Es wurden Erkenntnisse darüber gewonnen, welchen Einfluss PAs auf das Verhalten und die Physiologie der adulten Honigbienen besitzen. Auf die Frage, ob ein Volk der Biene bei erhöhtem Vorkommen PA-haltiger Pflanzen im Umfeld durch die Toxizität der PAs gefährdet sein kann, wurden ebenfalls Antworten gefunden.
In Laborversuchen mit adulten Honigbienen wurde unter kontrollierten No-Choice-Bedingungen festgestellt, dass von dem natürlichen N-Oxid-Gemisch aus S. vernalis ab Konzentrationen von > 0,2 % signifikante, fraßhemmende Wirkungen ausgehen. In den Versuchen mit dem entsprechenden tertiären PA-Gemisch waren ähnliche Tendenzen einer Abnahme der Fraßmengen zu erkennen, die sich jedoch als nicht signifikant herausstellten.
Anhand von Fütterungsversuchen mit einem Bienenvolk im natürlichen Umfeld konnte das Verhalten von adulten Bienen gegenüber PA-haltigen Nahrungsquellen unter Choice-Bedingungen aufgeklärt werden. Sowohl von tertiärem Echimidin und Echimidin-N-Oxid als auch von den PA-Gemischen (tertiär und N-oxidiert) aus S. vernalis gingen in Konzentrationen zwischen 0,02 und 0,2 % tendenziell antifeedant-Effekte aus. Lediglich im Fall des tertiären PA-Gemischs zeichneten sich diese nicht als signifikant ab. Im Vergleich zu den Effekten unter No-Choice-Bedingungen waren die antifeedant Effekte unter natürlichen Gegebenheiten um den Faktor 10 höher.
Hohe Konzentrationen des tertiären PA-Gemischs aus S. vernalis und des reinen Monocrotalins von 2 % bewirkten bei den erwachsenen Bienen einen Anstieg in der Mortalität von im Mittel auf über 50 %. Hierbei kann ausgeschlossen werden, dass die signifikant aufgetretenen Mortalitäten auf Verhungern durch eine Futterverweigerung unter den No-Choice-Bedingungen zurückzuführen sind.
Die toxischen Wirkungen von PAs auf adulte Bienen können mit der Doppelbindung im PA-Ringsystem in Zusammenhang gebracht werden. In Fütterungsversuchen zeigte das 1,2-Dihydromonocrotalin als Vertreter der 1,2-gesättigten PAs keinerlei toxische Wirkungen, während die 1,2-ungesättigte Form (Monocrotalin) ebenso wie das tertiäre PA-Gemisch (ebenfalls 1,2-ungesättigte PA-Vertreter) in hohen Konzentrationen eine signifikante Steigerung der Mortalität bewirkte.
Die PA-Gehalte in einzelnen Bienen des Fütterungsversuchs mit tertiärem PA-Gemisch zeigte eine breite Streuung. Bereits früh verstorbene Exemplare wiesen im Mittel um 175 μg PAs im Körper auf. Gegen Versuchsende verstorbene Bienen hingegen enthielten im Mittel bis zu 250 μg PAs. Deutlich niedriger waren die mittleren PA-Gehalte von 50 μg in den überlebenden Bienen, bei denen jedoch auch Maximalwerte um die 200 μg pro Einzelbiene erreicht wurden.
Bei der Aufnahme und Speicherung der verschiedenen tertiären PAs bestand keine strukturell bedingte Diskriminierung. Das Alkaloid-Profil in den untersuchten Bienen blieb unverändert zu dem PA-Profil des eingesetzten Futtergemischs. Die quantitative
Wiederfindung der pro Bienengruppe gefressenen PA-Menge in einem Käfig lag bei 61 %.
Es wurde herausgefunden, dass Bienen nicht in der Lage sind, tertiäre PAs durch körpereigene N-Oxidation zu entgiften. Die umgekehrte Richtung der Reduktion von N-Oxiden in die toxischen tertiären Formen wurde in einem Ausmaß von 70 % nachgewiesen. Daraus resultierende Maximalgehalte an tertiären PAs pro Einzelbiene lagen bei 50 μg.
Einmal aufgenommene PAs werden im Bienenorganismus weder in die Hämolymphe resorbiert noch im Fettkörper angereichert. Mit Hilfe von 14C-markierten Standardsubstanzen wurde ein stetiger Transfer sowohl der tertiären als auch der N-oxidierten PAs vom Darm in die Kotblase nachgewiesen.
Von einer erwachsenen Biene in die Honigblase aufgenommene PAs werden bei der Futterübergabe an andere Bienen weitergegeben. Das Ausmaß hierbei war in den Versuchen von der PA-Konzentration im Futter abhängig und nahm mit steigendem PA-Gehalt ab.
Die Larven der Honigbiene sind deutlich empfindlicher gegenüber PAs in ihrer Nahrung. Tertiäre PAs bewirkten bei dem Nachwuchs schon in deutlich geringeren Konzentrationen (ab 0,02 %) signifikant toxische Effekte. Bei N-oxidierten PAs traten diese jeweils bei um Faktor 10 höheren Konzentrationen (0,2 %) auf. Selbst die 1,2-gesättigte Form besaß, in um einen weiteren Faktor 10 erhöhten Konzentrationen (2 %), signifikant toxische Wirkungen auf die Larven.
Wie auch im Erwachsenenstadium besitzen die Larven körpereigene (Vergiftungs-) Mechanismen zur Reduktion von N-Oxiden in die tertiären Formen.
Es wurden detaillierte Informationen zu den vorliegenden PAs in der von Bienen genutzten Futterpflanze E. vulgare sowie über die Verteilung der einzelnen Strukturen in verschiedenen Pflanzenorganen gewonnen. Identifiziert wurden die vier PAs Echimidin, Vulgarin, Acetylechimidin und Acetylvulgarin in jeweils ihren tertiären und N-oxidierten Formen. Das PA-Muster der Einzelstrukturen in den unterschiedlichen Organen der Pflanze ist sehr verschieden. Als eine große Gemeinsamkeit kann die höhere Präsenz der N-Oxide mit ca. 75 % hervorgehoben werden.
Auch die quantitativen PA-Gehalte der untersuchten Pflanzenorgane fielen deutlich unterschiedlich aus. Die bienenrelevanten Teile Pollen und Nektar wiesen mit 1,5 bzw. 0,02 mg/g RÄ ebenfalls mehr oder weniger hohe PA-Gehalte auf.
Das Nebeneinander von PA-Pflanze und Biene ist ein Ergebnis der Natur und stellt kein Problem für einen der Beteiligten dar. Die Honigbiene hat sich im Laufe der Evolution an die PA-Vorkommen in ihrer Umgebung angepasst. Eine Verknüpfung der Ergebnisse verdeutlicht, dass es zwangsweise zu einem Vorkommen der toxischen PAs in den vom Menschen genutzten Produkten Honig und Pollenhöschen kommt. Das Ausmaß, in wieweit es zu einer Verschleppung und Ausweitung von PAs in der menschlichen Nahrungskette kommt, kann in letzter Konsequenz nur der Mensch allein beeinflussen. Die PA-Kontamination von Honig kann durch die Begrenzung des Zugangs der Honigbienen zu PA-Pflanzen (Standortwahl durch den Imker) verringert werden. Zusätzlich kann durch das richtige Handeln im Fall von PA-belasteten Chargen die Ausbreitung in der Nahrungskette gesteuert werden.
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