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E-Book

Qigong in Psychotherapie und Selbstmanagement

AutorClaus Fischer, Micheline Schwarze
VerlagKlett-Cotta
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783608200171
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Die Autoren stellen die psychischen Wirkfaktoren des Qigong dar und vermitteln in zahlreichen Übungen, Beispielen und anhand von Fotos, wie Qigong in Therapie und Selbstmanagement erfolgreich eingesetzt werden kann. Qigong fördert Entspannung, Gelassenheit und innere Kraft, es unterstützt die körperlichen und seelischen Selbstregulationskräfte im Menschen. Indem die Übungen Bewegung, Atemführung, Imagination und Achtsamkeit verbinden, wirken sie ganzheitlich auf Leib und Psyche. Ihre positive Wirkung bei Stresserkrankungen, psychosomatischen und posttraumatischen Störungen werden mehr und mehr auch in der westlichen Medizin und Psychotherapie anerkannt und integriert. Die in Methodik und Praxis erfahrenen Autoren stellen in ihrem Qigong-Basisbuch - die therapeutisch wirksamen Faktoren dar, die auch die aktuelle Hirnforschung bestätigt - zeigen anhand von Beispielen das breite Anwendungsspektrum auf - beschreiben Qigong als Methode, die psychisch stabilisieren und eine positive Selbstwahrnehmung fördern kann. Das fundierte, lebendig geschriebene Buch unterrichtet in Psychotherapie und Beratung Tätige, Qigong-Lehrer und alle, die an körperorientierten Verfahren interessiert sind, über Anwendungsmöglichkeiten einer wirkungsvollen, 3000 Jahre alten Übungsform. Qigong: Die Lebenskraft (Qi) durch Üben (Gong) zu stärken und in Fluss zu bringen, hat eine über 3000 Jahre alte Tradition in der chinesischen Medizin.

<p>Claus Fischer, Dipl.-Päd., ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut; Ausbildung in Körperpsychotherapie (Biosynthese), EMDR und tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie; seit 1990 ist er als Psychotherapeut in der Klinik für psychotherapeutische und psychosomatische Medizin in Bielefeld tätig; Qigong-Dozent der Medizinischen Gesellschaft für Qigong Yangsheng.<br /></p>

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Leseprobe
Vorwort Luise Reddemann Vor 20 Jahren, im Sommer 1988, kam Dr. Josephine Zöller als Gast in die Klinik für psychotherapeutische und psychosomatische Medizin in Bielefeld, die ich zu jener Zeit leitete. Josephine war für mich ein Phänomen: 75 Jahre alt, beweglich wie ein Baby. So sei sie vor 15 Jahren nicht dran gewesen, erzählte sie. Damals, mit 60 Jahre also, habe sie ihre Praxis als Allgemeinärztin geschlossen, weil sie dauernd Rückenprobleme gehabt habe. Neugierig und aufgeschlossen wie sie war, studierte sie dann in Berlin Sinologie, um anschließend mit einem Stipendium nach China zu gehen. Dort lernte sie Qigong kennen und seither hatte sie täglich geübt, das hatte sie beweglich gemacht. Inzwischen war es ihr ein Anliegen, Qigong in Deutschland zu lehren und das uralte Wissen weiterzugeben. Wir hatten das Glück, dass sie für etwa ein Jahr in der Klinik mitarbeitete. Das Qigong kam bei unseren Patientinnen und Patienten sehr gut an, so dass es fester Bestandteil unseres Behand lungsangebots blieb, auch nachdem Josephine uns wieder verließ. Claus Fischer führt bis heute diese Arbeit fort. Er verfügt über ein breites körpertherapeutisches Wissen und ist zudem ein kompetenter Psychotherapeut. Durch die Zusammenarbeit mit Micheline Schwarze, die viel Erfahrung mit Qigong in der Körperpsychotherapie und im Selbstcoaching hat, wird das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und es gelingt eine interessante Verbindung zwischen östlichem Wissen und den Erkenntnissen der westlichen Psychotherapie und Wissenschaft. Es ist das Anliegen dieses Buches, Qigong auf ein solides, theoretisch nachvollziehbares Fundament zu stellen und auch immer wieder einen Praxisbezug herzustellen. So werden einfache Qigong- und Wahrnehmungsübungen zum Ausprobieren beschrieben. Fernöstliche Konzepte über Gesundheit und Krankheit hatten im Gegensatz zur westlichen Heilkunde eine ganzheitliche Sicht des Menschen immer bewahren können, so dass es nicht verwunderlich ist, dass sich heute viele von fernöstlichen Methoden angesprochen fühlen. Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass die Sichtweisen der anderen Kultur so wenig verstanden werden, dass ihre westlichen Anhänger ins Sektierertum abgleiten. Claus Fischer und Micheline Schwarze gelingt es in diesem Buch, den Boden westlicher Empirie nicht zu verlassen und doch auch einen Geschmack der anderen Sicht zu vermitteln. In den letzten Jahren ist es immer deutlicher geworden, dass eine Psychotherapie ohne Einbeziehung des Körpers für viele PatientInnen nicht gewinnbringend sein kann. Die neuere neurobiologische Forschung bestätigt das, was viele TherapeutInnen schon lange wussten. In der Psychotherapie gab es seit ihren Anfängen ein Bemühen, Körper und Seele gleichermaßen wahrzunehmen und ihr Zusammenwirken zu fördern. So fand Qigong auch in verschiedenen stationären Kontexten seinen Ort, während es sich gleichzeitig in der Gesundheitsprävention und im Selbstmanagement seinen Platz erobern konnte. Der Ansatz von Fischer und Schwarze in diesem Buch wird dem Wunsch vieler PatientInnen gerecht, dass die als wertvoll geschätzte Arbeit mit dem Qigong nach der Klinik weitergehen solle. Im Buch sind alle Bereiche abgedeckt. Qigong als Möglichkeit intensiver Selbstbegegnung und als Selbstmanagement, im Coaching und als therapeutische Intervention. Dass die Übergänge zwischen Gesundheit und Krankheit fl ießend sind, versteht sich hier tatsächlich wie von selbst. Dieses Buch ist sowohl für diejenigen geeignet, die sich einen ersten Überblick über Qigong verschaffen möchten wie für erfahrene PsychotherapeutInnen und Qigong-Lehrende. Jede und jeder wird dieses Buch mit Gewinn lesen können, vorausgesetzt, sie oder er bringt ein Interesse an ganzheitlichen Sichtweisen mit und eine Lust, über den Körper sich selbst zu begegnen. L. Reddemann, im Dezember 2007 1. Einführung »Wenn ich stehe wie eine Kiefer, ändert sich auch meine innere Haltung, ich spüre mich klarer und stehe mehr zu mir«, »Wenn ich die ?Wolkenhände? bewege, habe ich das Gefühl, dass es auch mal leicht gehen darf im Leben.« Qigong-Praktizierende äußern sich häufi g zu den vielfältigen seelischen Wirkungen des Übens. Sie bemerken, dass sie mehr Selbstgefühl und Selbstsicherheit entwickeln, überzeugender auftreten können, entspannter und freier werden sowie gelassener mit sich und anderen umgehen können. Da wir in den Bereichen von Psychotherapie, Körperpsychotherapie, Beratung und Selbstmanagement tätig sind, interessieren uns in diesem Buch besonders die Fragen: - Wie kann Qigong zur Stabilisierung und Ressourcenstärkung eingesetzt werden? - Wie kann es die Entwicklung und Entfaltung der Persönlichkeit fördern? - Welche Aspekte sind in diesen Anwendungsbereichen besonders wichtig? - Welche Erklärungsansätze gibt es für die seelischen Wirkungen des Qigong aus westlicher Sicht? Diesen Fragen wollen wir uns von verschiedenen Seiten her nähern. Dabei geht es um Themen wie - Achtsamkeit und Akzeptanz, - Selbstberuhigung und Umgang mit Emotionen, - Selbstgefühl und Selbstbehauptung, - Kreativität und Potenziale, - Vertrauen in die Selbstregulation, - Kontakt zum Wesentlichen. Anhand von Beispielen aus der Praxis erläutern wir unter anderem, wie Zentrierung und Erdung beruhigend und stabilisierend auf der seelischen Ebene wirken, warum Menschen nach dem Üben mehr Kontakt zu sich selbst haben