Einführung
Jim hat Probleme. Er ist Eigentümer von JCB Superstores, und sein lokaler Konkurrent versetzt ihm einen Schlag nach dem anderen. Jims Bilanz sieht furchtbar aus. Er entschließt sich, jetzt zum Angriff überzugehen, und bringt JCB an die Börse. Mit dem Geld aus dem Börsengang kauft Jim seinen Konkurrenten auf und eröffnet einige weitere Filialen in der Stadt.
Die Umsätze steigen, und Jim kann jetzt für die Büroeinrichtungen, die er verkauft, günstigere Einkaufspreise aushandeln. Einen Teil dieser Einsparungen gibt er an die Kunden weiter. Dennoch steigen seine Gewinnmargen, und er investiert seine Profite in den Bau weiterer Filialen.
Jim ruft seinen Freund Tom an und erzählt ihm von seinen Plänen, landesweit zu expandieren. Sie unterhalten sich eine Weile und sprechen über Geschäftsstrategien, mit denen sich die Expansion am besten managen ließe. Als Tom den Hörer auflegt, beschließt er, eigene Nachforschungen über JCB anzustellen. Er besucht einige Filialen und sieht überall dasselbe: überfüllte Parkplätze, Menschen mit bis zum Bersten gefüllten Einkaufswagen und lange Schlangen an den Kassen. Er befragt einige Kunden, um sich ein Bild zu machen, und in einigen Filialen spricht er sogar mit Lieferanten, die gerade ihre Waren anliefern.
Zurück im Büro, führt er eine gründliche Analyse der Finanzlage des Unternehmens durch und sieht sich die Wettbewerber an. Was er sieht, gefällt ihm gut, und daher beauftragt er seine Handelspartner, die Aktie zu kaufen; allerdings zu keinem höheren Kurs als zehn Dollar.
Als die Expansionspläne bekannt werden, gerät man an der Börse in Panik. Schließlich ist die Wirtschaftslage schwach, und angesichts einer drohenden Rezession wie verrückt zu expandieren ist geradezu dumm, wenn nicht gar kriminell. Das meinen jedenfalls die Aktionäre. Die Aktie fällt unter zehn Dollar, und Toms Team kauft. In aller Stille kaufen Toms Leute so viele Aktien, wie sie bekommen können, ohne Verdacht zu erregen. Die Aktie steigt jedenfalls. Sie erreicht wieder elf Dollar, dann zwölf, und bei etwa 13 Dollar fällt sie wieder ein wenig zurück.
Einige Monate vergehen, und die Konjunkturaussichten haben sich nicht im Geringsten verbessert. Die Aktie sinkt auf neun Dollar. Nachdem Tom sich bei Jim über die aktuelle Unternehmenssituation erkundigt hat, kauft sein Team weitere JCB-Aktien. Das fällt nicht schwer, denn die Investoren sind bereit, die Aktie billig abzugeben; vor allem aus steuerlichen Gründen, weil das Jahresende naht.
Sechs Wochen später veröffentlicht JCB seine Umsatzzahlen. Sie sind besser als erwartet. Innerhalb weniger Minuten steigt die Aktie um 15 Prozent und schließt bei 10,75 Dollar. Das ist nur der Anfang. Sechs Monate später ist klar, dass nie eine wirkliche Rezessionsgefahr bestanden hat, und jeder erwartet nun eine boomende Wirtschaftsentwicklung. Die Aktie steigt auf 20 Dollar.
Jahre vergehen, es kommt zu einigen Aktiensplits, und die Urlaubszeit steht vor der Tür. Tom befragt einige Kunden, die gerade aus JCB Superstores-Läden herauskommen, und stellt fest, dass sie alle aus einem bestimmten Grund unzufrieden sind: Die in der Werbung herausgestellten Waren sind nicht erhältlich. Tom forscht weiter nach und stößt auf ein massives Vertriebsproblem, mitten in der besten Verkaufssaison. JCB ist zu schnell gewachsen und hat nicht die erforderliche Infrastruktur, um die Eröffnung einer neuen Filiale pro Woche zu managen.
Tom stellt fest, dass es Zeit ist zu verkaufen. Er weist seine Handelsabteilung an, die Aktie sofort abzustoßen, aber zu keinem niedrigeren Kurs als 28,25 Dollar. Die Händler verkaufen etwa ein Drittel der Bestände, bevor die Aktie unter diese Minimalgrenze fällt.
Wegen der Urlaubszeit scheint alle Welt in Kauflaune zu sein. Unerfahrene Anleger halten den Kurs für günstig und steigen ein. Die großen Brokerhäuser teilen diese Meinung und veröffentlichen positive Analysen, aber Tom weiß es besser. Als die Aktie ihr altes Hoch wieder erreicht, verkaufen seine Händler den Rest der Bestände. Die Aktie bildet ein Top und dreht nach unten. In den folgenden sechs Wochen tendiert sie nach unten, langsam, wie zufällig. Man hat nicht den Eindruck, alle Anleger wollten JCB um jeden Preis loswerden. Es ist nur ein ganz langsames Abdriften nach unten, während sich die cleveren Investoren allmählich von der Aktie verabschieden.
Dann wird bekannt, dass die Umsätze während der Urlaubszeit schwach waren. Es gibt Gerüchte über Distributionsprobleme, Fehler im Vertrieb und Probleme beim Cashflow. Die Brokerfirmen, die sich noch vor Wochen so optimistisch geäußert hatten, raten ihren Kunden nun zum Verkauf. Die Aktie fällt über Nacht um 39 Prozent.
