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E-Book

Psychologie für jedermann

AutorPierre Daco
Verlagmvg Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl510 Seiten
ISBN9783864158384
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Psychologie für jedermann ist eine leicht verständliche und dennoch fachlich fundierte, umfassende Einführung in die Erkenntnisse der Psychologie. Von der Begriffsdefinition bis hin zu den Ursachen, Erscheinungsformen und Behandlungsmethoden psychisch bedingter Krankheiten wird das Gebiet der Psychologie anschaulich und mit Hilfe von Fallbeispielen erschlossen.

Pierre Daco, Psychologe und Psychoanalytiker mit langjähriger Erfahrung, ist Mitglied des internationalen Instituts für Psychotherapie in Genf sowie der internationalen Stiftung für analytische Psychologie. Seine praktische Ausbildung verdankt er den Schulen von C.G. Jung und Charles Baudouin.

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Leseprobe

I. Womit befasst sich der Psychologe?


In den vielen Jahren meiner Tätigkeit im schönen Beruf des Psychologen konnte ich feststellen, wie sehr der Begriff „Psychologie“ von Fragezeichen und Geheimnissen umgeben ist. Wie oft habe ich gehört: „Aber was ist eigentlich Psychologie? Womit befasst sie sich? Was heilt sie? …“. Viele sind der Auffassung, der Psychologe sei ein „Herr“, der einen bestimmten Test durchführt, oder eine Art Gewissenslehrer. Es sei denn, er gelte als eine Art Zauberer …

Viele Leute kennen die Mittel und den Zweck der Psychologie. Zahllos sind jedoch die, die sie nicht kennen. Man kommt sowohl wegen Schüchternheit als auch wegen einer Neurose zu mir. Mütter erzählen mir, dass „ihr Kind sich wirklich viel zu viel für seinen Körper interessiert … so jung, furchtbar!“, und sind erschrocken, weil sie das Problem nicht kennen. Es gibt auch aufgebrachte Jünglinge, die abends um 11 Uhr an meiner Tür läuten, oft in Begleitung eines zornigen Vaters. Es gibt aber auch andere Leute, die schlicht und einfach etwas lernen wollen, während andere wissen möchten, was sie sind, was sie sein können und was in ihnen schlummert … Und so genannte „Depressionen“, Nervenzusammenbrüche, Magengeschwüre, Sexual- und Eheprobleme, äußerst wichtige Erziehungsprobleme, bei denen man oft feststellen muss, dass viele Erwachsene von ihrem Kind erwarten, was sie nicht einmal von sich selbst erwarten könnten … Ich habe großartige Eltern kennen gelernt, die die Wahrheit suchten, aber auch verantwortungslose, ebenso wie großartige und verantwortungslose Jugendliche. Ich habe gesehen, dass alles eine Ursache hat und dass jeder leidet.

Bildet all dies einen Bestandteil meines Berufes? Ja, ganz bestimmt. Es ist ein Beruf mit streng wissenschaftlicher Grundlage und doch vor allem von menschlicher Natur.

Alles Menschliche gehört in das Tätigkeitsgebiet der Psychologie, ob dieses Menschliche normal oder abnormal ist.

Aber eben: Weil die Psychologie in der breiten Öffentlichkeit zu langsam bekannt wurde, getrauen sich viele Leute nicht oder sie zögern oft jahrelang, bis sie dann zu mir kommen, kurz vor dem Zusammenbruch, gar dem Selbstmord. Ich habe viele Vorträge gehalten, hunderte und aberhunderte von Briefen erhalten und immer wieder festgestellt, dass dieses Gebiet des menschlichen Wissens auf großes Interesse stößt. Man glaubt, sich immer helfen zu können, und das kann man eben nicht. Warum? Weil man sich immer mit eigenen Augen sieht, mit der meist verfälschten eigenen Optik.

