Die Augen sind der Spiegel, das Tor zur Seele, so sagt schon ein altes Sprichwort. Tatsächlich sind sie noch viel mehr als das. Kein anderer Muskel im menschlichen Körper wird so oft benutzt wie unsere Augenmuskulatur. Die Augen beherbergen auch die einzigen Muskeln im Körper, welche sich nicht bewusst kontrollieren lassen. Das ist einer der Gründe, wieso viele Pokerspieler eine Sonnenbrille tragen, sie verstecken das Einzige, was sie verraten könnte.
Über unsere Augenmuskulatur, die direkt mit dem präfrontalen Cortex verbunden ist, rufen wir Erinnerungen und Informationen ab und stellen uns Zukünftiges vor. Dies ist die einzige Gehirnregion des Neocortex, die direkt mit dem Hypothalamus (zuständig für die Hormonausschüttung) vernetzt ist. Der präfrontale Cortex ist daher in einer herausragenden Position, um Informationen aus allen sensorischen und motorischen Modalitäten zu synthetisieren. Die Augen lassen uns somit Bilder, Töne, Gefühle und Gedanken abrufen und bewegen sich je nach Gedankengang - auch in eine andere Blickrichtung.
Das kennen wir aus der REM (Rapid Eye Movement) Phase im entspannten Schlafzustand, wenn sich die Augen unter dem Lid sehr schnell hin und her bewegen. Früher dachten wir, der Mensch würde den Bildern im Traum „hinterher sehen“. Heute ist klar, dass dadurch Informationen abgerufen werden. Das erklärt auch, dass blinde Menschen, die nie in ihrem Leben Augenlicht hatten, dennoch während des Denkprozesses ständig ihre Augen bewegen – oftmals stärker als Sehende, da sie nie lernen mussten, ihre Augen zu kontrollieren.
In Wahrheit werden vor allem in der westlichen Welt Menschen schon von klein auf darin geschult, möglichst lange Blickkontakt zu halten. Das Absenken der Augen oder überhaupt Abgleiten von dem Blick des Gegenübers wird oftmals als Zeichen der Schwäche oder stillschweigender Kapitulation und Unterwürfigkeit gewertet. Dies ist jedoch eine kurzsichtige Bewertung, die kulturelle Hintergründe hat und keine anatomischen. Der gesenkte Blick im Osten ist hingegen Zeichen von Respekt, ein direkter Augenkontakt wird als Angriff verstanden.
Diese Augenbewegungen sind in der Literatur als lateral eye movements bekannt, im NLP werden sie als Zugangshinweise der Augen bezeichnet. Es gibt eine angeborene neurologische Verbindung zwischen Augenbewegungen und den Repräsentationssystemen, denn dieselben Muster treten weltweit auf.
Was wird nun genau durch unsere Augenbewegungen abgerufen? Wir unterscheiden hier vorerst grob anhand der Blickrichtung nach oben und nach unten. Wandern die Augen nach oben, visualisiert dein Gegenüber gerade, also ruft ein Bild im Kopf ab. Gehen die Augen nach unten, wird entweder „in sich hineingefühlt“ oder ein innerer Dialog geführt, zum Beispiel wenn wir mit unserer inneren Stimme abklären, ob uns ein bestimmtes Angebot gefällt. Wichtig zu beachten ist hierbei, dass die Augen sich während des Denkprozesses bewegen und nicht während der verbalen Antwort auf eine Frage – die Information muss natürlich abgerufen werden, bevor geantwortet wird. Bleiben die Augen in einer mittigen Position, werden oft auditive Kanäle abgerufen, also ein Geräusch oder Töne.
A
B
Der Rahmen, in dem diese Blickrichtungen stattfinden, kann je nach Mensch unterschiedlich gelagert sein. Manch einer wird sehr oft über seinem Kopf Bilder abrufen und wenn in sich hineingefühlt wird, verbleibt der Blick eher mittig. Bei manchen ist der Rahmen eher nach schräg links unten versetzt. Kommunikation ist immer dynamisch und ebenso sind es die Modelle des NLP. Grob zusammengefasst lässt sich jedoch sagen, dass für den Großteil der Menschen der hier vorgestellte Rahmen zutrifft.
Die nächste wichtige Unterscheidung findet in der Hemisphäre statt, ob der Blick nach links oder rechts wandert. Wenn du dein Gegenüber vor dir hast, ist von dir aus gesehen rechts die Erinnerung deines Gesprächspartners und links die Vorstellung. Dies ist anhand der Bilder sehr deutlich zu erkennen. Behalte im Hinterkopf, dass du in die Blickrichtung nicht zu viel hineininterpretieren solltest (wichtige Beziehungsentscheidungen sollten natürlich nicht auf der Annahme einer Lüge, die du anhand einer Augenbewegung meinst feststellen zu können, getroffen werden).
Deshalb ist es auch wichtig, immer zu überprüfen, ob und in welcher Form dieses Modell sich in Bezug auf dein Gegenüber als richtig erweist. Um Gewissheit darüber zu erlangen, ob und welches Modell dieser als Augenzugangshinweise bekannten Blickrichtungen bei deinem Gegenüber zutrifft, solltest du zu Beginn des Gespräches für dich bewusst Kontrollfragen einbauen. Beachte: bei Linkshändern ist die Blickrichtung oft spiegelverkehrt.
A Stehst du vor deinem Gegenüber und der Blick wandert bei ihm nach rechts oben, wird ein Bild aus der Erinnerung abgerufen.
B Links oben wird ein Bild imaginiert, also eine Vorstellung kreiert.
C Ihr Blick nach links unten zeigt dir, dass sie im inneren Dialog ist. Die Aufmerksamkeit ist jetzt eingeschränkt und du könntest einen Moment pausieren, bevor du weitersprichst.
D Wandern die Augen nach rechts unten, sind wir meistens im Gefühl.
E Links in der Mitte wird ein Geräusch, Ton oder eine Stimme auditiv imaginiert.
F Gehen die Augen zur rechten Mitte, wird eine gehörte Erinnerung abgerufen.
C
D
E
F
Übung: Augenbewegungen
Was du dazu brauchst: einen Partner und Konzentration
Was zu tun ist: Kreuze an, in welche Richtung der Blick deines Gegenübers bei den Folgenden Fragen geht. Achtung: die Augen bewegen sich während des Denkprozesses, nicht während der Antwort! Der Befragte konzentriert sich rein auf die Fragen, der Fragende auf die Augenbewegungen.
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Wie hoch ist das Haus, in dem Du wohnst? | | | | | | |
Wie buchstabierst Du Deinen Vornamen rückwärts? | | | | | | |
Wie siehst Du aus, wenn Du auf der Couch sitzt? | | | | | | |
Wie klingt der Ton, wenn die Telefonleitung besetzt ist? | | | | | | |
Wie wäre das, wenn Dein Chef plötzlich mit der Stimme von Mickey-Maus sprechen wurde? | | | | | | |
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Denke an Dein Lieblingslied, wie es mit doppelter Geschwindigkeit abgespielt wird. | | | | | | |
Höre Dich selbst einem Freund die Zutaten zu Deinem Lieblingsrezept geben. | | | | | | |
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Singe im Stillen ein Kinderlied. | | | | | | |
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