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Missbrauch an Jungen. Die Mauer des Schweigens

AutorDirk Bange
VerlagHogrefe Verlag Göttingen
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl168 Seiten
ISBN9783840920653
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR

Sexueller Missbrauch an Jungen ist bis heute ein Thema, dem kaum Beachtung geschenkt wird. Die Jungen bleiben dadurch häufig in ihrer Not allein. Ihre Hinweise auf das von ihnen erlittene Leid werden nicht wahrgenommen und die angebotenen Hilfen bleiben aus. Verständlich und praxisorientiert beschreibt dieser Band die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und verbindet diese mit Erfahrungen aus der praktischen Arbeit mit männlichen Opfern sexueller Gewalt.

Nach einem Blick zurück in die Geschichte und einer Begriffsklärung beginnt das Buch mit einer Diskussion über Pädosexualität. Ausführlich werden dann die Fakten zum Ausmaß und zu den Umständen des sexuellen Missbrauchs erläutert. Die Darstellung der Gefühle und Gedanken sexuell missbrauchter Jungen sowie das Aufzeigen der durch den sexuellen Missbrauch ausgelösten Folgen nehmen einen breiten Raum ein.

Weitere Kapitel befassen sich mit den Täterstrategien, der populären These „Vom Opfer zum Täter" sowie mit der Frage, warum es immer noch eine Mauer des Schweigens gibt. Schließlich wird der für viele sexuell missbrauchte Jungen quälenden Frage nach dem Zusammenhang zwischen Missbrauch und Homosexualität nachgegangen, bevor ausführlich beraterisch-therapeutische Fragen erörtert werden.

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Einleitung
  3. 1 Sexuelle Gewalt gegen Jungen hat es immer gegeben
  4. 2 Sexuelle Gewalt an Jungen und Männern im Krieg und in Gefangenschaft
  5. 3 Was ist sexueller Missbrauch an Jungen?
  6. 4 Pädosexualität ist sexueller Missbrauch
  7. 5 Zahlen, Daten, Fakten - zum aktuellen Forschungsstand
  8. 6 Die Gefühle und Gedanken der Jungen
  9. 7 Täterstrategien
  10. 8 Die Folgen
  11. 9 Sexuell missbrauchte Jungen: vom Opfer zum Täter?
  12. 10 Die Eltern
  13. 11 Die doppelte Mauer des Schweigens
  14. 12 Homosexualität und sexuelle Gewalt gegen Jungen
  15. 13 Beratung und Therapie
  16. Literatur
  17. Sachregister
Leseprobe

4 Pädosexualität ist sexueller Missbrauch ( S. 26)

In den letzten Jahren haben verschiedene Autoren die Meinung vertreten, zumindest ein Teil der von Pädosexuellen an Kindern vorgenommenen sexuellen Handlungen seien kein sexueller Missbrauch und blieben ohne negative Folgen (Rind, Tromovitch &, Bauserman 1998, Lautmann 1994, Kentler 1994,Wolff 1994, Schetsche 1993). Dies wird insbesondere für Pädosexuelle reklamiert, die sich Jungen als Opfer auswählen und keine offene Gewalt einsetzen (Kentler 1994, 149). Die den Jungen zugefügten Verletzungen sind jedoch teilweise sehr tief und weit reichend (Kapitel 8). Ich sehe es deshalb als notwendig an, dieser Meinung deutlich zu widersprechen.

4.1 Was ist Pädosexualität?
Die Männer und Frauen, die sich sexuell (fast) ausschließlich zu Kindern hingezogen fühlen, bezeichnen sich selbst oft als pädophil. Dieser Begriff kommt aus dem Griechischen. Er bedeutete ursprünglich soviel wie Kinderfreund (Stein-Hilbers &, Bundschuh 1998, 299). Die Verwendung des Begriffs pädophil suggeriert, es komme den Pädosexuellen nicht auf die sexuellen Kontakte mit den Kindern an. Vielmehr gehe es ihnen darum, mit Kindern zusammen zu sein und sich an ihnen zu erfreuen.

Der zentrale Stellenwert der Sexualität für den Pädosexuellen wird dadurch verleugnet. Liest man ihre Veröffentlichungen oder spricht mit ihnen über ihre „Beziehungen zu Jungen" wird dagegen sehr schnell deutlich, welche Bedeutung die Sexualität in ihren Leben einnimmt. Nicht selten prahlen sie mit der großen Zahl der Jungen, die sie „verführt haben" und sprechen kaum über etwas anderes als über ihre sexuellen Kontakte mit Jungen (z.B. Brongersma 1991a, 280).

Entlarvend ist auch, dass sie in der Regel einzig und allein die Straffreiheit sexueller Kontakte zwischen Erwachsenen und Jungen einklagen. Forderungen nach der Verbesserung der Lebensbedingungen von Kindern bei uns als auch in den bei ihnen so beliebten Reiseländern der so genannten „dritten Welt" sucht man dagegen meist vergeblich. Der Begriff „Pädophilie" sollte deshalb nicht mehr verwendet werden und durch den treffenderen Begriff „Pädosexualität" ersetzt werden (Dannecker 1987, 172).

Ein zusätzliches Begriffswirrwarr stiften Pädosexuelle in Diskussionen ebenfalls häufig bewusst. Sie reden und schreiben immer wieder über 15- oder 16-jährige Jugendliche, denen die sexuellen Handlungen nicht geschadet hätten. Sie meinen jedoch, wenn sie über die 15- und 16-Jährigen sprechen, die Kinder mit.

