25 2. Kapitel
Was macht ein Team erfolgreich?
Ob Teams in der Praxis versagen oder nicht, ist von dem Zusammenspiel und der Dynamik vieler einzelner Faktoren abhängig. Im Wesentlichen lassen sich zwei Dimensionen unterscheiden: „harte“ und „weiche“ Faktoren (Abb. 5).
Unter „harten“ Faktoren fassen wir all diejenigen Aspekte zusammen, die objektiv „messbar“ und empirisch überprüfbar sind, wie z. B. Zeit- und Zielvorgaben, Projektplanung und Aufgabenverteilung etc., während unter den „weichen“ Faktoren die Phänomene erfasst sind, die im Allgemeinen als nur schwer messbar gelten, jedoch von jedem Einzelnen und der Gruppe selbst subjektiv wahrgenommen werden und für den Erfolg eines Teams ebenfalls von entscheidender Bedeutung sind. Dazu gehören u. a. Offenheit, Vertrauen, „Teamgeist“, Toleranz etc. Obwohl alle Faktoren in einer permanenten Wechselwirkung stehen und genau genommen nicht isoliert voneinander betrachtet werden können, seien die wichtigsten Faktoren einzeln beschrieben und herausgearbeitet.
Anhand dieser Ausführungen können Sie selbst eine erste „Teamdiagnose“ erstellen, um z. B. herauszufinden, wie es um ihr eigenes Team oder um die Voraussetzungen für ein Team bestellt ist. Achten Sie dabei nicht nur auf die einzelnen „Erfolgsfaktoren“ an sich, sondern insbesondere auch auf ihre spezifische Ausprägung.
Abb. 5: Die „Teamrakete“
2.1 Die „harten“ Faktoren
Teamziele
„Obwohl weder das genaue Ziel definiert, noch die Vorgehensweise geklärt war, wurden von der Entwicklungsleitung der Geschäftsführung bereits Endtermine für die Serienreife genannt“, so die Klage eines Teamleiters aus der Entwicklung.
27Diese und ähnliche Aussagen sind kein Einzelfall. Erfahrungsgemäß kranken Teams in der Praxis an klaren und verbindlichen Zielsetzungen. Häufig findet man unverbindliche Absichtserklärungen, unrealistische Wunschvorstellungen, vage Ideen und Alibi-Ziele, die keiner der Beteiligten für sinnvoll oder erstrebenswert hält. Manchmal werden Ziele auch erst im Nachhinein festgelegt, während des Prozesses immer wieder geändert oder von Zeit zu Zeit ganz in Frage gestellt. Das Ergebnis ist vorprogrammiert: „Teamverdrossenheit“ – ein zäher Start mit uninteressierten Teilnehmern, der über kurz oder lang zu einer Zersplitterung der Kräfte und Interessen und damit zum vorzeitigen Scheitern führt.
Für die Entstehung, Aufrechterhaltung und den Erfolg eines Teams ist ein verbindliches und verbindendes Ziel von zentraler Bedeutung. Damit der Arbeitsauftrag von allen Mitgliedern als gemeinsame Herausforderung verstanden wird, die die Motivation des Einzelnen und den Zusammenhalt der Gruppe stärkt, müssen Teamziele mehrere Bedingungen erfüllen.
Teamziele müssen…
- eindeutig formuliert sein, damit über ihre Deutung keine Missverständnisse entstehen können,
- messbar definiert sein, so dass ihre Aktualität und der Erfolg des Teams von den Mitgliedern laufend überprüft werden kann,
- schriftlich festgelegt werden, damit sie allen Mitgliedern jederzeit klar in Erinnerung gerufen werden können,
- die Ableitung von Unterzielen erlauben, weil diese verhindern, dass auf dem langen Weg zur endgültigen Zielerreichung den Mitgliedern aufgrund mangelnder Erfolgserlebnisse „die Puste ausgeht“,
- jedem Team-Mitglied so akzeptabel und erstrebenswert erscheinen, dass sie sein volles Engagement zur Zielerfüllung rechtfertigen,
- sich entweder mit den individuellen Zielen der Mitglieder decken oder so faszinierend sein, dass persönliche Ziele zugunsten der gemeinsamen Herausforderung zurückgestellt werden,
- 28von jedem Einzelnen einen Einsatz abverlangen, der einerseits eine klare Herausforderung darstellt, aber andererseits nicht permanent an die Grenzen der Leistungsfähigkeit geht und
- den Mitgliedern so vermittelt werden, dass sich alle Beteiligten ausnahmslos für ihre Erreichung voll verantwortlich fühlen.
Außerdem besteht, wie Abb. 6 zeigt, eine besondere Problematik darin, die Teamziele in den Kontext der bereits bestehenden Ziele von Unternehmen, Teilbereichen, Abteilungen, Vorgesetzten, Mitarbeitern etc. so einzubetten, dass sie sich nahtlos bzw. ergänzend einfügen. Fraglos treten dabei häufig offene oder verborgene Zielkonflikt e auf, die diskutiert und gelöst werden müssen, bevor ein effektives Arbeiten möglich ist. Je besser diese Gesamtabstimmung und Integration bereits zu Beginn eines Vorhabens gelingt, desto größer sind auch die Chancen für einen erfolgreichen Abschluss.
