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E-Book

Ich bin dann mal vegan

Glücklich und fit und nebenbei die Welt retten

AutorBettina Hennig
VerlagS. Fischer Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2014
ReiheFischer Paperback 
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783104030852
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
***Endlich Spaß am Trend: Vom Zufall zum entspannten Lebensglück!*** Vegan leben? Was isst, auf was verzichtet man? Bettina Hennig wagt das Experiment und verbannt Fleisch, Fisch, Milch, Eier und Honig aus der Küche, trinkt ihre erste vegane Sojalatte und diskutiert mit ihrem Freund über den Veggieday. Sie geht zu einer Tierdemo, wühlt mit einer Freeganerin im Müll nach verwertbaren Lebensmitteln und lädt zu TV-Abenden mit Filmen wie »Nie wieder Fleisch« ein. Sie enttarnt Ernährungslügen und spricht Wahrheiten aus, die keiner hören will. Sie kontaktiert sogar Bill Clinton, der auch Veganer ist. Und: Sie verliert jeden Tag an Falten und Gewicht und gewinnt an Vitalität. ?Ich bin dann mal vegan? ist das Protokoll eines Experiments, das auf vier Wochen angelegt war und nun ein Leben lang andauern wird. Denn: Bettina Hennig wurde jeden Tag glücklicher und fitter und rettet seither ganz nebenbei auch noch die Welt!

Bettina Hennig schweigt über ihr Alter, denn seit sie sich rein pflanzlich ernährt, wird sie sehr viel jünger geschätzt. Das nutzt sie schamlos aus. Sie ist promovierte Kommunikationswissenschaftlerin, Dozentin, Journalistin und Buchautorin (u.a. des Bestsellers ?Der frühe Vogel kann mich mal?). Wenn sie nicht in Hamburg is(s)t, lebt sie in Berlin.

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Leseprobe

Drei Männer, drei Entscheidungen


Wie alles anfing? Natürlich mit einem Mann. Genau genommen waren es sogar drei Männer, die meine Entscheidung, mich vegan zu ernähren, beeinflussten. Attila Hildmann, Jonathan Safran Foer und ein Mann, dessen Namen ich hier besser nicht erwähne. (Sie werden dann schon sehen, warum.)

Alle drei haben ihren Teil dazu beigetragen: Durch den Mann, dessen Namen ich nicht erwähnen will, wurde ich von einer Fleischesserin zur Vegetarierin, Foer verdarb mir den Appetit auf Fisch, Hummer, Langusten, Muscheln und Austern, und Attila half mir, auf Milch, Käse, Eier und Honig zu verzichten. Da Attila der wichtigste der drei Männer war, fange ich mit ihm an.

Als ich ihn traf, belegte er mit seinen Kochbüchern »Vegan for Fit« und »Vegan for Fun« die Toppositionen der Amazon-Bestsellerliste. Mal Platz 1, mal Platz 3, mal Platz 5 – aber nie im zweistelligen Bereich und immer vor »Shades of Grey«. Das will etwas heißen, die drei Teile von »Shades of Grey« haben sich weltweit über 100 Millionen Mal verkauft.

Ich arbeitete zu dieser Zeit bei einem ziemlich jungen und hippen Lifestyle-Magazin in Hamburg, obwohl ich selbst gar nicht mehr so jung und auch nicht besonders hip bin, und war ständig auf der Suche nach neuen Trends und Themen. Attilas Erfolg war für mich, na ja, ein gefundenes Fressen. Ich schlug ihn in der Redaktionskonferenz vor, aber die Kollegen hatten ihre Zweifel: Ist das nicht ziemlich spaßfrei, so vegan zu leben?

Veganer – das sind doch diese Spielverderber, die so berauscht sind von ihrer eigenen Rechtschaffenheit, dass sie uns die schicken Isabel-Marant-Schuhe ausreden wollen. Das sind doch die, die einem jeden Bissen in den Mund zählen und dann gleich anfangen, von den armen Schweinen zu reden und den armen Hühnern. Und wenn es nicht um ein armes Tier geht, dann reden sie über den Methanausstoß bei Kühen, womit sie eigentlich nur sagen wollen, dass Kühe verdammt viel rülpsen und furzen, was den Treibhauseffekt befördert, und es dann auf der Erde viel zu warm wird und wir alle sterben müssen. Da es viele Kühe gibt, da viele Kühe gegessen werden. Ich gebe zu, meine Kollegen sind etwas extrem.

