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E-Book

Cryptocoins

Investieren in digitale Währungen

AutorAaron Koenig
VerlagFinanzBuch Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783960921073
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Sie heißen Bitcoin, Dash, Monero oder Ethereum. Digitale Währungen, die sogenannten Cryptocoins, können profitable Investments sein - mit Zuwachsraten bis zu mehreren Tausend Prozent im Jahr. Doch worauf muss man beim Investieren achten? Wie riskant ist die Geldanlage in Cryptocoins und welche der vielen Hundert digitalen Währungen sind zu empfehlen? Von welchen sollte man besser die Finger lassen? Aaron Koenig führt auf leicht verständliche und unterhaltsame Art in die Welt der digitalen Währungen ein, stellt die wichtigsten vor und gibt praktische Tipps zur Anlage. Das Einmaleins der Cryptocoins, erstmals kompakt zusammengestellt.

Aaron Koenig ist seit 2011 in der Bitcoin-Wirtschaft engagiert. Er hat mit seiner Firma Bitfilm zahlreiche Filme für Bitcoin-Start-ups produziert. Koenig organisiert eine monatliche Bitcoin-Tauschbörse in Berlin. Er ist Diplom-Kommunikationswirt und seit 1994 in der kreativen Internetbranche tätig.

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Leseprobe

1. Die 20-Millionen-Dollar-Pizza


Ein historischer Tag in New York City


Punkt Mitternacht im VNYL-Club in Manhattan. Mehrere hundert Cryptocoin-Fans aus aller Welt haben sich hier versammelt, um in einen historischen Tag hineinzufeiern: den Bitcoin Pizza Day. Die Stimmung ist ausgelassen. Der DJ spielt Sex Machine von James Brown und Kiss von Prince.

Plötzlich stürmen grell geschminkte Drag Queens und Gogo-Girls in bizarren Pizza-Kostümen den Saal. Belegt mit Salami, Zucchini und Tomaten tanzen sie auf der Bar, auf der kleinen Bühne und mitten im Publikum. Die Menge tobt. Rodolfo Andragnes aus Buenos Aires, der Initiator dieser Party, wirft ein großes aufblasbares Pizza-Stück ins Publikum, das dankbar damit Volleyball spielt. Bitcoin-Unternehmer Brock Pierce aus San Francisco, der die Party mit ihm organisiert hat, trägt eine silberne Kappe und tanzt wild mit den Drag Queens. Sie versuchen, sich sexy zu bewegen, was in ihren unförmigen Pizza-Uniformen nicht ganz einfach ist.

Was sind das für Verrückte? Was wird hier gefeiert? Was ist dieser ominöse 20-Millionen-Dollar-Pizza-Tag, den der Party-Flyer ankündigt?

1.1 Zwei Pizzas für 10.000 Bitcoins


Am 22. Mai 2010 wurde zum ersten Mal ein reales Gut für Bitcoins gekauft. Wie man es von einer Währung erwarten kann, die zunächst vor allem bei Computer-Freaks beliebt war, handelte es sich um deren bevorzugtes Nahrungsmittel: Pizza. Der Software-Entwickler Laszlo Hanyecz aus Florida bot im Internet-Forum bitcointalk.org 10.000 Bitcoins für denjenigen, der ihm zwei Pizzas bestellte.9 Jeremy »Jercos« Sturdivant ging auf den Deal ein und bestellte ihm mit seiner Kreditkarte zwei Pizzas.10 Seitdem feiert die weltweite Bitcoin-Community am 22. Mai den Bitcoin Pizza Day.

Mittlerweile gibt es Hunderttausende von Online-Shops, die Bitcoins direkt akzeptieren, und kaum etwas, was man nicht für Bitcoin kaufen könnte. Doch damals war der Kauf einer realen Ware für Laszlo Hanyecz etwas ganz Besonderes. Die Bitcoins hatte er an seinem Computer selbst erzeugt. Etwas so Reales wie Pizza mit digitalen Münzen zu kaufen, nach denen man selbst im Internet »schürfen« kann, war 2010 noch völlig neu. Der Bitcoin-Preis betrug damals Bruchteile eines Cents. Laszlos Angebot lag umgerechnet bei ungefähr 40 US-Dollar. Kein schlechter Preis für zwei Pizzas, doch ein Schnäppchen, wenn man es mit der Entwicklung der folgenden Jahre vergleicht. Ein Jahr später waren die 10.000 Bitcoins schon mehr als 10.000 Dollar wert. Anfang Januar 2017 hätte er dafür 10 Millionen Dollar bekommen.

