KREUZWORTRÄTSEL
Kreuzworträtsel haben unter den anderen Worträtseln von ihrer Herkunft und Entwicklungsgeschichte her eine ganz eigene Art der Erscheinung, Handhabung und Verbreitung.
DAS ERSTE KREUZWORTRÄTSEL
Das erste veröffentlichte Kreuzworträtsel erschien am 21. Dezember 1913 in der Sonntagszeitung The New World in den USA, geschaffen von Arthur Wynne, einem seiner Redakteure. Die Gitterform des Rhomboids war (s. unten) eine symmetrische, erlaubte im Unterschied zum früheren Magischen Quadrat aber Lösungswörter mit verschiedener Anzahl von Buchstaben. Die Nummerierungen meinten nicht nur die Wortanfänge, sondern bezeichneten die Anfangs- und die Schlussbuchstaben eines Lösungsworts.
Erstes amerikanisches Kreuzworträtsel vom 21.12.1913 in The New World, USA.
SOLUTION:
Kreuzworträtsel haben also eine etwas über hundertjährige Geschichte. Obschon sie sehr beliebt sind, wurde dieser Textsorte kaum wissenschaftliche Beachtung geschenkt (s. oben).
Allerdings gib es eine National Puzzlers Ligue (kurz NPL)4, deren Mitbegründer George Eliot einen Artikel über Kreuzworträtsel verfasst hat.5 Dieser Artikel, ein Interview mit Will Shortz6, dem Herausgeber des ersten Crossword Puzzles von 1913, sowie Coral Amendes Crossword obsession liefern einige interessante Informationen zur Vorgeschichte der heutigen Kreuzworträtsel:
VORGÄNGER DER KREUZWORTRÄTSEL
Gemäss Coral Amende (2001,4 f.) sind die so genannten Word Squares die Vorgänger von Kreuzworträtseln; im deutschen Sprachraum werden sie Magische Quadrate genannt. Gemeint ist damit jene Kombination von Wörtern gleicher Länge, die in einem Quadrat angeordnet sind und die sich horizontal und vertikal gleichermassen lesen lassen.
Eines der bekanntesten und ältesten ist das lateinische SATOR QUADRAT7. Es trat schon im Mittelalter in verschiedensten Ausführungen und Materialien auf und diente als Amulett gegen bösen Zauber. Es ist ein lateinisches Palindrom, das aus den fünf Wörtern SATOR AREPO TENET OPERA ROTAS besteht, die in einem magischen Quadrat zusammengefügt sind, so dass man sie in waagrechter und senkrechter Richtung lesen kann. Seine bisher älteste Fundstelle ist die Wand eines pompejianischen Hauses (79 n. Chr.).
Diese so genannte Sator-Formel galt als besonders kräftiger Schutzspruch gegen jegliches Unheil, vor allem gegen Feuer, Diebstahl und Unwetter:
Faszinierend ist die bildlich-buchstäbliche Anordnung in einem Gitter, die augenscheinlich zusammengehalten wird durch das sich kreuzende, senkrecht und waagrecht lesbare Palindrom TENET, das „er/sie/es hält“ bedeutet. Die Form des Buchstabens N in der Mitte mahnt wie eine Nabe an die Schaufeln eines Schwungrades, das zum Drehen anregt. Kein Wunder, dass aussen das Verb ROTAS und dessen Palindrom SATOR (was als Teufelskreis übersetzt werden könnte) wörtlich herumgedreht werden können. Im inneren Kreis dreht REPEREPE... (als Wiederholung) vor sich hin. Der lateinische Textsinn bietet einige Übersetzungsprobleme, da es z. B. den Begriff „AREPO“ im Lateinischen nicht gibt.
AREPO lat.: Wahrscheinlich ein Eigenname; im Keltischen: Wagen oder Pflug.
OPERA lat.: die Werke oder mit Anstrengung.
SATOR lat.: Säer, Sämann, im übertragenen Sinn Vater, Gott, Schöpfer
ROTAS lat.: du drehst
TENET lat.: er hält oder erhält (in Betrieb / in Bewegung), er beherrscht.
Je nachdem, in welcher Richtung man liest und in welcher Reihenfolge man die Wörter kombiniert, ergeben sich (gemäss Ausstellungskatalog 2011, 45) die folgenden Übersetzungen:
Der Sämann AREPO hält die Räder mit Anstrengung / Der Säer [Gott] hält das Werk [die Erde], aber du drehst die Furchen / Gott dirigiert auf seinem Wagen die Räder der Himmelskarren mit Wissen (Weisheit) / Gott regiert und erhält die Werke der Schöpfung und was die Erde hergibt / O Vater, bete für unsere Zeit! Bete, handle und zeige dich, Hirte / Weiche Satan, bau in meinem Werk! Satan, ich bitte dich, ich hoffe auf deine Kunst / Satan, dreimal bitte ich dich, handle günstig / Satan, ich bitte dich, gib mir meine Kräfte zurück!
