»Die Natur, meine Damen, hat Ihrem Geschlecht so viele Vorteile gegeben, dass wir frauenfeindliche Gesetze schaffen mussten, um sie wieder auszugleichen.«
Samuel Johnson (1709–1784), britischer Gelehrter
Die Lage der Nation
Es waren einmal zwei Planeten
Lange, lange Zeit lebten Männer und Frauen fein säuberlich voneinander getrennt auf zwei verschiedenen Planeten. Auf dem Männerplaneten war die Businesswelt, es gab Bars, Clubs und Puffs, Sport und jede Menge Hobbys – gerne in Bezug auf die Instandhaltung des Hauses.
Auf dem Frauenplaneten dagegen gab es den Haushalt, die Kinder, vielleicht noch ein kleines Ehrenamt und ebenfalls Hobbys – gerne in Bezug auf die Dekoration des Hauses.
Der Mann repräsentierte die Außenwelt, führte ganz selbstverständlich beim Walzer und allem anderen, versorgte die Familie mit Geld und die Gesellschaft mit moralischen do’s and don’ts. Er kämpfte fürs Vaterland und beschützte Frau und Kinder (na ja, zuerst einmal brachte er sie in Gefahr, aber das ist eine andere Geschichte). Die Frau repräsentierte die Innenwelt. Sie versorgte die Familie mit Liebe, Gemütlichkeit und lecker Selbstgekochtem. Sie kümmerte sich um das soziale Leben der Familie, organisierte Gartenpartys für Freunde und Abendessen für den Chef ihres Ehemannes nebst dessen Gattin.
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Vor etwa einem halben Jahrhundert begannen die beiden unterschiedlichen Planeten zu einem zu verschmelzen. Der Mann musste fortan damit leben, dass sich auf seinem Planeten immer mehr Frauen niederließen. Daraus entstanden naturgemäß Konflikte, die bis heute bei weitem noch nicht gelöst sind. Viele Männer wollen offenbar immer noch nicht wahrhaben, dass sie nicht mehr alleine auf ihrem Planeten sind, und versuchen daher, die Verschmelzung aufzuhalten. »Ihr Frauen habt hier nichts zu suchen«, signalisieren sie dem anderen Geschlecht mit erstaunlicher Beharrlichkeit, »das ist unser Planet.«
Noch ist dem so. Noch ist der Männerplanet überwiegend mit Männern bevölkert, vor allem im oberen Management. Wir befinden uns derzeit in einer Übergangsphase, wenn auch mit einem klaren Trend: Die Frauen kommen. Aus den vielen Männern werden immer weniger, und zwar alleine deshalb, weil aus den anfangs wenigen Frauen immer mehr werden.
Für die friedliche Erschließung des Männerplaneten zahlen die Frauen einen hohen Preis. Während die Männer die meiste Zeit auf ihrem Planeten verbringen, pendeln Frauen zwischen beiden Planeten hin und her. Diese Pendelei und der Versuch, beiden Planeten gerecht zu werden, bringen viele Frauen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit.
Warum ist das so? Ganz einfach: Weil die Männer an der alten Planetenordnung festhalten, damit sie weiter in Ruhe arbeiten können.
Kurz gesagt hat der Mann in dem Maße seine Ruhe, in dem die Frau bereit ist, hin und her zu switchen.
Wie lange diese Übergangszeit noch dauert, kann keiner mit Sicherheit sagen, aber die vor etwa 50 Jahren in Gang gekommene Entwicklung schreitet voran. Die Bereitschaft der Frauen zum einseitigen Pendeln nimmt ab, und die Konflikte auf beiden Seiten verschärfen sich – weil Männer nicht bereit sind, sich mit der Entwicklung zu entwickeln.
Frauenbewegung, Männerbremsen
Die Frauen haben sich in den letzten Jahrzehnten immens weiterentwickelt, sei es beruflich, sei es privat. Angesichts dieser umfassenden Frauenbewegung, so möchte man meinen, müssten sich doch auch die Männer bewegt haben. Aber dem ist nicht so. Derzeit hat es viel eher den Anschein, als wären sie stehen geblieben. Je mehr die Frauen sich bewegen, desto mehr stagnieren die Männer. Das kann man in privaten Beziehungen beobachten – und in der Politik. Dort sitzen schließlich dieselben Männer, die zu Hause auf dem Bremspedal stehen. Wieso sollten sie im Bundestag auf einmal Gas geben?
Die Gründe hierfür sind nachvollziehbar: Mit Frauen zu Hause und ohne Frauen im Beruf war das Männerleben deutlich angenehmer. Keine Frage, es ist anstrengend, sich Hausarbeit und Kindererziehung zu teilen. Angenehmer ist es, abends nach Hause zu kommen, und wirklich Feierabend zu haben. Ein Blick hinter die Beziehungskulissen zeigt, dass noch sehr viele Vulkane aus den 50er Jahren aktiv sind. Hingegen laut auszusprechen, dass man es gerne hätte, wenn die eigene Frau nicht mehr arbeitet, ist nach wie vor ein Tabu. Irgendwie merkwürdig …
Natürlich gibt es auch in der heutigen Zeit Frauen, die das alte Rollenschema als entlastend empfinden, und das sei ihnen unbenommen. Als eine Klientin, die ihren Job verloren hatte, mir erzählte, wie schön ihr Eheleben nun wieder sei, da sie sich in Ruhe um den Haushalt kümmern und ihren Mann abends mit etwas Selbstgekochtem verwöhnen könne, habe ich mich für sie gefreut, ehrlich!
