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E-Book

Volk, entscheide!

Visionen eines christlichen Polit-Rebells

AutorSebastian Frankenberger
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783641069629
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Was motiviert diesen jungen Politiker, der sich nach einem erfolgreichen Volksbegehren mit Morddrohungen konfrontiert sieht? Es sind eine christlich-religiös geprägte Grundhaltung und die Gewissheit, dass mehr Demokratie ein friedliches Miteinander gewährleistet. Damit erreicht und begeistert er die Menschen.

Sebastian Frankenberger, geb. 1981, ist der Initiator des Volksbegehrens 'Für echten Nichtraucherschutz!'. In der katholischen Kirche engagiert er sich u.a. als Notfallseelsorger. Er ist Bundesvorsitzender der Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) und war Stadtrat in Passau. Darüber hinaus betreibt er das Unternehmen StadtLux für Kostüm-Theater-Stadtführungen in Österreich. Er lebt in Passau.

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Leseprobe

Heiliger Abend

Woher ich komme

Am 24. Dezember um 7 Uhr morgens bete ich mit zwei Freunden, Johannes und Lukas, in der Kirche meiner Heimatgemeinde St. Josef-Auerbach eine Laudes, das Morgengebet. Wir beten schon seit Jahren in der Adventzeit jeden Sonntag früh zu dritt bei Kerzenschein die Laudes und frühstücken danach gemeinsam. Das gehört für mich zu Weihnachten.

Dieses Jahr bin ich aber nicht richtig entspannt, denn ich habe die Auszeit im Linzer Dom vor mir und muss vorher noch alle E-Mails beantworten, mir den Schlüssel für den Dom in Linz abholen und zwei Christmetten mitgestalten.

Mittags fahre ich also schnell nach Linz. Es regnet und ist trist. In Linz scheint jedoch ein wenig die Sonne. Ich freue mich, Dommeister Clemens Pichler wiederzusehen. Er ist ein Mensch mit vielen Visionen und ich hoffe, mit ihm noch so manches Projekt auf den Weg bringen zu können.

Johannes, der Eremit, der die Woche vor mir in der Türmerstube verbrachte, freut sich, dass ich zur Schlüsselübergabe gekommen bin, obwohl ich wieder zurück nach Passau muss und dann erst spät nachts einziehen werde. So ist es für ihn ein schöner Abschluss seiner Auszeitwoche. Nach der gemeinsamen Andacht findet die Schlüsselübergabe traditionell beim Mittagessen im Kolping-Hotel statt. Aber das Hotel hat über die Feiertage geschlossen. So begeben wir uns (die Kolpingshausleiter, die Köchin für die Eremiten, der Dommeister, die spirituelle Begleiterin meines Vorgänger-Eremiten Johannes sowie seine Lebensgefährtin) auf »Herbergssuche«, aber erst in der vierten Gaststätte werden wir aufgenommen. Johannes leidet unter der Konfrontation mit den vorweihnachtlichen Menschenmassen nach der Woche Stille.

Wie werde ich mich wohl nach einer Woche ohne Kontakt zur Außenwelt fühlen? Abgeschieden in 66 Metern Höhe in einer kleinen Stube?

Die Schlüsselübergabe folgt einem festgelegten Ritual. Der Eremit, der die Auszeit beendet, darf drei Sätze sagen, die spirituelle Begleiterin zwei und ich, als Kommender, einen. Johannes erzählt, wie sich seine Erwartungen an die Eremitenzeit gar nicht erfüllten und er gelernt habe, keine Erwartungen zu haben, wie er viel langsamer geworden ist, viel bewusster und wie er dem Eremitensein weiter nachspüren will.

Ich habe ein sehr bewegendes Jahr hinter mir und ich wünsche mir, in dieser Woche Auszeit einfach zurückschauen zu können auf alles, was geschehen ist. Aber ich wünsche mir auch, mein Vorhaben, die Gleichnisse Jesu genauer anzuschauen, umzusetzen: zum einen, weil ich ein Musical-Libretto dazu schreiben möchte, zum anderen, weil ich mir dadurch Anregungen und Inspirationen für mein politisches Handeln erhoffe. Nachdem ich den Schlüssel, das Eremiten-Notfallhandy und Geschirrtücher überreicht bekommen habe, verabschieden wir uns.

