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E-Book

Basiswissen POCUS

Point-of-Care-Ultraschall lernen und sinnvoll einsetzen

AutorBernhard Bailer, Eva Matuschek, Florian Recker
VerlagGeorg Thieme Verlag KG
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl184 Seiten
ISBN9783132426993
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis64,99 EUR
Suchen Sie eine Sonografiemethode, die Sie zügig lernen können und die Ihnen die Sicherheit gibt, in Akutsituationen drängende Fragen zu klären? Dann ist die 'Point-of-Care-Sonografie' (POCUS) die richtige Methode. Sie zeichnet sich durch zielgerichtete, einfache Untersuchungsabläufe aus und ist auch mit mobilen Geräten durchzuführen. Auf diese Weise ermöglicht sie es, konkrete Fragestellungen rasch zu klären. Mit dem 'Basiswissen POCUS', dem einzigen Buch dieser Art in deutscher Sprache, eignen Sie sich diese Untersuchungsmethode unkompliziert und schnell an. Der Fokus liegt dabei auf den Fragestellungen, die akut im Nachtdienst oder in der Notfallsituation mit der POCUS geklärt werden können. Ziel: Den Normalbefund so gut kennen, dass einem dann, wenn es darauf ankommt, der pathologische Befund umso schneller ins Auge sticht.

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Leseprobe

3 Grundlagen und Grundbegriffe der Sonografie


Wir möchten euch hier kurz die physikalischen Grundlagen und die Grundbegriffe der Sonografie erläutern. Ein gewisses Grundverständnis der Sonografie erleichtert das Verstehen und Erlernen der Themen, die dieses Buch behandelt. Übertreiben möchten wir dabei jedoch auch nicht, da wir wissen, dass ihr Sonografieren lernen und nicht Physik studieren wollt.

3.1 Kurze Geschichte der Ultraschalltechnik


Bereits in der vorchristlichen Zeit beschrieb Aristoteles das Naturphänomen des Echos als zurückkehrende Luft von Fels- und Bergwänden. Später wurde dieses Phänomen des Widerhalls einer Bergnymphe namens „Echo“ zugeschrieben. Im 17. Jahrhundert wurde die Tiefe von Brunnen durch den akustischen Widerhall vermessen.

1793 führte Spallanzani interessante Versuche und Beobachtungen an Fledermäusen durch. Bis zu dieser Zeit konnte sich die Wissenschaft nicht erklären, wie sich Fledermäuse in der Dunkelheit orientieren und Beute jagen können. Spallanzani spannte in seinem Zimmer dünne Metalldrähte von der Decke bis zum Boden und versah diese Drähte mit Glöckchen. Dann stach er seinen Fledermäusen die Augen aus (wie grausam die Wissenschaft sein kann!) und erstaunlicherweise kollidierten die Fledermäuse auch ohne ihre Augen nicht mit den Drahtseilen. Erst nachdem er seinen Fledermäusen Wachs in die Ohren träufelte, begann das „Glöckchenspiel“ in seinem Zimmer. Nun war klar, dass Fledermäuse mit ihren Ohren „sehen“ konnten.

1880 wurde der ▶ piezoelektrische Effekt von den Brüdern Curie entdeckt, der heutzutage die Basis der Ultraschalltechnik ist. Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte ein deutscher Physiker, Alexander Behm, das Echolot. Dabei wurden Ultraschallwellen in die Tiefen des Meeres ausgesandt und die Zeit gemessen, bis sie zum Schiff zurückkehrten. Da die Schallausbreitung im Wasser konstant ist, konnte so die Tiefe von Hindernissen bestimmt werden. Dies wurde auch in der Kriegsführung zur Ortung von U-Booten verwendet. Später wurde die Sonografie zur Materialprüfung verwendet. Ab 1949 wurde das Verfahren der Sonografie als medizinisches Untersuchungsinstrument durch Ärzte, Techniker und Physiker rasant weiterentwickelt. Die Neuentwicklungen und Forschungen erweitern das diagnostische Spektrum ständig und haben somit einen wichtigen Stellenwert. Noch längst sind nicht alle Möglichkeiten der primären Schallinformation und der Digitalisierung genutzt.