Als Jacqueline D. in meine Praxis kam, stand ihre Ehe kurz vor dem Scheitern, und zwar hatte dieser Zustand schon drei Jahre gedauert. Nach bloß drei Wochen einfacher psychologischer Gespräche begann dieses Ehepaar ein neues Leben, weil Jacqueline die tieferen Zusammenhänge des menschlichen Wesens verstanden hatte.

Und da war noch Jean, ein junger Mann, den seine Sexualprobleme der Neurose immer näher brachten. Nach drei Monaten hatte er eine völlig andere Optik gewonnen. Nach eigenen Angaben hatte er den richtigen Weg wieder gefunden und ein ganz neues Leben angefangen.

Und Paul R. hatte schwere Herzbeschwerden, ohne zu wissen, dass wohl sein Herz krank, aber noch viel mehr seine ganze Persönlichkeit gestört war. Er wusste nicht, dass seine Herzkrankheit durch emotionelle, aber unbewusste Störungen verursacht wurde, die wiederum eine Folge seiner eigenen Verdrängungen waren.

Yvette hatte nacheinander Nesselfieber, Zwangsvorstellungen, Ekzeme, Dickdarmentzündung und dann wieder Zwangsvorstellungen. Auch sie wusste nicht, dass ihre Persönlichkeit gestört war und durch die berühmte psychosomatische Medizin behandelt werden sollte.

Ich könnte noch viele Beispiele von Leuten erwähnen, deren Leben auf völlig falschen inneren Kenntnissen aufgebaut war. Ziel meines Buches ist es also, zu zeigen, was die Psychologie ist. Es enthält zahlreiche Tatsachen über den Menschen und ich glaube, dass jeder Leser darin auch seine eigenen Probleme, Ängste und Zweifel finden wird. Selbstverständlich gibt es Millionen von verschiedenen Problemen, doch haben sie alle den gemeinsamen Nenner des menschlichen Leidens. Die Menschen sind in ihrem Innersten alle gleich. Das tiefe Unbewusste eines Papuanegers ist fast identisch mit dem eines Europäers. Ist diese Feststellung in unserer Zeit des menschlichen Separatismus nicht etwas Beruhigendes?

Dieses Buch möge eine Grammatik, ein Brevier, ein Leitfaden sein. Die Psychologie ist die Schule der Weisheit und des Gleichgewichts und ich möchte ihr durch dieses Werk dazu verhelfen, für alle ein mehr oder weniger bekanntes Gebiet zu werden, statt ein vager Begriff zu bleiben.

Sollten Sie, lieber Leser, über dieses Buch hinaus noch mehr lernen wollen und sich an den Psychologen wenden, dann tun Sie das wenigstens mit Sachkenntnis.

Definition der Psychologie

Genau genommen stammt das Wort „Psychologie“ aus dem Griechischen: Psyche = Seele und Logos = Kunde.

Sie wäre also ganz allgemein die Geistes- oder Seelenkunde. Doch ist diese Definition ungenau, denn die Begriffe „Geist“ und „Seele“ haben zu viele verschiedene Bedeutungen und in diesem streng genommenen Sinn wäre die Wissenschaft des Geistes die Metaphysik. Ich möchte daher folgende Definition vorschlagen: Die Psychologie ist das Studium der geistigen Phänomene, gleich welcher Art. Sie prüft bewusste und unbewusste Tatsachen. Janet, dieses Genie der französischen Psychologie, sagt: „Die Psychologie berührt wirklich alles. Sie ist universell, überall gibt es psychologische Tatsachen.“

Die Psychologie

beobachtet jede innere und äußere Verhaltensweise des Menschen,

sucht die inneren und äußeren Gründe dieser Verhaltensweise. Bei einem Schüchternen wird sie zum Beispiel

sein äußeres Benehmen beobachten (Stimme, Bewegungen, Gangart, Lachen usw.),

die äußeren Gründe der Schüchternheit suchen (Familie, Erziehung, Religion, besondere Umstände),

die inneren, bewussten oder unbewussten Gründe suchen (Mündigkeit, Erblichkeit, Anpassungsschwierigkeiten, Veranlagung, Emotionen, Komplexe) und

zur Heilung eine der psychotherapeutischen Techniken anwenden.

