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Übergänge ressourcenorientiert gestalten: Von der KiTa in die Grundschule

AutorMelanie Eckerth, Petra Hanke
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl135 Seiten
ISBN9783170242449
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Der Übergang von der Kindertageseinrichtung (KiTa) in die Grundschule zählt zu den lebens- und bildungsgeschichtlichen Zentralereignissen der Kindheit - und entsprechend groß ist das pädagogische Interesse daran. Der Band konzentriert sich auf die individuellen bzw. kindbezogenen Entwicklungsaufgaben und Schutzfaktoren einer erfolgreichen Übergangsbewältigung. Ausführlich werden Konzepte für die Gestaltung des Übergangs vorgestellt, in deren Mittelpunkt die Kooperation zwischen KiTa, Grundschule, Kindern und Elternhaus steht. Neben der wissenschaftlichen Reflexion, der Diskussion von Forschungsbefunden und empirischen Daten wird vor allem Wert gelegt auf die Präsentation ausgewählter Praxis- und Fallbeispiele sowie auf die Vorstellung zukunftweisender Modellprojekte, etwa im Bereich der Schuleingangsphase.

Prof. Dr. Petra Hanke hat den Lehrstuhl für Allgemeine Didaktik und Pädagogik der Grundschule an der Universität zu Köln. Melanie Eckerth ist dort wissenschaftliche Mitarbeiterin.

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Leseprobe

 

 

 

 

 

2


Herausforderungen an Kinderstärken im Rahmen der Bewältigung des Übergangs von der KiTa in die Grundschule


 

Wie in Kapitel 1 bereits deutlich wurde, sind mit dem Übergang von der KiTa in die Grundschule für Kinder wie auch für Eltern (vgl. hierzu Griebel & Niesel, 2011; Hiebl & Niesel, 2012) vielfältige Herausforderungen verbunden, die aktiv bewältigt werden müssen. Diese lassen sich im Sinne des Transitionsansatzes nach Niesel und Griebel als »Entwicklungsaufgaben« (Griebel & Niesl, 2011, S. 118) charakterisieren und sowohl auf einer individuellen Ebene (bezogen auf das einzelne Individuum, welches den Übergang bewältigt) als auch auf einer interaktionalen Ebene (bezogen auf die Beziehungen des Individuums mit seinen Mitmenschen) sowie einer kontextuellen Ebene (bezogen z. B. auf den institutionellen Kontext in KiTa und Grundschule) verorten (vgl. u. a. Dockett & Perry, 2004; Eckerth, Hanke & Hein, 2012; Faust & Roßbach, 2004; Fthenakis, 1999; Griebel & Niesel, 2011). Im Folgenden wird, u. a. unter Einbezug ausgewählter empirischer Befunde, ein Überblick über entsprechende Entwicklungsaufgaben für Kinder gegeben (Kapitel 2.1). Zudem werden in Kapitel 2.2 Befunde zu Vorstellungen von Kindern selbst berichtet, die Einblicke in die kindliche Wahrnehmung der mit dem Übergang in die Schule verbundenen Herausforderungen und Entwicklungsaufgaben geben können.

Auch wenn im vorliegenden Band primär die Übergangsbewältigung durch Kinder im Fokus steht, ist darauf zu verweisen, dass auch Eltern die Transition von der KiTa in die Grundschule meistern müssen (vgl. Kapitel 1.2) und hierbei mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert werden. Ebenso wie für ihre Kinder lassen sich diese sowohl auf individueller (u. a. Statuswechsel, Umgang mit Emotionen, Entwicklung von Kompetenzen, z. B. bei der Hausaufgabenbegleitung) als auch auf interaktionaler (u. a. Verlust, Erweiterung und Veränderung von Beziehungen) und kontextueller Ebene verorten (u. a. Vereinbarung verschiedener Lebenswelten, Umgang mit den für ihr Kind nun relevanten Anforderungen aus Richtlinien und Lehrplänen). Ausführlich gehen z. B. Hiebel und Niesel (2012) auf die Rolle von und die Entwicklungsaufgaben für Eltern im Übergang von der KiTa und Grundschule ein (vgl. hierzu auch Griebel & Niesel, 2011).

