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Integration von Zuwanderern in Italien

Gesetzliche Grundlagen, politische Akteure und die Umsetzung integrationspolitischer Maßnahmen am Beispiel der Emilia Romagna

AutorMaren Borkert
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl297 Seiten
ISBN9783531917948
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis46,99 EUR
Migration ist einer der bedeutsamsten Faktoren für gesellschaftlichen Wandel weltweit. Ihre Effekte und Konsequenzen stellen Gesellschaften und Politiker vor immense Herausforderungen. Maren Borkert untersucht gesetzlich-programmatische Grundlagen der italienischen Integrationspolitik und deren Umsetzung am Beispiel zweier zentraler Bereiche: der Eingliederung von Kindern mit Migrationshintergrund in die staatliche Grundschule und Sprachkurse für erwachsene Zuwanderer. Das Mehrebenensystem integrationspolitischen Handelns wird auf Implementationsbarrieren hin analysiert und das Zusammenspiel autochthoner und immigrierter Akteure und Bürger im schwierigen Prozess der Anpassung an eine alltäglich gewordene Diversität untersucht.

Maren Borkert ist Cluster Assistentin des Europäischen Exzellenznetzwerkes 'Immigration, Integration, Social Cohesion (IMISCOE)' und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Soziologie II der Universität Bamberg.

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Leseprobe
"4.2.1a Die Befragung der Akteure integrationspolitischer Maßnahmen (S. 84-85)

Anhand der theoretisch-methodischen Vorüberlegungen von Meuser und Nagel und deren Implikationen soll nun die eigene Interviewkonzipierung erläutert werden. Die in der vorliegenden Untersuchung verwendeten Leitfäden zur Expertenbefragung96 berühren Themenfelder, die auf der Grundlage fachlicher Kenntnisse des Landes und italienischer Forschungsliteratur als relevant identifiziert wurden.

Die dortigen Reflexionen zum Integrationskonzept Italiens und die Vorschläge zu Verbesserung der Integrationspraxis divergieren zum Teil erheblich. Eine ihrer grundsätzlichen Gemeinsamkeiten besteht jedoch darin, die Ineffizienz der bisherigen italienischen Integrationsbemühungen zu beklagen und festzustellen, dass die Eingliederung der Zuwanderer bislang weitestgehend zivilgesellschaftlichem Engagement und dem „freien Markt"" überlassen wurde. Zincone hält in diesem Zusammenhang fest, dass die Diskrepanz von Gesetzen und ihrer administrativen Umsetzung ebenso typisch für das politische Systems Italiens ist wie die große Entscheidungsfreiheit von Verwaltungen und Staatsbeamten bei der Realisierung gesetzlicher Vorgaben.

Die Eingliederung und Interessenvertretung der Immigranten sei vor allem durch meist katholische Freiwilligenverbände wahrgenommen worden. Guido Bolaffi hingegen führt die Ineffizienz der Integrationsbemühungen Italiens auf eine historisch nur gering ausgeprägte Kooperation zwischen den italienischen Behörden und die mangelnde Professionalität der zuständigen Ämter zurück, deren Beamte nicht migrationsspezifisch geschult seien. Maurizio Ambrosini und Fabio Berti heben die Rolle des Marktes bei der Eingliederung der Zuwanderer hervor. So steht, laut Ambrosini, der ökonomischen Profitabilität der Immigranten ihre soziale Nicht-Akzeptanz gegenüber.

Während sich die Zuwanderer an dem flexiblen, anspruchslosen Arbeitsplatzangebot der italienischen Wirtschaft orientiert haben, bewege sich die italienische Gesellschaft zwischen einer rigorosen Schließung gegenüber Migranten und einer geringen Aufmerksamkeit ihnen gegenüber. Als zentrale Elemente des von ihm diagnostizierten „impliziten italienischen Integrationsmodells"" identifiziert Ambrosini

