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E-Book

Internationale Wirtschaft

Theorie und Praxis der internationalen Wirtschaftsbeziehungen

AutorDieter Hoppen
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl274 Seiten
ISBN9783170236080
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis25,99 EUR
Das Verständnis der Funktion und Wirkung internationaler Wirtschaftsbeziehungen ist gerade am global agierenden Wirtschaftsstandort Deutschland von zentraler Bedeutung. Technischer Fortschritt in der internationalen Logistik, moderne Kommunikationsmethoden und politische Entscheidungen zum weltweiten Abbau von Handelshemmnissen haben seit den 1990er Jahren eine rasante Entwicklung auf diesem Gebiet bewirkt. Das Lehrbuch vermittelt vor diesem Hintergrund praxisrelevantes Basiswissen, um das komplexe System der internationalen Wirtschaftsbeziehungen verstehen und in der betrieblichen Praxis anwenden zu können. Im Teil I werden die internationalen Güter- und Kapitalströme behandelt und im Teil II der globale Wettbewerb zwischen Industrie- und Aufsteigerländern.

Prof. Dr. Dieter Hoppen vertritt an der ESB Business School/ Hochschule Reutlingen das Fachgebiet Internationales Marketing. Vorher war er langjähriger Vertriebs- und Exportleiter bei namhaften deutschen Unternehmen.

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Leseprobe

1          Mechanismen internationaler Märkte


1.1       Handelsströme im Modell


(1)         Tauschen, Handel, Free Trade


1. Von der Tauschwirtschaft zum Welthandel. Handel und Arbeitsteilung sind noch nicht sehr lange die Grundlagen unseres Wirtschaftens. Unsere Vorfahren sind erst vor gut 12000 Jahren sesshaft geworden: Die Jäger, Fischer und Sammler hörten auf, den kompletten Eigenbedarf selbst herzustellen. Ackerbau und Viehzucht wurden begonnen. Märkte bildeten sich. Handwerksbetriebe und Dörfer entstanden und später Städte. Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek versteht das Entstehen von Märkten als eine spontane Ordnung, welche die wirtschaftlichen Aktivitäten von Individuen ohne äußeren Zwang koordiniert.1 Menschen tauschen und handeln freiwillig, weil es für die Beteiligten vorteilhaft ist. Das geschieht in jeder Kultur. In einer Tauschwirtschaft konzentriert sich jeder bei seiner Arbeit vor allem auf das, was er am besten kann. Beim Tausch erhält er vom eingetauschten bzw. gekauften Gut mehr, als wenn er es selbst hergestellt hätte, denn die Arbeitsteilung führt zu einer Erhöhung der Produktivität: Es werden mit den vorhandenen Ressourcen mehr Güter erzeugt und die Güterversorgung der Beteiligten wird besser.

Heute erstreckt sich die Arbeitsteilung über alle Kontinente. Es ist selbstverständlich geworden, dass Waren aus aller Welt ein Teil unseres täglichen Lebens sind: Digitalkameras aus Japan, TV-Geräte aus Korea, Laptops aus Taiwan, PC-Software aus den USA, Mobiltelefone, Sweatshirts und Spielzeug aus China, Sportschuhe aus Vietnam und Weintrauben aus Südafrika. Die Liste lässt sich beliebig verlängern. Der Welthandel hat sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verhundertfacht. Dieser Boom war nur möglich, weil der Fortschritt in der Logistik die Transportkosten um mehr als den Faktor 10 senkte und politische Handelshemmnisse wie Zölle und Einfuhrkontingente zum größten Teil beseitigt wurden: Aus dem Handel zwischen Dörfern und Städten ist ein veritabler Welthandel geworden und dieser Free Trade trägt ganz wesentlich zum Lebensstandard aller Beteiligten bei.

Der Weg in die Globalisierung der Märkte erforderte fast 50 Jahre mühsamer Verhandlungen, denn das Recht, Zölle an den Landesgrenzen zu erheben, gehört zu jedem souveränen Staat. Und die Regierenden haben zu allen Zeiten gerne davon Gebrauch gemacht, denn die Abgaben an den Grenzen füllten ihre Staatskassen. Die Einsicht, dass ein Staat seiner Wirtschaft mehr schadet als nützt, wenn er den Handel mit seinen Nachbarn beschränkt, hat sich nur zögernd durchgesetzt. Das Credo vom Free Trade stammt von englischen Ökonomen des 18. und 19. Jahrhunderts: Freihandel nützt jeder Wirtschaft und jedem Land. Sie waren sich sicher, dass die Abschaffung von Handelsbeschränkungen große Warenströme freisetzen und die wirtschaftliche Entwicklung in den beteiligten Ländern fördern werde. Und sie behielten recht: Im 19. Jahrhundert nahm der Handel stetig zu, weil die Zölle gering waren und der Goldstandard für eine hohe Stabilität der Finanzwirtschaft sorgte.

