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E-Book

Lebensmittelhygiene in der Hauswirtschaft

Fachbuch

AutorUlrike Kleiner
VerlagVerlag Neuer Merkur
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783954098019
Altersgruppe16 – 99
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Täglich werden in Deutschland Millionen von Menschen über die Außer-Haus-Verpflegung mit Speisen versorgt, insbesondere über die Gemeinschaftsverpflegung. Dabei müssen soziale Einrichtungen die gleichen Anforderungen zur Lebensmittelsicherheit und Hygiene einhalten wie gewerbliche Küchen. Offiziell werden in Deutschland jährlich zirka 200.000 durch Lebensmittel verursachte Infektionskrankheiten gemeldet; das unterstreicht die Notwendigkeit der Einhaltung dieser Anforderungen. Anfällig sind besonders Kinder, Schwangere, ältere und abwehrgeschwächte Menschen, also Menschen, die überwiegend auch über die Gemeinschaftsverpflegung verpflegt werden. Die Autorin vermittelt den Verantwortlichen für die Speisenzubereitung, -behandlung oder -abgabe in allen Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung das notwendige Hintergrundwissen zum hygienegerechten Umgang mit Lebensmitteln. Sie erläutert lebensmittelhygienische Grundlagen und gibt praktische Hinweise für die Umsetzung der Hygieneanforderungen im Betrieb. Dieses Buch kann auch als Lehrbuch in allen Fach- und Berufsausbildungen verwendet werden, die sich mit Ernährung und Hauswirtschaft befassen. Auch für Studierende der Ökotrophologie bietet es kompaktes, anwendungsbereites Wissen zur Lebensmittelhygiene, zum Hygienemanagement und Eigenkontrollsystem in Lebensmittelbetrieben.

Prof. Dr. med. vet. habil. Ulrike Kleiner arbeitete einige Jahre im Bereich Qualitätssicherung und Hygiene in der Lebensmittelwirtschaft und war anschließend von 1997 bis 2015 als Professorin für Haushaltshygiene an der Hochschule Anhalt in Bernburg tätig. Hier etablierte und leitete sie auch ein akkreditiertes mikrobiologisches Labor. Seit 2015 ist sie selbstständige Beraterin (Hygieneconsult Prof. Kleiner) und Dozentin. Ulrike Kleiner ist Autorin und Herausgeberin mehrerer Fachbücher und Veröffentlichungen zum Thema Hygiene und arbeitet in verschiedenen Gremien des DIN mit.

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Leseprobe

1.8 Chemische Gefahren


1.8.1 Bedeutung


Chemische Gefahren im Lebensmittel können durch Rückstände und Kontaminanten entstehen. Sie gefährden die Gesundheit des Menschen vor allem durch chronische Erkrankungen der Organe wie Leber oder Nieren. Einige, so zum Beispiel Dioxine, können auch Hautschäden verursachen. Besonders gefürchtet ist die erbgutverändernde (= mutagene) oder krebsauslösende Wirkung einiger Substanzen. Eine besonders große Gefahr geht von Antibiotikarückständen im Lebensmittel aus, weil sie mit dazu beitragen, dass Infektionserreger des Menschen gegen das Antibiotikum therapieresistent werden.

Bei Rückständen (BfR, 2018) handelt es sich um Reste von Stoffen, die während der Produktion von Lebensmitteln bewusst eingesetzt werden. Dazu zählen zum Beispiel Pflanzenschutzmittel oder Tierarzneimittel, aber auch Rückstände von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln. Dabei ist in der Regel ihre Gesundheitsschädlichkeit nicht prinzipiell gegeben, sondern es besteht eine dosisabhängige Wirkung. Durch verantwortungsbewusstes Handeln und Einhalten von Verboten oder Karenzzeiten aller Akteure in der Lebensmittelkette von der Primärproduktion (Landwirtschaft) bis zur Abgabe der Lebensmittel an den Verbraucher können diese Gefahren weitestgehend eliminiert werden.

Bei den Kontaminanten handelt es sich um unbeabsichtigt ins Lebensmittel geratene Verunreinigungen aufgrund von Einflüssen aus der Umwelt, der Verpackung oder Herstellung bzw. Zubereitung von Lebensmitteln. Diese Verunreinigungen sind lt. Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR, 2018) generell als unerwünscht anzusehen. Zu ihnen gehören umweltbedingte Stoffe wie Schwermetalle (Blei, Cadmium und Quecksilber), Radionuklide, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Dioxine, Furane und polychlorierte Biphenyle (PCB). Außerdem spielen weitere prozessbedingte Kontaminanten wie etwa Weichmacher oder Acrylamid eine Rolle, oder auch Mykotoxine, die bereits in Kapitel 1.4.3.3 behandelt wurden. Kontaminanten aus der Umwelt aus der Nahrungskette zu eliminieren, gestaltet sich schwieriger als das Vermeiden von Rückständen.