Abb. 6: „Zielchaos“ versus „Zielintegration“ beim Teammanagement
Kurzum: Jedes Team braucht ein Ziel – ob von außen gesetzt oder im Rahmen übergeordneter Ziele selbst festgelegt. Wesentlich ist, dass Zielsetzungen anerkannt und als wichtig erachtet werden. Dies ist allerdings in der Regel eher zu erwarten, wenn das Team Gelegenheit hat, an der Zielformulierung und Aufgabenstellung mitzuarbeiten. Dabei ist wichtig, das gewünschte Resultat zu quantifizieren und klar zu umreißen, mit welchen Maßstäben die Leistung des Teams zu messen ist. Dazu allerdings braucht es Verständnis und Wissen über Hintergründe, Strategien und Perspektiven. Für eine dauerhafte Identifikation mit einer Zielsetzung müssen zudem objektive 29und subjektive Ziele zumindest in Teilbereichen übereinstimmen. Konkret: Das einzelne Teammitglied muss mit der Erreichung des betrieblichen Ziels zugleich auch persönliche Ziele (wie z. B. Anerkennung, Erfolg, Entwicklung, Einkommen, Qualifizierung, fachliche Interessen) zu einem gewissen Maß befriedigen können. Ist dies über längere Zeit nicht möglich, reduziert sich der teamspezifische Motivation seffekt, bzw. an seine Stelle tritt Gleichgültigkeit und Frust.
Teamführung
Teamarbeit ist kein demokratisches oder „antiautoritäres“ Konzept. Unter Umständen kann eine weitgehend direktiv geführte Gruppe ein gutes Team sein, ebenso wie eine Gruppe Gleichgestellter.
Die Frage ist hier eher die Art und Weise, wie Führung praktiziert und organisiert wird. Führung im Team ist nicht Selbstzweck, sondern hat eine Dienstleistungsfunktion für Leistungserstellung, Problembewältigung, Teamerhalt und -entwicklung. Sie ist also abhängig von der Art und den Umständen des Auftrags, den strukturellen Bedingungen und der personellen Zusammensetzung des Teams. Damit ist Führung ein Vorgang in und mit dem Team und in diesem Sinne partizipativ. Sie darf nicht dauerhaft ohne das Team oder auf Kosten des Teams geschehen.
Teams brauchen eine klare Führung. Allerdings wesentlich weniger wie bisher über Machtstrategien und Hierarchie als über Entwicklungsorientierung und Einbindung der Betroffenen. „Zug statt Druck“ lautet das Motto des „teamorientierten Führungsstils“, der vom Teamleiter neben einer hohen fachlichen Akzeptanz erhebliche methodische, organisatorische, soziale und persönliche Kompetenzen verlangt, die auf die produktive Zusammenarbeit und Entwicklung des Teams als Ganzes und der einzelnen Teammitglieder gerichtet sind.
Ein Team kann nur dann seine optimale Leistungsfähigkeit bewahren, wenn die Mitglieder die Führungskraft als Träger ihrer Teambemühungen ansehen und ihr in der Art und Weise, wie sie Führung gestaltet, weitgehend zustimmen.
30Ein gutes Team führt sich in Teilbereichen selbst, das heißt es entwickelt und akzeptiert ein prozesshaftes und komplexes Vorgehen für
- Zielfindung, Strategie, Methodenentwicklung,
- Arbeitsteilung , Gestaltung, Spielregeln ,
- Kontrolle, Reflexion, Situationsanalyse und Konfliktregelung.
Da Kontrolle von oben nur sehr sporadisch und strukturiert stattfindet, entwickelt sich in guten Teams beispielsweise das, was man subtile Kontrolle untereinander nennen könnte. Sie reicht von Kontrolle durch gegenseitige Anerkennung bis zur Kontrolle durch Kollegen- bzw. Gruppendruck.
Führung im Team bedeutet hier die gemeinsame Gestaltung eines Prozesses, der je nach Reifegrad des Teams und je nach dem zu lösenden Problem im Prinzip von jedem Teammitglied nach vorher festgelegten Regeln oder Vereinbarungen (z. B. zeitlich oder thematisch begrenzt) übernommen werden kann. Durch dieses „rollierende Führungsprinzip“ gewinnt das Team an Flexibilität und Stärke, wenn (in schwierigen Situationen oder bei wichtigen Entscheidungen ) jeweils das Mitglied das Steuer in die Hand nimmt, das angesichts des vorliegenden Problems über das notwendige fachliche und methodische Wissen und/oder das erforderliche Feingefühl verfügt. Funktional kann dieses Vorgehen über die Stellvertreterregelung festgelegt werden. Nimmt die Führerrolle in einem Team jedoch ausschließlich eine bestimmte Person wahr, birgt dies u. a. folgende Gefahren:
- Die anderen Team-Mitglieder entwickeln in Bezug auf Führung eine gewisse Unselbstständigkeit und Passivität.
- Es kommen nicht die zur Bewältigung der Situation am...