Sie setzen Kinder und Jugendliche gleich (Amendt 1982, 23). Kinder und Jugendliche unterscheiden sich aber in vielerlei Hinsicht und besonders auch in ihren sexuellen Bedürfnissen. Diese durch vielfältige Untersuchungen bewiesene Tatsache bedarf eigentlich keiner Erwähnung.

4.2 Wer initiiert die sexuellen Handlungen?
Pädosexuelle behaupten in schöner Regelmäßigkeit, sie würden niemals die sexuellen Handlungen initiieren. Vielmehr würden sie nur auf die Wünsche der Jungen reagieren (z.B. Brongersma 1991a, b, Leopardi 1988, Bernard 1982). Dies ist entweder eine Ra- tionalisierung, um vor sich selbst als der Befreier der Jungen zu erscheinen oder schlicht und einfach eine Lüge.

Liest man beispielsweise die von Rüdiger Lautmann in seiner Untersuchung über Pädosexualität veröffentlichten Interviewauszüge genauer, stellt sich das Gegenteil schnell heraus. Drei willkürlich ausgewählte Zitate illustrieren dies:

Ich hatte ihn ganz zu Anfang mal gefragt, und er sagte mir, er hätte Angst davor. Dann habe ich ihm erzählt, wie das bei mir gewesen ist früher. Zwei-, dreimal später war er dann dazu bereit.

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis6
Einleitung10
1 Sexuelle Gewalt gegen Jungen hat es immer gegeben12
1.1 Die Antike12
1.2 Vom Mittelalter bis zur Neuzeit13
2 Sexuelle Gewalt an Jungen und Männern im Krieg und in Gefangenschaft20
3 Was ist sexueller Missbrauch an Jungen?23
4 Pädosexualität ist sexueller Missbrauch27
4.1 Was ist Pädosexualität?27
4.2 Wer initiiert die sexuellen Handlungen?27
4.3 Haben Kinder und Erwachsene die gleichen sexuellen Bedürfnisse?28
4.4 Sexuelle Handlungen und ihre Folgen29
4.5 Emotional und sozial vernachlässigte Opfer30
5 Zahlen, Daten, Fakten - zum aktuellen Forschungsstand32
5.1 Wie h‚ufig ist sexueller Missbrauch an Jungen?32
5.2 Die Umst‚nde37
6 Die Gefühle und Gedanken der Jungen47
6.1 Vertrauensverlust, Verrat und Trauer47
6.2 Ambivalenz48
6.3 Angst vor Homosexualität49
6.4 Hilflosigkeits- und Ohnmachtsgefühle49
6.5 "Ich hab mich nicht gewehrt!"50
6.6 Scham51
6.7 Schuldgef hle53
6.8 Sexuelle Erregung54
6.9 Wut und Hass57
6.10 Ängste57
6.11 Isolation58
7 Täterstrategien59
8 Die Folgen65
8.1 Kurzzeitfolgen65
8.2 Langzeitfolgen68
8.3 Bleibt sexuelle Gewalt für Jungen folgenlos? - eine umstrittene Studie69
8.4 Was ist das Traumatisierende am sexuellen Missbrauch an Jungen?72
8.5 Schützende Faktoren78
8.6 Psychophysiologische Reaktionen78
8.7 Sexuelle Gewalt gegen Jungen und HIV/AIDS79
9 Sexuell missbrauchte Jungen: vom Opfer zum Täter?82
10 Die Eltern87
10.1 Die Gefühle und Gedanken der Eltern87
10.2 Sekundäre Traumatisierung der Eltern88
10.3 Beratung und Therapie der Eltern90
10.4 Beratungsangebote für Väter92
11 Die doppelte Mauer des Schweigens95
11.1 Das Schweigen der Jungen95
11.2 Wahrnehmungsblockaden bei Erwachsenen98
12 Homosexualität und sexuelle Gewalt gegen Jungen105
12.1 Schwul, Bi oder Hetero?! Wie es ist, ist es okay106
12.2 Vorurteile gegen ber homosexuellen Männern107
12.3 Sexueller Missbrauch und die Entwicklung der sexuellen Identität111
12.4 Sexueller Missbrauch führt zur Ablehnung gleichgeschlechtlicher Sexualität112
12.5 Sexueller Missbrauch erschwert das "Coming-out"112
12.6 Sexueller Missbrauch führt zu einem früheren " Coming- out"113
12.7 Sexueller Missbrauch erschwert eine heterosexuelle Entwicklung113
12.8 Homosexualität - eine Folge sexuellen Missbrauchs?114
12.9 Besondere Probleme von homosexuellen, sexuell missbrauchten Männern116
13 Beratung und Therapie118
13.1 Die Beratungs- oder Behandlungsmethode gibt es nicht!118
13.2 Vertrauensverlust119
13.3 Gemeinsam Ziele und Grenzen festlegen122
13.4 Sprachlosigkeit123
13.5 Parteilichkeit127
13.6 Zweifel an der eigenen Wahrnehmung129
13.7 Täterstrategien131
13.8 Isolation131
13.9 Scham und Schuldgefühle133
13.10 Widerstand der Jungen134
13.11 Ambivalenz135
13.12 Trauer136
13.13 Ressourcen beachten136
13.14 Wut und Hass137
13.15 Konfrontation des Täters/der Täterin138
13.16 Gefühle139
13.17 Heilung braucht Zeit140
13.18 Körperkontakt/Berührungen141
13.19 Lebensumfeld stabilisieren141
13.20 Bezugspersonen einbeziehen143
13.21 Fokus erweitern144
13.22 Geschlecht des Helfers144
13.23 Was bedeutet die Beratung männlicher Missbrauchsopfer für die Helfer?145
13.24 Beendigung der Therapie148
Literatur149
Sachregister164
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