Teil 2: Grundideen der Vermögensanlage
9. Wie wird aus meinen Vermögenszuflüssen mein Vermögensbestand noch größer?
Der Zusammenhang zwischen Bestandsgrößen (Vermögen) und Stromgrößen (Zuflüsse zum/Abflüsse vom Vermögen) ist sehr einfach und vielleicht gerade deswegen so bedeutsam. Durch Stromgrößen (z. B. Sparen von 100 Euro im Monat) entstehen natürlich Bestandsgrößen (z. B. 10 000 Euro Vermögen nach 8 Jahren und 4 Monaten). Und genau aus diesem Vermögensbestand können dann wieder neue Kapitalzuflüsse, zum Beispiel 100 Euro im Jahr aus den angesparten 10 000 Euro, entstehen.
Für diesen Zusammenhang gelten jedoch zwei elementare Voraussetzungen:
- Bestände bauen sich nur auf, wenn man kontinuierlich und langfristig Zuflüsse einbringt. Laufendes und regelmäßiges Sparen ist also Pflicht!
- Erträge aus dem Vermögensbestand dürfen nicht »verfrühstückt«, also konsumiert werden, sondern sind dazu da, den Bestand weiter aufzubauen.
Verwendet man die Zahlungsströme im obigen Beispiel eben nicht für den Konsum, dann erhöht sich durch diese der Vermögensbestand auf 10 100 Euro.
Wenn man keine sechs Richtigen im Lotto hat und auch keine größere Erbschaft gemacht hat, dann benötigt man Zeit, um erstens durch Sparen sein Vermögen aufzubauen, und zweitens noch mehr Zeit, um weitere merkliche Zuflüsse aus diesem Vermögensbestand zu generieren. Und um sein Geld irgendwann immer mehr »für sich arbeiten« zu lassen, ist und bleibt die Interaktion entscheidend zwischen persönlicher Bilanz (in Bilanzen stehen ja bekanntlich stichtagsbezogene Bestandsgrößen) und persönlicher Gewinn-und-Verlust-Rechnung (in Gewinn-und-Verlust-Rechnungen werden Stromgrößen notiert).
Die gute Nachricht dabei ist, dass es wirklich funktioniert, Geld mit Geld zu verdienen. Die schlechte Nachricht ist jedoch, dass man zumeist einen langen Zeitraum dafür benötigt und man für mindestens diesen Zeithorizont auch diszipliniert sein muss.
Simplified-Fazit
Zeit und Disziplin sind somit zwei der wichtigsten Komponenten beim Vermögensaufbau. Daraus lässt sich natürlich auch ableiten, dass man so jung als nur irgend möglich mit dem Aufbau seines Vermögens beginnen sollte, um ausreichend Zeit dafür zu haben.
10. Was sind Zinsen?
Der Zins ist der Preis für Geld. Verleihen Sie Geld, dann bekommen Sie Zinsen. Das können für verliehene 10 000 Euro beispielsweise 100 Euro pro Jahr sein. Leihen Sie sich Geld, dann müssen Sie Zinsen bezahlen. Dabei ist es völlig egal, ob eine Bank einen Kredit an eine Privatperson vergibt oder ob ein Anleger eine Anleihe kauft und damit einen Kredit an den Anleiheschuldner vergibt. Es kommt immer auf die Kreditwürdigkeit – also die Bonität – des Schuldners an. Das lateinische Wort »bonitas« ist am besten zu übersetzen mit »Vortrefflichkeit«, und die Bonität beinhaltet zwei Kriterien:
- die persönliche Kreditwürdigkeit und
- die wirtschaftliche Kreditwürdigkeit.
Die persönliche Kreditwürdigkeit wird oftmals auch als Rückzahlungswilligkeit bezeichnet und ist somit der unbedingte Wille eines Kreditnehmers, die geliehenen Mittel an den Gläubiger wieder zurückzuzahlen. Bei Bankern gilt nach wie vor der Ausspruch: »Der beste zu vergebende Kredit ist der Blankokredit.« Gemeint ist damit der Umstand, dass Banken am liebsten Kredite »blanko« ausreichen würden, weil die persönliche Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers derart positiv einzuschätzen ist, dass die Notwendigkeit zur Besicherung eines solchen Kredites gar nicht besteht. Die Verwaltung von Sicherheiten wird also als quasi unnötiger Kostenfaktor betrachtet. Bei der wirtschaftlichen Kreditwürdigkeit steht nicht der Wille, sondern die Fähigkeit eines Kreditnehmers im Vordergrund, das geliehene Kapital auch wieder zurückzuzahlen.
Der Mechanismus, der hinter der Festlegung der Zinshöhe steckt, ist denkbar einfach:
- Geht ein Gläubiger davon aus, dass ein möglicher Schuldner nicht absolut willens und/oder nicht wirtschaftlich in der Lage ist, das geliehene Geld wieder zurückzugeben, wird wohl ein Kreditvertrag erst gar nicht zustande kommen.
- Erscheint die persönliche Kreditfähigkeit eines potenziellen Schuldners als gegeben, die wirtschaftliche Kreditfähigkeit nach eingehender Analyse jedoch nur gut und eben nicht sehr gut, dann wird ein Gläubiger von seinem Schuldner höhere Zinsen verlangen. Das etwas höhere Risiko der Kreditrückzahlung findet seinen Ausdruck in einer größeren Risikoprämie, die den Zinssatz insgesamt erhöht. Die Höhe des Zinssatzes hängt folglich ganz entscheidend von der Bonität des Schuldners ab.
