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E-Book

Pädagogische Psychologie des Lernens und Lehrens

AutorGerd Mietzel
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl732 Seiten
ISBN9783840924576
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis42,99 EUR
Das Lehrbuch zählt zu den Standardwerken in der Ausbildung von Studierenden der Pädagogischen Psychologie, der Pädagogik und des Lehramts. Der Leser erhält einen gut verständlichen und umfassenden Einblick in die Pädagogische Psychologie. Vor allem aus konstruktivistischer Sicht werden Themen wie (kooperatives) Lernen, Gedächtnis, Denken, Motivation und pädagogische Diagnostik dargestellt. Dabei wird davon ausgegangen, dass Lernen nicht nur in Kindheit und Jugend, sondern ebenso im Erwachsenen- alter stattfindet und entsprechend angeregt werden kann. In der 9., aktualisierten und erweiterten Auflage wurden aktuelle Studienergebnisse sowie neue Forschungsfelder und Fachbegriffe ergänzt. Wichtige Themen, wie etwa Klassenführung, werden ausführlicher dargestellt. Ein Schwerpunkt des Bandes liegt auf dem Bezug zur Praxis und der Anwendbarkeit der Konzepte im Unterricht. Zahlreiche Beispiele sowie Zusammenfassungen am Kapitelende sollen dem Leser zusätzlich helfen, sich den Inhalt dieses Buches zu erarbeiten.

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Vorwort
  3. 1. Kapitel: Lernen, Lehren und die Pädagogische Psychologie
  4. 2. Kapitel: Persönlichkeitsmerkmale des Lehrers, sein Wissen vom Gehirn und seine Unterrichtsfu?hrung
  5. 3. Kapitel: Pädagogische Förderung aus entwicklungspsychologischer Sicht
  6. 4. Kapitel: Grundlegende Prozesse des Lernens: Von der Fremd- zur Selbststeuerung
  7. 5. Kapitel: Lernen als aktive Verarbeitung von Informationen
  8. 6. Kapitel: Problemlösen und seine Voraussetzungen
  9. 7. Kapitel: Förderung der Lern- und Leistungsmotivation
  10. 8. Kapitel: Von Lernzielen und der Diagnostik von Gelerntem
  11. Literatur
  12. Sachregister
Leseprobe
2. Kapitel Persönlichkeitsmerkmale des Lehrers, sein Wissen vom Gehirn und seine Unterrichtsführung (S. 62-63)

Fallbeispiel

Je mehr sich der Gymnasiast Martin dem Abschluss seiner Schulzeit näherte, desto häufiger beschäftige ihn die Frage, welche Berufslaufbahn er nach Erlangung des Abiturs einschlagen sollte. Seine Mutter hatte ihm wiederholt nahegelegt, ebenso wie sie den Lehrerberuf zu ergreifen. Würde er aber die Voraussetzungen erfüllen, 20 oder 30 Schüler „in Schach“ halten zu können, oder würde er – ebenso wie sein Lehrer Krüger – häufiger vor einer Klasse stehen, in der sich die Schüler wie ein wilder Haufen gebärden? Würde ihm eine bessere Klassenführung gelingen? Es würde ihn schon reizen, einmal als Lehrer tätig zu sein, der seine Schüler mitzureißen versteht, wie sein früherer Lehrer „Amon“ Reh, der sein großes Interesse für die Naturwissenschaften geweckt hatte. Besitze auch ich – so hat sich Martin wiederholt gefragt – jene Eigenschaften, die einem Lehrer nicht nur Autorität verleihen, sondern ihm zugleich einen großen Einfluss auf die Schüler ermöglichen. Von seiner Mutter hatte Martin erfahren, wie sehr sich viele ihrer Kollegen für die Gehirnforschung interessieren, weil dieser Wissenschaftszweig ihnen die Aussicht eröffnete, den Unterricht nach den vorliegenden Erkenntnissen zu gestalten. Würde in der Beschäftigung mit dem Gehirn und in der Anwendung einschlägiger Erkenntnisse im Unterricht nicht auch eine große Herausforderung liegen? Bevor er eine Berufsentscheidung treffen wollte, beschloss Martin, sich ein Lehrbuch der Pädagogischen Psychologie zu beschaffen, dem sich vielleicht einige Antworten auf die Fragen entnehmen ließen, welche Voraussetzungen erfolgreiche Lehrer besitzen. Es ist Martin zuzustimmen, dass das Lern- und Leistungsverhalten von Schülern in einem Maße von Persönlichkeitsmerkmalen des Lehrers mitbestimmt wird, die auch dann nicht, wenn man sie sehr genau beschreibt, von jedermann erlernbar sind. Diese Feststellung ist mit keineswegs unproblematischen Folgen verbunden. Da das Lehrerstudium heutzutage meistens sehr praxisfern gestaltet wird, erfahren viele Lehramtsanwärter erst in der zweiten Phase ihrer Ausbildung, dass ihnen wesentliche und nicht ohne Weiteres erlernbare Voraussetzungen fehlen, die einen Lehrer auszeichnen, der bei seinen Schülern „ankommt“. Um welche Merkmale es sich dabei handelt, soll in diesem Kapitel zur Darstellung kommen.