Aber dann zeigte ich ihnen ein Foto von Attila, und alle sagten: »Ooooh, der ist aber süß! Zum Anbeißen!«

In einer jungen und hippen Lifestyle-Redaktion, die täglich Fotos von Ryan Gosling, Bradley Cooper und Prinz Harry in höchst erfreulichen Posen (am Strand, bei einer Party, oben ohne) zu sehen bekommt, bedeutet das schon was. Man sah förmlich, wie alle dachten: Gibt es eigentlich auch Oben-ohne-Fotos von Attila? Aber keiner sprach es aus.

Kurzum: Meine Chefin sagte »Go!«.

Zwei Minuten später hatte ich Attilas Agentin am Telefon, zwei Stunden später hatte ich mein Interview. Doch damit war ich beim nächsten Problem: Ich trug ein Leder-Top und Wildlederstiefel, die über die Knie reichten. Im Lederlook einen Veganer interviewen? Geht gar nicht! Mist, dachte ich. Was tun? Ich hatte keine Zeit mehr, mich umzuziehen, und die Damen aus dem Moderessort konnten mir auch nicht aushelfen. Größe 32, Einheitsgröße aller Models, hatte ich zuletzt mit zwölf.

Um meinen Fauxpas zu vertuschen, schlug ich Attila als Treffpunkt das »Fairy Food« vor, einen veganen Imbiss in der Hamburger Innenstadt, der gerade neu eröffnet hatte (und inzwischen leider schon wieder dichtgemacht hat).

Und was mein Leder-Top betrifft? Ich drapierte großzügig ein Tuch darüber.

Als Attila aus dem Taxi stieg, fiel mir sofort auf: Auch er trägt Lederschuhe. Sah zumindest so aus, ich will ihm ja nicht unrecht tun. Ich war jedenfalls erleichtert.

 

Im Interview erzählte er dann erst mal das, was er eigentlich immer erzählt. Er sprach über seinen Vater, der von den Ärzten wegen seiner schlechten Blutwerte gewarnt worden war und dann im Jahr 2000 an einem Herzinfarkt starb, weil ihm das Frühstücksei, die Wurst und das Schnitzel wichtiger waren als seine Gesundheit. Er erzählte von sich selbst, wie er durch den Tod seines Vaters erst zum Vegetarier, dann aber, weil seine Cholesterinwerte immer noch zu hoch waren – als Vegetarier isst man eben viel Käse –, schließlich zum Veganer wurde. Und wie sich seine Werte, sein Leben, sein Lebensgefühl seitdem verändert hatten.

Und dann erzählte er von den anderen Veganern, die ihn für inkonsequent hielten, weil er nicht ständig über furzende Kühe spricht – und auch, weil er anfangs noch Lederschuhe getragen hat. Die Schuhe, die er beim Interview trug, waren übrigens aus Imitat, wie sich herausstellte.

Und da wurde es für mich interessant.

»Ich bin halt kein Dogmatiker«, sagt er. »Ich bin schon froh, wenn die Leute nur einen Tag in der Woche mal Fleisch weglassen. Deshalb geht meine Challenge ja auch nur über 30 Tage. Dann kann es jeder einmal ausprobieren und gucken, wie es ihm bekommt.«

Aha. Challenge ist natürlich ein klug gewähltes Wort. Es hört sich nach »Germanys Next Topmodel« an oder nach Stefan Raabs Stock-Car-Rennen. Ganz normale Dinge werden so zu immerwährenden Abenteuern, die es in Dschungelmanier zu bestehen gilt. Anziehen, Auto fahren – alles gerinnt zum Überlebenskampf. Wie kaufe ich in zwei Stunden ein komplettes Abendoutfit ein? Wie komme ich als Erster ins Ziel, ohne abgedrängt zu werden? Attila überträgt dieses Prinzip auf das Alltäglichste der Welt, das Essen. In seiner Versuchsanordnung geht es nur darum, alle tierischen Produkte vom Speiseplan zu streichen und regelmäßig Sport zu treiben. Und das 30 Tage lang.

