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Implementierung Shareholder Value

AutorJürgen Weber, Norbert Knorren
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl55 Seiten
ISBN9783527666089
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR

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Leseprobe

2


IMPLEMENTIERUNGSHÜRDE 1 : DAS PROGNOSEPROBLEM


Seit jeher gehört das Problem der Prognoseunsicherheit zur Wirklichkeit jeder Planung. Eine neue Dimension gewinnt es allerdings im Rahmen der Shareholder-Value-Ansätze. Ein weit in die Zukunft reichender Prognosehorizont und der Anspruch auf eine strategische Dimension der Planung („kein reines Fortschreiben“) soll mit der hohen Exaktheit monetärer Planungsgrößen (Cash-Flows, Kapitalkosten und Kapitalstruktur) verbunden werden. Wir zeigen nachfolgend in einzelnen Abschnitten das Prognose-Problem der Cash-Flows und der Kapitalkosten sowie entsprechende Lösungsansätze auf, bevor in einem letzten Abschnitt die Behandlung des Prognose-Problems in den drei, im Forschungsprojekt untersuchten Unternehmen dargestellt wird.

1. CASH-FLOWS


Wie lassen sich Cash-Flows prognostizieren?


Eine Prognose wird hier verstanden als die Beschreibung möglicher bzw. wahrscheinlicher zukünftiger für das Unternehmen relevanter Tatsachen. Zum Zweck dieser Prognose (vgl. Hansmann, 1993) ist zum einen der Prognosegegenstand („Was soll prognostiziert werden?“) und der Prognosehorizont („Für wieviel Jahre soll prognostiziert werden?“) festzulegen.

Zum anderen sind Erklärungmodelle für den Prognosegegenstand auszuwählen („Was erklärt bzw. beeinflußt den Cash-Flow?“) und entsprechende Prognose-Ansätze und Verfahren durchzuführen; auf die Darstellung dieser beiden letztgenannten Elemente wird hier jedoch verzichtet (vgl. dazu das Heft 2 dieser Schriftenreihe und die ausführliche Literatur, so beispielsweise Brockhoff, 1989). Den Abschluß muß ein kritisches Hinterfragen und Interpretieren der Prognoseergebnisse („Sind die Ergebnisse plausibel? Was sagen sie aus?“) bilden.

Prognosegegenstand – „Was soll prognostiziert werden?“


Prognosegegenstand sind – wie anfangs ausgeführt – die Free-Cash-Flows. Sie zeigen sich allerdings in den unterschiedlichen Shareholder-Value-Ansätzen keinesfalls homogen, sondern unterliegen substantiellen inhaltlichen und definitorischen Variationen:

  • So bildet beispielsweise der Auffassung von Bühner folgend der Free-Cash- Flow zusammen mit den Zinszahlungen den Netto-Cash-Flow (vgl. Bühner, 1994, S. 15).
  • Für Lewis addiert sich dagegen der Netto-Cash-Flow zusammen mit den Zinszahlungen zum Free-Cash-Flow – die Definition ist also genau spiegelbildlich (vgl. Lewis, 1995, S. 259).

Offensichtlich zielt Bühner auf den den Eigentümern zufließenden und Lewis auf den allen Kapitalgebern zufließenden Cash- Flow ab; hier handelt es sich also „nur“ um einen begrifflichen Unterschied. Die durch derartige Unterschiede in der Praxis ausgelösten Mißverständnisse und Probleme – insbesondere die Kommunikationsschwierigkeiten – dürfen jedoch nicht unterschätzt werden. Sie werden weiter dadurch verstärkt, daß die im Rahmen der Shareholder-Value-Ansätze vorgeschlagenen Methoden zur Ableitung der Cash- Flows unterschiedliche Wege gehen (direkte versus indirekte Ableitung) und zudem inhaltliche Unterschiede (insbesondere bei der Behandlung von Steuern und von Rückstellungen) aufweisen. Das Problem liegt deshalb nicht in der inhaltlichen Konsistenz der einzelnen Ansätze; diese ist gegeben. Vielmehr arbeiten unterschiedliche Ansätze mit gleichen Begriffen und ähnlichen, im Detail aber unterschiedlichen Inhalten.

Wichtig für die Operationalisierung ist folglich, daß ein „babylonisches Sprachwirrwar“ gerade zu Beginn der Implementierung der Shareholder-Value-Perspektive vermieden wird. Eine eindeutige Festlegung der Definitionen und in der Folge eine Definitions- und Methodenkonstanz ist für die Akzeptanz des gewählten Ansatzes im Unternehmen von großer Wichtigkeit.

Prognosehorizont – „Für wieviel Jahre soll prognostiziert werden?“


Der Prognosehorizont sollte einen adäquat langen Zeitraum umfassen – doch welcher Zeitraum ist adäquat? In der Unternehmenspraxis trifft man in aller Regel bestenfalls auf einen Prognosehorizont von 7 Jahren. Das damit entstehende große Gewicht des Fortführungswertes wird angesichts der Schwierigkeiten eines längeren expliziten Prognosehorizontes akzeptiert. Unterstellen wir den einfachen Fall: Konstante jährliche Cash-Flows und Bestimmung des Fortführungswertes über das Verfahren der Ewigen Rente. Dann ist das Gewicht des Fortführungswertes am Gesamtwert zum einen von der Länge der Planungsperiode (je länger die Planungsperiode, desto weniger Gewicht hat der Fortführungswert), zum anderen von den Kapitalkosten abhängig (je niedriger die Kapitalkosten, desto mehr bestimmt der Fortführungswert den Unternehmenswert).