und ihre Probleme aus einem anderen Blickwinkel sehen. In den Beispielen aus der Praxis wird deutlich, dass eine Übung wie Schiebe den Berg zu mehr Klarheit und Zielgerichtetheit führen oder Das Spiel des Tigers Angstgefühle verringern kann. In diesen bewährten chinesischen Übungsformen werden Achtsamkeit und geistige Zentrierung, Bewegung, Haltung, Atem und Imagination auf wirkungsvolle Weise verbunden. Es wird von einer Einheit körperlicher und seelisch-geistiger Vorgänge ausgegangen - das eine wirkt mit dem anderen zusammen. Vorstellungen, Bilder, Gefühle wirken auf körperliche Prozesse, wie auch umgekehrt Bewegungen und Haltungen auf Denken und Fühlen wirken. Damit erscheint Qigong vor dem Hintergrund neurobiologischer Forschung hochaktuell und trotz der mehr als 3000-jährigen Geschichte wie eine »moderne« Körpertherapie. Neuere wissenschaftliche Studien belegen das ganzheitliche Zusammenwirken körperlicher, emotionaler und kognitiver Prozesse. Im Zuge dieser Entwicklung werden der Körper und seine Reaktionen in der Psycho therapie zunehmend beachtet und die Arbeit mit dem Körper wertgeschätzt. Die in unserer westlichen Kultur vorherrschende Überbetonung der Kognition und des rationalen Denkens wird von Hirnforschern infrage gestellt. Die neurobiologische Forschung stellt mit den neuesten Ergebnissen sogar die Hypothese auf, dass der Mensch mehr durch unbewusste körperliche Prozesse bestimmt wird als durch bewusste Entscheidungen (Schore, 2007; Singer, 2004). Rein kognitive oder psychodynamische Therapieansätze klammern häufi g etwas Entscheidendes aus, wenn sie ausschließlich auf die Vermittlung von Erkenntnissen und Deutungen abzielen und das körperliche Geschehen außer Acht lassen. Nicht selten werden Körperimpulse oder Körperempfi ndungen sogar als »Störung« des intellektuellen Therapiegespräches gesehen und damit die Chance einer Integration vertan. In einer aktuellen traumatherapeutischen Fachveröffentlichung fi ndet sich in dem umfangreichen Stichwortregister nicht ein Wort zu den Berei chen Bewegung, Körperwahrnehmung, Körpertherapie - lediglich der Begriff »Körperkontrolle« taucht auf. Andere plädieren klar für eine Einbeziehung des Körpers. So schreibt Luise Reddemann (2007): »... (ich) möchte ... meiner Erwartung Ausdruck verleihen, dass innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre vermutlich Psychotherapie ohne eine wie auch immer geartete Einbeziehung des Körpers obsolet sein dürfte.« »Ich denke, also bin ich« ist als »Descartes' Irrtum« bekannt geworden. Damasio, einer der renommiertesten Hirnforscher, plädiert eher für ein »Ich fühle, also bin ich« und betont, wie sehr Menschen durch ihre körperlichen Empfi ndungen gesteuert werden. Der Neurobiologe Hüther (2005) wählt als Titel seiner Veröffentlichung »Mein Körper - das bin doch ich!« und betont die Notwendigkeit, Patienten in einer Psychotherapie, wieder für ihre körperlichen Empfi ndungen zu sensibilisieren, diese Körperwahrnehmungen zu differenzieren und das Erlebte in Worte zu fassen. Van der Kolk (2006, 2007) benennt u. a. Qigong als eine Methode, die Achtsamkeit fördern kann und die Möglichkeit biete, emotionale und physiologische Zustände zu regulieren. Weiterhin betont er den Wert von positiven Neuerfahrungen auf der Körperebene und ermutigt zu einem aktiven Einüben dieser korrigierenden Erfahrungen. Das aktive Aufsuchen positiver Erlebnisbereiche stärkt die entsprechenden neuronalen Verknüpfungen und fördert ihre innere Repräsentanz (Grawe, K., 2004). Grawe hat sich unseres Wissens nicht für die direkte Einbeziehung des Körpers in der Psychotherapie ausgesprochen, betonte aber das aktive Handeln als Prinzip für Veränderung. Dies impliziert Bewegungen und körperliches Erleben. Für die Bereiche Körperwahrnehmung, Geschicklichkeit