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Am Vorabend der Oktoberrevolution

James Connolly- sein Marxismus und der irische Osteraufstand 1916

AutorPriscilla Metscher, Thomas Metscher
VerlagNeue Impulse Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl163 Seiten
ISBN9783946845133
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
'Tatsächlich war der irische Aufstand der erste Versuch, die Weltkarte des Imperialismus zu verändern- in einem Zeitabschnitt, dessen krönender Abschluss die erfolgreiche Russische Revolution von 1917 darstellt. Indem wir die Frage von Sozialismus und nationaler Befreiungsbewegung im Zusammenhang mit Irland im Jahr 1916 reflektieren, werden wir notwendigerweise mit dem Problem des Verhältnisses zwischen nationalen und sozialistischen Kämpfen in der heutigen Zeit konfrontiert.« (Priscilla Metscher) Seit langer Zeit befassen sich der Literaturwissenschaftler Thomas Metscher und die Historikerin Priscilla Metscher mit dem kämpferischen Leben, marxistischen Denken und Wirken des sozialistischen Arbeiterführers James Connolly, der im irischen Osteraufstand 1916 eine zentrale Rolle gespielt hat und nach dessen Scheitern am 12.Mai 1916 hingerichtet wurde. Die in diesem Buch zusammengefassten und erstmals vollständig auf Deutsch vorliegenden Beiträge der beiden Autoren sind ein Ergebnis dieser Studien. Ergänzend haben wir einige Originaltexte von James Connolly ins Deutsche übersetzt.