Die Rückfahrt durchs Donautal ist genauso seltsam wie die Hinfahrt. Ich komme einfach nicht zur Ruhe. Ständig schwirrt mir meine To-do-Liste im Kopf herum. Ich muss noch dringend einen Antrag an den Bundesvorstand der ÖDP schicken, damit ich als Bundesvorsitzender eine Aufwandsentschädigung bekomme. Denn momentan arbeite ich zwar mehr als Vollzeit, bekomme aber nichts dafür. Auf Dauer kann das nicht gut gehen. Mitten in diese Hektik in meinem Kopf kommt mir die Erinnerung an den Heiligen Abend 2009. Es war ein Tag mit herrlichem Wetter. Ich kam von einer meiner Linzer Stadtführungen und war genervt, dass ich mit schrecklich nach Rauch stinkenden Kleidern im Auto sitzen musste, obwohl es schon eine Stunde her war, dass ich mit der Gruppe im Lokal gewesen war. Es wurde geraucht. In Österreich gibt es ja noch keinen wirklichen Nichtraucherschutz. Aber in Bayern wurde gerade darüber diskutiert, das Rauchverbot, das am 1. Januar 2008 von der CSU- Staatsregierung eingeführt worden war, am 1. August 2009 zurückzunehmen. Es war Mitte April und ich hatte kein Verständnis dafür, dass wir jetzt in Bayern in allen Gaststätten wieder zugequalmt werden sollten. Wenn das Verbot in den Speisegaststätten lange Zeit funktioniert hat und wenn man dann in Österreich wieder dem Rauch ausgesetzt ist, dann fragt man sich: Warum, liebe Politiker in Bayern, müsst ihr dieses hervorragend funktionierende Gesetz zurücknehmen?

Weil in der ÖDP gerade ein neuer Landesvorstand gewählt war, der frisch und dynamisch wirkte, dachte ich mir: Vielleicht solltest du in der nächsten Woche, in der konstituierenden Sitzung am 18. April, einfach einmal die Frage stellen, ob wir nicht zu diesem Thema ein Volksbegehren machen könnten. Damit wirklich einmal das Volk entscheidet. Denn ich war nicht der Einzige, den es stört, wenn er im Rauch sitzen muss. Es funktionierte doch nahezu überall auf der Welt, dass nicht geraucht wird. Diese Idee, die Anfrage wegen eines Volksbegehrens, war genau genommen der Anlass für die Auszeit, die ich heute Abend beginne.

In Passau angekommen, schreibe ich noch schnell einige E-Mails und poste auf Facebook, dass ich mich eine Woche in die Eremitage zurückziehen werde. Leider schaffe ich es nicht mehr, meinen Rucksack zu packen, um nach dem Kindergottesdienst und der Christmette ganz entspannt nach Linz fahren zu können.

Auf der Fahrt von der Altstadt in Passau, wo ich direkt neben dem Scharfrichterhaus wohne, in meine Heimatpfarrei St. Josef-Auerbach, in der ich seit meinem 9. Lebensjahr ministriere, telefoniere ich mit dem Chefredakteur der Am Sonntag wegen eines Berichts über meine Eremitenwoche.

Christmette

In der Sakristei werde ich von den kleinen Ministranten willkommen geheißen: »Servus, Fränki.« Die Stimmung in dieser Gemeinschaft ist einfach wunderbar und tut mir nach dem Stress unendlich gut. Als verantwortlicher Ministrant versuche ich, den kleinen und dann auch den großen Sängern die Nervosität zu nehmen, und rede ihnen gut zu. Beim Sanktus fällt mir auf, dass die Kleinsten noch nicht vorn bei der Krippe stehen. Unser Pfarrer winkt sie heran. So können sie sich das Christuskind in der Krippe mit Josef und Maria anschauen.

Die Kommunion reicht mir mit einem: »Schön, dass’ da sind, Sebastian« ein inzwischen alter Mann, der mir schon als 9-jährigem Ministranten die Kommunion jeden Sonntag früh gegeben hat. Er lächelt und ich fühle mich zu Hause wie der kleine Bub damals.

