichen Normen und politischen Rahmenbedingungen.

 

Die Frage der Selbstbestimmung stellt dabei ein sehr zentrales Thema dar. Ich gebe aber zu bedenken, dass mehr als die Hälfte aller Deutschen keine Erfahrung mit Sterben und Tod haben, sie wissen nicht und eigentlich auch nicht wissen können, wie man andere Menschen tröstet und mit ihnen trauert, obwohl unsere Gesellschaft immer deutlicher in einem nicht unproblematischen demografischen Wandel befindet. Dieser Schwerpunkt soll dazu beitragen, dass Menschen die Veränderungen und das Geschehen um den Tod besser verstehen. Er soll dazu anregen die Diskussion über würdevolles Sterben als gesellschaftliche Aufgabe zu begreifen.

 

Im dritten Schwerpunkt „Was am Ende bleibt“ wird dann diskutiert, was einem Menschen bleibt, wenn jemand gestorben ist – physisch und mental. Die Auseinandersetzung mit dem Ende, dem Tod, ist immer mit dem Nachdenken über unser ganz persönliches Leben verbunden, über unsere Beziehungen und endet im Regelfall in der persönlichen Bilanz des bisher gelebten Lebens. Dieser Schwerpunkt soll aus diesem Gedankengut heraus junge und alte Menschen zu einer Zwischenbilanz ihres eigenen Lebens, ohne vorausgegangenen Todesfall anregen. Er soll über Denkanstöße dazu anregen, sich mit der Vorstellung vom eigenen Tod zu beschäftigen um dann darüber auch mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen. Was bleibt von mir? Was soll bleiben, in Erinnerungen, in Lebenszeugnissen, im Internet?

 

Sie erhalten einen Anruf aus dem Krankenhaus: Ein Angehöriger ist verstorben. Vielleicht kam diese Nachricht für Sie vollkommen überraschend. Doch auch wenn Sie vorbereitet waren, wird diese Nachricht in Ihnen starke Reaktionen und Gefühlsbewegungen auslösen. Möglicherweise fällt es Ihnen aus vielen unterschiedlichen Gründen schwer in dieser Situation noch klar und überlegt zu denken. Einige Hinweise können nun vielleicht doch helfend sein:

 

Wer muss von Ihnen benachrichtigt werden?


 

Rufen Sie die Personen an, denen Sie gleich Bescheid geben möchten. Verabreden Sie sich mit ihnen, wenn diese ebenfalls ins Krankenhaus kommen möchten (Uhrzeit und Treffpunkt).

 

Wenn viele Anrufe zu erledigen sind, dann bitten Sie doch Verwandte oder Freunde, dass sie diese Anrufe zu übernehmen.

 

Wen müssen Sie über Ihre ungeplante Abwesenheit unbedingt  informieren (Arbeitgeber, Familie, Nachbarn)?

 

Wer fährt mit Ihnen mit?


 

Wählen Sie jemanden, der Ihnen nahe steht, aber dennoch weniger stark emotional betroffen ist. Fahren Sie, wenn es sich irgendwie verhindern lässt bitte nicht selbst und alleine mit dem Auto, schon überhaupt nicht, wenn Sie sehr aufgewühlt sind.

 

Ist noch jemand an Ihrer Seite, der ebenso oder noch stärker betroffen ist? Fragen Sie ihn, wen er in dieser Situation als Unterstützung gerne bei sich haben möchte.

 

Entscheiden Sie bei minderjährigen Kindern nicht über deren Kopf hinweg. Informieren Sie die Kinder mit klaren und einfachen Worten über den Todesfall und fragen Sie nach, was sie gerne möchten. Kinder können in der Regel darüber sehr genau Auskunft geben. Haben Sie keine Angst davor, Sie werden Ihr Kind nicht überfordern, wenn es den Wunsch hat, Sie zu begleiten. Sorgen Sie, wenn möglich, dafür dass eine weitere Person mitkommt, die sich im Auto auf dem Weg zur Klinik und dann auch vor Ort um das Kind kümmern kann.

 

Was müssen/wollen Sie noch erfragen?


 

Gibt es etwas, was Sie beim ersten Telefongespräch mit dem Krankenhaus vergessen haben? Zum Beispiel:

 

Kann der Verstorbene im Zimmer in seinem Bett liegen bleiben, bis Sie in der Klinik sind?

 

Gibt es einen Verabschiedungsraum, zur Aufbahrung des/r Verstorbenen?

 

Kann ein Klinikseelsorger benachrichtigt werden, um Ihnen beizustehen? Kann er eine Aussegnung vornehmen? Kann eine Pflegekraft Ihnen dabei helfen, wenn Sie den/die Verstorbenen selbst waschen und ankleiden möchten? Scheuen Sie sich nicht und rufen Sie einfach im Krankenhaus nochmals an, wenn für Sie Fragen offen geblieben sind.

 

Was müssen oder möchten Sie gerne noch mitnehmen?


 

Taschentücher, Medikamente, Adressenverzeichnis, Handy und ähnliches.

 

Möchten Sie den/die Verstorbenen vielleicht selbst waschen und ankleiden? In diesem Fall können, beziehungsweise sollten Sie entsprechende Kleidungsstücke auswählen und mitnehmen. Sie können aber auch später mit dem Bestatter vereinbaren, den/die Verstorbenen mit ihm zusammen zu waschen und anzukleiden.

 

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