1.
Grundlagen der Kennzahlenanalyse für Anfänger
Nach der Philosophie dieses Kapitels lässt sich jede Unternehmung in eine der vier Kategorien einordnen:
Finanzielle Stabilität + Ertragskraft + | Finanzielle Stabilität – Ertragskraft + |
Finanzielle Stabilität + Ertragskraft – | Finanzielle Stabilität – Ertragskraft – |
+ = gut – = schlecht
Rund um den Jahresabschluss gibt es Begriffe, die man als Kennzahlenanwender kennen sollte.
Ziel dieses Kapitels ist es, dem Anfänger die wichtigsten Termini technici verständlich zu erklären. Der Fortgeschrittene kann dieses Kapitel überspringen.
Siehe Tabelle.
Einfachst-Struktur einer Bilanz
Eine tiefer strukturierte Bilanz ist auf Seite 34 abgebildet. Noch mehr Tiefengliederung gibt es im Kapitel 1.7.
Einfachst-Struktur einer Gewinn- und Verlustrechnung (G&V)
Altes Schema (vor Rechnungslegungsvorschriften):
oder (bei Verlusten):
Neues, derzeit relevantes Schema:
Eine tiefer strukturierte G&V ist auf Seite 38 abgebildet. Noch mehr Tiefengliederung gibt es im Kapitel 1.7.
1.1. Kennzahlenanalyse: Warum? Wie? Wann?
Warum?
Weil man mit Kennzahlen Sachverhalte objektivieren kann. Es wird dringend empfohlen, die Entwicklung des laufenden Geschäftes zu kontrollieren und zu analysieren, etwa dadurch, dass man die Ist-Werte mit Plan-Werten bzw. Ist-Werten der Vorperiode vergleicht. Abweichungen wird es bei diesem Vergleich immer geben. Kleine Abweichungen wird man vernachlässigen können, größere sind zu analysieren. Hat man die Ursachen gefunden, sind sofort Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Wie?
Prinzipiell so, wie dies in den folgenden Kapiteln 2, 6 und 4 demonstriert wird. Neben der Kennzahlenermittlung ist es wichtig, streng nach den Analysebereichen zu trennen, weil sonst eventuelle negative Entwicklungen zu spät erkannt werden. Dies insbesondere dann, wenn durch einen gesunden Analysebereich Kennzahlen eines kranken Bereiches überdeckt werden.
Die Empfehlungen des Autors sind, die Kennzahlen so zu verdichten, dass eine getrennte Aussage in Bezug auf finanzielle Stabilität und Ertragskraft erfolgen kann.
Bei dieser Vorgangsweise lässt sich jedes Unternehmen einem der vier Felder der nachstehenden Beurteilungsmatrix zuordnen (+ = gut, – = schlecht):
Für Unternehmen, die eine schlechte oder eine sich laufend verschlechternde Ertragskraft aufweisen, aber (noch) eine befriedigende finanzielle Stabilität haben, kann eine differenzierte Information gar nicht früh genug erfolgen. Nur dann hat man nämlich eine reelle Chance, ein entsprechendes Erfolgssanierungsprogramm einzuleiten. Ist das Unternehmen in beiden Bereichen negativ, dann kommt eine Sanierung häufig zu spät, besonders bei Mittel- und Großbetrieben.
Wann?
Der Kennzahlen-Check sollte mindestens einmal jährlich – nach Vorliegen des Jahresabschlusses – erstellt werden.
In den meisten Fällen wird das Einjahres-Kontrollintervall zu lang sein. Kontrolle ist praktisch nur sinnvoll, wenn sie kurzfristig erfolgt, damit man bei Abweichungen rasch Gegenmaßnahmen ergreifen kann. Unter diesen Aspekten scheint eine monatliche, vierteljährliche oder trimestermäßige (viermonatige) Betrachtungsdauer sinnvoll.
? Achtung: Bei unterjähriger Kennzahlenermittlung sind gewisse Regeln zu beachten, die im Kapitel 2 erläutert werden.
Keine Angst vor Kennzahlen!
Man sollte den Kennzahlen nicht ängstlich gegenüberstehen, sondern sie als Freund und Helfer betrachten.
- Kennzahlen können nicht Erfahrungen (Know-how) oder gutes Management ersetzen, aber sie machen gutes Management besser.
- Kennzahlen können Entwicklungen aufzeigen, die man sonst übersehen hätte.
- Kennzahlen helfen dem Manager, Entscheidungen vorzubereiten; die Entscheidung selbst nehmen sie ihm aber nicht ab.
- Kennzahlen dienen als Kontrollinstrument zur Überwachung der Plan- Prämissen.
- Auch bei den Kennzahlen ist ein gesundes Mittelmaß wichtig. Zu viele Kennzahlen verwirren, zu wenige verhindern eine umfassende objektive Information.
1.2. Die Anatomie einer Bilanz
Die Bilanz weist die betrieblichen Aktiva (= Vermögen) auf der linken Seite und das Eigenkapital sowie das Fremdkapital (= Schulden) auf der rechten Seite aus. Man nennt die rechte Seite auch Passiva.
Die Aktiva untergliedern sich immer in zwei Hauptbereiche, in das Anlagevermögen und das Umlaufvermögen.
Das Anlagevermögen ist langfristig (mehrjährig im Betrieb gebunden) und untergliedert sich grundsätzlich in Sachanlagen (SA) und Finanzanlagen (FA):
- Grundstücke (SA)
- Gebäude (SA)
- Maschinen und maschinelle Anlagen (SA)
- Betriebs- und Geschäftsausstattung (SA)
- Beteiligungen (FA)
- Wertpapiere des Anlagevermögens (FA)
Manchmal gibt es noch eine dritte Gruppe, das sogenannte immaterielle Anlagevermögen (= Rechte, Konzessionen usw.).
Das Umlaufvermögen setzt sich aus
- Vorräten,
- Kundenforderungen,
- sonstigen Forderungen
- und flüssigen Mitteln
zusammen. Weil alle Positionen des Umlaufvermögens spätestens innerhalb eines Jahres, meist jedoch schon nach wenigen Wochen oder Tagen, in Geld umgesetzt werden können, spricht man hier von kurzfristiger Bindung. Ausnahmsweise können auch Teile des Umlaufvermögens langfristig sein (z.B. Teile des Lagerbestandes). Das »Fremdkapital« (= Schulden, Verbindlichkeiten) wird – ebenso wie die Aktiva – in zwei Teile gegliedert, nämlich das langfristige Fremdkapital und das kurzfristige Fremdkapital. Müssen die Schulden innerhalb eines Jahres zurückgezahlt werden, dann spricht man von kurzfristig; beträgt die Tilgungsdauer mehr als ein Jahr, handelt es sich um langfristige Verbindlichkeiten.
Typisch kurzfristige Verbindlichkeiten: Lieferantenverbindlichkeiten (Schulden für Warenlieferungen und Leistungen), Kontokorrentkredite (Bankkredite zur Finanzierung des Umlaufvermögens mit einer Kreditdauer von – de jure – einem Jahr), Wechselverbindlichkeiten und sonstige Verbindlichkeiten (z.B. Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt, der Stadtkasse usw.).
Als langfristige Verbindlichkeiten können...