Viele Lehrer sind davon überzeugt, dass sie eine sehr genaue Kenntnis vom Gehirn und seiner Funktionsweise haben sollten, um erfolgreich unterrichten zu können. Tatsächlich ergibt sich die außerordentliche Wichtigkeit dieses Organs daraus, dass hier sämtliche kognitiven Prozesse kontrolliert und gesteuert werden. Haben aber die Neurowissenschaften tatsächlich bereits Beiträge liefern können, die es wert sind, bei der Unterrichtsgestaltung berücksichtigt zu werden? Viele Zusammenhänge, die in der jüngeren Vergangenheit an Lehrer herangetragen worden sind, haben sich als Mythen erwiesen. Beispielsweise besteht keine Berechtigung dafür, Schüler nach „Lerntypen“ einzuteilen und entsprechend zu unterrichten, denn dafür gibt es keine wissenschaftlich haltbare Begründung.

Ein Lehrer mag mehrere Persönlichkeitsmerkmale aufweisen, die ihn als erfolgreichen Lehrer ausweisen würden, aber nicht voll zur Wirkung kommen, wenn es ihm nicht gelingt, Ordnung im Klassenzimmer herzustellen und zu bewahren. Man hat die Klassenführung als den Pförtner für das Lernen bezeichnet (Freiberg, 2013), denn von ihr hängt es ab, ob mögliche Erfahrungen Lernen ermöglichen. In einer Zeit, in der ein autoritärer Erziehungsstil der Vergangenheit angehört und der Individualismus vielfach auch bereits das Verhalten von Kindern mitbestimmt, ist es für Lehrer nicht immer leicht, Disziplin im Klassenzimmer herzustellen und zu bewahren, damit ein effektiver Unterricht stattfinden kann. Forschungsanstrengungen, die darauf gerichtet sind, Strategien aufzudecken, die eine gute Klassenführung ermöglichen, haben in den USA bereits eine viel längere Tradition als in Deutschland. Dennoch meldet sich auch in Deutschland eine zunehmende Anzahl von Lehrern, die Ratschläge suchen, damit sie in einer teilweise unkontrollierbaren Klasse wieder Verhaltensregeln einführen können, um eine effektivere Unterrichtsarbeit zu ermöglichen. Die vorausschauenden Bedenken, die Martin im Einstiegsszenario äußert, sind also keineswegs abwegig. Über einige Erkenntnisse, wie erfolgreiche Lehrer die Klassenführung gestalten, soll ebenfalls im vorliegenden Kapitel berichtet werden.

