Der 1079 in Le Pallet in der Bretagne geb. und am 21.4.1142 bei Chalon-sur-Saône gest. A. gehört zu den herausragenden Philosophen und Theologen des Hochmittelalters. Sein unkonventionelles Denken hat ihn immer wieder in Konflikte mit den herrschenden Autoritäten geführt und zu einem unsteten Dasein gezwungen. Als Sohn eines Ritters verzichtete er auf sein Erbrecht und widmete sein Leben der Wissenschaft. A. studierte in Paris bei Wilhelm von Champeaux um 1100 zunächst Logik und nach einem zwischenzeitlichen Zerwürfnis, währenddessen er in Melun und Corbeil lehrte, ab 1108 Rhetorik. Wieder kam es zum Streit, und A. gründete außerhalb von Paris auf dem Mont St. Geneviève eine eigene Schule. 1113 folgten ein Theologiestudium bei dem berühmtesten Lehrer seiner Zeit, Anselm von Laon, dessen Unterricht ihn auch nicht zufriedenstellte, und eigene Lehrtätigkeit an der Pariser Schule von Notre-Dame. A.s glänzende wiss. Karriere wurde vorerst beendet durch das Liebesverhältnis zu seiner überaus gebildeten Schülerin Heloïse, aus dem ein Sohn hervorging. Das geschah im Hause ihres Onkels, des Kanonikers Fulbert, der A. eines Nachts überfallen und entmannen ließ. Heloïse trat daraufhin in das Kloster Argenteuil bei Paris ein, A. wurde Mönch im Kloster St. Denis.
Vor 1120 nahm A. seine Lehrtätigkeit wieder auf und verfasste mit der »Theologia Summi Boni« (Theologie vom höchsten Guten) sein erstes theol. Werk. Wieder geriet er in Konflikte mit der trad. Linie. Das Werk wurde 1122 auf der Synode von Soissons verurteilt. A. musste es selbst ins Feuer werfen und kam als Ketzer in Klosterhaft. Bald jedoch durfte er nach St. Denis zurückkehren, wo er sich rasch unbeliebt machte. Daraufhin gründete A. in Quincey bei Nogent-sur-Seine ein Bethaus, das er nach dem Zuzug zahlreicher Schüler zum »Kloster zum Parakleten« ausbaute. Seit 1135/36 lehrte er wieder mit großem Erfolg in Paris. Seine nun entstehenden Schriften (»Theologia Scholarium« [Theologie der Gemeinschaft der Lernenden], Römerbriefkommentar, »Ethica«) gerieten bald ins Visier seiner Gegner.
→ Bernhard von Clairvaux sorgte mit zweifelhaften Methoden dafür, dass A. 1140 ohne Anhörung vom Papst als Häretiker zu ewigem Stillschweigen verurteilt wurde. A. wollte sich vermutlich in Rom verteidigen, nahm aber unterwegs Zuflucht im Kloster Cluny, wo er bis zu seinem Tode lebte. Dem A. wohlgesonnenen Abt Petrus Venerabilis gelang die Aufhebung des Urteils und die Versöhnung von A. und Bernhard. A. starb am 21.4.1142 in dem zu Cluny gehörenden Priorat St. Marcel bei Chalon-sur-Saône, nach den Worten von Abt Petrus ein Vorbild an Demut. Sein Leichnam wurde in das Kloster zum Parakleten überführt, wo auch Heloïse nach ihrem Tod 1164 neben ihm ihr Grab fand.