a) die „spontane"" Ankunft und Eingliederung der Immigranten, de ren Zuwanderung nicht der Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte oder effizienten Programmen der Quotierung gefolgt sei,
b) eine geringe institutionelle Regelung der Migration in Italien,
c) den signifikanten Einfluss lokaler Akteure (Freiwilligenvereine, kirchliche Institutionen und Gewerkschaften), die angesichts des geringen Gewichts nationaler öffentlicher Einrichtungen aus Eigeninitiative heraus ein Minimalangebot an Aktivitäten entwickelt hätten,
d) die oszillierende Haltung der Aufnahmegesellschaft zwischen einer auf humanitären Einstellungen basierenden Öffnung und einer gleichzeitig wachsenden Verschlossenheit,
e) die stark ausgeprägte informelle Komponente der Migration, der Regularisierungs- und Stabilisierungstendenzen gefolgt seien, f) die Fähigkeit der Zuwanderer, den Bedarf des italienischen Wirtschaftsystems zu begreifen und sich daran anzupassen,
g) die sehr rasch fortschreitende Stabilisierung des Migrationsphänomens in Italien und
h) die spontane Verbreitung von Hilfskanälen innerhalb einer Migrantengruppe.

Auch Berti stellt hinsichtlich der Situation der Zuwanderer in Italien fest, dass diese in der Mehrzahl der Fälle nicht mit Solidarität und Hilfe rechnen konnten, sondern den „Zufälligkeiten des Marktes"" ausgesetzt gewesen seien. Allein einige NGO’s und Freiwilligenverbände hätte eine Art „Insel- oder Enklavensolidarität"" entwickelt (Ambrosini 2001: 24-29, Berti 2000: 23-43, Bolaffi 2001: 117-126, Zincone 1995: 139 und 142, Zincone 2000: 31f).

Die Ausführungen der zitierten italienischen Wissenschaftler verdeutlichen die Annahme einer im Allgemeinen defizitären Umsetzung integrationsrechtlicher Vorgaben in Italien. Ihre Ausführungen legen nahe, dass eine solche fehlerhafte Implementation erstens auf eine ineffiziente formale Organisation, zweitens auf die mangelnde Interaktion der beteiligten Akteure und drittens auf die geringe fachliche Qualifikation der Migrationsbeamten zurückzuführen ist."
Inhaltsverzeichnis
Danksagung5
Inhaltsverzeichnis6
1 Einleitung9
2 Zuwanderung in Italien und der Emilia-Romagna16
2.1 Die Probleme der Datenerhebung zur Migration in Italien16
2.2 Die Präsenz der Zuwanderer in der Region Emilia-Romagna1020
3 Die Integrationspolitik und ihre gesetzlichen Grundlagen25
3.1 Grundlagen der Integrationsforschung25
3.2 Gesetzliche Grundlagen der Migrations- und Integrationspolitik in Italien28
3.3 Gesetzliche Grundlagen der Integrationspolitik der Emilia-Romagna37
Landesregierung Verfasserin58
4 Die Implementierung integrationspolitischer Maßnahmen in der Emilia- Romagna64
4.1 Grundlagen der Implementationsforschung64
4.2 Die eigene Implementationsanalyse69
4.3 Integrationspolitik im sozialpolitischen Bereich: der Nationale Fond für Migrationspolitiken11180
4.4 Integration im Schulwesen: das Prinzip der „interkulturellen Erziehung“149
4.5 Die Ergebnisse der Implementationsanalyse und ihre Grenzen178
5 Auf dem Weg zur akteursorientierten Implementationsforschung: Situationsdefinitionen und kollektive Orientierungen zu Zuwanderern und Zuwanderung203
5.1 Theoretische Grundlagen zu handlungsleitenden Situationsdefinitionen und kollektiven Orientierungsmustern203
5.2 Die Wahrnehmung der Zuwanderer und Zuwanderung in der Landesregierung213
5.3 Das faktische Zusammenleben von Immigranten und Autochthonen in Luzzara219
5.4 Das faktische Zusammenleben von Immigranten und Autochthonen in Rimini241
5.5 Bestehende Situationsdefinitionen und Orientierungsmuster258
6 Schlussfolgerungen264
Literaturverzeichnis281
Anhang297

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