Die Psychologie ist also die Wissenschaft – und die Kunst – des menschlichen Verhaltens in seinen Millionen von möglichen Äußerungen, ob diese normal oder abnormal seien.

Sie ist daher von den anderen menschlichen Wissenschaften völlig untrennbar, denn jede Wissenschaft befasst sich letzten Endes mit dem Menschen.

Worin liegt der Unterschied zwischen Psychologie und Psychiatrie?

Man glaubt oft, der Psychiater sei lediglich ein Arzt für geistige Krankheiten. Doch umfasst die Psychologie alle geistigen Formen, ob gesund oder ungesund. Darf man daraus schließen, die Psychiatrie komme erst von einem gewissen Grad der geistigen Erkrankung an zur Anwendung? Auch nicht, denn sobald eine Fehlanpassung besteht, ist auch eine geistige „Erkrankung“ vorhanden. Diese Erkrankung kann fünf Minuten oder zwanzig Jahre dauern. Eine leichte Verdauungsstörung oder Krebs ist eine physische Erkrankung. Ein schüchterner Mensch ist „psychologisch krank“. Ein Irrer ist es aber auch. Es besteht also schon eine Frage des „Grades“ in der Krankheit, doch kann man nie eine genaue Grenze festlegen. Die Psychologie als Gesamtwissenschaft umfasst die Psychiatrie. Ich möchte nochmals betonen, dass die Psychologie sich sowohl mit dem völlig ausgeglichenen wie auch mit dem aus dem Gleichgewicht geratenen Menschen befasst, und wenn das Wort „Psychiater“ immer noch einen herabsetzenden Beiklang hat, so ist dies bloß auf die Unterentwicklung des Volksmundes zurückzuführen.

Viele Amerikaner konsultieren ihren Psychiater regelmäßig, obwohl sie ausgeglichen sind. Dort hat aber dieses Wort den zu Unrecht geringschätzigen Sinn verloren.

Warum ist Psychologie Mode?

Alles hängt von allem ab, alles hängt zusammen, nichts ist getrennt.

Wenn sich die Leute ändern könnten, wäre alles anders.

G. GURDJIEFF

Warum interessiert die Psychologie so viele Leute? Die Antwort ist einfach: Die immense Entwicklung der Psychologie entspricht einem immensen Bedürfnis.

In unserer heutigen haltlosen Welt gilt es eine stabile Grundlage des Wiederaufbaus zu finden. Die Situation ist verheerend: Krankheiten sind zum eigentlichen Modus vivendi geworden, wie Erschöpfung, Depressionen, Minderwertigkeitsgefühle, Unruhe, Aggressivität, Bissigkeit, Feindseligkeit, Angst, das Ringen um die Überlegenheit um jeden Preis … Viele wesentliche Begriffe sind verfälscht: Sexualität, Erziehung, Sozialklima, menschliche Werte, Religionen …

Man stellt mit Bedauern fest, dass viele Leute nichts sind im Vergleich zu dem, was sie sein könnten. Menschliche Kontakte werden abgebrochen, die Menge ersetzt das bewusste Individuum. Die Selbstbeherrschung verschwindet, während Ruhe und Ausgeglichenheit zu Raritäten werden. Eine überlegene Leistung, die eigentlich normal sein sollte, wird als außerordentlich bewertet. Mehr und mehr Menschen sind mit sich selbst nicht zufrieden, ohne zu wissen, dass gerade dies der Anfang aller Größe ist, vorausgesetzt, dass man sich von dieser Unzufriedenheit befreien kann.

Nichts ohne Gleichgewicht!

Es gibt nur eine Lösung: eine stabile Ausgangslage zu finden. Die einzige, die es gibt: das physische und geistige Gleichgewicht, ohne das nichts zu erreichen und keine Selbstverwirklichung möglich ist.

Das...

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