LOKALES
HANDELN
HAT
VIELE
GESICHTER
SABINE SÜß,
GESCHÄFTSFÜHRUNG DES STIFTUNGSVERBUNDES LERNEN VOR ORT
Die EINZIGARTIGE KOPRODUKTION LOKALEN HANDELNS VON KOMMUNEN UND STIFTUNGEN im Rahmen der Initiative Lernen vor Ort des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und deutschen Stiftungen hat in den vergangenen fünf Jahren zu der GRÖSSTEN THEMENBEZOGENEN ALLIANZ VON DEUTSCHEN STIFTUNGEN geführt. Unter dem thematischen Dach Bildung, verstanden als Lernen entlang des gesamten Lebenslaufs, haben sich Stiftungen in verschiedenen Handlungsbereichen lokal engagiert. Zum Teil waren sie in diesen Tätigkeitsfeldern bereits länger aktiv, wie zum Beispiel mit eigenen Projekten, die in Nachbarschaften oder Quartieren wirksam werden, etliche haben sich erst im Rahmen der Initiative bewusst(er) in den kommunalen Kontext eingebracht.
Zentrale Bedingung für die Teilnahme der Stiftungen an der Initiative war, dass STIFTUNGEN VORRANGIG NICHT ALS GELDGEBER, das heißt als klassische Förderer von Projekten Dritter, gefragt waren — ein ungewohnter Ansatz, der von den Kommunen wie den Stiftungen erst verstanden werden musste. Um die Vielfalt der Erscheinungsformen deutscher Stiftungen in der Stiftungslandschaft mit rund 20.000 rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts widerzuspiegeln und Stiftungen für eine Beteiligung an der Initiative zu motivieren, war es eine zwingende Voraussetzung, dass andere POTENZIALE als die üblichen Projektfinanzierungen bei den Stiftungen aufgedeckt und mit Leben gefüllt wurden. Ebenso sollten KOMPETENZEN zum Einsatz kommen, die den Stiftungen oftmals nicht bewusst sind, beispielsweise bei der Moderation von örtlichen Prozessen oder bei der zielgerichteten Verknüpfung eigener Netzwerke mit der lokalen Verwaltung.
Das Motto STIFTUNGEN KÖNNEN MEHR ALS GELD GEBEN trug dazu bei, dass sich ganz unterschiedliche Stiftungen im Stiftungsverbund Lernen vor Ort zusammenfanden und bereit waren, sich fünf Jahre lang verbindlich in ihren Kommunen zu engagieren, für die sie eine GRUNDPATENSCHAFT übernahmen. Die Grundpatenschaft bedeutete für die Stiftungen, dass sie an der Seite ihrer Kommunen gemeinsam den Prozess der Entwicklung eines kommunalen kohärenten Bildungsmanagements vor Ort gestalten sollten. Dabei spielte es zum ersten Mal keine Rolle, ob es sich um eine Stiftung mit viel oder weniger Geld handelte, ob die Stiftung mit hauptamtlichem oder ehrenamtlichem Personal ausgestattet war, ob sie ausschließlich lokal konzentriert arbeitete oder bundesweit aktiv war. Die konkreten Ziele wurden durch die beteiligten Akteure vor Ort vereinbart und entsprechend den jeweiligen Möglichkeiten fokussiert.
Eine weitere Form der Patenschaft entstand auf der Basis von erfolgreichen thematischen Angeboten, die Stiftungen nicht nur einer, sondern allen interessierten Kommunen im Rahmen von Lernen vor Ort machen konnten. Diese THEMENPATENSCHAFT war vor allem für diejenigen Stiftungen interessant, die mit ihren Programmen und Projekten in den Themenfeldern der Initiative bereits bundesweite Angebote entwickelt hatten, wie zum Beispiel für den Bereich MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) oder Demokratieforschung. Zu den Themenfeldern Demografischer Wandel, Integration und Diversitätsmanagement, Familienbildung und Elternarbeit, Demokratie und Kultur sowie Wirtschaft, Technik, Umwelt und Wissenschaft, die angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung als besonders wichtig für die Kommunen identifiziert worden waren, boten Stiftungen den Kommunen geeignete modellhafte Projekte zur Implementierung an. In den fünf Jahren der Programmarbeit haben sich in den beteiligten Kommunen unterschiedlich verbindliche Formen der Zusammenarbeit entwickelt.