und Freude an der Bewegung gilt das Motto: aktivieren, was man behalten möchte. Der bekannte Leitsatz der Neurobiologen bringt es auf den Punkt: »use it or lose it«. Vereinfacht, jedoch treffend, ist auch die Aussage: Um im Körper zu Hause zu sein, reicht nicht ein gelegentlicher Besuch. Durch regelmäßige Wiederholungen von Bewegungen, Haltungen und Vorstellungen fördert Qigong eine Verinnerlichung positiver Erfahrungen und wird daher oft als ein »heilsames Ritual« betrachtet. So können nachhaltig eine differenzierte Körper- und Selbstwahrnehmung gefördert werden und neue Verhaltensmöglichkeiten bewusst werden. Qigong kommt mittlerweile in dem weiten Bereich von Prävention, Rehabilitation, Psychotherapie oder Persönlichkeitsentwicklung zur Anwendung und dient hier der allgemeinen Stabilisierung, Ressourcenstärkung, dem Entspannungstraining sowie der Stressbewältigung. Im Bereich von Therapie und Selbstmanagement können auch Aspekte wie Klärung, Selbsterkenntnis oder Selbstbehauptung dazukommen. In jedem Fall geht es darum, einen Gesundungs- oder Entwicklungsprozess auf körperlicher, emotionaler, geistiger oder auch spiri tueller Ebene zu fördern. Wir wollen das Thema in ganzheitlicher Weise vermitteln, etwas für »Hand und Fuß«, »Kopf und Bauch« schreiben - und deswegen verschiedene Anregungen und kleinere Übungsanleitungen in den Text integrieren. Sensomotorische Wahrnehmungen kann sich das Gehirn besser merken als abstrakte Schilderungen, daher bieten wir Wahrnehmungs- oder Achtsamkeitsübungen an, um durch eigene Erfahrungen die beschriebenen Thematiken anzureichern und während des Lesens einen Geschmack von Qigong zu vermitteln. Am Ende des Buches stellen wir Ihnen einige Qigong-Übungen als kleine Übungsreihe vor, die Sie erlernen und aus denen Sie sich ein Alltags programm zusammenstellen können. Selbstverständlich können diese Übungsanleitungen weder das Üben unter kompetenter Anleitung noch eine Ausbildung oder eine therapeutische Behandlung ersetzen. Sie werden beim Lesen feststellen, dass wir versuchen, Brücken zu bauen - Verknüpfungen herzustellen zwischen Theorie und Praxis, östlichen und westlichen Körpertherapien, Psychotherapie und Selbstmanagement. Bindeglied aller Bereiche ist die Frage: Was hilft dem Menschen, gesund zu werden, seine eigene Balance zu fi nden und mehr Lebenszufrieden heit zu entwickeln? Vor dem Hintergrund der Ergebnisse neurobiologischer und psychotherapeutischer Forschung sind die Themen Körper, Bewegung, Imagination, Integration und Heilung in den letzten Jahren vermehrt in den Aufmerksamkeitsfokus gerückt. Die bereits seit Jahrzehnten verbreiteten Körperpsychotherapie-Verfahren fi nden zunehmend Anerkennung. Die Psychotherapie entdeckt den Körper. Auf Kongressen und in der aktuellen Literatur wird die Körperlichkeit als Ressource in der Psychotherapie thematisiert. Auch aus einem anderen Blickwinkel können wir uns annähern. Östliche Verfahren wie Yoga, Qigong oder Meditationspraktiken treten mit dem Thema Achtsamkeit mehr und mehr in das öffentliche Interesse und sind Gegenstand von Forschungsprojekten. Wir sehen derzeit einen interessanten lebendigen Prozess des Austausches zwischen den unterschiedlichen wissenschaftlichen Standpunkten, der Medizin, der Psychotherapie und traditionellen Herangehensweisen wie dem Qigong. Wir möchten mit diesem Buch in Psychotherapie oder in Beratung/ Coaching tätige Menschen erreichen, Qigong-Praktizierende und -Unterrichtende sowie Betroffene von Stress oder seelischen Belastungen. Viele PsychotherapeutInnen interessieren sich für erfahrungsorientierte Methoden und die Einbeziehung des Körpers in ihre Arbeit. Dieses Buch kann helfen, mehr Achtsamkeit für körperliche Prozesse zu entwickeln und in der Therapie ganzheitliche Empfi ndungen