Das Strukturmodell wurde vor allem deshalb entwickelt, um die Pflegedokumentation zu verschlanken und Zeit zu sparen. Doppelte Beschreibungen in verschiedenen Bereichen oder wiederholte Berichtseinträge ohne konkreten Anlass sollten unterbleiben, damit die Pflegekräfte mehr Zeit für die direkte Pflege haben.
Nicht dokumentiert werden sollen:
•Informationen, die bereits in der Informationssammlung (SIS®) beschrieben sind, etwa Wünsche und Bedürfnisse des Betroffenen, vorhandene Fähigkeiten oder Einschränkungen sowie die Ergebnisse des Aushandlungsprozesses.
•In der Handlungsplanung vorgeplante und anschließend durchgeführte Maßnahmen. Hierbei gilt das »Immer-so-Prinzip«. Dies bedeutet: Wenn ein Plan besteht, wird davon ausgegangen, dass dieser bei Einwilligung durch den Betroffenen auch immer umgesetzt wird. In diesem Fall müssen weder die Maßnahme quittiert noch Einträge im Bericht vorgenommen werden (Unsinnige Doppel-Dokumentation).
Sinnvoll ist ein Eintrag aber, wenn Wirkungen der Maßnahme beobachtet werden und diese Informationen auch für andere Mitarbeiter wichtig erscheinen. Auch wenn die vorgeplante Maßnahme anders als sonst durchgeführt wird, sollten Sie dies dokumentieren. Sind Maßnahmen nicht vorgeplant oder nur als Oberbegriff beschrieben, wie z. B. Basale Stimulation®, Spielerunde o. Ä., wäre tagesaktuell zu beschreiben, was genau angewendet wurde. Insofern empfiehlt es sich, in der Handlungsplanung möglichst konkret zu beschreiben:
Welche Art von Maßnahme soll
•ggf. in welcher Art oder mit welchem Ablauf
•ggf. mit welchem Material
•zu welcher Uhrzeit
•wie lange
angewendet werden? Kommt es dann zu Veränderungen oder Abweichungen, müssen Sie entsprechende Einträge im Bericht vornehmen.
Nutzen Sie in Ihrer Einrichtung ein Dokumentationssystem, gilt: Berichtseinträge werden vor allem vorgenommen bei
•Maßnahmen, die nicht vorgeplant sind, also tagesaktuell angewendet werden,
•Abweichungen in der Maßnahmendurchführung im Vergleich zur geplanten Maßnahmen (andere Maßnahme, andere Durchführung: z. B. andere Zeit, anderer Ort, andere Vorgehensweise, anderes Material),
•Besonderheiten wie Reaktionen des Betroffenen auf besondere Feste und Feiern oder auf andere Maßnahmen,
•veränderte Reaktionen des Betroffenen im Alltag oder bei Angeboten, an denen er auch sonst teilnimmt (z. B. plötzliche Ablehnung),
•Veränderungen in den Kompetenzen bzw. Ressourcen,
•Veränderungen von Problemen und Einschränkungen,
•veränderte Bedürfnislage (Betroffener möchte plötzlich etwas, was er sonst nicht wollte oder lehnt etwas ab, was er immer gern angenommen hat),
•Aussagen der Angehörigen, die einen Einfluss auf die Versorgung des Betroffenen haben (z. B. Vorlieben, Abneigungen und Gewohnheiten),
•Mitteilungen an Mitarbeiter anderer Berufsgruppen (z. B. Informationen an die Küche, Pflege, den Hausmeister).
Abb. 4: Der Bericht in der Verwendung des Strukturmodells.
Wichtig Neue Maßnahme? Genau beschreiben!
Bei neuen Maßnahmen sollten Sie deren Wirkung nach drei Anwendungen beschreiben, um sich zu vergewissern, dass sie für einen Betroffenen gut oder von ihm angenommen oder gewünscht sind.
Evaluationen dokumentieren Sie im Bericht nur, wenn diese nicht an anderer Stelle beschrieben werden. Bei der Evaluation werden der Wert und die Eignung der Maßnahme mit Blick auf ein ausgehandeltes oder gedachtes Ziel eingeschätzt. Wird eine positive Auswirkung beschrieben, kann die Maßnahme verlängert werden. Bei einer unzureichenden oder sogar ablehnenden Auswirkung beim Betroffenen, sollte der Handlungsplan überprüft und ggf. geändert werden.
Dokumentieren Sie alle Informationen, die Sie als wichtig einschätzen bzw. die bislang nicht in der SIS® oder in der Maßnahmenplanung beschrieben sind.