- Ein weiterer bedeutender Faktor für die Zinshöhe ist der Zeitraum, für den man Geld leiht bzw. verleiht. Verleihe ich mein Geld kurzfristig, indem ich beispielsweise eine Anleihe mit einer Laufzeit von einem Jahr kaufe, dann verzichte ich ja auch nur für ein Jahr darauf, mit meinem Geld andere Investitionen tätigen zu können. Zudem ist das Risiko, dass ich mein verliehenes Geld wieder zurückbekomme, nach einem Jahr geringer als nach beispielsweise fünf Jahren. Kaufe ich jedoch eine Anleihe mit 15 Jahren Laufzeit, dann ist mein Verzicht natürlich deutlich höher und zumeist auch mein Risiko. Für diesen längeren Verzicht und das höhere Risiko möchte ich als Kreditgeber natürlich entsprechend durch einen höheren Zinssatz entlohnt werden.
11. Was sind Dividenden?
Die Dividende ist der anteilige ausgeschüttete Unternehmensgewinn, der den Eigentümern eines Unternehmens jährlich zufließt. Erwirtschaftet ein Unternehmen in einem Jahr mehr Erträge, als es an Aufwendungen hat, erwirtschaftet es also einen Gewinn, dann stellt sich für Eigentümer und Management dieses Unternehmens natürlich die Frage, was mit diesem Gewinn geschehen soll. Für die Verwendung von Gewinnen gibt es lediglich zwei Möglichkeiten:
- Der erwirtschaftete Gewinn verbleibt im Unternehmen, um davon beispielsweise Investitionen zu tätigen und damit die Substanz dieses Unternehmens zu stärken. Jede Maschine, die das Unternehmen anschafft, hat eine zukünftig höhere Produktionsmenge zur Folge und bietet somit die Chance auf einen zukünftig höheren Gewinn.
- Der erwirtschaftete Gewinn wird an die Eigentümer ausgeschüttet. Diese können dann wieder neu entscheiden, ob und gegebenenfalls wie sie die zugeflossenen Mittel investieren möchten. Sie können also mit dem anteiligen ausgeschütteten Gewinn mehr Aktien desselben Unternehmens kaufen, jede andere Art von Vermögensanlage tätigen oder das zugeflossene Geld für Konsum verwenden.
In der Praxis werden die beiden Möglichkeiten oftmals kombiniert. Ein Teil des Gewinns verbleibt im Unternehmen, und ein Teil des Gewinns wird an die Eigentümer ausgeschüttet. Das Management einer Aktiengesellschaft (Vorstand) unterbreitet einen Vorschlag zur Gewinnverwendung an die Eigentümer (Aktionäre), die dann in einem jährlich stattfindenden Treffen (Hauptversammlung) über die Gewinnverwendung entscheiden, also dem Vorschlag des Vorstandes zustimmen oder nicht zustimmen.
Beteilige ich mich an einer Aktiengesellschaft, kaufe also Aktien dieses Unternehmens, dann habe ich als Aktionär auch das Anrecht auf die anteilige Gewinnausschüttung in Form einer Dividende. Um die erhaltene Dividende mit erhaltenen Zinszahlungen vergleichen zu können, setze ich die Dividendenzahlung in Beziehung zu meinem eingesetzten Kapital. Wenn ich beispielsweise 1,50 Euro Dividende je Aktie erhalte und habe eine Aktie für 50 Euro gekauft, dann errechnet sich meine Dividendenrendite im Beispiel wie folgt:
1,50 Euro ÷ 50 Euro×100 = 3 %
Erhalte ich also 3 Prozent Dividendenrendite und beispielsweise nur 2 Prozent Anleihenrendite, dann scheint ein Aktienengagement – aus dem Blickwinkel einer laufenden Zahlung – fair zu sein. Denn Dividenden erhalte ich nur, wenn ein Unternehmen auch Gewinne erwirtschaftet, die es teilweise ausschüttet. Für diese Unsicherheit bekomme ich jedoch in obigem Beispiel 1 Prozent mehr an Mitteln ausbezahlt.
12. Welche Fehler sollte ich bei meiner Vermögensanlage unbedingt vermeiden?
Auch bei der Vermögensanlage kann man – wie so oft im Leben – sagen: Manchmal gewinnt man, und manchmal lernt man! Laut dem Kapitalmarktforscher Vernon Smith macht jede Generation von Kapitalanlegern ihre eigenen Erfahrungen und somit ihre eigenen Fehler.
Fasst ein kleines Kind auf eine heiße Herdplatte, dann wird das arme Kind das wohl nicht wieder tun, denn es hat auf schmerzhafte Art und Weise gelernt, dass das ein Fehler war. Dennoch wird sich dieses Kind mit großer Wahrscheinlichkeit im Erwachsenenleben hin und wieder vorsichtig an den Herd stellen, eine Suppe kochen und somit aus seinen Fehlern lernen. Zu lernen bedeutet auch bei der Vermögensanlage folglich nicht, nach Fehlern die Aktivität Vermögensanlage einzustellen. Ein übergeordneter Fehler ist somit schon identifiziert, und jeder Investor sollte seine Investitionsaktivität gezielt und in Verbindung mit den gewonnenen Erfahrungen auch weiterhin durchführen.
Immer noch hört man Aussagen wie beispielsweise: »Den gleichen Fehler wie 1996 mit den Telekom-Aktien werde ich nie wieder machen und kaufe daher auch keine Aktien...