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E-Book

Die Akte Google

Wie der US-Konzern Daten missbraucht, die Welt manipuliert und Jobs vernichtet

AutorTorsten Fricke, Ulrich Novak
VerlagHerbig
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783776682168
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Wir sind nicht mehr die Kunden, wir sind das Produkt von Google. Don't be evil, sagt Google freundlich und ändert dabei Stück für Stück die Welt, in der wir leben. In einer einzigen Sekunde beantwortet Google über 4500 Suchanfragen - vermeintlich kostenlos. Doch in Wirklichkeit zahlen wir alle einen hohen Preis, in dem wir Google unsere Daten geben. Unsere Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts und Google hat ein Quasi-Monopol auf eine gigantische Geld-Quelle, die Tag für Tag ertragreicher wird. Mit dieser Kraft wird der Konzern seine dominante Stellung immer weiter ausbauen: Firmen kaufen, ganzen Branchen seine Regeln oktroyieren, Jobs überflüssig machen, ja sogar Wahlen und unser Denken beeinflussen - Googles Macht ist grenzenlos. Aber wir können uns schützen: die Autoren zeigen wie - einfach und nachvollziehbar.

Torsten Fricke, geboren 1963, studierte Journalistik in München und war Vize- Chefredakteur der 'Abendzeitung' und Unternehmenssprecher von 'Premiere' und 'Sky'. Er berät heute Unternehmen im Bereich der Krisen- und Reputationskommunikation sowie des Content-Marketings. Ulrich Novak, geboren 1961, studierte Germanistik, arbeitete als Werbetexter und Marketingspezialist für namhafte Medienproduktionen und PR-Firmen. Er berät heute Unternehmen im Bereich der Krisen- und Reputationskommunikation sowie des Content-Marketings.

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Leseprobe

3. Google wächst und wächst und wächst

Die neuen Büros lagen in der University Avenue 165 in Palo Alto, die dann nicht nur der umfangreicheren Technik, sondern auch acht neuen Mitarbeitern Platz gaben.

Hier gelang es Brin und Page, einige Hochkaräter aus der IT-Szene anzuheuern. Unter den ersten Angestellten waren Urs Hölzle, ein Professor von der computerwissenschaftlichen Fakultät der Universität Santa Barbara (UCSB), das Mathematikgenie Marissa Mayer, aber auch Computerwissenschaftler wie Jeffrey Dean und Krishna Bharat, die gerne und sogar begeistert von der Digital Equipment Corporation[40] zu Google Inc. wechselten[41].

Doch das Wachstum hatte auch seinen Preis. Mit ihrer Hardware waren die zwei Gründer nicht mehr in der Lage, die mittlerweile 500 000 Suchanfragen mit steigender Tendenz täglich zu bearbeiten.

Das Geld der Erstinvestoren war verbraucht, das Geschäft schwierig.

Da beide Herren im eigenen Haus, ihrer Firma, bleiben wollten, und weil das Geschäftsmodell wenig Profit versprach und zu wenig kommerziell ausgelegt war, kam ein Börsengang, wie es 1999 im Silicon Valley mit seiner Goldgräberstimmung häufiger vorkam[42], nicht infrage. Dazu kam, dass Brin und Page die Geheimnisse und Methoden hinter der Suchmaschine und den weiteren Produkten nicht preisgeben wollten. Stattdessen bauten sie vorerst auf ein Lizenzierungsgeschäft.

Erster offizieller Kunde war Red Hat[43], der die Such-Technologie für interne und externe Netze brauchte. Aber Red Hat war eine Ausnahme, und Google Inc. benötigte immer dringender eine Finanzspritze.[44]

Trotz vieler Vorbehalte gegenüber Venture-Capital-Firmen entschlossen sich die beiden Firmengründer in der Not dazu, gleich die zwei renommiertesten und größten potenziellen Investoren anzusprechen: Kleiner Perkins Caufield & Byers und Sequoia Capital.

Brin und Page glaubten – falls es ihnen gelingen sollte, die zwei an Bord zu holen –, dass die Konkurrenzsituation der Investoren deren Gier ausschalten könnte.