Abb. 1.9 Wege von Rückständen und Kontaminanten ins Lebensmittel

Das Risiko von toxischen Stoffen in Lebensmitteln und damit die Gefährdung der Verbrauchergesundheit ist aber im Vergleich zu mikrobiologischen Gefahren als äußerst gering einzuschätzen. Einerseits werden mögliche Risiken von Pflanzenschutz- und Tierarzneimitteln durch umfangreiche toxikologische Prüfungen im Rahmen der Zulassung dieser Stoffe abgeklärt. Andererseits erfolgt auch eine wissenschaftliche Bewertung möglicher gesundheitlicher Risiken durch unerwünschte Stoffe im Lebensmittel durch das Bundesinstitut für Risikobewertung und führt entweder zur Begrenzung der Dosis der Stoffe bzw. zur Festlegung von Höchstgehalten oder aber zur Forderung der Null-Toleranz für bestimmte, besonders gefährliche, vor allem Erbgut verändernde und Krebs auslösende Stoffe.

Der Eintrag von Rückständen und Kontaminanten in das Lebensmittel kann direkt, aber auch vielfach erst über den Biozyklus Tier – tierisches Lebensmittel in die Nahrungskette erfolgen (Abbildung 1.9).

Anschließend werden die wichtigsten Stoffgruppen kurz dargestellt.

1.8.2 Rückstände


Tierarzneimittel

Tierarzneimittelrückstände sind pharmakologisch wirksame Stoffe, die in Nahrungsmitteln auftreten, die von Tieren gewonnen wurden, denen das betreffende Tierarzneimittel verabreicht worden ist. Man findet diese Rückstände vorrangig im Fleisch, in der Milch und in Eiern.

Als Stoffgruppen (zulassungspflichtig) für die Prophylaxe oder Therapie von Krankheiten sind relevant:

Antibiotika zur Behandlung von Infektionskrankheiten

Hormone zur Behandlung von Hormonstörungen, Brunstsynchronisation etc.

Sedativa (Tranquilizer) zur Beruhigung der Tiere

Über gesetzliche Regelungen erfolgt eine Festlegung von Rückstandshöchstmengen und um deren Einhaltung sicherzustellen, sind maximal annehmbare Tagesdosen sowie die Wartezeiten vor Schlachtung der Tiere, Melken bzw. Inverkehrbringen der Produkte zu beachten.

Futtermittelzusätze (»Masthilfsmittel«)

Außer Antibiotikazusätzen in Futtermitteln zur Infektionsprophy­laxe werden auch Hormone zur Leistungsförderung der Tiere, obwohl EU-weit verboten, verfüttert. Da hormonell wirksame Stoffe die Ver­wertung von Nährstoffen fördern und u. a. das Muskelwachstum stimulieren, werden derartige Substanzen seit den 1950er-Jahren als »Leistungsförderer« oder »Masthilfsmittel« eingesetzt. Verwendung finden dabei als Sexualhormon wirksame Anabolika sowie Wachs­tumshormone, die sogenannten Thyreostatika. Neben den Gefahren der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen von Erregern (s. o.) kann die Aufnahme von Hormonrückständen über die Lebensmittel krebsauslösend oder/und fruchtbarkeitsschädigend für den Menschen sein.

Pflanzenschutzmittel (Pestizide)

Durch Pflanzenschutzmittel sollen Futterpflanzen und pflanzliche Lebensmittel Schutz vor Krankheitserregern, Fressfeinden und Unkraut erlangen, um bessere Ernteerträge zu erreichen. Sie sind in Deutschland gemäß Pflanzenschutzgesetz zulassungspflichtig, wobei auch Rückstandshöchstgehalte in rohen und verarbeiteten Lebensmitteln berücksichtigt werden. Besonderes Augenmerk gilt dabei den persistenten Organochlorverbindungen (polychlorierte Kohlenwasserstoffe), die vielfach im Pflanzen- und Vorratsschutz, aber auch als Insektenvernichtungsmittel eingesetzt wurden. Aufgrund ihrer langen biologischen Halbwertzeit besteht die Gefahr ihrer Persistenz und Akkumulation im Lebensmittel, sodass ihr Einsatz schon seit längerem EU-weit untersagt wurde.

