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E-Book

Währungskrieg

Der Kampf um die monetäre Weltherrschaft

AutorRickards James
VerlagFinanzBuch Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl432 Seiten
ISBN9783862482634
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
An einem regnerischen Tag im Winter 2009 treffen 60 Experten aus Militär und Finanzwelt an einem geheimen Ort zusammen, um ein gewagtes Experiment durchzuführen: die Simulation einen Krieges! Mit einer Besonderheit: ohne Truppen, ohne Kriegsschiffe und ohne Armeen oder Kampfjets. Stattdessen: mit Währungen, Aktien, Bonds und Derivaten. Schlachtfeld sind die internationalen Finanzmärkte, und das Ziel des unblutig kriegerischen Experiments ist nichts Geringeres als die Vernichtung eines Staates durch die Macht des Geldes. So fern dieses Szenario im ersten Augenblick klingt, so nah ist der Kollaps des Dollars oder Euros, wie die täglichen Schlagzeilen vermelden. James Rickards, Experte in Sachen Währungskrisen mit mehr als 35 Jahren Erfahrung an der Wall Street, legt dar, warum Währungskriege keine ausschließlich ökonomische oder monetäre Gefahr bedeuten, sondern die Existenz eine ganzes Landes oder gar Kontinents bedrohen können. Und er beweist am Beispiel der USA, dass der Versuch milliardenfach Geld zu drucken, um die Wirtschaft zu stimulieren, nichts anderes ist als das mit Abstand größte Glückspiel aller Zeiten.

James Rickards ist Ökonom und Investmentbanker mit über 35 Jahren Erfahrung an der Wall Street. Er ist Verfechter des Goldstandards und berät Firmen in der ganzen Welt zu Währungsrisiken. Er ist zudem Berater des US-Verteidigungsministeriums. Im FinanzBuch Verlag sind von ihm »Währungskrieg«, »Die Geldapokalypse«, »Gold« und »Der Weg ins Verderben« erschienen.

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Leseprobe

Kapitel 1 –

Kriegsvorbereitungen

»Das gegenwärtige internationale Währungssystem ist ein Produkt der Vergangenheit.«1

Hu Jintao,

Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas, 16. Januar 2011

Das Applied Physics Laboratory, auf gut 160 Hektar ehemaligem Ackerland halbwegs zwischen Baltimore und Washington D.C. gelegen, gehört zu den Kronjuwelen in dem von den USA unterhaltenen System streng geheimer Hightech-Laboratorien für angewandte Physik und Waffenforschung. Die Einrichtung arbeitet eng mit dem Verteidigungsministerium zusammen, und zu ihren Spezialgebieten gehören fortschrittliche Waffensysteme und Weltraumerkundung. Mitarbeiter des Labors erzählen Besuchern gerne mit Stolz, dass sich entweder auf der Oberfläche oder doch zumindest in unmittelbarer Nähe des Mondes und jedes einzelnen Planeten im Sonnensystem ein vom APL entwickeltes Gerät befindet.

Das Applied Physics Laboratory wurde 1942 kurz nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbour in aller Eile aufgebaut, um mithilfe angewandter Wissenschaft die Entwicklung neuer Waffen voranzutreiben. Ein Großteil der Waffen, die das US-Militär in der Anfangszeit des Zweiten Weltkriegs benutzte, war entweder veraltet oder wirkungslos. Das Labor war ursprünglich in einer ehemaligen Gebrauchtwagenhandlung an der Georgia Avenue in Silver Spring, Maryland, untergebracht, die das Kriegsministerium requiriert hatte. Von Anfang an unterlag das Labor der Geheimhaltung, auch wenn sich die Sicherheitsmaßnahmen im Gegensatz zu den hochempfindlichen Sensoren und mehrstufigen Sicherheitsbereichen, die das Labor heute schützen, damals noch auf ein paar bewaffnete Wachposten beschränkten. Die erste Mission des APL bestand in der Entwicklung eines Annäherungszünders für die Flugabwehr, mit dem sich Kriegsschiffe wirksamer gegen Luftangriffe verteidigen konnten und der später neben der Atombombe und dem Radar als eine der drei für den Sieg der USA im Zweiten Weltkrieg wichtigsten technologischen Neuentwicklungen betrachtet werden sollte. Nicht zuletzt wegen dieser frühen Erfolge sind die Programme, das Budget und die Einrichtungen des Labors seitdem kontinuierlich ausgebaut worden. Zu den in den letzten Jahrzehnten am APL für das Verteidigungsministerium und die NASA entwickelten Waffen- und Weltraumsystemen zählen der Tomahawk-Marschflugkörper, das Aegis-Raketenabwehrsystem und als Unikate hergestellte Raumflugkörper.