Zu oft war es in den letzten Monaten im Silicon Valley vorgekommen, dass VC-Firmen sich in die Start-ups einkauften, um entweder dann bei einem Börsengang Kasse zu machen oder Eingriffe in die strategischen Ansätze der jeweiligen Gründer vorzunehmen, indem auf die Web-Entwicklungen einfach eine Werbemaschine draufgeschnallt wurde, die gnadenlos Gewinne zu generieren hatte.

Diese drohende Form der Bevormundung wollten die Google-Guys auf jeden Fall abwenden. Frühere Verkaufsverhandlungen von BackRub waren unter anderem auch an dem Souveränitätsanspruch von Sergey Brin und Larry Page gescheitert.[45]

Mit einem starken Ratgeber im Rücken (wie ihrem Investor der ersten Stunde, Amazon-CEO Jeff Bezos), gelang den beiden schon im Juni 1999 der Befreiungsschlag.

Brin und Page schafften es allein durch die Produktqualität ihrer Suchmaschine und ihre unternehmerische Leidenschaft sowie ihre Kompetenz als Computerwissenschaftler, Michael Moritz von Sequoia Capital und John Doerr von Kleiner Perkins zu begeistern.

Moritz und Doerr dürften als Finanz-Dinosaurier, die den DotCom-Wahnsinn von Beginn an miterlebt hatten, schon alles gehört und alles versprochen bekommen haben. Deshalb grenzt es fast an ein Wunder, dass diese beiden erfahrenen VC-Manager auf Google setzten, auf eine Firma, die zu diesem Zeitpunkt noch keinen erfolgreichen Business-Plan präsentieren konnte.

Moritz verriet später, dass er das Potenzial von Google gespürt habe, läge daran, dass es sich mehr um Kunst als um Wissenschaft gehandelt habe[46].

Außerdem glaubten sowohl Moritz als auch Doerr an »Gründerpärchen« wie Bill Gates und Paul Allen mit Microsoft, Steve Jobs und Steve Wozniak bei Apple sowie Bill Hewlett und David Packard.

Einzelkämpfer überzeugten sie nicht, auf das Zweier-Team wollten sie wetten, wobei Doerr vor allem von den Langzeitprognosen des sich immer rasanter entwickelnden Internets als Geschäftsfeld begeistert war.

Mitte 1999 erhielten Page und Brin dann für ihre Expansionspläne 25 Millionen US-Dollar[47]. Allerdings stellten die Kapitalgeber – Kleiner Perkins Lead Investment und Sequoia Capital schossen jeweils 12,5 Millionen US-Dollar zu – eine Bedingung: Wenn Brin und Page die Kontrolle über Google Inc. behalten wollten, müssten sie einen erfahrenen Industrievorstand in die Firma holen, der ihnen dabei helfen sollte, aus der Suchmaschine ein profitables Geschäft zu machen.

»Google soll der Goldstandard werden, wenn es um die Suche im Internet geht. Larry und Sergeys Firma hat die Kraft, aus Internet-Nutzern immer und überall treue und lebenslange Googler zu machen«, sagte Michael Moritz kurz nach dem Deal.[48]

Natürlich dachten beide VC-Gesellschaften, die mit Doerr und Moritz auch bei Google im Board saßen, dabei vor allem an Werbeeinnahmen.

If you build it, they will come

Alle anderen Suchmaschinen verdienten mit mehr oder weniger penetrant offerierter Werbung, die schon offensiv auf den Startseiten eingesetzt wurde, gutes Geld.

Doch die Google-Guys tickten anders. Die Startseite von Google wurde bewusst schlicht und reduziert gehalten, was die Ladegeschwindigkeit hoch hielt.

Der vulgär merkantile Ansatz war vorerst nichts für Brin und Page, und man kann wirklich glauben, dass die beiden Google-Gründer für ihre Kunden anfänglich nur das Beste, nämlich hervorragende und schnell gelieferte Suchergebnisse, wollten.