2.1 Kennzeichen erfolgreicher Lehrer

Nach dem Studium von Aka-Pygmäen, die in Teilen des Kongos als Jäger und Sammler leben, gelangten Anthropologen zu dem Schluss, dass die Fähigkeit zu lehren Teil des menschlichen Genoms, somit Teil der menschlichen Natur ist (Hewlett & Roulette, 2016). György Gergely und Gergely Csibra (2006, 2014) beschreiben eine angeborene Form des Unterweisens, die sie als „natürliche Pädagogik“ bezeichnen. Bereits zehn Monate alte Kinder reagieren auf bestimmte Charakteristika der Darstellung anderer. Wenn ein anwesender Mensch sie anblickt, seine Stimme hebt und auf ein Objekt zeigt, weist er auf die Wichtigkeit dieses Objekts hin. Auch unter Erwachsenen gibt es einfache Kommunikationssignale, um aus einer Darstellungssituation eine solche werden zu lassen, aus der ein anderer etwas lernt.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis7
Vorwort13
1. Kapitel: Lernen, Lehren und die Pädagogische Psychologie15
1.1 Kennzeichnung der Pädagogischen Psychologie17
1.2 Kennzeichnung des Lernens aus unterschiedlichen Sichtweisen29
1.3 Verarbeitung pädagogisch-psychologischer Erkenntnisse59
1.4 Über Akzeptanz und Anwendbarkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse durch Studierende62
1.5 Ziele und Nutzungsmöglichkeiten nachfolgend dargestellter Textinformationen72
2. Kapitel: Persönlichkeitsmerkmale des Lehrers, sein Wissen vom Gehirn und seine Unterrichtsfu?hrung75
2.1 Kennzeichen erfolgreicher Lehrer77
2.2 Lernen aus neurowissenschaftlicher Sicht95
2.3 Gute Klassenfu?hrung als Voraussetzung fu?r effektives Lernen114
3. Kapitel: Pädagogische Förderung aus entwicklungspsychologischer Sicht129
3.1 Menschliche Entwicklung und ihre Determinanten132
3.2 Jean Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung141
3.3 Vygotskijs Theorie der kognitiven Entwicklung175
3.4 Kognitive Entwicklung und Lernen im Erwachsenenalter189
4. Kapitel: Grundlegende Prozesse des Lernens: Von der Fremd- zur Selbststeuerung213
4.1 Erlernen von Assoziationen durch klassische Konditionierung216
4.2 Instrumentelle Konditionierung226
4.3 Die operante Konditionierung228
4.4 Einige Grundlagen der sozial-kognitiven Theorie253
4.5 Selbststeuerung des Verhaltens und Lernens264
5. Kapitel: Lernen als aktive Verarbeitung von Informationen283
5.1 Das menschliche System zur Verarbeitung von Informationen285
5.2 Drei Komponenten des menschlichen Gedächtnisses287
5.3 Förderung dauerhaften Behaltens332
5.4 Weitere Empfehlungen zur Förderung des Behaltens341
5.5 Mnemotechniken zur Erarbeitung sinnlos erscheinenden Lernmaterials356
5.6 Wissen u?ber eigene kognitive Prozesse: Metakognitionen360
5.7 Theorien des Vergessens367
5.8 Abschließende Betrachtung373
6. Kapitel: Problemlösen und seine Voraussetzungen377
6.1 Das Erlernen von Begriffen379
6.2 Förderung konzeptueller Veränderungen392
6.3 Das Lösen von Problemen408
6.4 Übertragung von Gelerntem auf neue Situationen: Transfer443
7. Kapitel: Förderung der Lern- und Leistungsmotivation459
7.1 Kennzeichnung des lern- und leistungsmotivierten Verhaltens461
7.2 Kontrolle motivierten Verhaltens von innen und von außen466
7.3 Verschiedene Sichtweisen motivierten Verhaltens474
7.4 Kognitive Sichtweisen482
7.5 Die sozial-kognitive Sichtweise483
7.6 Emotionen im Kontext von Lernen und Leistungsverhalten515
7.7 Aktivierung von Neugier und Interesse im Unterricht528
7.8 Motivierung unter rivalisierenden und kooperativen Zielstrukturen547
8. Kapitel: Von Lernzielen und der Diagnostik von Gelerntem565
8.1 Planung des Unterrichts568
8.2 Über das Messen und seine Kennzeichen582
8.3 Leistungserfassung als integraler Bestandteil des Unterrichts586
8.4 Das Notensystem als traditionelle Methode der Leistungsbewertung591
8.5 Gu?tekriterien standardisierter Tests599
8.6 Bewertung standardisierter Testergebnisse606
8.7 Kritik an herkömmlichen Pru?fungsinstrumenten610
8.8 Verfahren einer alternativen Diagnostik614
Literatur625
Sachregister725

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