Über die Waffen- und Weltraumforschung hinaus hat die Tätigkeit des Applied Physics Laboratory für das amerikanische Militär immer schon auch eine ausgeprägte intellektuelle und strategische Komponente aufgewiesen. Eine herausragende Stellung unter diesen abstrakteren Funktionen des APL nimmt das Warfare Analysis Laboratory ein, eine der US-weit führenden Einrichtungen für Planspiele und strategische Planung. Dank seiner Nähe zu Washington D.C. wird das Labor gerne für Kriegführungssimulationen verwendet. Im Laufe der Jahrzehnte sind dort zahlreiche Kriegsplanspiele durchgeführt wurden. Eben aus diesem Grund, zur Durchführung eines vom Pentagon in Auftrag gegebenen Planspiels, kamen an einem regnerischen Morgen im März 2009 rund 60 Experten aus Militär-, Nachrichtendienst- und Wissenschaftskreisen im APL zusammen.3 Dieses Planspiel jedoch sollte anders sein als jedes andere vom US-Militär bis dahin durchgeführte. Laut Einsatzregeln war die Verwendung von, wie das Militär dazu sagt, »kinetischen Mitteln« – sprich Dingen, die schießen oder explodieren – verboten. Keine amphibischen Invasionen, keine Special Forces, keine Zangenbewegungen von Panzerverbänden. Das Pentagon wollte einen globalen Finanzkrieg durchspielen, bei dem nicht Schiffe und Flugzeuge, sondern Währungen und Kapitalkonten zum Einsatz kommen.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist die militärische Dominanz der Vereinigten Staaten bei konventionellen und fortschrittlichen High-Tech-Waffensystemen sowie in dem, was die Militärs als 4CI bezeichnen – command, control, communications, computers und intelligence, also Kommando, Kontrolle, Kommunikation, Computer und Informationsbeschaffung –, so überragend, dass kein feindliches Land es wagen würde, sie offen herauszufordern. Das heißt nicht, dass Kriege damit unmöglich geworden wären. Ein Schurkenstaat wie Nordkorea könnte einen militärischen Zwischenfall zum Anlass für einen größeren Angriff nehmen, ohne Rücksicht auf die drohenden Konsequenzen. Und die USA könnten in einen Krieg zwischen Ländern wie etwa dem Iran und Israel hineingezogen werden, sollten sie ihre nationalen Interessen bedroht sehen. Abgesehen von solchen Sondersituationen aber erscheint eine konventionelle militärische Auseinandersetzung mit den USA wegen ihrer drückenden Überlegenheit höchst unwahrscheinlich. Infolgedessen haben rivalisierende Nationen und transnationale Akteure wie die Dschihadisten sich in zunehmendem Maße auf den Ausbau ihrer Fähigkeiten in der nichtkonventionellen Kriegsführung konzentriert, zu der Cyberwarfare, biologische und chemische Waffen, andere Massenvernichtungswaffen und eben in neuester Zeit auch finanzielle Waffen zählen. Das Finanzplanspiel war der erste Versuch des Pentagons, eine Vorstellung davon zu erlangen, wie sich ein tatsächlicher Finanzkrieg abspielen könnte und welche Lehren daraus zu ziehen sind.

Die Vorbereitungen für das Planspiel zogen sich über mehrere Monate hin, und ich war an den Strategiesitzungen und dem Spielaufbau beteiligt, die der eigentlichen Simulation vorausgingen. Auch wenn ein gut gestaltetes Planspiel darauf angelegt ist, unerwartete Resultate zu liefern und die Unwägbarkeiten eines realen Krieges zu simulieren, erfordert es dennoch einen Ausgangspunkt und Regeln, wenn es nicht ins Chaos abgleiten soll. Die Simulationsplaner vom APL gehören weltweit zu den Besten des Faches, aber dieses Finanzspiel erforderte zum Teil völlig neue Ansätze und nicht zuletzt ein Wall-Street-Expertenwissen, das dem typischen Physiker oder Militärplaner abgeht. Diese Lücke zu füllen, war meine Aufgabe.

