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E-Book

Gebeugter Geist

Rassismus und Erkenntnis in der modernen europäischen Philologie

AutorMarkus Messling
VerlagWallstein Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl520 Seiten
ISBN9783835340220
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Eine systematische Studie über die Reflexion von Geist und Sprache, Poetik und Textkultur, Abstammung und »Rasse' in der europäischen Philologie. Die moderne Philologie war lange eine »Leitwissenschaft', die gesellschaftlich relevante Aussagen über den Menschen traf. Früher als naturgeschichtliche Ansätze konnte sie den menschlichen »Geist' aus den Sprachen, Zeichensystemen und Textarchiven der Welt aufschlüsseln. Als Europa zur Weltmacht aufstieg, lag der erkenntnistheoretische Beitrag der Philologie zur Rassenanthropologie in der Vermengung von Sprach- und Schriftstrukturen, Formprinzipien und Gattungsfragen mit vermeintlichen kognitiven Potentialen von Sprechern und Schreibern. Zugleich haben Philologen so gewonnene Annahmen einer Kritik unterzogen, die sie aus der philologischen Hermeneutik und Methodik selbst entfalteten. Anhand philologischer Konzeptionen von Denkern wie Friedrich Schlegel, G. W. F. Hegel, Michele Amari, Jean-Pierre Abel-Rémusat oder Ernest Renan arbeitet die Studie die Reflexion dieser umkämpften Wissensbestände systematisch auf. Hieraus lassen sich Anhaltspunkte für eine zukunftsfähige Philologie gewinnen, die sich heute mit naturalistischen Diskursen über den Menschen ebenso auseinandersetzen muss wie mit dem Erbe des europäischen Universalismus und der politischen Überhöhung kultureller Differenz.

Markus Messling, geb. 1975, ist Stellvertretender Direktor des Centre Marc Bloch Berlin. Von 2009 bis 2014 leitete er die Emmy Noether-Nachwuchsgruppe »Philologie und Rassismus im 19. Jh.' der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Universität Potsdam. Gastprofessuren und Fellowships an der School of Advanced Study der University of London, der University of Cambridge, der EHESS Paris sowie der Kobe University in Japan.

