Der Herzenswörter erster Teil
Kosenamen und Kosewörter der ÖsterreicherInnen
Einleitung
Wie im Vorwort beschrieben, handelt es sich bei Herzenswörtern vor allem um Wörter, die einen hohen emotionalen Wert haben. Dieser kann dadurch begründet sein, dass die Menschen bestimmte Wörter bevorzugt verwenden, mit ihnen besondere Erlebnisse oder vielleicht sogar besonderes Wohlbefinden verbinden.
Zu Letzterem gehören ohne Zweifel die Kosenamen und Kosewörter, die in engen privaten Beziehungen verwendet werden und gewissermaßen das Sinnbild dieser Beziehungen sind. Es sind Wörter, mit denen wir Beziehungen anbahnen, aufrechterhalten und stabilisieren, wenn sie in Gefahr sind, auseinanderzubrechen.
Interessanterweise hat es dazu in Österreich bis vor Kurzem keine wissenschaftlichen Untersuchungen gegeben. Auch in anderen Ländern hat man diesen Bereich nicht besonders beachtet. Das hat wohl damit zu tun, dass WissenschaftlerInnen Angst davor haben, sich zu blamieren, weil Kosewörter angeblich kein »seriöses« Thema sind.
Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Die Erhebung, die der Autor dieses Buches zusammen mit einer Gruppe von Studierenden 2014 gemacht hat, hat gezeigt, dass den Kosenamen und Kosewörtern eine enorme Bedeutung in privaten Beziehungen zukommt. Meistens entstehen sie kurz nach Beginn der Beziehung und bleiben auf Dauer in Verwendung, und das oft jahrzehntelang.
Wie wichtig diese Wörter tatsächlich sind, zeigen die Antworten auf die Frage »Wie würden Sie reagieren, wenn Sie herausfinden, dass der Kosenamen, den Ihr Partner für Sie verwendet, schon für eine/n andere/n Partner/in verwendet wurde?«. Gut 80 Prozent derer, die diese Frage beantwortet haben, meinten, dass sie enttäuscht, gekränkt, beleidigt oder wütend wären und sich verraten fühlen würden. Manche würden den Kosenamen in diesem Fall sogar ablehnen, was ziemlichen Stress für die Beziehung bedeutet. Lediglich, wenn es sich um einen Standard-Kosenamen handelt (z. B. »Schatz«), würde über diese sonst kaum wiedergutzumachende Kardinalsünde hinweggesehen.
Die im Folgenden auszugsweise präsentierten Daten sind Angaben von Personen aus ganz Österreich, die einen anonymen Online-Fragebogen (siehe Ende dieses Buches) ausgefüllt haben und bereit waren, sehr Persönliches preiszugeben. Mehr als 350 Frauen und Männer (eine erfreulich hohe Teilnehmerzahl) haben ihre Kosenamen und die ihrer unmittelbaren Angehörigen und Freunde bekannt gegeben. Der Autor dieses Buches möchte ihnen allen an dieser Stelle herzlich danken.
Die Hitparade der österreichischen Kosenamen
Insgesamt wurden 1270 Kosenamen genannt. Ohne Zweifel sind die ÖstereicherInnen beim Erfinden von Kosenamen sehr kreativ. Gleichzeitig zeigt die Hitparade der Kosenamen, dass Schatz/Schatzi und Zusammensetzungen damit der absolute Favorit ist. Das mag manchen nicht sehr einfallsreich vorkommen. Aber Originalität ist bei Kosenamen nicht unbedingt wichtig. Sie entstehen aus bestimmten Situationen heraus und stehen für ebendiese.
Die Liste der Nennungen mit Schatz/Schatzi hält einige Überraschungen parat. Denn so manchem ist Schatz/Schatzi einfach zu wenig und es wird daher mit einem anderen Ausdruck verstärkt. Das führt zu folgenden Kosenamen: Schatzi Pups, Schatzibäh, Schatzibuh, Schatzi-Mausi, Schatziputz. Schon mit diesen Beispielen gelingt mühelos der Nachweis, dass im Reich der Liebe alles möglich und erlaubt ist, sei es noch so kindisch oder für andere vielleicht sogar lächerlich.
Gleich nach Schatz/Schatzi beginnt die österreichische Kosenamen-Tierwelt. An erster Stelle steht die Maus bzw. das Mausi, die in verschiedenen Abwandlungen vorkommen: Mausal, Mauserl, Mäusele, Mausebär, Mäusebär, Mausebärli, Mäuseken, Mausmaus, Mäusl, Mäuserich, Mäusetier, Bitchmaus. Besondere Beachtung verdient wohl der Ausdruck Bitchmaus. Vermutlich muss man sich darunter eine sexuell hyperaktive Feldmaus vorstellen. Jedenfalls ist es eine moderne Maus, sie hat Englisch gelernt und kennt auch die inoffiziellen Vokabeln.