2.1       Entwicklungsaufgaben für Kinder im Übergang von der KiTa in die Grundschule im Sinne des Transitionsansatzes


2.1.1    Entwicklungsaufgaben für Kinder auf individueller Ebene


Eine zentrale individuelle Entwicklungsaufgabe für Kinder im Übergang von der KiTa in die Grundschule besteht darin, einen gewissen Statuswechsel zu bewältigen: »Kindergartenkinder werden Schulkinder« (Griebel & Niesel, 2003, S. 120; vgl. Dockett & Perry, 2004; Hielscher, 2010; Peters, 2012). Hiermit ist u. a. eine Entwicklung des Selbstkonzepts bzw. Selbstbildes der Kinder verbunden, die nun allmählich beginnen, sich selbst als kompetente oder auch weniger kompetente Schulkinder zu sehen und zu erleben. Dabei verändert sich auch die Bezugsgruppe der Kinder, zu der sie ein Zugehörigkeitsgefühl entwickeln müssen. Kinder nehmen dies z.T. so wahr, dass sie nun zu den ›Großen‹ gehören, also zu den Grundschulkindern, und nicht länger zu den ›kleinen‹ Kindergartenkindern. Innerhalb der neuen Institution gehören die Schulanfänger dann aber wiederum, im Vergleich zu den Schülerinnen und Schülern in höheren Klassenstufen, zu den Neulingen, während sie kurz zuvor in der KiTa in der Regel noch die Rolle der älteren und erfahreneren Kinder eingenommen haben (vgl. Einarsdóttir, 2011). Der Statuswechsel vom Kindergarten- zum Schulkind kann als komplexer Prozess angesehen werden, der je nach individueller Wahrnehmung und Verarbeitung z. B. mit Freude, Neugier und Stolz, aber auch mit Angst oder Unsicherheit einhergehen kann. Die Regulation bzw. Bewältigung von Emotionen zählt daher zu wichtigen Entwicklungsaufgaben von Kindern in der Übergangsphase.

Als weitere Herausforderungen auf individueller Ebene wäre die (Weiter-)Entwicklung schulischer bzw. unterrichtsnaher Kompetenzen zu nennen (vgl. Griebel & Niesel, 2011). Hierzu können sowohl Planungs- und Handlungskompetenzen als auch arbeitsorganisatorische Fähigkeiten von Kindern gezählt werden, die ihnen im Unterrichtsalltag behilflich sein können, ebenso wie kommunikative oder auch sozial-emotionale Kompetenzen, die für ein gemeinsames Miteinander wichtig sind (vgl. Hanke, 2007; Knauf, 2009). Als weitere schulische bzw. unterrichtsnahe Kompetenzen, die sich im Verlauf der (Grund-)Schulzeit immer weiter ausdifferenzieren, wären u. a. Kompetenzen im Bereich der Anwendung von Lernstrategien oder auch im Bereich der Metakognition zu nennen.

Über die Ausbildung entsprechender lernbereichsübergreifender Fähigkeiten hinaus stellt die Entwicklung lernbereichsspezifischer Kompetenzen eine weitere zentrale Herausforderung für Kinder dar. So verweisen empirische Befunde z. B. darauf, dass frühe schriftsprachliche und mathematische (Vorläufer-)Kompetenzen von Kindern bedeutsame Prädiktoren für ihre weitere Entwicklung in diesen Bereichen sind (vgl. Bos & Scharenberg, 2010; Hasselhorn & Gold, 2009; Helmke, 1997). Schrader, Hosenfeld und Helmke berichten im Rahmen eines Forschungsüberblicks sogar davon, dass »das bereichsspezifische Vorwissen ca. 30 bis 60 Prozent der Unterschiede in der späteren Leistung« (Schrader, Hosenfeld & Helmke, 2008, S. 17) aufklärt.

Bezogen auf zentrale Voraussetzungen der Lese- und Schreibentwicklung von Kindern im vorschulischen und schulischen Bereich wurde in den letzten Jahren u. a. auf die Bedeutung phonologischer Bewusstheit verwiesen (vgl. ebd.). Zu weiteren Grundlagen eines erfolgreichen Schriftspracherwerbs können physiologisch-organische Voraussetzungen gezählt werden, z. B. im Bereich der Sinnesorgane, Sprechwerkzeuge und der Motorik ebenso wie Fähigkeiten im Bereich der visuellen Differenzierung, der Aufmerksamkeit und des (Arbeits-)Gedächtnis (vgl. Dehn, 2008; Schenk, 2012). Befunde aktueller Studien verweisen zudem auf die Bedeutung linguistischer Kompetenzen (vgl. Ennemoser, Marx, Weber & Schneider, 2012) und grammatikalisch-syntaktischer Aspekte der Sprachentwicklung (vgl. Schneider, 2004). Der Prozess der Lese- und Schreibentwicklung erfordert von Kindern schließlich drei zentrale Einsichten: die Entwicklung eines Symbolverständnis, ein Verständnis der Lautorientierung unserer Schrift und schließlich Einblicke in die Strukturorientierung der Schrift, um z. B. orthographische Regelmäßigkeiten anwenden zu können (für Modelle der Lese- und Schreibentwicklung vgl. u. a. Hanke, 2007; Scheerer-Neumann, 1998; Valtin, 1997). Einblicke in die Funktionalität und persönliche Bedeutsamkeit von Schrift, z. B. im Kontext von Literacy-Erfahrungen, bilden hierfür eine wichtige Grundlage (vgl. Dehn, 2008). Befunde der Schriftspracherwerbsforschung verweisen darauf, dass sich die schriftsprachlichen Vorerfahrungen und Lernvoraussetzungen von Kindern zu Schulbeginn sehr heterogen gestalten (vgl. Brügelmann, 2001; Martschinke & Kammermeyer, 2003). Ähnliches gilt auch für den mathematischen Bereich (vgl. Eckerth, Hanke & Hein, 2014; Niklas, Schmiedeler & Schneider, 2010). Als wichtiger Prädiktor für die Entwicklung mathematischer bzw. arithmetischer Fähigkeiten von Kindern hat sich in diesem Kontext das mengen- und zahlenbezogene Vorwissen von Kindern erwiesen (vgl. Krajewski & Schneider, 2006). Hierzu zählen Fähigkeiten im Bereich der Seriation, des Mengen- und Längenvergleichs, der Zählfertigkeit und des Zahlenwissens, der Mengenvorstellung sowie grundlegender Rechenfertigkeiten (vgl. ebd.; Kammermeyer, 2005). Die Entwicklung entsprechender Fähigkeiten beginnt ebenso wie im schriftsprachlichen Bereich bereits im Kleinkind- bzw. Vorschulalter und setzt sich im Verlauf der Grundschulzeit weiter fort (vgl. für Entwicklungsmodelle früher mathematischer Kompetenzen von Kindern Krajewski, Grüßing & Peter-Koop, 2009; Fritz, Ricken & Balzer, 2009).