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Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Umschlag1
Titel4
Impressum5
Inhalt6
1. Einleitung14
1.1 Bewusstseinssplitter14
1.2 Rassismus17
1.3 Philologie und Rassismus27
1.4 Philologie37
1.5 Erkenntnisinteresse56
2. Zur epistemischen Stellung der Sprach-Zeichen: vom Universalismus zum Kulturdeterminismus65
2.1 Französische Aufklärung: Perfektibilität der Zeichenform65
2.1.1 Klassisches Vorspiel – von Descartes zu Bouhours, oder: Texte und Sprachprestige65
2.1.2 Condillacs Génie des langues71
2.1.3 Antoine Louis Claude Destutt de Tracys Fortschritts-Schrift82
2.2 G. W. F. Hegel: Vorsehung der Zeichen und geschichtliche Entfaltung90
2.2.1 Anti-Condillac90
2.2.2 Afrika und die Weltgeschichte: Zeichengebung und Selbstbewusstsein93
2.2.3 China und die Zeichen der Freiheit99
2.2.4 Antikraniologie107
2.2.5 Verhinderte Geschichte: Rassebegriff und Freiheitspotential111
2.2.6 Amerikas Gegenwart: Anthropologie des sprachlosen Verschwindens120
2.3 Friedrich Schlegel: Heilsgeschichte, Genealogie, Anthropologie131
2.3.1 Schlegel und die Philologie-Philosophie131
2.3.2 Indien: poetische Weisheit und Polygenese138
2.3.3 Ursprung und »Entartung«: flektierender vs. gebeugter Geist142
2.3.4 Schlegels Philologie und Lamarcks Biologie: Organizismus und Evolution151
2.3.5 Zu Rezeption und Nachwirken der Schlegel’schen Philologie155
2.3.5.1 Eugène Burnouf: De la langue et de la littérature sanscrite155
2.3.5.2 Zu Christian Lassens Indische[r] Alterthumskunde166
2.3.5.3 Bernardino Biondelli und die »incunabuli comuni arii-aztechi«173
3. Historisierung: Abstammung und kulturgeschichtliche Philologie183
3.1 Jean-François Champollion le jeune: ägyptisches Texterbe und die Herkunft der europäischen Moderne183
3.1.1 Ethnografische Klassifikation185
3.1.2 Geschichtsphilosophische Thesenbildung: Urspru?nge, Abstammungen, »Rassen«189
3.1.3 Sprachstammbäume?192
3.1.4 Ägypten und Europa – u?ber Mengenklammern, oder: eine Philologie zivilisatorischer Herkunft194
3.2 Jean-Pierre Abel-Rémusat: sinologische Widerworte217
3.2.1 Rassialistische Völkerkunde und geistige Dynamik: ein Humboldt’scher Auftakt217
3.2.2 »Rasse« und Historizität bei Abel-Rémusat220
3.2.3 Blutsverwandtschaft der Sprache232
3.2.4 Grammatische Pragmatik gegen die Metaphysik der Sprache240
3.2.5 Reden außerhalb der ›Akademie‹248
3.2.6 Discours sur la littérature orientale: Poetik und Hermeneutik253
3.2.6.1 Kritik der Rezeption: von Tapiren, Menschen und Kulturen253
3.2.6.2 Kritik der Imitation: »style oriental« vs. »style des Orientaux«263
3.2.6.3 Kritik der Unu?bersetzbarkeit: anthropologisierter Sprachexotismus vs. relativistischer Universalismus269
3.2.7 Politik der Philologie275
3.3 Michele Amari: arabisch-islamisches Sizilien291
3.3.1 Philologische Archäologie fu?r ein modernes Italien291
3.3.2 Vichianische Geschichtspoetik: Was die Quellen ›sagen‹294
3.3.3 Movens der Geschichte(n): »schiatte«, Weltpoetik und nomadische Poesie bei Ibn Khald?n, Vico und Michele Amari300
3.3.4 Der Islam als Kulturmodell fu?r Italien: Überwindung der Abstammung312
4. Idealismus – Naturalismus?319
4.1 Joseph Arthur Comte de Gobineau: Adelsranku?ne und Rassismus320
4.1.1 Wilhelm von Humboldt in Gobineau325
4.1.2 Menschheitsbegriff bei Gobineau und Humboldt326
4.1.3 Sprache und Rasse332
4.1.4 Rasse, Ethnografie und Sprachanthropologie in Humboldts Kawi-Werk335
4.1.5 Gefallenes »Weltansichtstheorem«: Anlage und Gebrauch der Sprachen344
4.1.6 Sprachtheorie ist Gesellschaftstheorie351
4.2 Joseph-Ernest Renan: Rassialismus und Republikanismus353
4.2.1 Die Streitfrage: Wie Renans Philologie lesen?356
4.2.2 Semitische Philologie: »races linguistiques« und Politik der Nation361
4.2.3 Kunst und Geist: Histoire littéraire de la France374
4.2.4 Rassedenken und Poetik: La poésie des races celtiques381
4.2.5 ›Indoeuropäisierter‹ Islam und die Wissenschaft der »Indoeuropäer«391
4.3 August Schleicher: die Sprache des Fortschritts407
4.3.1 Erkenntnistheoretische Voraussetzungen der »Glottik«408
4.3.2 Evolution und Hegelianismus413
4.3.3 Sprache und Gehirn423
5. Die Aufgabe zuku?nftiger Philologie(n)430
5.1 Selbsterkenntnis und Distanz436
5.2 Differenz und Universalität: Philologien der Welt438
5.3 Materialpolitik457
5.4 Anstatt eines Endes458
Abbildungen461
Literatur462
Dank510
Register515

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