Meine Verbindung mit dem Labor reicht in den Dezember 2006 zurück, als ich in Omaha, Nebraska, an einem vom U.S. Strategic Command, kurz STRATCOM, ausgerichteten Strategieforum teilnahm. Ich hielt dort einen Vortrag über eine neue Methode namens »Market Intelligence« beziehungsweise, wie Informationsexperten dazu sagen, MARKINT, bei der es darum geht, Kapitalmärkte auf handlungsrelevante Informationen über die Absichten der Marktteilnehmer hin zu analysieren. Hedgefonds und Investmentbanken nutzen derartige Methoden seit vielen Jahren, um sich Informationsvorsprünge im Zusammenhang mit Unternehmensübernahmen und staatlichen Politikwechseln zu verschaffen. Zusammen mit meinen Partnern, Chris Ray, einem erfahrenen Optionshändler und Risikomanager, und Randy Tauss, der kurz zuvor nach 35 Jahren bei der CIA in Pension gegangen war, hatte ich neue Methoden erkundet, diese Verfahren im Bereich der nationalen Sicherheit einzusetzen, um potenzielle Terrorangriffe im Voraus identifizieren und Angriffe auf den US-Dollar frühzeitig erkennen zu können. An der Veranstaltung in Omaha hatten auch mehrere Mitglieder des APL Warfare Analysis Lab teilgenommen, die mich später kontaktierten und wissen wollten, ob wir uns vorstellen könnten, an einer Integration der MARKINT-Konzepte in ihre Forschungen mitzuarbeiten.

So kam es nicht völlig überraschend, als ich im Sommer 2008 einen Anruf erhielt und zu einem vom Büro des Verteidigungsministers finanzierten und vom APL ausgerichteten Seminar zum globalen Finanzmarkt eingeladen wurde. Erklärtes Ziel des für September anberaumten Seminars war es, »die Auswirkungen globaler Finanzaktivitäten auf nationale Sicherheitsfragen zu untersuchen«. Dieses Seminar gehörte zu einer ganzen Seminarreihe, die das Büro des Verteidigungsministers für den Spätsommer und Herbst 2008 als Vorbereitung auf das eigentliche Finanzplanspiel anberaumt hatte. Die Leute vom Pentagon wollten wissen, ob ein solches Planspiel überhaupt möglich und sinnvoll war. Zum Beispiel mussten sie sich Gedanken über die passenden »Teams« machen. Sollten die Teams Länder sein, Staatsfonds, Banken oder eine Mischung aus allem? Außerdem mussten sie über unwahrscheinliche, aber dennoch plausible Szenarien nachdenken, die die Spieler umsetzen konnten. Eine Liste mit Experten musste erstellt werden, die als Teilnehmer infrage kamen, wobei möglicherweise auch Leute rekrutiert werden mussten, die bislang noch keine Erfahrungen mit Planspielen hatten. Und schließlich mussten auch noch die Regeln für die eigentliche Simulation festgelegt werden.

Zum Schutz der höchst sensiblen Arbeit, die in dem Labor stattfindet, sind die Sicherheitsprozeduren für Besucher dort ebenso streng wie in anderen von der US-Regierung betriebenen Militär- oder Geheimdiensteinrichtungen. Sie beginnen mit Vorabuntersuchungen und der Überprüfung des Hintergrunds. Unmittelbar nach der Ankunft werden die Besucher in zwei Kategorien unterteilt – »Keine Begleitung« oder »Begleitung erforderlich« – und erhalten je nachdem verschiedenfarbige Anstecker. In der Praxis macht sich der Unterschied zwar hauptsächlich bei Ausflügen zur Kaffeemaschine bemerkbar, aber die implizite Übereinkunft ist, dass die Träger der »Keine-Begleitung«-Buttons eine aktuelle Sicherheitsfreigabe der höchsten Stufe von ihren jeweiligen Behörden oder Arbeitgebern besitzen müssen. Blackberrys, iPhones und andere digitale Geräte müssen im Sicherheitsbüro abgegeben werden, wo man sie beim Verlassen der Anlage wieder abholen kann. Röntgenscanner, Metalldetektoren, abgestufte Sicherheitszonen und bewaffnete Posten sind Routine. Hat man erst einmal alle...

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