Werbung wurde exklusiv in den Suchergebnissen und auch nur in beschränktem Umfang platziert. Das führte zu einer verstärkten Wahrnehmung und besseren Klicks, da die blinkenden und letztlich nervenden Banner bei der Konkurrenz inflationär eingesetzt wurden. Werbetreibende und ihre Mediaagenturen goutierten Googles Strategie: »… dies erwies sich entgegen der gängigen Meinung auch für die Anzeigenkunden als ein großer Vorteil. Die Zahl der Anzeigen zu begrenzen und diese besser sichtbar zu machen, führt dazu, dass jede Anzeige mehr hervorsticht und die Leute sie häufiger anklicken. Viele Kritiker sind der Überzeugung, dass die meisten Google-Nutzer nicht zwischen Anzeigen und Suchergebnissen unterscheiden können.«[49]

Trotzdem war den Risikokapitalgebern die von Page und Brin verfolgte Linie unverständlich. Die beiden Geschäftsführer von Google wussten allerdings, was die User nicht mochten: Pop-ups, blinkende, unübersichtliche Websites, Anzeigen, die als Suchergebnisse getarnt waren, und mit Multimedia überlastete Downloads.

Das Führungsduo wollte eine klare, saubere und schlicht gehaltene Benutzeroberfläche, die sich schnell aufbaute.

In der benutzerfreundlichen Reduktion auf das Wesentliche lag, wie bei Apple, die nach ähnlichem Prinzip verfuhren, der bald schon »kultige« Charakter der Suchmaschine.

Auch heute noch sind das Design und die Features schlicht und absolut überschaubar gehalten. Und auch heute noch soll die Homepage nicht viele Begriffe umfassen. Deshalb hatten Brin und Page einst eine magische Obergrenze von 28 Wörtern festgelegt.

Das Unverständnis der an Google beteiligten VC-Gesellschaften gipfelte schließlich in einem Streit zwischen Moritz und den zwei Google-Guys. Moritz wollte unbedingt das Versprechen, einen erfahrenen Vorstand zu holen, eingelöst sehen, und drohte mit dem Abzug des Sequoia-Kapitals.

Die nächste große Veränderung bahnte sich also an, nachdem die Firma bereits im August 1999 ihr erstes Büro in Mountain View, 2400 Bayshore, bezogen hatte, denn Page und Brin begaben sich, wenn auch verhalten, auf die Suche nach der geforderten Führungskraft.

»Wir suchen nach jemandem wie Jeff Bezos. Er ist sehr klug. Er ist ein guter Motivator. Darin ist Larry besser als ich, aber Jeff ist noch besser als er. Er ist sehr lustig, sehr angenehm im Umgang«[50], sagte Brin in einem Interview mit John Ince[51].

Doch bevor der Stuhl des CEO, wie von KPCB[52] und Sequoia gewünscht, besetzt wurde, ereignete sich im Jahr 2000 einiges, was Google weiter voranbrachte.

In der offiziellen Firmengeschichte werden neben dem Einheimsen der ersten »Webby Awards« und der Einführung der Google Toolbar vor allem drei Dinge erwähnt:

▶Die Suchmaschine gab es mittlerweile in 15 Sprachversionen

▶Yahoo ging eine Partnerschaft mit Google ein

▶AdWords startete mit vorerst 350 Kunden

Mithilfe der Sprachversionen generierte die Firma andere Märkte und erhöhte deutlich ihre Nutzerfrequenzen.

Durch die Partnerschaft mit Yahoo[53] wurde ein ehemaliger Wettbewerber Kunde, indem er die Suchmaschine in seine Web-Navigation implementierte.

Der wichtigste Schritt aber war die nun endgültige Kommerzialisierung der Suchmaschine. Mit AdWords hatten Brin und Page endlich einen großen Teil der von den Venture Capitalists aufgegebenen Hausaufgaben erledigt.

Aber das anfängliche Anzeigengeschäft war auch bei Google noch old-economy. Über das firmeninterne Anzeigenvertriebsteam konnte der Werbekunde Suchbegriffe und Platzierungen buchen, um dann mehr oder weniger prominent in den Suchbegriffen aufzutauchen. Werbetreibende bekamen via Fax die Buchungsbestätigungen, und die Vertriebler gingen mit großen Kunden zum Essen.

Das generell gespaltene Verhältnis der Google-Führung zur Vermarktung erfuhr der Leiter des New Yorker Teams, Tim Armstrong, am eigenen...

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