2. Free-Trade-Gedanke. Im Jahre 1776 erschien das grundlegende Werk der Wirtschaftswissenschaft: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations von Adam Smith. Der Autor hatte u. a. eine englische Manufaktur für Stecknadeln besucht und die Produktionsweise analysiert: Die Fertigung wies eine hohe Arbeitsteilung auf und für einzelne Arbeitsschritte wurden bereits Maschinen eingesetzt. Er konstatierte eine sehr große Produktivität, die er mehr als hundertfach höher einschätzte als bei einer handwerklichen Herstellung.2 Es gehört seitdem, d. h. von Anfang an, zu den Grundtatbeständen der Wirtschaftstheorie, dass eine hohe Produktivität entsteht, wenn ein Herstellungsprozess in eine Abfolge von Einzeltätigkeiten aufgelöst wird. Dieser Sachverhalt wurde zur Grundlage der Arbeitsplanung der industriellen Fertigung. In den Autowerken von Henry Ford fand sie ihren Höhepunkt und auch ihre Übertreibung. Mittlerweile weiß man, dass die innerbetriebliche Arbeitsteilung nicht maximiert, sondern optimiert werden muss. Aber die Grunderkenntnis von Adam Smith bleibt: Arbeitsteilung ist der Schlüssel zu hoher Produktivität, d. h. zu höherem Output mit den gleichen Ressourcen.

Vor knapp 200 Jahren übertrug der englische Ökonom David Ricardo den Gedanken von Adam Smith auf den internationalen Handel3: Jedes Land soll sich spezialisieren und vor allem die Güter herstellen, für welche es die besten Voraussetzungen besitzt. Tauscht es diese gegen Waren aus anderen Ländern ein, so verbessert es seine Güterversorgung. Verhalten sich alle Länder so, entsteht eine internationale Arbeitsteilung, welche die Produktivität der Güterherstellung insgesamt steigert und mit den bestehenden Ressourcen den Output erhöht. Auf diese Weise verbessert sich die Güterversorgung aller am Handel beteiligten Länder. David Ricardo fand mit der Forderung nach Free Trade bei den Regierenden seines Landes nur teilweise Gehör: Das Vereinigte Königreich kontrollierte im 19. Jahrhundert ein Viertel der Erde und ließ in seinem Empire nur einen sehr einseitigen Handel zu: Aus den Kolonien kamen Rohstoffe, im Mutterland wurden sie zu Fertigwaren weiterverarbeitet und ein Teil von Ihnen wurde in die Kolonien geliefert. Die britische Industrie war der Schrittmacher der industriellen Revolution gewesen und die ungleiche koloniale Arbeitsteilung machte sie zur unangefochtenen Nr. 1.

Das 19. Jahrhundert war geprägt von Prosperität. Die große Triebkraft der Gründerzeit in Europa und in den USA war der technische Fortschritt, der zum Aufbau der Industrie führte und das Gesicht von Europas und Nordamerikas Städten veränderte. Aus Manufakturen wurden Fabriken. Der Freihandel leistete einen wichtigen Beitrag zu dieser Entwicklung, denn die Handelsströme trugen zur Verbreitung der neuen Technologien in Europa und in Übersee bei. Der Erste Weltkrieg war eine große Zäsur im internationalen Handel und die Weltwirtschaftkrise von 1929 brachte ihn zum Erliegen. Er war fast 50 Jahre unterbrochen. Unter der Führung der USA begannen 1947 die Verhandlungsrunden des GATT für einen Neuanfang. Zunächst einigten sich die Industriestaaten und später nahezu alle Staaten darauf, die in der Zwischenkriegszeit entstandenen Handelsschranken schrittweise abzubauen. Die Wirkung blieb nicht aus und die internationalen Handelsströme nahmen wieder zu. Der Welthandel stieg von 1950 bis 2000 auf das Hundertfache. Das hätte David Ricardo nicht überrascht. Anfang der 1990er Jahre entstand die Globalisierung durch die Rückkehr Chinas und Indiens sowie Russlands und Osteuropas in die Weltwirtschaft. In den internationalen Wirtschaftsbeziehungen brach ein neues Zeitalter an.

(2)         Verbesserung der Güterversorgung durch Handel


1. Zwei-Güter-Fall. Die Vorteile des Warenhandels werden leicht verständlich, wenn man sich eine mittelalterliche Stadt vorstellt, die eine weitgehend isolierte Lage aufweist: Aus ihrem Umland bezieht sie die notwendigen Rohstoffe und ihre Handwerker haben die Aufgabe, daraus alle notwendigen Güter für ihre Bewohner herzustellen. Die verschiedenen Berufsgruppen verteilen sich auf die Herstellung der unterschiedlichen Güter des täglichen und des aperiodischen Bedarfs. Dabei werden die Opportunitätskosten sichtbar: Die Arbeitszeit, die zur Herstellung eines Gutes verwendet wird, steht für die Herstellung eines anderen Gutes nicht mehr zur Verfügung, denn die gesamte Arbeitsleistung ist begrenzt. Die Präferenzen der Nachfrage bestimmen den realisierten Güter-Mix.

Betrachtet man modellhaft nur zwei Güter, z. B. Stühle und Hemden, dann verursacht die Herstellung einer Anzahl von Stühlen den Verzicht auf eine Anzahl von Hemden, die man alternativ in der gleichen Arbeitszeit hätte herstellen können. Die zur Verfügung stehenden Ressourcen lassen sich für die Herstellung von unterschiedlichen Kombinationen von Mengen von Stühlen und Hemden einsetzen: Die Nachfrage entscheidet, wie viele Stühle und wie viele Hemden hergestellt werden. Grafisch lässt sich dieser Sachverhalt als Transformationskurve darstellen. Im einfachsten (und seltenen) Fall ist die Kurve eine Gerade. Sie gibt alle Kombinationen von Gütern wieder, die mit den vorhandenen Ressourcen möglich sind: Es können pro Jahr z. B. 1000 Stühle oder 2000 Hemden hergestellt werden oder ein Mix von beiden. Letzteres ist der Normalfall, da sich im angenommenen Beispiel die Herstellung auf die Versorgung der Bevölkerung einer Stadt richtet, die sich selbst...

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