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E-Book

Verhaltenstherapeutische Gruppentherapie

Grundlagen und Praxis

AutorMichael Marwitz
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl478 Seiten
ISBN9783840924804
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,99 EUR
Die Durchführung zieloffener verhaltenstherapeutischer Gruppen, bei denen die individuellen Anliegen der Gruppenteilnehmer im Vordergrund stehen, erfordert den Einsatz ganz unterschiedlicher Methoden, was aufseiten des Gruppenleiters ein hohes Maß an Flexibilität und Kompetenz voraussetzt. Dieses Buch gibt Psychotherapeuten einen Leitfaden für die Arbeit in zieloffenen Gruppen im stationären und ambulanten Setting an die Hand. Das Buch stellt zunächst empirische Befunde zur Effektivität gruppentherapeutischer Verfahren dar. Ausführlich wird dabei auf die Bedeutung der Gruppendynamik, therapeutischer Wirkfaktoren sowie auf das Verhalten und die Einflussmöglichkeiten des Gruppenleiters eingegangen. Anhand von konkreten Handlungsanweisungen und Fallbeispielen wird anschließend praxisorientiert das für die Leitung zieloffener Gruppen erforderliche Wissen aufgezeigt. Dabei geht es u. a. um die adäquate Zusammenstellung von Gruppen, um die Förderung einer konstruktiven Kommunikation zwischen den Gruppenteilnehmern, um den gezielten Einsatz strukturierter Aktivitäten sowie um die Arbeit mit einem Fokuspatienten mithilfe unterschiedlicher psychotherapeutischer Methoden. Weiterhin wird auf den Umgang mit schwierigen Therapiesituationen, z. B. bei Konflikten innerhalb der Gruppe oder bei einem Therapieabbruch, eingegangen.

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Kapitelübersicht
  1. Verhaltenstherapeutische Gruppentherapie
  2. Einführung
  3. 1Wirksamkeit von Gruppentherapie
  4. 2Die Magie der Gruppe: Wirkfaktoren der Gruppenpsychotherapie
  5. 3Gruppentherapeutische Verfahren
  6. 4Die Durchführung zieloffener Gruppen
  7. 5Schaffen günstiger Ausgangsbedingungen
  8. 6Die zweite Ebene: Vorgegebene Themenbearbeitung
  9. 7Die dritte Ebene: Die Arbeit mit einem Fokuspatienten
  10. 8Spezifische Methoden für die Problembearbeitung
  11. 9Der Umgang mit schwierigen Gruppen­situationen
  12. 10Einige Anmerkungen zum Abschluss
  13. Literatur
  14. Sachregister
Leseprobe
1 Wirksamkeit von Gruppentherapie (S. 21-22)

1.1 Die Effektivität gruppentherapeutischer Behandlung

Handelt es sich bei der Gruppentherapie um ein effektives Behandlungsverfahren zur Therapie psychischer Störungen? Angesichts der mächtigen Dynamik, die Gruppen entfalten können, ist man geneigt, diese Frage intuitiv mit Ja zu beantworten. Dennoch stellt sich die Frage: Effektiv im Vergleich mit was? Im Vergleich zu einer Wartezeit vor Beginn der Therapie? Einer Wartelistenkontrollgruppe oder einer aktiven Kontrollgruppe? In Bezug auf Einzeltherapie? Bezogen auf eine Symptomreduktion, der sozialen Anpassungsfähigkeit oder dem Klima und der Produktivität der Gruppenarbeit?

Die ersten Überblicksarbeiten zu dieser Thematik wurden in den 1940er Jahren publiziert. Allerdings lieferten sie kaum klare Aussagen, da es den wenigen damals vorliegenden Primärstudien sowohl an konzeptueller Klarheit (z. B. Was macht Gruppentherapie überhaupt aus?) und methodische Qualität mangelte (vgl. Fuhriman & Burlingame, 1994). Erst in den 1960er Jahren lagen ausreichend gruppentherapeutische Studien vor, sodass aussagekräftigere Literaturreviews möglich wurden. Eine häufig zitierte und methodisch sorgfältig angelegte Überblicksarbeit ist beispielweise diejenige von Mann (1966), der zu einer positiven Einschätzung hinsichtlich der Effektivität von Gruppentherapie gelangt: Unabhängig von dem angewandten gruppentherapeutischen Verfahren und den verwendeten Messinstrumenten sprechen annähernd 45 % der in den Primärarbeiten angegeben statistischen Vergleiche für die Wirksamkeit gruppentherapeutischer Verfahren.