Zusammengefasst wird deutlich, dass bereits auf individueller Ebene der Übergang von der KiTa in die Grundschule für Kinder mit zahlreichen Entwicklungsaufgaben verbunden ist, sowohl was die Entwicklung lernbereichsspezifischer und -übergreifender Kompetenzen als auch ihre Entwicklung im sozial-emotionalen Bereich anbelangt.

2.1.2    Entwicklungsaufgaben für Kinder auf interaktionaler Ebene


Auf interaktionaler Ebene geht der Schulanfang...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Deckblatt1
Titelseite4
Impressum5
Vorwort der Herausgeberin6
Inhaltsverzeichnis8
Einleitung12
1 Der Übergang von der KiTa in die Grundschule16
1.1 Die Einschulung in die Grundschule im Kontext eines veränderten Schulfähigkeitsverständnisses17
1.2 Der Übergang von der KiTa in die Grundschule als Transition24
1.3 Anschlussfähigkeit im Übergang von der KiTa in die Grundschule30
2 Herausforderungen an Kinderstärken im Rahmen der Bewältigung des Übergangs von der KiTa in die Grundschule35
2.1 Entwicklungsaufgaben für Kinder im Übergang von der KiTa in die Grundschule im Sinne des Transitionsansatzes37
2.1.1 Entwicklungsaufgaben für Kinder auf individueller Ebene37
2.1.2 Entwicklungsaufgaben für Kinder auf interaktionaler Ebene40
2.1.3 Entwicklungsaufgaben für Kinder auf kontextueller bzw. institutioneller Ebene44
2.2 Vorstellungen von Kindern bezogen auf den Übergang in die Grundschule47
3 Kinder individuell stärken für eine erfolgreiche Bewältigung des Übergangs von der KiTa in die Grundschule53
3.1 Merkmale eines von Kindern erfolgreich bewältigten Übergangs von der KiTa in die Grundschule55
3.2 Schutzfaktoren für eine erfolgreiche Bewältigung des Übergangs von der KiTa in die Grundschule durch Kinder im Sinne des Transitionsansatzes59
3.2.1 Schutzfaktoren auf individueller Ebene59
3.2.2 Schutzfaktoren auf interaktionaler Ebene66
3.2.3 Schutzfaktoren auf kontextueller bzw.institutioneller Ebene71
4 Kinder stärken im Übergang durch eine Kooperation von Familie, KiTa und Grundschule82
4.1 Zentrale Zielstellungen und Merkmale einer Kooperation von Familie, KiTa und Grundschule83
4.2 Ausgewählte Formen der Kooperation von KiTa, Grundschule und Familie86
5 Kinder stärken durch Maßnahmen zur bildungsstufenübergreifenden Förderung93
5.1 Zentrale Zielstellungen und Merkmale bildungsstufenübergreifender Bildungs- und Erziehungspläne94
5.2 Ausgewählte Projekte zur bildungsstufenübergreifenden Förderung von Kindern96
6 Kinder stärken durch Maßnahmen zur Neugestaltung der Schuleingangsphase103
6.1 Zentrale Zielstellungen und Merkmale einer Neugestaltung der Schuleingangsphase104
6.2 Ausgewählte Modellversuche zur Neugestaltung der Schuleingangsphase108
7 Den Übergang von der KiTa in die Grundschule ressourcenorientiert gestalten – Fazit und Ausblick113
Literaturverzeichnis120

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