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E-Book

Heiraten ist gar nicht schwer

Zusammenbleiben aber sehr

AutorBelinda Luscombe
VerlagMosaik bei Goldmann
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783641220686
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Meist verliebt man sich mit einem lauten Paukenschlag, der dann langsam, aber sicher verhallt. Niemand sagt es gern so direkt, aber es ist völlig normal, dass Beziehungen scheitern. Sie sind so etwas wie das emotionale Pendant zum Schneeschippen: Zu Beginn ist man voller Tatendrang und Energie, dann entpuppt es sich als kräftezehrender, als man denkt. Und doch wünschen sich immer mehr Menschen, verheiratet zu sein. Wie also kann die lebenslange Partnerschaft gelingen? Die Journalistin Belinda Luscombe hat eine unterhaltsame Anleitung geschrieben, wie wir auch nach der Hochzeit glücklich bleiben. Das Geheimnis? Mehr Gelassenheit.

Belinda Luscombe weiß, wovon sie schreibt: Seit 25 Jahren probt sie all ihre Ratschläge mit dem eigenen Ehemann. Als Journalistin hat sie außerdem bereits mehrere Preise gewonnen. Sie hat zwei Kinder und lebt mit ihrer Familie in den USA.

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Leseprobe

Einleitung

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass die meisten Ehen mit einem Paukenschlag beginnen, der dann langsam, aber sicher verhallt? Der große Tag: Bei der Hochzeitsfeier lässt man es ordentlich krachen und gönnt sich hinterher einen Luxus-Traumurlaub. Dann der erste Jahrestag, ein ganz besonderes, aufregendes Ereignis; noch wird man von Freunden und Verwandten dazu beglückwünscht. Der zweite Hochzeitstag, ein schickes Abendessen und ein Geschenk. Und so geht es weiter, mit einem traditionell festgelegten Geschenk (zum dritten Hochzeitstag: Leder, zum fünften: Holz, zum zehnten: Rosen), bis man im fünfzehnten Jahr angekommen ist. Da wird dann Kristall oder Glas verschenkt. Nach diesen fünfzehn Jahren sind im traditionellen Kontext keine Geschenke mehr vorgesehen. Plötzlich steht man mit leeren Händen da, ohne irgendeine Art der Anerkennung – bis zum zwanzigsten Hochzeitstag, zu dem Porzellan empfohlen wird. Und das ist, nur am Rande, lange nicht so kostspielig wie Kristall. Zum dreißigsten Jahrestag ist die entsprechende Kategorie Perle, und das bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass nur noch die Ehefrau ein Geschenk erhält.

All das ist vollkommen unzeitgemäß und rückständig. So ziemlich jeder kriegt es hin, ein Jahr lang verheiratet zu bleiben. Im Fahrwasser der Flitterwochen schafft man es locker bis ins dritte Jahr. Nötig werden Geschenke zum Hochzeitstag eigentlich erst nach fünfzehn Jahren, wenn man sich allmählich an die Tatsache gewöhnt hat, dass man diese eine Person Tag und Nacht um sich hat. Wenn man nach den fünfzehn Jahren die Geschenke plötzlich einstellt, dann ist das so, als feuerte man eine Fußballmannschaft bloß in der ersten Halbzeit eines Spiels an oder jubelte einem Läufer nur die ersten fünfzehn Kilometer eines Marathons zu. Dabei ist dieser Zeitraum noch der sehr viel einfachere Teil.

Wie vorsintflutlich das alles ist, wurde mir erst richtig bewusst, als mich ein alter Freund anrief. Wir hatten länger nichts voneinander gehört, und jetzt teilte er mir mit, dass er und seine Frau vorhatten, sich nach zwanzig Jahren Ehe zu trennen. Sie wollten möglichst im Guten auseinandergehen, versicherte er mir, und deshalb hätten sie vor, weiter unter einem Dach zu leben. Sie würden nach wie vor zusammen kochen und essen und auch andere Dinge gemeinsam tun. Irgendwann würden sie ihre Finanzen trennen. Sie liebten sich immer noch, beharrte er, nur konnten sie nicht länger verheiratet bleiben. Er erzählte mir, bei einem gemeinsamen Bekannten sei es ganz ähnlich gelaufen.