Durch Verbesserung der methodischen Standards und der Etablierung von randomisiert- kontrollierten Therapiestudien als Goldstandard sowie der Zunahme von durchgeführten Studien konnten diese dann ab den 1980er Jahren in Form von Metaanalysen zusammengefasst und durch die Berechnung von Effektstärken in ihrer Wirksamkeit bewertet werden. Inzwischen wurden mehr als zwei Dutzend Metaanalysen veröffentlicht, welche die Wirksamkeit von Gruppenpsychotherapien klar bestätigen. Dabei liegen die ermittelten Effektstärken (berechnet über den Vergleich von Therapie- zu Kontrollgruppe) in einer Größenordnung von .70 bis .90 (vgl. auch Tab. 1) und gleichen damit denjenigen, die im Zusammenhang mit der generellen Effektivität von Psychotherapie veröffentlicht wurden (z. B. Smith, Glass & Miller, 1980; Lambert, 2013). Auch Grawe, Donati und Bernauer (1994) kommen in ihrer methodisch anspruchsvollen Arbeit zur Effektivität von Psychotherapie zu einer vergleichbaren Einschätzung: „In einer großen Anzahl der von uns analysierten Therapiestudien wurden die Therapien in Gruppen durchgeführt, auch wenn es überhaupt nicht um die Behandlung zwischenmenschlicher Probleme ging. Die Therapieeffekte waren in der Regel mindestens gleich gut wie bei der Behandlung im Einzelsetting“ (Grawe et al., 1994, S.?706). Fuhriman und Burlingame (1994) kamen in ihrem Literaturüberblick aus dem gleichen Jahr zu einer ähnlichen Schlussfolgerung: : „… the general conclusion to be drawn from some 700 studies that span the past two decades is that group format consistently produced positve effects with diverse disorders and treatment models“ (S.?15).

Während bis in die 1980er Jahre hinein die meisten der untersuchten Gruppen störungsübergreifend konzipiert waren („transdiagnostisch“; vgl. Sipos & Schweiger, 2013), hat sich der Fokus der Gruppentherapieforschung seit den 1990er Jahren auf störungsspezifische Gruppen verlagert. Dies ist unter anderem auch auf die Notwendigkeit zurückzuführen, ökonomische und dabei zugleich möglichst effiziente Therapieverfahren zu entwickeln (Dies, 1994). In den letzten zwei Jahrzehnten wurden entsprechend eine ganze Reihe von Metaanalysen durchgeführt, die sich (auch) auf die gruppentherapeutische Behandlung spezifischer Störungsbilder beziehen (z. B. für Depression: McDermut, Miller & Brown, 2001; für Panikstörungen: Sánchez-Meca, Rosa-Alcázar, Marin-Martinez & Gómez-Consea, 2010; für Essstörungen: Vocks et al., 2010).
Inhaltsverzeichnis
Verhaltenstherapeutische Gruppentherapie1
Inhaltsverzeichnis9
Einführung15
1Wirksamkeit von Gruppentherapie23
1.1Die Effektivität gruppentherapeutischer Behandlung23
1.2Die Effektivität von Einzel- und Gruppenpsychotherapie im Vergleich25
1.3Gruppenpsychotherapie als Komponente eines multimodalen Therapieprogrammes29
1.4Die Effektivität unterschiedlicher Formen von Gruppenpsychotherapie30
1.5Unerwünschte Nebenwirkungen32
1.6Zusammenfassung und Konsequenzen für die Praxis35
2Die Magie der Gruppe: Wirkfaktoren der Gruppenpsychotherapie37
2.1Das Konzept der therapeutischen (Wirk-)faktoren37
2.2Effekte von Gruppentherapie38
2.3Die Bedeutung formaler Veränderungstheorien41
2.4Die Bedeutung von Kleingruppenprozessen43
2.5Der Gruppenleiter79
2.6Patientenmerkmale95
2.7Struktur und Setting101
3Gruppentherapeutische Verfahren119
3.1Merkmale unterschiedlicher Gruppentherapie­verfahren119
3.2Zwei unterschiedliche „Therapiewelten“123
3.3Verhaltenstherapeutische Gruppen136
3.4Lernen in Gruppen148
4Die Durchführung zieloffener Gruppen153
4.1Anliegenbezogene verhaltenstherapeutische Gruppentherapie (AVG)153
4.2Struktur und Ablauf der AVG154
4.3Die Wissens- und Fertigkeitenpyramide des Gruppentherapeuten163
5Schaffen günstiger Ausgangsbedingungen171
5.1Der „Eingangsbereich“171
5.2Die erste Ebene: Theoretische und praktische Fertigkeiten der Prozesssteuerung180
6Die zweite Ebene: Vorgegebene Themenbearbeitung255
6.1Indikation und Durchführung strukturierter Aktivitäten – Aufgaben, Übungen und Interaktionsspiele255
6.2Der Einsatz strukturierter Aktivitäten in der Anfangsphase der AVG266
6.3Weitere strukturierte Aufgaben und Interaktionsspiele für die AVG283
7Die dritte Ebene: Die Arbeit mit einem Fokuspatienten309
7.1Der Ablauf einer Sitzung und die Formulierung von Anliegen310
7.2Durchführung der Orientierungsrunde und Sammeln von Anliegen310
7.3Die Auswahl des Fokuspatienten314
7.4Die Bearbeitung von Anliegen316
8Spezifische Methoden für die Problembearbeitung333
8.1Verhaltenstherapeutische Methoden in der AVG338
8.2Systemaufstellungen363
8.3Methoden, die die Gruppe als sozialen Mikrokosmos definieren387
8.4Abschiedsrituale in halboffenen Gruppen408
8.5Die Auswahl der Methode412
9Der Umgang mit schwierigen Gruppen­situationen417
9.1Die Gruppenmitglieder bringen keine Themen ein419
9.2Ein Patient reagiert mit intensivem Emotionsausdruck422
9.3Der Gruppentherapeut wird kritisiert432
9.4Konflikte zwischen den Gruppenmitgliedern441
9.5Ein Patient bricht die Therapie ab oder kann diese nicht beenden449
10Einige Anmerkungen zum Abschluss457
Literatur461
Sachregister473

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