Das Weihnachtsfest ist für mich jedes Jahr die Zeit der größten Besinnung, des Innehaltens, des Zu-mir-Kommens, aber auch das Fest des gemeinsamen Miteinanders, wenn keine Feindschaft mehr zu spüren ist, wenn wir Menschen auf der ganzen Erde uns endlich einmal als Einheit sehen – an diesem Fest der Liebe.

Am Ende des Gottesdiensts stehen die Ministranten an den Ausgängen und wünschen den Messbesuchern frohe Weihnachten. Ich habe das eingeführt, weil ich es schön finde, wenn zumindest an Weihnachten und Ostern diese frohe, festliche Stimmung mit einem Händedruck den Gottesdienstbesuchern vermittelt und in ihren Alltag mitgegeben wird. Außerdem hören die Ministranten und die Sänger auf diese Weise viel Lob: »Gut habt’s das gemacht, schön, dass ihr da seid.«

Seitdem ich Stadtrat bin, wird mir unterstellt, dass ich nur wegen der Wählerstimmen ministriere. Es geht mir aber um die Menschen, es geht mir darum, ihnen etwas zu vermitteln, den Mitwirkenden eine Gemeinschaft zu bieten, ein Zusammengehörigkeitsgefühl und das Gefühl, dass sie aktiv an etwas teilnehmen können. Ich selbst komme mir vor wie in einer großen Familie, in der ich mithelfe, damit sich alle gut aufgehoben fühlen.

Später bei meinen Eltern gibt es wie jedes Jahr Schweinswürstel mit Sauerkraut, Punsch dazu und Glühwein und Semmeln. Ich unterhalte mich in der Küche mit meiner Mutter über den Gottesdienst, denn sie selbst hatte heuer keine Zeit hinzugehen. Ich schwärme ihr von der Gemeinschaft vor. Beim Essen fragt mich mein Vater nach meinen politischen Plänen und was mich meiner Meinung nach in der Eremitage erwartet.

Nachdem ich noch schnell meine E-Mails gecheckt habe, fahre ich gemeinsam mit meiner Mutter zur Christmette. Während der Messe, kurz nachdem ich die erste Lesung vorgetragen habe, bemerken wir Ministranten, dass wir den falschen Ablaufplan haben, nämlich den vom Vorjahr. Ich laufe während des nächsten Gesangs in die Sakristei und kopiere im Pfarrbüro schnell den aktuellen Ablaufplan. Ich bin rechtzeitig zurück und gebe meiner Mutter, die die nächste Lesung lesen darf, und dem Pfarrer den richtigen Plan.

Alles läuft danach reibungslos und es ist eine würdevolle Christmette. Wir Ministranten in Auerbach sind bei den Gottesdiensten richtig gefordert und müssen und können uns einbringen und mitbestimmen. Der Pfarrer fragt mich jedes Jahr, ob ich wieder ministrieren möchte, weil er weiß, dass dann alles gut geht und die Stimmung besinnlich sein wird.

Was ich in diesem Jahr wieder durchsetzen konnte, ist, dass es außer den Kerzen am Christbaum kein elektrisches Licht in der Kirche gibt. Es gehört zum Weihnachtsfest, dass zu Beginn der Messfeier alles dunkel ist und dann nur die Krippe mit Kerzen erleuchtet wird und die Christbaumkerzen entzündet werden als Ausdruck dafür, dass Christus geboren ist und Licht in die Welt gebracht hat.

Nach der Christmette fahre ich meine Mutter heim. Dann geht’s ab in meine Wohnung. Die letzten E-Mails geschrieben, noch mal kurz bei Facebook vorbeigeschaut und auf meinen Post. Tatsächlich gibt es schon Kommentare zu meinem Vorhaben, eine Woche als Eremit zu leben. Es freut mich, dass viele positive Meldungen darunter sind. Jemand schreibt, dass es doch gut wäre, wenn sich mehr Politiker einmal zurückziehen würden. Natürlich plane ich...

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