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E-Book

Public Relations und Kommunikationsmanagement

Eine medienwissenschaftliche Grundlegung

AutorLars Rademacher
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl229 Seiten
ISBN9783531913292
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis46,99 EUR


Lars Rademacher ist Professor für Public Relations/Kommunikationsmanagement an der Macromedia Hochschule der Medien in München und Berater für Change Communication & CSR.

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Leseprobe
4 Kommunikationsmanagement als Organisations- und Wissensmanagement (S. 133-134)

Was ist der Sinn von Public Relations? Wie kamen sie in die Welt? Wofür brauchen moderne Gesellschaften Kommunikationsmanagement? Was konkret sind dessen Kernfunktionen, was sein primäres Ziel? Dies sind die zentralen Fragen an einen heterogenen Gegenstand, der nachfolgend im Rahmen einer induktiven Theorie der PR (als Kern des Kommunikationsmanagements) entfaltet werden soll. Zuvor werden einige Antworten aus der PR-Literatur vorgestellt und diskutiert, um sie zu gewichten und einen medienwissenschaftlich fundierten Neuansatz zu wagen.

4.1 Das gewandelte Selbstverständnis der Funktion von PR

Der Einstieg erfolgt über geläufige Funktionsbeschreibungen aus wichtigen Standardlehrwerken und Theoriebeiträgen, aber auch aus empirischen Befunden und Befragungen der PR-Verantwortlichen. In der älteren Literatur, aber auch in der Selbsteinschätzung vieler Öffentlichkeitsarbeiter, herrscht die Auffassung vor, mit PR um „öffentliches Vertrauen" zu werben. Dem steht heute die moderne Bestimmung von Kommunikationsmanagement als Organisationsfunktion gegenüber, die darauf zielt, durch professionelles Management der Kommunikationsprozesse die Ziele von Organisationen (ggf. mit einem höheren Wirkungsgrad als zuvor) zu erreichen. Leider gibt es nur wenig aktuelle Daten, um Veränderungen in der Selbstbeschreibung von Öffentlichkeitsarbeitern herauszuarbeiten.

Daher kann nur auf Untersuchungen zu Beginn und Mitte der 1990er Jahre verwiesen werden, in denen sich die PR-Aktanten folgenden Aufgaben zuordnen: 68 Prozent der Befragten stimmten 1993 der Auffassung zu, sie schafften „Vertrauen zwischen Organisation und Öffentlichkeit", immerhin noch 60 Prozent meinten, sie unterstützten „Organisationen beim Erreichen wirtschaftlicher bzw. politischer Ziele" (vgl. Becher 1996, S. 93). Nur zehn Prozent können laut dieser Studie vom Anfang der 1990er Jahre der Auffassung zustimmen, sie sorgten für den Absatz von Produkten und Dienst- leistungen (auch wenn darin das eigentliche Organisationsziel bestehen sollte).

Und exakt an dieser Stelle lässt sich der Bruch zwischen Selbstbeschreibung und Fremd- attribuierung ausmachen. Dieser Bruch sitz tief, denn sowohl in den Selbst- beschreibungen der Standesorganisationen als auch in aktuelleren Untersuchungen findet sich die hier durchschimmernde Ambivalenz: Einerseits werden PR von Organisationen (in der Erwartung der Akteure zunehmend) an ihrem Wertbeitrag für die Organisation gemessen, andererseits sind die Akteure nicht in der Lage anzuerkennen, dass ihre Funktion damit stark durch den Aspekt der Absatzsteigerung beeinflusst wird.

In einer zehn Jahre jüngeren Studie von Joachim Klewes und Arne Westermann (2004: 17-31) zeigt sich beispielsweise, dass die 380 befragten internationalen PR-Fachleute einen immer stärkeren Druck verspüren, ihre spezifische Leistung für das Erreichen der Organisationsziele belegen zu müssen – doch das kollidiert in der Selbstwahrnehmung offenbar nicht mit den vergleichsweise emphatischen Zielen, Aufklärung, Meinungsbildung und den Dialog zwischen gesellschaftlichen Anspruchsgruppen zu befördern.244

In einer Studie zu PR in der Schweiz sieht das Bild schon deutlich anders aus. Im wesentlich differenzierteren Forschungsdesign von Röttger et al. (2003) lassen sich mehrere Fragebatterien identifizieren, die eine Verschiebung der Selbstwahrnehmung belegen. Wie in den Vergleichstudien von Dorer245 für Österreich und Röttger (2000) für Deutschland so zeigen auch die Ergebnisse aus der Schweiz, dass die Interessendurchsetzung per Kommunikation als Hauptaufgabe erkannt wird.

Bei Nonprofit-Organisationen (NPO) meinen dies sogar über 60 Prozent der Befragten, woraus Röttger et al. (2003: 159) folgern, „dass Nonprofit-Organisationen, aber nicht unbedingt Unternehmen oder Behörden zur Erreichung von Organisationszielen elementar auf Public Relations angewiesen sind." Diese in der Studie geäußerte Vermutung hat einiges für sich: Bei Unternehmen entscheidet sicher zunächst die Qualität von Produkt oder Dienstleistung über den Zielerreichungsgrad, bei Behörden letztlich deren Monopolstellung
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
Vorwort9
1 Ausgangssituation: „Conditions of uncertainty and flux“11
1.1 Gang der Untersuchung13
1.2 Defizite der bisherigen Forschung18
2 Reputation: Zur anthroplologischen Grundlage strategischer Kommunikation21
3 Theoretische Grundlagen einer medienwissenschaftlichen Rekonstruktion von Public Relations (PR) und Kommunikationsmanagement (KM)26
3.1 Eine kulturkritische Perspektive auf PR und KM26
3.2 Zum verwendeten Kommunikationsbegriff28
3.3 Abstraktionen von Systembegriff und -theorie41
3.4 Öffentlichkeit und Journalismus46
3.5 (Medien-)Wirtschaft52
3.6 Management/Organisation85
3.7 Wissenschaft109
4 Kommunikationsmanagement als Organisations- und Wissensmanagement132
4.1 Das gewandelte Selbstverständnis der Funktion von PR132
4.2 Public Relations als heterogenes Maßnahmenbündel136
4.3 Ebenen des Gegenstandsbezugs137
4.4 Vom Image zur Reputation141
4.5 Reputation Management145
4.6 Frame Management151
4.7 Kommunikationsmanagement statt PR?158
4.8 Kommunikationsmanagement und Wissensmanagement162
5 Eine induktive Theorie der Public Relations190
5.1 Von der Normal- zur Sonderfalllogik – und zurück190
5.2 Ansätze einer induktiven Theorie der Public Relations191
5.3 Public Relations im gesellschaftlichen Fiktionalisierungsdiskurs199
6 Zusammenfassung207
7 Exkurs: PR als ‚Literatur‘ der Gesellschaft209
Literatur216

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