3.2 Wie entsteht das Ultraschallbild auf dem Bildschirm?


Das Prinzip der Sonografie hat sich der Mensch von der Natur abgeschaut. Fledermäuse und Wale orientieren sich in ihrer Umgebung mithilfe von Ultraschallwellen. Hierzu senden sie eine Schallwelle aus. Diese wird an einem Hindernis reflektiert und gelangt so zum Aussendepunkt zurück ( ▶ Abb. 3.1). Während die Schallwelle auf ihrem Weg ist, läuft in diesen Tieren eine Art „innere Stoppuhr“ mit. Da die Schallgeschwindigkeit in Luft bzw. Wasser konstant ist, kann man anhand der Zeit, die die Schallwelle benötigt, um vom Aussendepunkt zum Hindernis und zurückzukommen, ganz einfach die zurückgelegte Strecke berechnen (Strecke = Geschwindigkeit x Zeit).

Orientierung von Fledermäusen mithilfe von Ultraschallwellen.

Abb. 3.1 Die Fledermaus sendet eine Schallwelle aus, die an einem Hindernis, in diesem Fall einer Motte, reflektiert wird und zum Aussendepunkt (in diesem Fall die Fledermaus) zurückkehrt.

(Delorme S, J Debus, Jenderka K-V. Duale Reihe Sonografie. Stuttgart: Thieme; 2012)

Auf diesem Prinzip basiert auch die Funktionsweise eines Ultraschallgeräts: Zuerst muss die Ultraschallwelle generiert werden. Hierzu wird eine elektrische Spannung an die piezoelektrischen Kristalle im Ultraschallkopf angelegt. Die elektrische Spannung bewirkt eine Konfigurationsänderung der Kristalle – dabei wird eine Ultraschallwelle ausgesendet (reziproker piezoelektrischer Effekt). Diese Ultraschallwelle durchläuft das Gewebe.

Jede Gewebeart hat ihre eigene, charakteristische Schallleitungsgeschwindigkeit (dichtes Gewebe leitet schneller als „lockeres/weiches“ Gewebe). Die Schallwelle breitet sich so lange weiter in die Tiefe aus, bis sich das Gewebe verändert. An der Grenze von 2 Gewebeschichten mit jeweils unterschiedlichen Schallleitungsgeschwindigkeiten tritt ein sog. Impedanzsprung auf. An einem solchen Impedanzsprung werden die Schallwellen reflektiert und laufen wieder auf den Schallkopf zu. Die Menge an reflektierten Schallwellen ist umso höher, je ausgeprägter der Impedanzsprung ist (also umso stärker die Schallleitungsgeschwindigkeiten der unterschiedlichen Gewebearten voneinander abweichen). Zwischen Wasser und Luft ist der Impedanzsprung beispielsweise sehr hoch. Daher erfolgt hier eine ▶ Totalreflexion. Zwischen Wasser und Fett wird die Schallwelle dagegen nur teilweise reflektiert. Ein gewisser Anteil verläuft dann weiter in die Tiefe und wird dort ggf. an einem weiteren Impedanzsprung reflektiert.

Die zurückkehrende Schallwelle trifft auf die piezoelektrischen Kristalle im Schallkopf. Die Schallwelle löst eine Konfigurationsänderung der Kristalle aus. Hierdurch entsteht eine elektrische Spannung, die vom Ultraschallgerät gemessen wird (piezoelektrischer Effekt). Diese Spannungsänderung wird dann auf dem Ultraschallbild als weißes Signal abgebildet. So kommt das B-Bild („B“ steht für brightness) zustande.

