Praktischer Teil
Qualifikation der Trainer
Die Workshops werden von einem Therapeutenpaar (optimalerweise ein männlicher Therapeut und eine weibliche Therapeutin) mit Tangoerfahrung durchgeführt. Das Therapeutenpaar sollte über mindestens drei Jahre regelmäßige Tangoerfahrung verfügen und im Tangotanzen geübt sein. Das Therapeutenpaar sollte die Regeln des Tangos kennen und auf achtsames soziales Tanzen achten. Das Therapeutenpaar sollte keine Scheu vor Körperkontakt haben, aber auch respektieren, wenn Teilnehmer keinen engen Körperkontakt haben möchten. Der Körperkontakt zu Teilnehmern ist nie sexuell motiviert.
Sollte das Trainerpaar nicht über die oben genannten Voraussetzungen verfügen, empfehlen wir mit einem Tangolehrer bzw. einer Tangolehrerin zusammenzuarbeiten.
Setting in den Workshops
Man benötigt einen Raum mit Holzboden und eine Stereoanlage. Die Größe des Raumes hängt von der Anzahl der Teilnehmer ab. Für Gruppen bis acht Teilnehmern eignet sich z. B. ein Raum mit ca. 50m². Im Raum sollten Stühle vorhanden sein, die man, je nach Übungseinheit entweder in einen Stuhlkreis oder schnell zur Seite räumen kann.
Bezüglich der Musik arbeiten wir gerne mit Tangos von Carlos Di Sarli oder Juan D’Arienzo. Die Arrangements von Carlos Di Sarli sind sehr geigenbetont und melodisch. Juan D’Arienzo gilt als Meister des Rhythmus. In beide Orchester können sich Anfänger gut einhören.
Wir empfehlen Gruppen von acht bis maximal zwölf Teilnehmern. Die Betroffenen kommen je nach Art der Workshops entweder alleine oder zusammen mit ihren Partnern, Geschwistern, Eltern, ihren erwachsenen Kindern (ab 17 Jahren). Aus Gründen einer besseren Lesbarkeit, schreiben wir von Herren und Damen, selbstverständlich können immer auch gleichgeschlechtliche Paare teilnehmen. In Workshops wie etwa „Tango gegen Depression“ haben wir oft mehr Anmeldungen von Frauen als von Männern. Es lässt sich dann gar nicht vermeiden, dass Frauen miteinander tanzen.
Die Teilnehmer nehmen freiwillig an den Seminaren teil und sind mit Körperkontakt im Rahmen des Tanzes einverstanden. Die Teilnehmer bringen Schuhe mit Ledersohlen und leichte sportliche Bekleidung mit. Eine spezielle Tanzbekleidung oder Tanzschuhe sind nicht erforderlich.
Allgemeiner Ablauf der Workshops
Alle Workshops haben folgende Einheiten gemeinsam:
Begrüßung, Vorstellung der Workshopleiter
Kennenlernen der Teilnehmer
Übung „Laufen auf die Musik“
Informationen über die Störung
Pause
Übung „Gewichtswechsel und Laufen mit dem Partner“
Geschichte des Tangos
Übung Tangoschritt
Mittagspause
Wiederholung des Tangoschrittes
Tango und Kommunikation
Übungen zu Kommunikationsstrategien
Pause
Übung „Schritte kombinieren“
Abschlussrunde und Ende des Workshops
Begrüßung, Vorstellung der Workshopleiter: Zu Beginn des Workshops stellen sich die beiden Workshopleiter selbst vor und heißen die Teilnehmer willkommen. Oft kommen die Teilnehmer unsicher, manchmal sogar etwas ängstlich in die Workshops, so dass zu Beginn die Anspannung und die Fokussierung auf die Trainer hoch ist. Hier ist es wichtig, dass die Trainer einen freundlichen Kontakt zu den Teilnehmern herstellen und ihre persönliche Freude, Aufregung und Neugier auf den Workshop ausdrücken.
Kennenlernen der Teilnehmer: Um die Atmosphäre aufzulockern, empfehlen wir, dass sich die Teilnehmer zunächst gegenseitig in Zweiergruppen kennenlernen. Die Paare werden gemischt. Damit soll gewährleistet werden, dass sich die Paare gegenseitig kennenlernen und ein konstruktiver Austausch entsteht. Hilfreich sind z. B. Fragen nach Hobbys, Wohnort und danach, was den anderen an dem Workshop interessiert, oder wie er an die entsprechenden Informationen gekommen ist. Unter Umständen können für dieses Kennenlernen Blätter mit Fragen vorbereitet werden (Anhang 1). Erst danach stellen sich die Teilnehmer gegenseitig in der Gruppe vor.
Übung „Laufen auf die Musik“: In einer ersten Übung, die jeder Teilnehmer zunächst für sich selbst macht, hören sich die Teilnehmer in den Tango ein. Wir legen dazu Tangos von Carlos Di Sarli auf. Sie werden gebeten, sich achtsam im Raum zu bewegen und auf die Musik zu hören. Von Anfang an werden die Teilnehmer instruiert, entgegen des Uhrzeigersinns zu laufen, den Abstand zu Vorder- und Hintermann gleich zu halten, nicht zu überholen. Dadurch werden die Workshopteilnehmer von Beginn an, an die Tangoregeln herangeführt. Die Therapeuten achten darauf, dass die Teilnehmer nur laufen und keine ausladenden Tanzbewegungen machen. Machen die Teilnehmer Tanzbewegungen werden Sie sanft daran erinnert, sich auf das Laufen und nur auf das Laufen zu konzentrieren. Nach zwei bis drei Tangostücken folgt eine Nachbesprechung. Die Workshopleiter fragen nach ersten Erfahrungen der Teilnehmer und nach eventuell aufgetretenen Schwierigkeiten. Bei Bedarf wird die Übung noch einmal wiederholt.