Ein, zwei Analysten schreiben, die Aktie sei überverkauft. Sie sei ein Schnäppchen, und Anleger sollten ihre Bestände aufstocken. Viele Schnäppchenjäger folgen diesem Rat und kaufen die Aktie. Ein grober Fehler. Die Kauflaune verhilft dem Aktienkurs zu einem kurzen Anstieg, bevor eine neue Verkaufswelle einsetzt. Jeden Tag fällt die Aktie ein wenig tiefer, so wie die Wellen am Strand an einer Sandburg nagen. Nach zwei Monaten ist die Aktie um weitere 30 Prozent gefallen.
Im folgenden Quartal meldet JCB Superstores, die Gewinne würden wahrscheinlich weit unter den Schätzungen liegen. Die Aktie fällt noch einmal um 15 Prozent. Das Unternehmen arbeitet daran, sein Distributionsproblem zu lösen, aber das ist keine leichte Aufgabe. Man beschließt, die Expansion zu stoppen und sich auf die Profitabilität der vorhandenen Filialen zu konzentrieren.
Zwei Jahre später sieht sich Tom den Aktienchart wieder einmal an. JCB hat sich lange Zeit kaum bewegt, so, als läge die Aktie im Koma. Er ruft Jim an und spricht mit ihm über die Aussichten von JCB Superstores. Jim zeigt sich ganz begeistert über ein neues Vertriebskonzept namens Internet und über die Möglichkeit, Büromöbel online zu verkaufen, ohne neue Filialen bauen zu müssen. Die Sache ist riskant, weil die Internetgemeinde noch in den Kinderschuhen steckt, aber Jim prognostiziert schnelles Wachstum. Tom ist beeindruckt. Er analysiert das Unternehmen von neuem, und bald darauf kauft er auch wieder JCB-Aktien.
Die Fußspuren der Investoren
Wenn Sie sich die Kursentwicklung von JCB Superstores noch einmal vor Augen führen, sollten Sie drei Chartmuster erkennen: einen Doppelboden, ein Doppel-Top und einen Dead Cat Bounce. Für erfahrene Anleger sind solche Muster keine zufälligen Schnörkel im Chart. Es sind die Fußspuren der cleveren Investoren. Erfahrene Anleger brauchen nichts weiter als diese Fußspuren, um immer größere Reichtümer anzuhäufen. Andere, wie zum Beispiel Tom, müssen hart arbeiten und aufwändiges Research betreiben, bevor sie es wagen, eine Aktie zu kaufen. Die erfahrenen Anleger hinterlassen diese Fußspuren. Sie sind die Vertreter des Smart Money, und sie bestimmen die Spielregeln. Jeder kann sich an diesem Spiel beteiligen. Man nennt es Investieren.
Ob man nun technische oder fundamentale Kriterien anwendet, es zahlt sich immer aus, wenn man weiß, was der Markt denkt. Es lohnt sich, nach diesen Fußspuren zu suchen. Sie können dabei helfen, einen Schiffbruch zu vermeiden und eine Aktie rechtzeitig zu verkaufen. Und die Füße, die diese Spuren hinterlassen, können Sie auch in den Hintern treten, um sie auf eine viel versprechende Investmentchance aufmerksam zu machen.
Dieses Buch vermittelt Ihnen das Werkzeug, solche Fußabdrücke zu erkennen, zu beurteilen, in welche Richtung eine Aktie tendieren wird, wie weit die Kursbewegung gehen wird, und wie verlässlich die Prognose in Wirklichkeit ist. Das Werkzeug allein wird Sie nicht reich machen, aber es ist ein wichtiges Hilfsmittel, um Ihren Wohlstand zu mehren. Verwenden Sie es weise.
Die Datenbasis
Wenn Sie erfahren wollen, was Sie über eine bestimme Chartformation alles nicht wissen, dann versuchen Sie, einem Computer beizubringen, eine solche Formation zu entdecken. Bei den Vorarbeiten für dieses Buch habe ich einige Monate mit dieser Aufgabe verbracht. Das Programm half mir, weit mehr als 15 000 Formationen zu lokalisieren, zu analysieren und zu dokumentieren. Es ist kein Ersatz für meine Augen oder mein Gehirn, aber ein brauchbares Instrument zur Steigerung meiner Fähigkeiten. Betrachten Sie das Programm als ein Paar zusätzliche Augen, als einen Freund, der Sie in die Rippen stößt und sagt: „Schau mal da hin. Das ist eine gewaltige Trendwende!“
Zu Beginn wählte ich 500 Aktien aus, jeweils mit einem Betrachtungszeitraum von fünf Jahren (Mitte 1991 bis Mitte 1996), um anhand der täglichen Kursveränderungen statistische Daten zu erhalten. Zu diesen Aktien gehörten die 30 Titel aus dem Dow Jones Industrial Average und andere bekannte Aktien, die sich hinsichtlich der Marktkapitalisierung deutlich unterschieden. Es kamen nur Titel in Frage, die deutliche Kursbewegungen zeigten, also nicht fünf Jahre lang am Boden lagen, und auch keine außergewöhnlich hohen Kursveränderungen von einem Tag auf den anderen aufwiesen, also zu illiquide oder zu volatil waren.
In der Regel entfernte ich solche Aktien aus der Datenbank, deren Kurs unter einen Dollar sank, denn hier stand womöglich der Konkurs kurz bevor. Die meisten Aktien in der Datenbank stammen von amerikanischen Unternehmen mit hohem Bekanntheitsgrad, und sie werden an der NYSE, der AMEX oder der NASDAQ gehandelt. Die zahlreichen Illustrationen in den einzelnen Kapiteln bieten eine repräsentative Auswahl der Aktien in der Datenbank.
Manchmal kam es zu einer Chartformation, die ein Problem darstellte. Das war so selten, dass 2500 Jahre (500 Aktien mal fünf Jahre) nicht ausreichten. Hier zog ich meine auf Tagesbasis berechnete Datenbank heran. Sie...