und Impulse als Ressource wertzuschätzen. In den Wahrnehmungen, Bewegungen oder feinen Signalen des Körpers zeigen sich oft Lösungswege aus Erstarrung, Empfi ndungslosigkeit oder Übererregtheit. Es kann hilfreich sein, Klienten Qigong - eine übende körperorientierte Methode - als Ergänzung zu einer verbalen Psychotherapie zu empfehlen. So können sie mehr Zugang zu ihrer Körperwahrnehmung fi nden und ein verbessertes Selbstgefühl aufbauen, was wiederum der Psychotherapie zugute kommt. Die Ausbildung zum Qigong-Lehrer umfasst mittlerweile etwa 500 Stunden und kann durchaus als fundiert gelten. Leider werden oft nicht genügend Kenntnisse über die psychischen Wirkungsmöglichkeiten vermittelt. Die in diesem Buch dargestellten theoretischen Grundkenntnisse u. a. zur Stressforschung sowie Praxisbeispiele aus den Bereichen von Psychotherapie, Selbsterfahrung und Selbstmanagement können für Unterrichtende eine Anregung bedeuten. Betroffene von Stress und Erkrankung können hiervon genauso profi tieren wie professionelle Helfer. Auch diese fühlen sich durch ihre verantwortungsvolle Arbeit oftmals belastet und »vergessen« durch zunehmende »Kopfarbeit« und gestraffte Arbeitsabläufe mitunter ihren Körper. Häufi g vorkommende Berichte von Burnout, Schlafstörungen, Mitgefühlserschöpfung oder Symptome sekundärer Traumatisierung zeigen, wie notwendig Selbstfürsorge und Psychohygiene im therapeutischen Arbeitsbereich ist (Diegelmann, 2007; Hudnall Stamm, 2002). Qigong kann helfen, körperlich und geistig zu regenerieren. Für Klienten und Patienten ist die Erfahrung von Selbstwirksamkeit, durch eige nes aktives Tun auf die Befi ndlichkeit einwirken zu können und sich von Hilfl osigkeit und Ohnmacht zu lösen, ein zentraler Aspekt. Qigong setzt an dem gesunden Potenzial an, das in jedem Menschen vorhanden ist. Diese Seite gilt es zu stärken und mehr zur Entfaltung zu bringen. Qigong ist damit ressourcenorientiert und resilienzfördernd. In China wird Qigong seit mehr als 3000 Jahren zur Stärkung der Gesundheit und Behandlung von Erkrankungen eingesetzt. Eine hilfreiche Idee für die westliche Medizin ist, sich von der vorherrschenden Polarisierung gesund - krank zu lösen und im Sinne Antonovskys (1993) eher an ein dynamisches Verhältnis von »mehr oder weniger gesund« zu denken. Die Resilienzforschung (Rampe, 2005) belegt, dass eine aktive und hoffnungsvolle, lösungsorientierte Haltung hilfreich ist, um die gesunde Seite zu stärken und Schwierigkeiten zu bewältigen. Qigong-Übungen haben zum Ziel, ein vitales Körpergefühl zu fördern - mit klarem Geist körperlich gut verwurzelt und zentriert zu sein. Solange der Körper lebt, ist der Mensch in seinem Körper »zu Hause«, und es lohnt sich, liebevoll und fürsorglich mit ihm umzugehen. In dieser Richtung möchten wir die Leserinnen und Leser des Buches anregen. Die Verbindung von Qigong und (Körper-)Psychotherapie interessierte uns schon eine Weile, als wir uns im Frühsommer 2006 entschieden, hierzu etwas zu veröffentlichen. Das Thema liegt uns am Herzen, da wir in unseren Arbeitsfeldern seit einigen Jahren positive Erfah rungen mit Qigong als einem psychisch wirksamen Verfahren gemacht haben. Micheline Schwarze arbeitet seit 1988 in eigener Praxis als Körperpsychotherapeutin sowie als Trainerin im Bereich Persönlichkeitsentwicklung und hat Qigong in diese Arbeitsbereiche integriert. Sie ist Atemtherapeutin (Middendorf) und zertifi zierte Hakomi-Therapeutin sowie Qigong-Dozentin bei der Medizinischen Gesellschaft für Qigong, Bonn. Claus Fischer ist seit 1990 als Psychotherapeut in der Bielefelder Klinik für Psychotherapie beschäftigt und bietet Qigong im klinischen Setting für Patientinnen u. a. mit Traumafolgestörungen an. Er ist körperpsychotherapeutisch (Biosynthese - Boadella) ausgebildet, arbeitet