Fazit Nur noch Abweichungen dokumentieren
Ein Ziel der Entbürokratisierung liegt darin, wiederkehrende Einträge, die keinen neuen Erkenntnisgewinn haben, zu vermeiden. Alle Informationen, die bereits in der Informationssammlung oder in der Handlungsplanung stehen, werden somit nicht täglich oder nur in festgelegten Intervallen erneut beschrieben.
Liegt ein konkreter Handlungsplan für die Betreuungsangebote vor und lässt sich aus diesem die konkrete Maßnahme genau entnehmen, müssen Sie die Maßnahme nicht mehr beschreiben.
Ist z. B. für Montagmorgen eine entspannende Handmassage mit Rosenöl beschrieben und liegt eine handlungsleitende konkrete Beschreibung der Maßnahme in der individuellen Planung oder hinterlegt als Standard für diese Maßnahme vor, ist dies der Plan. Führen Sie nun genau diese Maßnahme durch, ist eine Beschreibung oder Nennung der Maßnahme nicht mehr erforderlich. Erscheint es Ihnen jedoch sinnvoll, eine Beobachtung zur Haut, zum Muskeltonus o. ä. zu machen, können Sie eine Eintragung vornehmen. Ist allerdings nur ein »Einzelangebot« für den Montagmorgen geplant, müssen Sie konkret beschreiben, was nun angewendet wurde.
Tipp
Treten Probleme regelmäßig auf und wird deshalb auch regelmäßig das gleiche Angebot gemacht, ist eine konkrete Vorplanung sinnvoll. Sie sparen sich auf diese Weise einen Eintrag.
Abweichungen müssen dokumentiert werden ( Kap. 5.1):
•andere Maßnahme (Was wurde anders gemacht?)
•andere Art der Durchführung (Wie wurde es anders gemacht?)
•andere Uhrzeit (Wann, um welche Urzeit wurde es gemacht?)
•andere Dauer (Wie lange wurde es gemacht?)
•andere Wirkung (Was hat sich anderes gezeigt?)
Informationen können Hinweise zu einer Besserung, Verschlechterung des Zustandes, zum Eintreten des Betroffenen in eine palliative oder Sterbesituation oder zu einer Veränderung in der Wahrnehmung eines Angebots geben. Wenn ein Betroffener z. B. in einer Frühstücksrunde, in der er lange als »guter Esser«, galt, zunehmend jegliches Essen ablehnt, kann dies ein erstes Anzeichen auf eine Krankheit oder auch ein beginnendes Sterben sein.
Die zunehmende Ablehnung von Essen und Trinken, oder auch das abnehmende Interessen an Kommunikation, Beschäftigung und sozialer Teilhabe sind weitere Anzeichen. Aus Vorlieben können Abneigungen werden, wenn sich körperliche Funktionen verändern oder wenn ein Angebot, das lange als wohltuend empfunden wurde, nun negative oder belastende Wahrnehmungen erzeugt.
Hat Frau U. z. B. viele Jahre gern gestrickt, wird sie dieses ggf. ablehnen, wenn ihre Augen aufgrund von »Grauem Star« schlechter werden oder die Hände aufgrund zunehmender Arthrose steif werden. Hier ist eine Beschreibung erforderlich, wie sich das Verhalten ändert. Es handelt sich um eine Veränderung biografischer Daten (Vorlieben, Abneigungen und Gewohnheiten Kap. 5.3).
Wichtig Beschreiben Sie konkret
•Was am Verhalten war konkret anders als sonst? (Zahlen, Daten, Fakten dokumentieren).
•Was sagte der Betroffene wörtlich oder welche Anzeichen zeigten sich?
•In welcher Situation, bei welchem Angebot hat sich das Verhalten geändert? (Zusammenhang beschreiben).
•Ließen sich während des Angebotes oder anschließend Anzeichen für Wohlbefinden, Abneigung oder Unbehagen oder sogar forderndes Verhalten erkennen?
Insbesondere bei Anzeichen, die auf eine akute Verschlechterung des Zustandes beim Betroffenen hinweisen, müssen Sie sofort die Pflegefachkraft informieren. Sie entscheidet über das notwendige weitere Vorgehen ( Kap. 9).
Da bestimmte Einträge zu neuen oder schwerwiegenden pflegerischen Problemen (z. B. Schmerzäußerungen des Betroffenen) unmittelbar die Durchführung einer ganzen Handlungskaskade, also zahlreiche Handlungsschritte auslösen würden, sollten Sie als Betreuungskraft die Pflegefachkraft fragen, ob Sie die Beobachtung eintragen sollen oder ob diese zunächst das erkannte Problem selbst überprüfen und dann selbst den Eintrag...