Hier regiert das Prinzip der Verkleinerung, indem die ohnehin schon kleine Maus zusätzlich noch reduziert wird. Einer der Teilnehmer der Befragung stellt dazu fest: »Ich verbinde mit ›Maus‹ ein kleines, süßes Tier, das ich beschützen möchte und dessen Anblick mich zum Strahlen bringt.« Das Ergebnis ist dann das Mausi, das Mäusele, das Mauserl und das Mäusl. Während dieser Kosenamen in der Regel für Frauen verwendet wird, eignet er sich leicht abgewandelt auch für Männer. Die heißen dann Mausebär oder Mäusebär, Mausebärli, Mäuseken, Mausmaus, Mäusl, Mäuserich oder Mäusetier.
Während die Mausmaus so etwas wie eine Supermaus ist, ist Mäuserich nicht unbedingt romantisch (oder vielleicht doch?), was man vom trockenen Ausdruck Mäusetier vermutlich noch weniger sagen kann. Der so titulierte Partner wird unbarmherzig der Tierwelt zugeordnet und so auf einen eindeutigen Platz verwiesen. Aber wer weiß, vielleicht ist auch das romantisch – schließlich gibt es bei Kosenamen keine Regeln des guten Geschmacks. Auffallend ist, dass das in Deutschland häufig verwendete Mäuschen in Österreich ein unscheinbares Randdasein fristet. Es wird kaum verwendet.
Und weil wir schon bei der Maus sind: Nicht wenige, die diesen Kosenamen verwenden, verwenden für ihre Liebsten gleich mehrere Kosenamen. Das ergibt dann längere Listen von gleichzeitig verwendeten Kosenamen, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Maus, Mausebär, Bitchmaus, Mausmaus, Schatz, Liebster
Mäuschen, Honeybunny, Süße, Baby, Schatzi
Mäusebärli, Hasibutzi, Hetscherlfuchsi
Mausmaus, Bitchmaus, Schatz, Liebste
Mausi, Mausal, Murml
Maus, Prinzessin, Hübsche
Das ist aber erst der Anfang der österreichischen Kosenamen-Tierwelt. Gleich nach der Maus kommt in der Hitparade der Hase mit einer nicht sehr großen Anzahl von verschiedenen Formen. Den harmlosen, kuscheligen Hasen gibt es als mein Hase und ein wenig aufs Podest gehoben als Mr. Hase. Gleich danach kommen die nochmals verkleinerten Hasen als: Hasi, Hasilein, Luki-Hasi, Oster Hasi. Und natürlich gibt es auch die verstärkten Ausdrücke: Hasibär, Hasibärli, Hasiputzi, Hasimausi. Letztere muss wirklich winzig sein! Interessanterweise gibt es bei dem Kosenamen Hase/Hasi bei Weitem nicht so viele gleichzeitig verwendete Kosenamen wie bei Maus/Mausi:
Hasibär, Schatzi, Liebling, Schnuffschnuff
Hase, Schatz, Schnucki
Hasi, Schatzi
Hase, Schatz
Hase, Bär
Hase, Poli
Gleich nach dem Hasen kommt ein weiteres Tier, das ein bevorzugter österreichischer Kosenamen ist: Es ist der Bär bzw. das Bärli. Er steht für Kindheitserinnerungen, wie das kuschelige Einschlafen mit einem flauschigen Teddybären, und die Vorstellung, stark und zuverlässig zu sein und dabei gemütlich und gar nicht aggressiv. Das hat zwar überhaupt nichts mit dem echten Bären zu tun, hat sich aber so eingebürgert. Auffallend ist hier die große Anzahl von Wortkombinationen mit dem Basiswort »-bär«, die sich in zwei Gruppen aufteilen lassen. Sofort verständliche Kosenamen sind Bären-Herz, Brummbär, Bussibär, Chaosbär, Funkbär, Hasebär, Hasibär, Kuschelbär, Nuckelbär, Mr. Putzibär, Otterbär, Papabär, Petzibär, Schatzibär, Schatzimausibärli, Schmusehomobär. Erklärungsbedürftig sind hingegen Kosenamen wie die folgenden:
Bärlikran, Bärlischwan: Ich wecke meinen Partner in der Früh auf und ziehe ihn aus dem Bett, daher bin ich der Kran. Er rollt sich im Bett immer ein, also liegt er wie ein schlafender Schwan.
Werbärchen: Werbärchen entstand bei einer Blödelei über Werwölfe und mich.
Ombibär:...