Wenn Ehen scheitern, kommt es in den seltensten Fällen zu einem heftigen Zusammenstoß, bei dem sich der ganze geballte Hass entlädt, man sich gegenseitig schwere Vorwürfe macht, sich anbrüllt und Türen geknallt werden, wo die Überlebenden am Ende blutverschmiert aus den rauchenden Trümmern taumeln und sich in die Arme eines Sanitäters retten. Heutzutage muss man sich Trennungen vielmehr als einen Akt der Euthanasie wie in einer schicken Tierarztpraxis vorstellen. Nach etlichen langen Diskussionen über die Qualität, die man von diesem Bund noch zu erwarten hat, wird schließlich ganz behutsam eine Entscheidung getroffen, und dann wird die Ehe, natürlich mit den besten Absichten, von ihrem Elend erlöst, ein bisschen wie bei einem in die Jahre gekommenen Haustier, dessen Nieren nicht mehr einwandfrei funktionieren und das deshalb immer wieder die Teppiche ruiniert. Man tut es nicht, weil man wütend wäre, dass die Flamme erloschen ist; es ist vielmehr ein ganz bewusstes »Ent-Paaren«, eine reine Vernunftentscheidung.

Mein Freund war traurig, sicher, aber in erster Linie war ihm die Sache peinlich. Es war nämlich bereits seine zweite Ehe, die gescheitert war. Er hat einen erwachsenen Sohn aus erster Ehe und machte sich Sorgen, was der wohl von ihm denken würde. Während wir uns unterhielten, drängte sich mir immer mehr der Eindruck auf, er hätte einen Job verloren und keine Familie. Zumindest schien er das so zu empfinden. Oder als wäre er etwas zu sorglos mit seiner Kreditkarte umgegangen, und jetzt war er Opfer einer Betrugsmasche geworden. Schon wieder? Herrje, was bin ich nur für ein Schussel.

Niemand sagt es gern so direkt, aber es ist völlig normal, dass Ehen scheitern. Sie sind so etwas wie das emotionale Pendant fürs Schneeschippen: Zu Beginn ist man voller Tatendrang und Energie, doch dann entpuppt es sich als kräftezehrender, als man denkt. Es ist natürlich, dass man von der Ehe irgendwann genug hat. Es ist natürlich, dass Lebensmittel verderben, dass Feuer erlischt, dass die Begeisterung nachlässt.

Schließlich gibt es für ein menschliches Wesen kaum eine bedeutsamere, riskantere und intimere Entscheidung, als zu sagen: Das ist die Person, mit der ich den Großteil meiner Zeit auf Erden verbringen will. Das ist die Person, mit der ich neues Leben in die Welt setzen will. Das ist die Person, deren Wohlbefinden so gut wie jede meiner Entscheidungen beeinflussen wird. Das ist die Person, von deren Glück mein eigenes abhängt, deren Witze und Anekdoten ich mir anhören werde, solange mein Gehör noch funktioniert, deren Klamotten meinen Schrank überquellen lassen und deren Haare meinen Abfluss verstopfen.

Im Zeitalter der Start-ups, Flashmobs und Pop-ups ist eine Beziehung wie die Ehe, die ein Leben lang halten soll, fast so etwas wie ein Anachronismus. Schließlich steht sie für Beständigkeit. Sie lässt keine Unterbrechungen zu. Hier gibt es kein Fail-Fast und keine Upgrades. Man müsste daher eigentlich erwarten, dass wir uns dieses offensichtlich veralteten Systems längst entledigt hätten, so wie wir es mit anderen menschlichen Erfindungen getan haben, zum Beispiel dem Handpflug, dem Faxgerät oder dem Warten, bis die nächste Episode einer Serie im Fernsehen läuft.

Doch obwohl es ein ganz natürlicher Prozess ist, dass Ehen in die Brüche gehen, ist er nicht unvermeidlich. Und vor allem nicht wünschenswert. Wir wissen heute, wie wir Lebensmittel für den Verzehr haltbar machen, wie wir ein Feuer am Glühen halten oder wie wir Menschen motivieren. Mit ein wenig behutsamer Zuwendung können wir der Natur ein Schnippchen schlagen und diesem Prozess entgegenwirken.