Schön und gut, aber eine Challenge? Ist das wirklich eine Herausforderung? Da sollte man mal ein paar orthodoxe Christen oder praktizierende Hindus fragen, was sie von so einer Challenge halten! Es gibt religiöse Splittergruppen, die trinken einmal pro Woche nur heißes Wasser – ohne Ingwer. Ein paar Tage nur Gemüse essen, und davon so viel man will? Wo ist denn da die Challenge, dachte ich bei mir.

Jedenfalls hat Atilla den richtigen Ton für das gefunden, was viele als Verzicht empfinden.

Ich frage ihn: »Und wenn man danach wieder Lust hat auf Schinken?«

»Dann nur zu! Ich bevormunde die Menschen nicht.«

Stimmt. Er hatte noch nichts zu meinem Leder-Top gesagt.

Ein Veganer also, der die anderen nicht missionieren wollte, sondern einfach nur vorlebte, wie gut es ihm mit seiner Entscheidung ging – das gefiel mir. Das war der Moment, an dem ich das erste Mal dachte: Sollte ich es vielleicht auch einmal probieren? 30 Tage sind ja überschaubar.

Allerdings: Ich bin nicht der Typ, der sich lange in der Küche aufhält. Kochshows halte ich für Banane, weil man das ja ohnehin nie nachkocht, und wenn man es doch tut, sieht es nie so lecker aus wie im Fernsehen. Ich mache mir meist irgendwelche Gemüsepfannen oder große Schüsseln mit Salat, die ich dann – ich lebe allein – ganz unelegant in mich reinstopfe.

Ich guckte mir Attilas Rezepte an, sie waren mir zu kompliziert. Sie sehen sehr lecker aus, aber auch nach viel Zeit, die man in der Küche verbringt. Das sprach dagegen.

Aber dann erzählte er mir, dass er gemeinsam mit 100 Leuten seine Challenge gemacht hätte und sie innerhalb von 30 Tagen zusammen eine halbe Tonne Fett verloren hätten – ohne zu hungern. Ganz einfach durch die Ernährungsumstellung. Das ganze Projekt sei in einem Extraheft zu »Vegan for Fit« dokumentiert.

Eine halbe Tonne Fett? Ich rechnete schnell nach: Das sind fünf Kilo pro Person oder – Moment … 500 Kilo geteilt durch 250 Gramm – 2000 Pakete Butter. Wow! Nicht schlecht! Damit hatte er mich. Absolut.

Ich kenne keine Frau, die nicht pausenlos auf Diät ist, ich gehöre auch dazu. Seit ich aus der Schule raus bin, kämpfe ich mit meinem Gewicht, obwohl mir viele versichern, dass das nicht unbedingt nötig sei. Aber was heißt das schon? Auf Diät zu sein gehört wohl zum Leben einer modernen Frau.

 

Als ich nach dem Interview nach Hause komme, verschaffe ich mir einen Überblick über die Lage in meinem Kühlschrank: Milch, Joghurt, ein halbvolles Glas Honig, Pizza … Was soll ich jetzt damit machen? Wegwerfen? Puh.

Ich bin noch so erzogen worden, dass man Lebensmittel nicht wegwirft. Ich habe sofort ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht weiß, was ich mit den Sachen machen soll. Dann denke ich: Ach, das entscheide ich morgen. Heute habe ich schon entschieden, mich vegan zu ernähren. Eins nach dem anderen. Dann gehe ich zu Bett.

+++

Zu dem Zeitpunkt, als ich Attila traf, war ich schon seit einem Jahr Vegetarierin. Auch diese Entscheidung hatte ich, wie bereits erwähnt, wegen eines Mannes getroffen.

Ich war ja eigentlich überall als Fleischesserin bekannt. Als leidenschaftliche Fleischesserin. Mein Credo war: Alles unter 400 Gramm ist Carpaccio – das hatte ich von Horst Lichter übernommen, der das oft in seinen Kochsendungen sagt. Betrat ich meine Lieblings-Fleischerei Beisser (Schlachtruf: »in Hamburg seit 1836«) am Eppendorfer Baum, stritten sich die Gesellen darum, mich bedienen zu dürfen. Welcher Frau kann man denn sonst so ungehemmt die besten Stücke aus der Kühltheke präsentieren! Es waren junge Männer, und natürlich machten sie es sich zum Sport, mich zu einem ihrer Grillfeste einzuladen, die sie anlässlich der Fußball-EMs oder...

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