Brock Pierce

Am 21. Mai 2017 durchbrach der Bitcoin-Preis die historische Marke von 2.000 US-Dollar. Die beiden Pizzas hätten also 20 Millionen Dollar gekostet. Dies ist für die Bitcoin-Community ein weiterer Grund zu feiern. Viele, die hier in New York im Pizza-Rausch tanzen, sind durch Bitcoin reich geworden. Allein seit Januar 2017 hat sich der Bitcoin-Preis und damit ihr Vermögen verdoppelt. Der erst am Vortag entworfene »20-Millionen-Dollar«-Flyer ist bereits um Mitternacht nicht mehr aktuell, als der Bitcoin auf 2.200 Dollar springt. Doch was sind schon 2 Millionen Dollar mehr oder weniger an so einem historischen Tag?

1.2 Im digitalen Goldrausch


Die vielen Menschen aus aller Welt, die in dieser Nacht im VNYL feiern, sind für eine große Konferenz nach New York gekommen.

Mit mehr als 2.000 Teilnehmern aus über 20 Ländern ist die Consensus 2017 die bisher größte Konferenz für Cryptowährungen und Blockchain-Technologie. Auf mehreren Stockwerken des Marriott-Hotels am Times Square präsentieren sich Sponsoren wie Citibank, Deloitte, Microsoft oder IBM. Zur allerersten Bitcoin-Konferenz, die im August 2011 ebenfalls in New York stattfand, kamen gerade einmal 50 Leute.11 Viele von ihnen leiten heute erfolgreiche Start-ups und sind Sprecher auf der Consensus.

»Man sieht mittlerweile viele Anzüge und wenig Kapuzenpullis«12, sagt James Prestwich von Storj, der eigentlich hofft, auf der Konferenz Entwickler für sein Projekt anzuheuern. Mit Storj kann man Daten dezentral speichern. Ein Storj-Coin steht gerade zum Verkauf für Investoren. Rund 30 Millionen Dollar sind dadurch bereits zusammengekommen.

Fast jeder auf dieser Konferenz scheint gerade an seinem Initial Coin Offering (kurz: ICO) zu arbeiten. Das ist viel einfacher als ein Börsengang: Man bringt seinen eigenen Coin heraus, über den Investoren am zukünftigen Erfolg des Unternehmens beteiligt sind. Bei den letzten ICOs wurden so in Minuten mehrstellige Millionenbeträge eingenommen. Zu sagen, dass in der Cryptobranche Goldgräberstimmung herrscht, wäre eine grobe Untertreibung. Der Dot-Com-Rausch der späten Neunziger ist nichts gegen das, was zurzeit abgeht. Doch wird der Cryptoboom bald ebenso in sich zusammenfallen? Handelt es sich dabei nur um eine große Blase?

»Ich glaube, dass Bitcoin die Welt verändern wird«, sagt Rodolfo Andragnes, der nicht nur Pizza-Parties, sondern seit 2013 die lateinamerikanische Bitcoin-Konferenz organisiert. »Was wir gerade erleben, ist eine echte Revolution.«13

1.3 Das Ende der Blocksize-Debatte?


Dieser Bitcoin Pizza Day scheint noch in einer weiteren Hinsicht ein historischer Tag für Bitcoin zu sein. Über Jahre hat eine quälende Debatte die Bitcoin-Community gelähmt und beinahe gespalten. Doch am Vorabend der Konferenz haben sich einige der wichtigsten Akteure der Bitcoin-Welt in New York auf einen Kompromiss in der Frage geeinigt, wie Bitcoin weiter wachsen soll.14 Es sieht so aus, als sei die sogenannte Blocksize-Debatte zu einem Ende gekommen. Worum geht es dabei?