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Leseprobe
Vorwort Ein irischer Sozialist in der Epoche sozialer Revolution James Connolly ist in aller Munde- zumindest in seiner Heimat. Ein Jahrhundert nach dem Osteraufstand, in dem die Iren versuchten, die britische Herrschaft abzuschütteln, und wenige Monate nach dem Wahlerfolg der linkssozialdemokratischen Partei Sinn Féin und anderer fortschrittlicher Kräfte, wird der Geist der 1916 gescheiterten Erhebung der grünen Insel, in der Connolly eine zentrale Rolle spielte, wieder beschworen. »Der Osteraufstand inspiriert« behauptet Sinn Féin auf ihrer Website. Auch die den Konservativen nahestehende irische Tageszeitung Irish Examiner titelte jüngst: »1916 lebt«. Doch auch in seiner Heimat wird derzeit in der Regel nur dem halben Connolly die Reverenz erwiesen: gegenüber dem von den Briten hingerichteten Vorkämpfer der 1921/22 errungenen nationalen Befreiung gerät der marxistische Sozialist, Gewerkschafter, Internationalist und Revolutionär Connolly, dessen Name der kommunistische Jugendverband des Landes nicht zufällig trägt, in den Hintergrund. Im deutschsprachigen Raum ist James Connolly, egal ob als Sozialist oder als nationaler Freiheitskämpfer, außerhalb irlandaffiner Kreise und außerhalb von Expertennetzwerken, die sich auf die Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung des frühen 20.Jahrhunderts spezialisiert haben, jedoch wenig bekannt. Nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen und bevorstehenden großen Jahrestage der russischen Oktoberrevolution von 1917 oder der deutschen Novemberrevolution von 1918/19 ist die Beschäftigung mit dem politischen Denken und Handeln eines der Anführer des Osteraufstandes von bleibendem Wert. James Connolly wurde am 5.Juni 1868 in einem Slum der schottischen Hauptstadt Edinburgh geboren. Seine Eltern waren irische Arbeiter, die nach Schottland ausgewandert waren. Mit zehn Jahren trat der junge James selbst ins Berufsleben ein und verdingte sich als Arbeiter in einer Druckerei, einer Bäckerei und einer Mosaikfliesenfabrik. 1882 ließ er sich vom 1. Bataillon des Königlichen Liverpooler Regiments rekrutieren. Durch eine Stationierung auf der Nachbarinsel kam der Soldat Connolly erstmals in das Land seiner Eltern. Dies und die Tatsache, dass in seinem Regiment Aktivisten der irischen Geheimorganisation der Fenier wirkten, dürften Connollys Nationalbewusstsein geprägt haben. Gleichzeitig dürfen jedoch auch die Quellen und Ursprünge seines Klassenbewusstseins nicht übersehen werden. Ende der 1880er Jahre schied Connolly aus der Armee aus. Seine soziale Herkunft und sein Kontakt mit dem schottischen Dichter John Leslie, der Connolly mit dem Marxismus vertraut machte, führten ihn in die Sozialistische Liga beziehungsweise die Schottische Sozialistische Föderation (SSF), der sein Bruder John als Sekretär vorstand. Später sollte Connolly als Marxist der Arbeiterklasse den dialektischen und historischen Materialismus selber für andere in populärer Form aufbereiten, wie ein im Anhang dieses Buches dokumentierter Text (»Arbeit, Nationalität und Religion«) zeigt. In den frühen 1890er Jahren- Connolly hatte inzwischen die Nachfolge seines Bruders als SSF-Sekretär angetreten- nahm seine Tätigkeit als politischer Autor ihren Anfang: der Autodidakt schrieb für die Zeitschrift Justice der Sozialdemokratischen Föderation und für den Labour Leader. 1896 führte ihn sein Weg nach Dublin, als er eine Vollzeitstelle als Organisator des Dubliner Socialist Society antrat. Ausschlaggebend war hierfür sicherlich nicht nur die politische Motivation, als Sozialist in Irland, das heißt in der Heimat für die Klasse wirken zu können, sondern auch ein handfestes materielles Interesse: die Ernährung seiner mit seiner Frau Lillie gegründeten Großfamilie. Kurz nach seiner Ankunft in Dublin gründete Connolly die Irische Sozialistische Republikanische Partei (ISRP), die 1900 erstmals auf dem Internationalen Sozialistenkongress in Paris vertreten sein sollte. 1898 hob er die ISRP-Zeitung Workers' Republic aus der Taufe, in der ein Großteil von Connollys Texten in den nächsten Jahren erscheinen sollte, so unter anderem auch seine ebenfalls im Anhang enthaltene Analyse des Zweiten Burenkriegs (»Der südafrikanische Krieg«). Gegen Imperialismus und Krieg zog Connolly jedoch nicht nur mit der Feder ins Feld. Die Organisation von Antikriegskundgebungen im Jahre 1899 brachte ihn kurzzeitig ins Gefängnis. Im Vorjahr hatte die Polizei eine Festnahme Connollys am Rande von ISRP-Protesten gegen Feierlichkeiten zu Ehren von Königin Victoria genutzt, um das Parteibüro in der Zeit seiner Inhaftierung zu demolieren und die für die politische Arbeit so wichtige Druckerpresse zu zerstören. Aber auch den Hass des in Irland so mächtigen katholischen Klerus zog Connolly auf sich. Der Grund hierfür dürfte nicht nur in Connollys Gegenkritik an antisozialistischen Jesuitenpredigten liegen, wie eine solche auszugsweise in diesem Buch erstmals in deutscher Sprache vorliegt, sondern auch in seinem Versuch, eine Übereinstimmung zwischen bestimmten Ethiken des Christentums und den Positionen des Sozialismus herauszustellen. Für die Kirchenoberen war er deshalb ein »Antichrist« und potentiellen Unterstützern und Wählern- Connolly kandidierte 1901 für den Dubliner Stadtrat- wurde die Exkommunizierung angedroht. 1903 emigrierte Connolly, wie so viele seiner Landsleute, in die USA. Connolly setzte sich sehr für den Erhalt der gälischen Sprache ein, worauf der Text »Sozialismus und Nationalismus« hinweist, gleichzeitig war er sehr weltoffen und eignete sich Fremdsprachen wie Deutsch und Französische an. In Amerika lernte er auch Italienisch, die Sprache der anderen großen europäischen Auswanderernation, und übersetzte Texte italienischer Sozialisten ins Englische. Außerdem unterstützte er die Wahlkampagne des legendären Arbeiterführers Eugen Debs für das Amt des US-Präsidenten und war in der nordamerikanischen Gewerkschaftsbewegung aktiv. Viele seiner dort gesammelten Erfahrungen sollten später für die Arbeiterbewegung auf den britischen Inseln von großer Wichtigkeit sein. Sein gesamtes, sich hierin beispielhaft äußerndes, internationalistisches Wirken ist eine Widerlegung des vor allem in den 1970er Jahren virulenten Versuchs seitens neurechter Ideologen James Connolly zu einem bornierten »Nationalsyndikalisten« zu küren (und damit letztlich zum Gewährsmann der faschistischen Sozialdemagogie zu verfälschen). (...) Essen, im Mai 2016
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