Information über die Störung: Die Teilnehmer sind nun miteinander in Kontakt gekommen, das erste Kennenlernen und eine Auflockerung ist erfolgt. Nach der Besprechung der letzten Übung referieren die Workshopleiter über die Diagnosekriterien, das Entstehungsmodell und aufrechterhaltende Faktoren der Erkrankung. Die Teilnehmer beteiligen sich mit Fragen und diskutieren mit. In der Regel können die Teilnehmer den Inhalten gut folgen und fühlen sich durch ein biosoziales Krankheitsmodell gut angenommen.
Übung „Gewichtswechsel und Laufen mit dem Partner“: Nach einer kurzen Pause werden die Teilnehmer gebeten, die Übungshaltung einzunehmen. Mann und Frau stehen sich frontal gegenüber, die Teilnehmer halten sich gegenseitig an den Schultern. Die Füße stehen mit einem Abstand von etwa 30cm nebeneinander. Die Herren werden jetzt gebeten, abwechselnd den rechten und linken Fuß zu belasten und die Dame so zu führen, dass sie den Gewichtswechsel mitmacht. Bei Bedarf geben die Trainer Hilfestellung. Wenn die Herren den Gewichtswechsel führen können, werden die Paare gebeten, entgegen des Uhrzeigersinns in der Musik zu laufen und darauf zu achten, dass die Damen, die rückwärtslaufen, nirgends anstoßen. Die Paare werden gebeten, ausladende oder schaukelnde Körperbewegungen zu vermeiden, sondern so zu laufen, wie sie auf der Straße laufen würden. Der Führende achtet darauf, dass er beim Laufen seinen Fuß jeweils dorthin setzt, wo kurz zuvor noch der Fuß der Dame war.
Die Trainer achten auf die Haltung der Teilnehmer, achten darauf, dass sie eine aufrechte Haltung einnehmen, in ihrer Achse laufen. Falls die Teilnehmer einverstanden sind, korrigieren die Leiter die Haltung. Die Teilnehmer experimentieren mit Nähe und Distanz, entscheiden selbst, wie nahe sie ihre Tanzpartner an sich heranlassen möchten. Machen die Teilnehmer zu ausladende Tanzbewegungen, sind sie nicht in ihrer Achse oder missachten den Abstand, den die Partnerin haben möchte, korrigieren die Trainer sanft. Anschließend fragen die Workshopleiter erneut nach ersten Erfahrungen der Teilnehmer und nach eventuell aufgetretenen Schwierigkeiten. Bei Bedarf wird die Übung noch einmal wiederholt.
Geschichte des Tangos: Die Workshopleiter referieren über die Geschichte des Tangos, legen je einen Tango, eine Milonga und einen Vals auf und berichten die Regeln des Tango Argentino, wie sie in Buenos Aires gehandhabt werden. Am Ende dieser Übungseinheit tanzen die Trainer eine einfache Schrittkombination vor.
Übung Tangoschritt: Die Workshopleiter zeigen Tangoschritte, die einfach zu lernen und leicht zu kombinieren sind. Je nach Störungsbild wird in den folgenden Kapiteln ein anderer Schritt vorgeschlagen, der jeweils an die Anforderungen der Teilnehmer angepasst ist.
Mittagspause: In der Mittagspause können die Teilnehmer und Trainer gemeinsam essen gehen.
Wiederholung des Tangoschrittes: Nach der Mittagspause tanzen die Workshopleiter wieder einen Tango vor. Die Teilnehmer üben erneut die Schrittkombination von vor der Mittagspause, dieses Mal mit Musik des Orchesters von D‘Arienzo. Sollten schon fortgeschrittene Tänzer im Workshop sein, können die Leiter diesen bei Bedarf eine neue Schrittkombination beibringen und ihnen alternativ zeigen, wie sie ihre Haltung in ihrem bereits vorhandenen Repertoire verbessern können.
Tango und Kommunikation: Die Trainer erzählen, wie in den Milongas in Buenos Aires aufgefordert wird. Sie demonstrieren, wie man mit Blickkontakt auffordert und was die Frauen machen, wenn sie nicht mit einem Mann tanzen möchten, nämlich wegschauen. Der Sinn dieser Regel wird erklärt, nämlich, dass der Herr, ohne dass er einen Korb und damit den Verlust seines Stolzes oder seiner Selbstachtung fürchten muss, gewissermaßen vorfühlen kann, ob die Dame mit ihm tanzen möchte. Ein Beispiel, wie eine solche Einführung aussehen könnte, findet sich auf der Seite 55.
Übungen zur Kommunikationsstrategien: Hier werden Kommunikationsfertigkeiten wie z. B. „Gefühle ausdrücken“ (Seite 56), „Um etwas bitten“ (Seite 26) „Ich-Botschaften“ (Seite 25) vermittelt und eingeübt.
Übung „Schritte kombinieren“: Nach einer kurzen Pause üben die Teilnehmer die erlernte Schrittkombination und werden von den Trainern korrigiert. Fortgeschrittene...