Ein zentrales Anliegen des Förderprogramms war die ENTWICKLUNG UND VERBESSERUNG EINER VERWALTUNGSINTERNEN STRUKTUR, die sich auch auf die Koordinierung der Bildungsbeiträge Dritter auswirken sollte, wie zum Beispiel weiterer zivilgesellschaftlicher Akteure, der Bundesagentur für Arbeit und den Jobcentern, den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern, von Wirtschaftsverbänden und -unternehmen, freien Trägern — ob nun auf Landes- oder kommunaler Ebene. Deshalb war es klar, dass die Stiftungen ebenfalls in diesen Prozess eingebunden werden sollten. Hier bahnte sich ein neuer Weg einer ungewöhnlichen Zusammenarbeit an, der — wie in den Berichten aus dem Labor Lernen vor Ort beschrieben — hoch spannend und überaus lohnenswert werden sollte, auch wenn damit häufig große Anstrengungen verbunden waren. Schließlich galt es, zwei ganz UNTERSCHIEDLICHE KULTUREN SO ZUSAMMENZUBRINGEN, dass das Verständnis füreinander wachsen und auf dieser Basis das gemeinsame Arbeiten gedeihen konnte. Dazu wurden Steuerungsrunden etabliert, in denen die Stiftungen selbstverständlich zu gleichberechtigten Gesprächspartnern wurden, man verabredete sich, um auf Augenhöhe miteinander ins Gespräch zu kommen und in die gemeinsame Arbeit einzusteigen. Eine der besonderen Herausforderungen war es, die im Kern wesensfremden Naturen in Harmonie zueinander zu bringen: die hierarchisch orientierte Verwaltung mit ihren strengen Regeln, Abläufen, Zuständigkeiten und Verpflichtungen einerseits und die ihrer eigenen Ordnung unterliegenden Stiftungen mit Gremien wie Stiftungsräten, Kuratorien, Beiräten, Vorständen andererseits.
Eine weitere neue Form der Zusammenarbeit betraf die Entwicklung LOKALER STIFTUNGSVERBÜNDE, die in den meisten Kommunen von den Stiftungen angestrebt und entwickelt wurden. Die Gestaltung dieser Verbünde reichte von regelmäßigen Treffen an runden Tischen, über gemeinsame Projektentwicklung und Finanzierung bis hin zu Stiftungsverbünden, die sich einen verbindlichen Rahmen mit Selbstverpflichtungen gegeben haben. Die Stiftungsverbünde helfen der kommunalen Verwaltung ebenso wie der Politik und der Gesamtheit der Zivilgesellschaft, leichter identifizierbar, ansprechbar und erreichbar zu sein. Die Stiftungen lernten sich dadurch auch untereinander besser kennen, konnten ihre Arbeit schlüssiger aufeinander abstimmen und gegebenenfalls Projekte und Projektfinanzierungen bedarfsgerecht gemeinsam entwickeln und umsetzen.
Die Stiftungsverbünde und ihre Stiftungen wählten eine Sprecherstiftung aus, die im sogenannten NATIONALEN STIFTUNGSVERBUND LERNEN VOR ORT in einer Kerngruppe die Stiftungen und ihre Grundpatenschaft vertreten sollte. Dazu trafen sich die Stiftungen im nationalen Stiftungsverbund zweimal jährlich zu einem fachlichen Austausch, jeweils an einem anderen Ort der an der Initiative beteiligten Kommunen. Auf diese Weise konnten die Stiftungen mehr über die anderen Stiftungen und ihre Arbeit erfahren, Fachfragen erörtern und klären, aber auch strategische Fragen diskutieren. Durch den Grundsatz, dass die finanzielle Ausstattung einer Stiftung keine wesentliche Rolle spielen sollte, kamen so ganz unterschiedlich geprägte Stiftungen, die sich bundesweit im Bildungsbereich engagieren, regelmäßig zusammen. Über die Jahre der gemeinsamen Arbeit konnten sie Verständnis füreinander und Vertrauen ineinander entwickeln. Die Berichte und Diskussionen über die Arbeit in ihren Kommunen, die gegenseitige Unterstützung bei brennenden Fragestellungen, das offene Ansprechen von Schwierigkeiten bei der anspruchsvollen Aufgabe, eine kommunale Verwaltung bei einer Strukturreform tatkräftig zu begleiten, waren oftmals eine ganz neue Erfahrung und eröffneten frische Perspektiven für die eigene Arbeit. Damit der Stiftungsverbund mit seinen unterschiedlichen Stiftungen sich nach außen repräsentativ vertreten konnte, wurde ein SPRECHERKREIS etabliert, der sich aus rund acht Stiftungen zusammensetzte, die möglichst auch die Vielfalt des Stiftungsverbundes abbilden konnten.
Im Zentrum allen Engagements der Stiftungen in ihren Kommunen stand die Kooperation untereinander wie auch mit anderen Partnern vor Ort. Um diese Allianzen und Verbindungen verbindlich und dauerhaft qualitätsvoll gestalten zu können, wurde die Koordination solcher Partnerschaften zu einem wesentlichen Bestandteil der Zusammenarbeit. Denn es war deutlich geworden, dass Koordination unverzichtbar ist, um die verschiedenen Maßnahmen so zu steuern und aufeinander abzustimmen, dass die gemeinsamen Ziele erreicht werden können. Auf lokaler Ebene in den kommunalen Verwaltungen wurde diese koordinierende Funktion zum Teil über die BILDUNGSBÜROS und auf Leitungsebene in STEUERUNGSRUNDEN, an denen auch die Stiftungen beteiligt waren, oder auch in BILDUNGSBEIRÄTEN angesiedelt. Entsprechend wurde auf übergeordneter Ebene von Anbeginn der Initiative Lernen vor Ort eine Geschäftsstelle für den Stiftungsverbund Lernen vor Ort eingerichtet, die alle an dem Programm beteiligten Stiftungen sachkundig und kontinuierlich begleitete, vor Ort, regional und auf Bundesebene. Die Geschäftsstelle hat die Stiftungen zum Beispiel darin beraten, lokale...