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Die Universität München im Dritten Reich

Aufsätze. Teil II

AutorElisabeth Kraus
VerlagHerbert Utz Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl629 Seiten
ISBN9783831607266
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Wie bereits im ersten Aufsatzband werden auch hier Institutionen, Personen und Fächer sowie die in ihr betriebene Wissenschaft an der Universität München in der Zeit des Nationalsozialismus in den Blick genommen und all ihre Verhaltensweisen innerhalb des breiten Spektrums zwischen Anpassung und Widerstand beschrieben. Auch für die jetzt vorliegenden Beiträge stellten sich diese Fragen: Wie sah es bei dem einzelnen Institut oder Seminar, dem Hochschullehrer bzw. einer mit der LMU vernetzten Einrichtung konkret aus mit der Gleichschaltung oder gar Selbstgleichschaltung, mit Opportunismus und Karrierismus, mit Gleichgültigkeit und Resignation, mit Renitenz und Resistenz, mit Opposition und Aufbegehren? Wie stand es um das Verhältnis von völkisch-rassistisch kontaminierter und wertneutraler Wissenschaft? Wie gestaltete sich im Einzelfall die Auseinandersetzung zwischen dem Politischen und dem Fachlichen? Die Antworten darauf fallen differenziert aus, kein einheitliches, sondern ein facettenreiches Bild zeichnet sich ab: Die Extreme der Verhaltensweisen und Handlungsvarianten von Hochschullehrern, also klare und kämpferische NS-Parteigängerschaft zum einen und offener Widerstand mit massiver Gefährdung sowohl des Regimes wie der eigenen Person zum andern, sind denkbar selten an der LMU auszumachen. Dazwischen gab es eine Fülle von Aktionsweisen, hierbei trifft man am ehesten noch auf den Typ des fachlich sehr kompetenten, daher schwer angreifbaren und auch kaum zu ersetzenden Wissenschaftlers. Nur sehr vereinzelt aufzuspüren sind Hochschullehrer und Wissenschaftler, die aufgrund ihrer nationalen wie internationalen Reputation nicht nur relativ ungestört forschen und lehren konnten, sondern ihre Freiräume für nonkonforme Studenten und Mitarbeiter nutzten. Erstaunlich häufig findet sich dennoch die Wahrung des fachlich-wissenschaftlichen Primats vor dem politischen, wobei die Gründe dafür höchst unterschiedlich waren.

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Leseprobe
Einführung

von Elisabeth Kraus

Wie bereits im ersten Aufsatzband wird auch in den folgenden Beiträgen die Ludwig- Maximilians-Universität (LMU) München in der Zeit des Nationalsozialismus auf den drei sie, wie jede andere Universität und in jeder anderen Epoche, konstituierenden Ebenen untersucht: die der Institutionen, der Personen und der Fächer bzw. Disziplinen. Dies geschieht stets eingedenk der zwischen ihnen vorhandenen Interdependenz, wobei einmal ein Institut, ein anderes Mal dessen Direktor oder einziger Ordinarius oder aber auch die Entwicklung eines Faches im Vordergrund stehen kann. Die Gründe für die jeweilige Schwerpunktsetzung und bevorzugte Blickrichtung können in der Quellenlage, in der herausragenden Bedeutung einer Person oder einer Disziplin liegen, in spezifischen Fragestellungen und Erkenntnisinteressen, im Stand der Erforschung, nicht zuletzt auch und durchaus legitimerweise in den persönlichen Neigungen und Kompetenzen eines Autors. Darüber hinaus mag, was in der Regel auch der Fall ist, der Fokus der Betrachtung auch innerhalb eines Beitrages wechseln, etwa wenn ein neuer Fachvertreter an das jeweilige Institut berufen wurde, oder sich die Rahmenbedingungen, sei es nach Kriegsbeginn oder Schließung einer Fakultät, vollständig geändert haben.
Für eine weitere Anzahl von Fächern, Personen und Institutionen liegen nunmehr differenzierte und durchwegs auf einem tragfähigen Fundament ungedruckter, auch gedruckter, etwa aus zeitgenössischen Fachzeitschriften entnommener Quellen und neuester Forschungsliteratur gestützte Antworten auf die zahlreichen in Teil I, dort vor allem dem Forschungsdesign, aufgeworfenen Fragen vor, wie etwa die nach dem Verhalten von Einzelpersonen oder Personenverbänden, von Instituten und Institutionen und der in ihr betriebenen Wissenschaft innerhalb des ungemein breiten Spektrums zwischen Anpassung, ja gar wissenschaftlicher oder parteipolitischer Vorarbeit, und Widerstand. Wie sah es also, das ist auch für die jetzt vorliegenden Beiträge die alles überwölbende, leitende Fragestellung, bei dem einzelnen Institut oder Seminar, dem Hochschullehrer bzw. der einen oder anderen mit der LMU vernetzten Einrichtung konkret aus mit der Gleichschaltung oder gar Selbstgleichschaltung, mit der Indienstnahme oder gar der eigenen Indienststellung für die Zwecke des Regimes, mit Opportunismus und Karrierismus, mit Gleichgültigkeit und Resignation, mit Renitenz und Resistenz, mit Opposition und Aufbegehren? Wie stand es um das Verhältnis von völkisch-rassistisch kontaminierter und wertneutraler Wissenschaft?
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt8
Einführung10
Adolf Hitler als Hörer an der Universität München im Jahr 1919. Zum Verhältnis zwischen Reichswehr und Universität14
»Keine eindeutige Persönlichkeit« – Der »Theaterprofessor« Artur Kutscher und die Theaterwissenschaft an der Universität München50
Das Pathologische Institut der Universität München in der Ära Max Borst von 1910 bis 194664
Die Politisierung der Kunstgeschichte unter dem Ordinariat von Wilhelm Pinder (1927–1935)134
Das Kunsthistorische Seminar der Universität München und die Sektion (Deutsche) Bildende Kunst der »Deutschen Akademie zur wissenschaftlichen Pflege und Erforschung des Deutschtums« – Verbindungen, Überschneidungen und Differenzen170
Judenforschung und Judenverfolgung: Die Habilitation des Geschäftsführers der Forschungsabteilung Judenfrage, Wilhelm Grau, an der Universität München 1937210
Das Institut für Tierzucht der Universität München in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts266
Nützliche Netzwerke und »kriegswichtige« Forschungsprojekte: Die Handlungsspielräume des Chemie-Nobelpreisträgers Heinrich Wieland (1877–1957) im Dritten Reich332
Ein vergessenes Kapitel des transatlantischen Pazifismus – Die New History Society (1929–1958)382
Hans Alfred Grunsky – Kurt Hubers nächster Fachkollege390
Richard Harder, Klassischer Philologe, erster Interpret der Flugblätter der »Weissen Rose«, und das »Institut für Indogermanische Geistesgeschichte«414
Die Münchener Universitätsgesellschaft von der Gründung bis in die Nachkriegszeit502
The Denazification of Munich University, 1945–1948520
Old boys network. Der »Verband der nicht-amtierenden (amtsverdrängten) Hochschullehrer« und seine Lobbypolitik in Bayern am Beispiel der Universität München*572
Abkürzungsverzeichnis616
Personenregister618
Autorenverzeichnis624

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