3.3 Nomenklatur der Echogenität


Bei der Beschreibung von Sonografiebefunden spricht man nicht von schwarz, weiß oder grau, sondern von echofrei, echoreich oder echoarm:

  • Echofreie Bereiche erscheinen im Ultraschallbild schwarz. Sie kommen dadurch zustande, dass hier eine homogene Flüssigkeit ohne Impedanzunterschiede vorliegt. In diesem Bereich wird der Ultraschall nicht zurück zum Schallkopf reflektiert. Beispiele für echofreie Bereiche sind die Gallenflüssigkeit, die Harnblasenflüssigkeit, Blut in den Gefäßen, unauffällige Zysten und Pleuraergüsse.

  • Echoreiche Bereiche erscheinen im Ultraschallbild weiß. Sie kommen dadurch zustande, dass hier ausgeprägte Impedanzunterschiede vorliegen, wie z.B. zwischen Flüssigkeit und Luft bzw. Knochen (hohe Echogenität im jeweiligen Grenzbereich). Beispiele für echoreiche Bereiche sind die Luft in der Lunge oder im Darm und die Kortikalis der Knochen.

Alle anderen Gewebestrukturen werden in einem unterschiedlich intensiven Grauton ( ▶ Abb. 3.2) dargestellt und als echoarm bezeichnet. Beispielhaft sind hier das Leber- und das Milzgewebe zu nennen, da innerhalb dieser Gewebe eben kaum Impedanzunterschiede vorliegen.

Graustufen im Ultraschallbild.

Abb. 3.2 

3.4 Ultraschallsonden


Ein Ultraschallgerät verfügt klassischerweise über 3 unterschiedliche Schallsonden bzw. Schallköpfe mit jeweils unterschiedlichen Eigenschaften ( ▶ Abb. 3.3) . Je nach Bedarf kann man sich bei vielen Herstellern aussuchen, wie viele verschiedene Schallsonden man benötigt:

  • Von diesen 3 Standardschallköpfen ist der Linearschallkopf (linear array transducer) der mit der höchsten Ortsauflösung. Die gute Ortsauflösung wird jedoch mit einer geringeren Eindringtiefe erkauft. Der Linearschallkopf liefert ein rechteckiges Bild. Er wird z.B. für die Sonografie von Schilddrüse, Darm, Lunge, Gefäße und Auge verwendet sowie für die Strukturen des Bewegungsapparats (Sehnen, Muskeln, Knochen etc.).

  • Das Gegenteil des Linearschallkopfs ist der Sektorschallkopf (sector array transducer). Er weist nur eine geringe Fläche für den Hautkontakt auf, kann hierfür aber z.B. zwischen den Rippen gut in die Tiefe „schauen“. Der Sektorschallkopf erzeugt ein kegelförmiges Bild. Er hat eine geringe Ortsauflösung, dafür jedoch eine hohe Eindringtiefe. Dadurch eignet sich der Sektorschallkopf besonders zur Echokardiografie.

  • Eine Kombination bzw. ein Kompromiss dieser 2 genannten Schallköpfe ist der Konvexschallkopf (curved array transducer). Den Namen verdankt er seiner konvex geformten Oberfläche. Diese Form sorgt dafür, dass sich die Schallkopfoberfläche perfekt an die Bauchdecke anpasst, wenn man den Schallkopf mit etwas Druck auf das Abdomen aufsetzt. Hierdurch werden Abkopplungsartefakte vermieden. Bei einem Abkopplungsartefakt entsteht ein schwarzes Band im Bild, da der Schallkopf nicht der Körperoberfläche anliegt – kein Kontakt, kein Bild. Der Konvexschallkopf stellt einen Kompromiss aus ausreichender Eindringtiefe und Ortsauflösung dar. Er sorgt für ein trapezförmiges bzw. kaffeefilterartiges Bild. Er wird für die Abdomen- und Lungensonografie eingesetzt.

Ultraschallsonden.

Abb....

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