mit EMDR und tiefenpsychologisch fundiert. Er ist ebenfalls Qigong- Dozent bei der Medizinischen Gesellschaft für Qigong, Bonn. Als Autorenteam zu schreiben bietet die Chance, das Thema mehr zu durchdringen und aufgrund der sich ergänzenden Arbeitsbereiche breit gefächert und mit vielfältigen Praxisbeispielen aufbereiten zu können. Manches wird als Synthese unser beider Erfahrungen erkennbar werden, manches aus unterschiedlichem Blickwinkel betrachtet nebeneinander stehen bleiben. Wir wollen mit diesem Buch »aus der Werkstatt « Anregungen geben und Hypothesen formulieren sowie zum Ausprobieren und weiterem Erforschen Mut machen. Wir wählen abwechselnd die weibliche und männliche Form der Anrede, gemeint sind immer gleichfalls Frauen wie Männer. Meistens überwiegen die Frauen in Qigong-Übungsgruppen, aber es gibt auch zunehmend Männer, die sich für Qigong begeistern. Als weiblich-männliches Autorenteam versuchen wir in diesem Buch männlichen und weiblichen Körperwahrnehmungen und Betrachtungsweisen gerecht zu werden. Im Sinne der chinesischen Sichtweise einer Ausgewogenheit von Yin und Yang wünschen wir den Leserinnen und Lesern ein anregendes Lesen und Üben. Es kann durchaus vorteilhaft sein, wenn Sie sich von Ihrem »Ziran«, von Ihrem inneren natürlichen Impuls, leiten lassen, mit welchen Kapitel Sie beginnen wollen, was am interessantesten erscheint oder auf später verschoben werden kann. Viel Spaß und Inspiration!
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Qigong in Psychotherapieund Selbstmanagement1
Zu diesem Buch3
Inhalt6
Vorwort10
1. Einführung12
2. Einblicke in die Praxis20
2.1 Qigong-Kurse - Prävention und Stressbewältigung21
2.2 Qigong-Seminare24
2.3 Qigong in Psychotherapie und Beratung27
2.4 Qigong im klinischen Setting34
2.5 Qigong in Persönlichkeitsentwicklung und Selbstmanagement43
3. Theoretische Grundlagen53
3.1 Ich bin - Überlegungen zur Ich-Identität und zum Selbst55
3.2 Spiegelneurone und ihre Bedeutung im Qigong63
3.3 Das "Bauchhirn"65
3.4 Stressreaktion und Stressbewältigung69
3.5 Körperhaltung und Emotion78
3.6 Schlussfolgerungen für Psychotherapie, Traumatherapie und Selbstmanagement80
4. Hintergründe und Prinzipien des Qigong82
4.1 Geschichte des Qigong82
4.2 Begriffe und Prinzipien86
4.3 Qigong86
4.4 Yangsheng89
4.5 Qigong Yangsheng92
4.6 Yin und Yang94
4.7 Zentrierung - Mitte und Dantian100
4.8 Die sechs Grundprinzipien des Qigong Yangsheng107
4.9 Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)117
4.10 Das Spiel der fünf Tiere - ein therapeutischer Ausblick120
5. Qigong - ein Dialog mit der Lebenskraft134
5.1 Die innere Haltung - Achtsamkeit135
5.2 Körperwahrnehmung und Selbstregulation140
5.3 Bilder - Imaginationen als Ressourcen151
6. Stabilität entwickeln - Lebenskraft stärken156
6.1 Stehen wie eine Kiefer - zur Symbolik des Baumes157
6.2 Erdung (Grounding) - das stabile Fundament161
6.3 Stressbewältigung und Selbstberuhigung166
6.4 Grenzen und Containment173
6.5 Ressourcenorientierung184
7. Das eigene Potenzial entfalten - Lebendigkeit wecken191
7.1 Selbstausdruck und Selbstbehauptung191
7.2 Leichtigkeit und Lebensfreude197
7.3 Neue Möglichkeiten des Handelns entdecken202
7.4 Kreativität und Neuorientierung206
8. Mit dem Wesentlichen in Kontakt kommen214
8.1 Seinserfahrungen im Qigong214
8.2 Sitzen in Stille216
8.3 Youfagong - Latentes zum Ausdruck kommen lassen218
9. Schlussbetrachtung und Ausblick225
10. Übungen zum Kennenlernen228
10.1 Die drei Vorbereitungsübungen228
10.2 Fünf ausgewählte Übungen aus den 15 Ausdrucksformen des Taiji-Qigong233
10.3 Abschlussübungen - "Einbringen der Ernte"241
11. Qigong im Fokus von Forschung und Evaluation in Deutschland249
12. Danksagungen251
Literatur253
Bildnachweis257

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