Als Philosoph war A. vor allem Sprachlogiker, der über die Analyse der Sprachstruktur die Unterscheidung des Wahren vom Falschen ermöglichen wollte. Dabei dient die Logik der Theologie, indem sie die Evidenz der Glaubenswahrheiten belegt, ohne freilich das Heil vermitteln zu können. In seiner berühmten Schrift »Sic et non« arbeitete A. mit der Gegenüberstellung widersprüchlicher Aussagen von Autoritäten. Mit diesem Lehr- und Übungsbuch für seine Schüler wollte er nicht die Sätze der Autoritäten infrage stellen, sondern verdeutlichen, wie man bei Widersprüchen mithilfe der wiss. Methode der Dialektik die Wahrheit ermitteln kann. Als Theologe plante A. eine Gesamtdarstellung der Heilsgeschichte, die er jedoch bis auf die Trinitätslehre (»Theologia«) nie vollendete. Grundsätzlich lag Gott für ihn jenseits menschl. Begreifens. Zwar sei der Mensch über seine Vernunft in der Lage, die Existenz Gottes zu erkennen, selbst Heiden sei die Erkenntnis der Trinität (charakterisiert durch Macht, Weisheit und Güte) möglich, aber ohne die Offenbarung Gottes und den Glauben an das Wunder der Menschwerdung könne das Heil nicht erworben werden. Neu ist A.s christol. Ansatz: Gott sei nicht Mensch geworden, um die ganze Menschheit von der Macht des Teufels zu befreien oder Satisfaktion zu erlangen, sondern um den Einzelnen durch das Beispiel seines Lebens und Leidens hin zur Liebe Gottes zu verwandeln. Die Lehre von der Erbsünde hat A. umgewandelt von einer allen Menschen ohne persönl. Zutun anhaftenden Schuld zu einer Folge der Schuld Adams, die durch das Opfer Christi dem Glaubenden in der Taufe erlassen wird. Diesem personalen Ansatz entspricht auch A.s → Ethik. Entscheidend sei die Gesinnung: Ein Werk ist dann gut, wenn die Absicht gut ist und es dem → Willen Gottes entspricht. Sünde ist die Zustimmung zum Bösen und entspricht einer Verachtung Gottes.
A. hat zwar keine kohärente Systematik vorgelegt, aber als Querdenker wichtige Impulse gegeben. Dementsprechend hat er zahlreiche Schüler gehabt, seine Werke fanden weite Verbreitung, seine Methodik hat zur Entwicklung der → Scholastik und seine Schule zur Entstehung der Universität Paris beigetragen. A.s Liebesgeschichte mit Heloïse sowie die Korrespondenz der beiden haben über Jahrhunderte die Fantasie angeregt. Wichtiger erscheint jedoch sein personaler Ansatz mit der Betonung der Gesinnungsethik, der Verantwortlichkeit des Einzelnen und der subjektiven Versöhnungslehre.
Werke: CChr.CM 11-15; E. Brost (Hg.): Abaelard. Die Leidensgeschichte und der Briefwechsel mit Heloisa, 2004.
Lit.: M.T. Clanchy: Abaelard. Ein mittelalterliches Leben, 2000; S. Ernst: Petrus Abaelardus, 2003; R. Thomas (Hg.): Petrus Abaelardus (1079–1142). Person, Werk und Wirkung, 1980.
L.E. von Padberg
Abdankung → Bestattung
Abendgebet → Gebet
I. biblisch
1. Zum Begriff: Im NT gibt es keinen einheitlichen Sprachgebrauch zur Benennung des letzten Mahls Jesu mit seinen Jüngern, aber schon feste Bezeichnungen. Der unter Protestanten übliche Ausdruck »A.« erinnert an die »Nacht, da er verraten wurde« (1Kor 11,23). Paulus redet vom »Herrenmahl« (1Kor 11,20) oder – im Gegensatz zum Altar heidn. Kultmahle – vom »Tisch des Herrn«, weil Christus selbst der Gastgeber ist (10,21; 11,23ff). Lukas nimmt das »Brotbrechen«, das für eine jüd. Mahlzeit typisch ist, aus dem Einsetzungsbericht (Mk 14,22; 1Kor 11,24) auf und gebraucht es als umfassenden Ausdruck für das A. (Lk 22,19; 24,30.35; Apg 2,42.46; 20,7; vgl. 1Kor 10,16). Der in der kath. Tradition übliche Ausdruck »Eucharistie« für das A. ist eine Ableitung vom griech. Verb eucharisteō (danken), womit regelmäßig das Tischgebet vor einer Mahlzeit (Mk 8,6; Apg 27,35; so auch im Einsetzungsbericht des A.s Mk 14,23parr) bezeichnet wird.