Gehen wir für eine Beispielrechnung weiterhin davon aus, daß die realen Kapitalkosten mit 7% festliegen. Dann macht – wie die nachstehende Abbildung zeigt – der Fortführungswert bei einer siebenjährigen Planungsperiode fast zwei Drittel (61%) des Gesamtwertes aus. Verhältnismäßig wenig Gewicht kommt ihm erst bei einer starken Ausdehnung der Planungsperiode zu: Bei dem in der Realität für Wettbewerbsmärkte wohl nie solide explizit planbaren Zeitraum von 25 Jahren wird nur noch ein Wert von 17% erreicht.

Einfluß der Länge der expliziten Cash-Flow- Planungsperiode auf die Bestandteile des Gesamtwerts

Es gilt der Forderung gerecht zu werden, daß der Prognosehorizont mindestens die Dauer eines Konjunktur- bzw. Lebenszyklus der betrachteten Produkte aufweisen sollte. Dies wird beispielsweise in der Bauindustrie durch eine Periode von sieben Jahren erreicht; in der forschenden pharmazeutischen Industrie mit sehr langen Forschungs- und Entwicklungszeiten ist eine längere Planungsperiode angebracht. Insofern lautet die Antwort auf die einleitend gestellte Frage: „Welcher Zeitraum ist adäquat?“ wie so oft im Leben: Es hängt vom Einzelfall (d.h. von der Art des Geschäftsfeldes) ab!

In der Unternehmenspraxis verfügen viele Unternehmen nur über eine rollierende 3- Jahres-Planung. Selbst bei Vorliegen einer entsprechenden 5-Jahres-Planung gestehen die Planungsverantwortlichen oftmals ein, daß die Werte der letzten zwei Jahre zumeist mehr einer Extrapolation der ersten Planungsjahre („Fortschreibung des Trends“) als einer detaillierten Bottom-Up- Planung gleichen. Dann reduziert sich die explizite Planungsperiode jedoch de facto auf drei Jahre. Für die Ermittlung des Shareholder-Value ergeben sich daraus unliebsame Konsequenzen: Kleine Veränderungen im Free-Cash-Flow der Berechnung des Fortführungswertes haben dann große Wertveränderungen zur Folge. Dadurch steigt die Anfälligkeit des Shareholder- Value-Ansatzes für entsprechende Manipulationen der Planung. Unternehmen sollten deshalb im Falle einer etablierten Planung mit sehr kurzem Prognosehorizont die Einführung von Shareholder-Value- Konzepten als Anlaß zur Verlängerung der Planungshorizonte nehmen.

Erklärungsmodelle – „Was erklärt bzw. beeinflußt den Cash-Flow?“


Cash-Flows sind Resultate betrieblichen Handelns. Sucht man nach Erklärungsmodellen für die Höhe der Cash-Flows, hat man folglich nach solchen für das zugrundeliegende Geschäft zu suchen. Hier verweisen die Shareholder-Value-Ansätze auf Größen wie beispielsweise die Umsatzrentabilität.

Für sich alleine reichen solche Größen als Erklärungsansatz allerdings nicht aus, denn sie sind selbst das Ergebnis vorgelagerter Faktoren. Die Umsatzrentabilität beispielsweise leitet sich aus Kosten- und Leistungseinflußgrößen ab. Wird hingegen eine Werttreiber-Hierarchie gebildet, die diese Größen in operative Kennzahlen disaggregiert, so können die geschäftsspezifischen Einflußgrößen auf den Unternehmenswert aussagekräftiger abgebildet werden. Die Umsatzrentabilität spaltet sich dann in operative Werttreiber auf, die in beliebiger Detaillierung die „Treiber“ des jeweiligen Geschäftes im Sinne wichtiger operativer Einflußgrößen widerspiegeln – auf ein entsprechendes Beispiel im Band 2 dieser Schriftenreihe sei explizit hingewiesen.

Derartige operative Werttreiber werden von der Unternehmenspraxis als gute Ansatzpunkte für die Erarbeitung eines besseren Geschäftsverständnisses gesehen. Je tiefer die Werttreiber und die damit verbundenen Kennzahlen im operativen Geschäft verankert sind (beispielsweise „Anzahl Besuche des Außendienstmitarbeiters bei einem Key-Account-Kunden eines speziellen Segmentes pro Periode“) und je deutlicher eine kausale Verknüpfung dieser Werttreiber mit anderen Größen (beispielsweise „Deckungsbeitrag pro o.g. Key- Account-Kunden“) zu beschreiben ist, desto einfacher sind Maßnahmen und Strategien bezüglich ihres Wertbeitrages zu...

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