Vor allem, weil die Ehe, diese uralte und zugegebenermaßen etwas in die Jahre gekommene Institution, immer noch der Traum vieler Menschen ist. Offenbar ist irgendwo tief in uns das Verlangen verwurzelt, eine intime Beziehung zu einem anderen Menschen einzugehen. Und zwar, weil man sich das volle Programm erhofft: einen anderen Körper, an dem man sich wärmen kann und der uns allein gehört, einen Partner, der für uns sorgt wie für keinen anderen und der geschworen hat, uns bis ans Ende unserer Reise zu begleiten. Umfragen belegen, dass die Ehe nach wie vor das erklärte Ziel einer überwältigenden Mehrheit junger Leute ist (und zwar von Männern wie Frauen gleichermaßen). Liebespaare, die zusammenziehen und gut damit klarkommen, wollen die Beziehung in der Regel selbst in der heutigen Zeit noch offiziell machen, obwohl gar kein Zwang mehr besteht. Die Ehe ist ein derart zentrales Konzept in unserer Vorstellung von Glück, dass erbitterte Schlachten vor Gericht ausgefochten werden, um zu bestimmen, wer daran teilhaben darf und wer nicht.

Ein Grund ist der, dass eine Ehe, die Bestand hat – wie so viele Dinge, die wider die Natur sind, zum Beispiel Autofahren, Fallschirmspringen oder knallpink gefärbte Haare –, etwas Wunderbares sein kann. Lebensverändernd, bereichernd, aufregend. Das ist es uns wert.

Doch keiner würde einen Fallschirmsprung wagen ohne Hilfe oder vorherige Einweisung. Und bei der Ehe, die sich im historischen Wandel als viel anfälliger erwiesen hat als solch ein Fallschirmsprung, verhält es sich ähnlich.

Ich recherchiere und schreibe schon seit mehr als zehn Jahren für das Time Magazine zum Thema Ehe. Nicht nur, weil es interessant ist, sondern auch, weil so gut wie jeder eine Geschichte dazu beizutragen hat, schließlich ist die Institution Ehe ein zentraler Aspekt im Leben der meisten von uns – ob es nun die eigene oder die der Eltern, der Kinder, der besten Freunde oder gar des Liebhabers ist. Die Ehe bringt Menschen an ihre Grenzen: Manche zeigen sich von ihrer besten Seite, legen großes Mitgefühl und Opferbereitschaft an den Tag. Andere mutieren schlagartig und neigen zu extrem engstirnigem und rachsüchtigem Verhalten.

Seit ich meine Aufzeichnungen führe, unterliegt die Ehe einem starken Wandel: So gleicht der Bund, den früher so gut wie jeder irgendwann zu schließen wagen wollte, heute einem Hochseilakt – für alle sichtbar, lohnenswert, nicht ganz einfach, aber auch nicht zwingend notwendig. Was früher ein Initiationsritus in die Welt der Erwachsenen war, gilt gegenwärtig nur noch als eine von vielen Lifestyle-Alternativen – weniger Supermarkt, mehr hochpreisiger Biomarkt.

Die Veränderungen vollziehen sich auf allen Ebenen: finanziell (steigende Lebenshaltungskosten, Verschuldung, ein instabiler Wohnungsmarkt und stagnierende Lohnniveaus), technologisch (medizinischer Fortschritt, insbesondere auf dem Gebiet der Fertilität, Online-Dating, soziale Medien) und soziologisch (heute sind mehr Frauen denn je finanziell unabhängig, sie werden nicht mehr so stark stigmatisiert wie früher, wenn sie unverheiratet oder alleinerziehend sind). Hinzu kommen andere seismische Veränderungen wie die Effekte der Globalisierung, die digitale Revolution und die Neuerungen des Informationszeitalters. Sie alle haben enorme Auswirkungen auf das intime Band zwischen zwei Menschen. Darüber hinaus wirkt sich eine Vielzahl kleinerer Veränderungen auf die Institution Ehe aus: die Renaissance der Großstadt. Gleichheit in der Ehe. Fließendere...

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