Nitratgehalte

Zuviel Stickstoffeintrag in den Boden, zum Beispiel über die Stickstoffdüngung des Ackerbodens, führt zu erhöhten Nitratgehalten in der Pflanze oder im Grundwasser. Zu hohe Nitratgehalte im Trinkwasser oder in Lebensmitteln können gesundheitliche Folgen bei Säuglingen unter 3 Monaten haben und zur sogenannten Blausucht mit Erstickungsgefahr führen. Erhöhte Nitratgehalte in pflanzlichen oder auch tierischen Lebensmitteln (beispielsweise gepökelte Fleischerzeugnisse) können unter Umständen aber auch durch ihre Umwandlung zu Nitrosaminen zu Karzinomen in Leber oder Niere führen. Außerdem sind diese Verbindungen mutagen und teratogen.

1.8.3 Kontaminanten


Als umweltbedingte Kontaminanten sind besonders Schwermetalle (Pb, Hg, Cd, As usw.), polychlorierte Biphenyle (PCB), polychlorierte Dibenzoldioxine und Dibenzofurane (»Dioxine«) sowie Radionuklide zu nennen. Prozessbedingt spielen vor allem polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Nitrosamine (s. Nitritgehalte, weiter oben), Acrylamid sowie Migrationsstoffe aus Verpackungen, wie etwa Weichmacher, eine Rolle.

Schwermetalle

Schwermetalle wie Blei, Cadmium oder Quecksilber gelangen vor allem durch KFZ-Abgase oder industrielle Abgase in die Luft, den Boden oder das Grundwasser und können die menschliche Gesundheit schädigen. Des Weiteren können sie auch durch die Anwendung bestimmter Pflanzenschutzmittel auf landwirtschaftlich genutzten Flächen in den Boden geraten. Sie gelangen von dort über die angebauten Pflanzen oder über das Fleisch von Weidetieren in die Nahrungskette. Da sich Schwermetalle in bestimmten Pflanzen oder Organen von Nutztieren anreichern können, können die Konzentrationen an Schwermetallen unter Umständen sehr hoch sein, die der Mensch aufnimmt. Die Folgen davon sind, wie zum Beispiel bei der Bleivergiftung, chronischer Art und können zu Anämie, Schädigungen des Nervensystems oder Nierenschäden führen. Besonders gefährdete Lebensmittel sind beispielsweise Gemüse, Kartoffeln, Obst, Getreide; außerdem Fleisch und Fleischwaren, hier besonders Leber und Nieren von Kalb, Rind und Schwein sowie Milch und Milchprodukte. Grenzwertfestlegungen gibt es lediglich für das Trinkwasser.

Polychlorierte Biphenyle (PCB) und Dioxine

Aus Gründen des Verbraucherschutzes wird schon länger gefordert und durch entsprechende Umweltgesetze fixiert, die Verbraucherbelastung mit toxischen Stoffen wie etwa PCB und Dioxine aus der Umwelt zu minimieren. So wird der Einsatz von PCB, zum Beispiel in Pestiziden (wie DDT) oder bei der Herstellung von Kunststoff, Farben und Lacken, verboten bzw. stark begrenzt. In den letzten Jahren konnte so die Belastung des Verbrauchers drastisch gesenkt werden.

Diese persistenten Verbindungen können sich aufgrund ihrer lipophilen Eigenschaften in der Nahrungskette anreichern und beispielsweise zu Leber- und Nierenschädigungen, zu Hautschäden, Störungen des endokrinen Systems oder zu immuntoxischen sowie teratogenen Wirkungen führen.

Dioxine sind hochgiftige Verbindungen; sie entstehen ebenfalls überwiegend als unerwünschte Nebenprodukte bei Verbrennungsprozessen (zum Beispiel Metall- und Stahlproduktion, industrielle Verbrennungsanlagen, Hausbrand), auf Sondermülldeponien sowie bei der Produktion bestimmter Chemikalien. Sie werden hauptsächlich über tierische Lebensmittel (Milch, Eier, Fleisch) in die Nahrungskette eingetragen.

Radionuklide

Radioaktive Nuklide wie etwa Jod 131, Cäsium 137 oder Strontium 90 werden heutzutage vor allem nach Reaktorunfällen in die Umwelt eingetragen und können sich jahrzehntelang als...

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