Sofern die Frauen das wollen, funktionieren die guten alten Zeiten noch immer. Für alle anderen darf diese Rollenverteilung jedoch kein Muss sein. Damit gibt es kein flächendeckendes Zurück mehr, denn ob wir wollen oder nicht, die Zeiten ändern sich – wer kommt mit?
Die Männer offenbar nicht. Statt sich zu bewegen, klammern sie sich an ihre alten Rollen – Ernährer, Beschützer, Bestimmer – und wollen sich nicht damit abfinden, dass sie sich künftig alles mit den Frauen teilen müssen: den Arbeitsmarkt und die Führungsetagen ebenso wie die Rolle des Familienoberhaupts und Versorgers.
Nur wie? Leider gibt es dafür derzeit so gut wie noch keine Vorbilder, an denen die Männer sich orientieren könnten, und wenn die Väter von heute nicht langsam mit diesem Thema umgehen, wird es auch für deren Söhne noch lange Zeit keine geben. So führt die Unbeweglichkeit in der einen Generation zur Unbeweglichkeit in der nächsten.
Bisher sieht der Umgang damit so aus: Auf vermeintlich großer Fahrt stehen wir mit dem einen Fuß auf dem Gaspedal und dem anderen auf der Bremse. Wie anstrengend, eine Frau zu sein! Wie anstrengend, ein Mann zu sein!
Geht das nicht anders? Leichter? Schöner?
Doch!
Aber nur, wenn die Männer sich bewegen. Nur wenn sie sich an die eigene Nase fassen und endlich den Mund aufmachen. Leider tun die meisten Herren der Schöpfung derzeit weder das eine noch das andere. Deshalb herrscht in unserer Nation vielerorten derzeit Krieg, und zwar zwischen Mann und Frau.
Der Krieg der Geschlechter
Beziehung ist nicht mehr, was sie mal war – der Mann schon
I want a girl, just like the girl that married dear old Dad.
She was a pearl and the only girl that Daddy ever had.
A good old fashioned girl with heart so true,
One who loves nobody else but you.
I want a girl, just like the girl that married dear old Dad.
Alexander’s Ragtime Band, »I want a girl« (1911)
»Wenn ich abends nach Hause komme, will ich einfach nur meinen Frieden haben.«
Diesen Satz sagen viele der Männer, die in meine Coaching-Praxis kommen. Offenbar herrscht im heimischen Wohnzimmer oft eine Art Krieg, sonst wäre sie sicher nicht so groß, die Sehnsucht nach Frieden – ihrem Frieden.
Oft seufze ich dann mit ihnen und sage: »Jaja, war schon schön früher.«
Darauf erschallt dann meist bedauerndes Gelächter. »Ja, damals war die Welt noch in Ordnung.«
Zur Erinnerung an diese schönen ruhigen Zeiten hier ein paar Regeln für die gute Ehefrau aus dem britischen Magazin Housekeeping Monthly von 1955:
- Seien Sie fröhlich, machen Sie sich interessant für ihn! Er braucht vielleicht ein wenig Aufmunterung nach einem ermüdenden Tag.
- Hören Sie ihm zu. Sie mögen ein Dutzend wichtiger Dinge auf dem Herzen haben, aber wenn er heimkommt, ist nicht der geeignete Augenblick, darüber zu sprechen.
- Der Abend gehört ihm. Beklagen Sie sich nicht, wenn er spät heimkommt oder ohne Sie zum Abendessen oder irgendeiner Veranstaltung ausgeht.
- Zweifeln Sie nicht an seinem Urteilsvermögen oder seiner Rechtschaffenheit. Er ist der Hausherr, und als dieser wird er seinen Willen stets mit Fairness und Aufrichtigkeit durchsetzen. Sie haben kein Recht, ihn in Frage zu stellen.
Das ist gerade mal 60 Jahre her!
Nur allzu verständlich, dass die Frauen ihre Rolle irgendwann in Frage stellten und die alte Ordnung zwischen Mann und Frau zu wanken begann. Der »Krieg der Geschlechter« begann mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als die Frauen zwangsläufig Männerarbeit verrichten mussten, weil die Männer vermisst, gefallen oder in Gefangenschaft waren. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte Coco Chanel ihre Geschlechtsgenossinnen vom Korsett befreit und ihnen Hosen angezogen. Wenige Jahre später war es keine Frage von Stil mehr, sondern Notwendigkeit geworden: Ein langer Rock war beim Wiederaufbau der zerbombtem Städte doch sehr hinderlich.
Die Hosen haben Frauen seitdem nicht mehr ausgezogen. Fortan stellten sie das Patriarchat in Frage, und damit begannen die Probleme für die Männer. Zunächst nur für einzelne arme Seelen, aber spätestens in den 80er Jahren war es für die meisten mit dem häuslichen Frieden vorbei, wie er in Housekeeping Monthly so schön beschrieben ist. Denn die Frauen waren nun nicht mehr ausschließlich zum Wohlergehen ihres Gatten auf der Welt, sondern auch zu ihrem eigenen.
Die Frauen hielten in die Universitäten und die Berufswelt Einzug und hatten demzufolge nicht nur weniger Zeit für Haushalt und Kinder, sondern auch für den Mann, der am Feierabend wie gewohnt nach seinen...