Setzt man alle Buchstaben neu zusammen, ergibt sich ein zweifaches PATER NOSTER und die Kreuzform, umrahmt von A und O für Alpha und für Omega. Was auch immer die einstigen Bedeutungen oder Kräfte dieses Amuletts gewesen sein mögen, es ist in seiner Art ein faszinierender Vorfahre der heutigen Kreuzworträtsel.
Akrostichons sind eine weitere jener alten Rätselkunstformen. Schon im 6. Jh. v. Ch., so Amende (2001, 3), haben die Griechen Magische Quadrate und auch Akrostichons in Statuen eingeritzt. Bei deren Konstruktion wird ein Wort oder ein Begriff vertikal niedergeschrieben; jeder Buchstabe des vertikalen Wortes ist der erste Buchstabe eines horizontalen Wortes oder Satzes, die das vertikale Wort beschreiben oder damit assoziiert sind. Es können auch eine Serie von Linien oder ein Gedicht sein, indem der erste, der letzte oder ein besonders bezeichneter Buchstabe jeder Linie nacheinander ein Wort, einen Satz oder ein Motto ergeben.
Auch die Römer, z. B. Plautus (254-184 v. Chr.), brauchten Akrostichons, um ihre Stücke einzuführen und sie sind auch schon in der Bibel zu finden, z. B. in Psalmen mit 22 Versen, die alle nacheinander geordnet mit einem anderen Buchstaben des hebräischen Alphabets beginnen.
Coral Almende ergänzt dazu, akrostische Rätsel seien wie Magische Quadrate im 19. Jh. erstmals gedruckt in England aufgetaucht. Sie weist auch auf Queen Victoria’s Double Acrostics (2001, 6), die jene für ihre Kinder erfand und in welchen nicht nur die ersten Buchstaben jeder Linie senkrecht gelesen ein Wort ergaben, sondern auch die letzten jeder Linie.
Queen Victoria’s „Double Acrostic“ (in: Amende 2001,6)
Von Sam Loyd (2001, 7) stammt dieses witzige Doublet:
„From APE to MAN“:
Für die Umformungen der aufeinanderfolgenden dreibuchstabigen Wörter dürfen nur die Buchstaben R,M,N,I gebraucht werden und es wird erwartet, dass man alle Veränderungen der ‚Evolution vom Affen (APE) zum Menschen (MEN)‘ mit so wenig Umformungen wie möglich schafft. Das erste ‚Entwicklungswort‘ ist mit „ARE“ gegeben.
Charles Dodgson, besser bekannt unter dem Namen Lewis Carroll als Autor von Alice im Wunderland, habe diese so genannten Doublets erfunden. 1879 habe er im Vanity Fair Magazine eine Anleitung dazu geschrieben:
„Two words are proposed of the same length; and the puzzle consists in linking these together by interposing other words, each of which shall differ from the next word in one letter only.“
Der amerikanische Ingenieurstudent Sam Loyd und der Engländer Henry Ernest Dudeney waren gemäss Amende im 19. Jh. die bekanntesten Rätselautoren. Sie erfanden die originellsten Rätselunterhaltungen jener Zeit. Beide waren ursprünglich Erfinder von mathematischen Rätseln. Durch die Erfahrung mit diesen, aber auch mit verschiedensten Worträtseln und Wortspielen waren sie überzeugt, dass Rätsellösen die höchste Form intellektuellen Erkennens sei. Eine Erfindung, die von Dudeney eingeführt wurde, war ein täuschend einfaches Kreuzworträtsel-Nebenprodukt, eines, in dem jeder Buchstabe des (englischen) Alphabets vorkommt, was auch ein Standard-Beispiel eines Pangrammatic Riddle ist:
W.E. Dudeney’s „The Alphabet“, (Amende 2001, 8) mit Lösung
Am 4. Juli 1883 gründeten 34 Männer New York den Verein The Eastern Puzzler’s League (EPL), ab 1920 National Puzzlers’ League (NPL) genannt. Ihre Mitglieder produzieren bis heute die folgenden Rätselarten für Zeitungen: The Eastern Enigma oder heute nur The Enigma, ein Rätsel; The Crypt, ein Kryptogramm; The Flat, ein Rätsel, dessen Lösung aus einer einzigen Linie von Wörtern besteht und The Form, ein Rätsel, dessen Wörter in ein zweidimensionales Gitter eingetragen werden wie in ein Kreuzworträtsel oder wie in ein Magisches Quadrat.
GEGEBENHEITEN, REGELN UND HANDHABUNG
Kreuzworträtsel sind Rätsel, bei denen zu ratende Wörter buchstabenweise in ein System von senkrecht und waagrecht sich kreuzenden Reihen von quadratischen Kästchen eingetragen werden müssen.
(Duden Universalwörterbuch 2003, 963)
Ein Kreuzworträtsel besteht aus Text- und Bildelementen: Neben einem Titel sind da immer auch nummerierte...