Die maximale Größe eines »Blocks«, in dem Bitcoin-Überweisungen gespeichert werden (mehr dazu in Abschnitt 3.3), ist bisher auf ein Megabyte festgelegt. Damit sind maximal sieben Transaktionen pro Sekunde möglich. Verglichen mit den vielen tausend Transaktionen pro Sekunde, die Kreditkarten-Netzwerke wie Visa oder MasterCard verarbeiten können, ist das sehr wenig. Da die Zahl der Bitcoin-Transaktionen ständig steigt, wird ein Megabyte pro Block schon bald nicht mehr ausreichen. Bereits jetzt kommt es im Bitcoin-Netzwerk immer wieder zu Staus und Wartezeiten. Die Transaktionsgebühren haben sich deutlich erhöht, weil der Platz für Überweisungen in den Blöcken immer knapper wird.

Über den besten Lösungsweg wurde lange Zeit heftig gestritten. Die einen schlugen vor, die maximale Größe der Blöcke einfach zu erhöhen. Die anderen meinten, dass größere Blöcke für viele Rechner nicht mehr zu verarbeiten seien. Dies würde die Dezentralität des Bitcoin-Netzwerks gefährden. Sie bevorzugten Lösungen wie Segregated Witness, bei denen die Datenmenge pro Transaktion reduziert wird (mehr dazu in Abschnitt 5.1.7).

Dieser Konflikt hat einen positiven Nebeneffekt: Andere Cryptocoins, die mit kürzeren Überweisungszeiten und niedrigeren Gebühren aufwarten können, haben an Bedeutung gewonnen. Während Bitcoin viele Jahre den Cryptocoin-Markt dominierte, ist sein Anteil am Marktwert aller Cryptocoins im ersten Halbjahr 2017 von fast 90 % auf unter 50 % gefallen.15 Doch im Mai 2017 kam es in New York endlich zu einem Kompromiss, dem sogenannten New York Agreement.

Barry Silbert, dessen Firma Coindesk die Consensus-Konferenz ausrichtet, nutzte die Gelegenheit, dass sich die Top-Entscheider der Bitcoin-Welt gerade alle in New York befanden, und lud sie zu einem Treffen ein. Dabei haben sich die Teilnehmer auf einen Kompromiss geeinigt, der die Datenmenge, die in einen Block passt, ungefähr vervierfachen wird. Das sollte fürs Erste reichen, um den Datenstau zu beenden und die Überweisungsgebühren zu senken. In der Zwischenzeit können Lösungen wie das Lightning Network entwickelt werden, die auf Bitcoin aufsetzen und seine Geschwindigkeit um ein Vielfaches erhöhen sollen.

Diego Gutiérrez Zaldivar

»Ob dieser Kompromissvorschlag angenommen wird, muss natürlich die Community entscheiden«, sagt Diego Gutiérrez Zaldivar von Rootstock aus Buenos Aires, der bei den Verhandlungen eine zentrale Rolle spielte.16 »Wir haben einen Programmcode entwickelt, der das Problem lösen kann, aber jeder, der einen Knoten des Bitcoin-Netzwerkes betreibt, muss ihn einbauen. Bitcoin ist schließlich dezentralisiert und gehört uns allen.«

Das New York Agreement wurde Ende Juli 2017 mit einer Mehrheit von über 95% der Bitcoin-Miner angenommen. Seit diesem Tag werden von ihnen nur noch Blöcke akzeptiert, die nach der Segregated-Witness-Methode gebildet werden. Die Verdoppelung des Blockgrößen-Limits von ein auf zwei Megabyte ist für November 2017 geplant.

Nur eine kleine Minderheit von Minern unterstützt eine alternative Lösung namens Bitcoin Cash, die am 1. August startete. Sie kommt ohne Segregated Witness aus, dafür wurde die maximale Größe der Blöcke von einem auf acht Megabyte erhöht. Da die große Mehrheit der Miner das New York Agreement unterstützt, ist diese »Spaltung« des Bitcoin kein wirkliches Problem. Für viele Bitcoin-Besitzer bringt die Einführung von Bitcoin Cash sogar den Vorteil, dass sie für jeden »alten« Bitcoin einen »neuen« hinzubekommen. Das liegt daran, dass Bitcoin Cash auf der gleichen Blockchain aufbaut wie Bitcoin (siehe Abschnitt 2.2).

An seinem ersten Lebenstag schwankte der Bitcoin Cash stark zwischen 300 und 750 US Dollar, um sich dann bei rund 450 US-Dollar einzupendeln. Der Kurs des »alten« Bitcoin blieb hingegen konstant. Die lange Zeit als bedrohlich empfundene Spaltung des Bitcoins könnte also sogar zu einem weiteren...

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