2. Der Einsetzungsbericht begegnet im NT 4-mal, wobei jeweils zwei Texte einander näherstehen: einerseits Mk 14,22-25 und Mt 26,26-29, andererseits Lk 22,15-20 und 1Kor 11,23-25. Paulus hat die Einsetzungsworte »vom Herrn empfangen« (1Kor 11,23), d.h. aus einer in der Gemeinde mündlich weitergegebenen Jesusüberlieferung. Bei den Einsetzungsworten gab es zwei unterschiedliche Fassungen, von denen Markus und Paulus jeweils die ältere Überlieferungsstufe darstellen. Welche Fassungen bzw. Einzelwendungen dem ursprünglichen aram. Wortlaut der Spendeworte Jesu am nächsten kommen, wird in der Literatur breit diskutiert, lässt sich auf der vorhandenen Textgrundlage aber kaum entscheiden.
Die Einsetzungsberichte haben eine unterschiedliche Funktion. Die synopt. Evangelien erzählen vom letzten Mahl Jesu vor seinem Weg ans Kreuz. Paulus hingegen zitiert ein Formular aus dem Gemeindegottesdienst, das an die Einsetzung der gottesdienstlichen Mahlfeier durch Jesus erinnert. Verschieden wird auch die zeitliche Abfolge der Mahlfeier geschildert: Entweder wird die Sättigungsmahlzeit von Brot- und Kelchwort abgeschlossen (Mk; Mt) oder – wie bei jeder jüd. Mahlzeit – von beiden gerahmt (Paulus; Lk). Umstritten ist, ob das letzte Mahl Jesu mit den Jüngern ein Passamahl war. Dafür spricht der Erzählkontext mit den Vorbereitungen zum Passafest (Mk 14,12-17parr), vor allem bei Lukas (22,15). Dagegen wird eingewandt, dass die Einsetzungsworte selbst keinerlei Bezug zum Passamahl herstellen und Jesus nach Joh 19,14ff.42 schon einen Tag früher am »Rüsttag für das Passafest« (14. Nisan) gekreuzigt wurde, d.h. zu einem Zeitpunkt, als die Passalämmer im Tempel geschlachtet wurden (vgl. 1Kor 5,7). Johannes berichtet nirgends von der Einsetzung des A.s, erzählt aber an der entsprechenden Stelle (zw. dem Einzug in Jerusalem und der Bezeichnung des Verräters) von der Fußwaschung der Jünger durch Jesus (Joh 13,1-20). Eine Anspielung auf das A. enthält jedoch die Brotrede in Joh 6, die das Speisungswunder mit dem Ich-bin-Wort Jesu als das wahre Lebensbrot deutet.
3. Zur Bedeutung: Das biblische A. ist eine Symbol- oder Zeichenhandlung, in der Jesus Brot und Wein durch Gabeworte zeichenhaft mit einer neuen Interpretation versieht. Zur Deutung von Brot und Wein werden drei Motive verwendet, die – bei allen Unterschieden in der Formulierung – in der Sache übereinstimmen: 1. die freiwillige Selbsthingabe, 2. die Stellvertretung bzw. Sühne und 3. der Bundesschluss.
Der Gedanke der Selbsthingabe ist im Brot- und Kelchwort enthalten. Die kürzeste (deshalb auch ursprüngliche?) Fassung des Brotwortes findet sich bei Markus (14,22): »Dies ist mein Leib.« Der Leib meint hier nicht nur den Körper Jesu, sondern seine gesamte leibliche Existenz, die seinen Tod einschließt (vgl. Röm 7,4). Indem Jesus das Brot austeilt, gibt er Anteil an dem Heil, das durch die rettende Hingabe seines Lebens (»Leib«) am Kreuz herbeigeführt wird...