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Momentum-Strategien für Stockpicker

So finden Sie Gewinneraktien - mit einem der erfolgreichsten Handelsansätze unserer Zeit

AutorJack R. Vogel, Wesley R. Gray
VerlagBörsenbuchverlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl280 Seiten
ISBN9783864705120
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,99 EUR
In Zeiten von Null- oder sogar Negativzinsen werden Strategien, die erwiesenermaßen den Markt schlagen, immer wichtiger - für Investmentprofis und für Kleinanleger. Momentum funktioniert sowohl in der Theorie als auch in der Praxis und beschert seinen Anhängern zuverlässig über lange Zeiträume überdurchschnittliche Gewinne. Gray und Vogel bieten eine systematische und auch für Momentum-Neulinge nachvollzieh­bare umfassende Heranführung an einen der erfolgreichsten Investmentansätze unserer Zeit. Die Leser erfahren hier alles über die Vorzüge von Momentum als Strategie zur Auswahl von Einzelaktien.

Dr. Wesley R. Gray ist Gründer und CEO/CIO von Alpha Architect, einer Asset-Management-Firma, und Koautor von 'Quantitative Value' und 'DIY Financial Advisor'. Dr. Jack R. Vogel ist CFO/CIO von Alpha Architect und Koautor von 'DIY Financial Advisor'.

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Leseprobe

KAPITEL 2


Wieso aktive Investmentstrategien funktionieren können

„Das Schlimmste, was ich sein kann,
ist genauso wie alle anderen.“

– Arnold Schwarzenegger zugeschrieben

Die Debatte über aktives versus passives Investing ähnelt anderen klassischen Konflikten, etwa dem zwischen den Philadelphia Eagles und den Dallas Cowboys oder Coca-Cola und Pepsi. Kurz gesagt: Sobald unsere Vorliebe für den einen Stil gegenüber einem anderen festgeschrieben ist, wird jener häufig in unserem Kopf zu einer erwiesenen Tatsache oder zu einer unbestreitbaren Realität. Die psychologische Forschung beschreibt den Begriff des „Bestätigungsfehlers“: Die Menschen bevorzugen Belege, die ihre bisherigen Schlussfolgerungen stützen, und ignorieren entkräftende Belege.

Die nun folgende Diskussion ist nicht dazu gedacht, einen passiven Anleger zur aktiven Anlage zu bekehren, aber wir erklären darin durchaus, weshalb wir glauben, dass manche aktiven Anlagemethoden aufgrund gewisser Eigenschaften logischerweise andere Anlagestrategien über einen Zeithorizont von vernünftiger Länge schlagen dürften. Anders gesagt stellt sich die Frage: Was bewirkte den Erfolg von Munehisa Homma, Jesse Livermore und Ben Graham, wo sich doch die Anlagephilosophien dieser drei aktiven Investoren dramatisch voneinander unterschieden? Vielleicht war das alles bloß Glück, aber wir sind überzeugt, dass noch mehr dafür verantwortlich sein könnte.

Ein Schlüsselthema, das den Methoden von allen dreien zugrunde zu liegen scheint, ist die Ausnutzung des irrationalen Verhaltens von Anlegern. Aber wenn der heilige Gral darin besteht, das Verhalten zu verstehen, weshalb herrschen dann nicht Psychologen über die Kapitalmärkte? Vielleicht waren Homma, Livermore und Graham schlicht intelligenter als alle anderen? Größere Intelligenz scheint aber auch nicht die richtige Antwort zu sein, denn nicht die Investoren mit dem höchsten Intelligenzquotienten beherrschen den Markt. Der vielleicht berühmteste Fall ist der von Sir Isaac Newton – dem Genie, das die moderne Physik entwickelt hat. Bekanntlich ging der große Physiker und Mathematiker Anfang des 18. Jahrhunderts durch den Handel mit Aktien der South Sea Company bankrott.

Bislang scheint es keine Patentlösung zu geben, mit der sich erklären lässt, wieso gewisse aktive Anleger den Markt schlagen. Intelligent sein, Verhaltenstendenzen verstehen oder eine Armee von Doktoren rekrutieren, die Daten verarbeiten, das ist nur die halbe Miete. Selbst mit diesen Werkzeugen ist ein aktiver Investor auch nur ein Hai in einem Bassin mit weiteren Haien. Alle Haie sind intelligent und alle Haie wissen, wie man ein Unternehmen analysiert und wie man Finanzaufstellungen liest und versteht. In einem solchen haiverseuchten Gewässer einen Vorsprung zu wahren ist keine geringe Leistung – die nur eine Handvoll Investoren konsequent vollbringt. Was also ist des Rätsels Lösung? Wir sind immer noch nicht sicher und wir lernen stets dazu. Unsere beste Arbeitshypothese besagt, dass es zwei Komponenten gibt, die den Erfolg aktiver Anleger bedingen:

Ein klares Verständnis der Psychologie des Menschen

Ein klares Bild von den Anreizen des „Smart Money“

Ab in die Höhle des Löwen


Wes nahm im Jahr 2002 ein Promotionsstudium an der University of Chicago im Fach Finanzwissenschaft auf. Das war der Beginn einer mühevollen, aber höchst erhellenden Reise in die Welt des höheren Finanzwesens. Zur Erklärung: Die Finanzfakultät der University of Chicago blickt auf ein reiches Erbe in der Etablierung und erfolgreichen Verteidigung der Markteffizienzhypothese (EMH) zurück. Doktoranden dieser Fakultät verbringen die beiden ersten Jahre in strapaziösen Finanzseminaren, die von höchst technischer Mathematik und Statistik geprägt sind. Die beiden letzten der vier Jahre sind der Promotionsforschung gewidmet. Am besten lässt sich die Szene wie folgt beschreiben: Sweatshop-Fabrik trifft internationalen Mathematikwettbewerb. Kurz gesagt: Das Studium ist hart.

Nachdem Wes die ersten beiden Jahre des intellektuellen Waterboardings überlebt hatte, brauchte er ein Pause. Er nahm sich eine einzigartige „Auszeit“ und beschloss, für vier Jahre in das United States Marine Corps einzutreten. Die kurze Erklärung: Er wollte Militärdienst leisten und wurde nicht jünger. Im Jahr 2008 kehrte Wes an die Uni zurück, um seine Dissertation fertigzustellen. In seiner Zeit bei den Marines hatte er vieles gelernt, aber eine Lektion überragte die anderen: „Mutig handeln.“1 Und was ist selbstverständlich das Mutigste, was man an der University of Chicago tun kann?

Sich auf Forschungen konzentrieren, die die Markteffizienzhypothese infrage stellen.

Freigeister des ineffizienten Marktes: Value-Anleger

Wes wollte herausfinden, ob fundamental orientierte Anleger, „Value“-Anleger, den Markt schlagen können. Bei seinem eigenen Depot hatte er sich zehn Jahre lang gewissenhaft an eine Value-Investing-Strategie gehalten. Er war ein treuer Anhänger der auf Fundamentaldaten fokussierten Religion des Value-Investings nach Ben Graham (technische Trading-Ideen betrachtete er immer noch als Ketzerei). Die Story, aktives Value-Investing könne den Markt schlagen, war zwar verlockend, aber viele Gespräche in gelehrten Kreisen und die Forschungsarbeiten, die in den besten wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht wurden, legten etwas anderes nahe.

Neue Vehemenz bekam die Value-Debatte durch einen viel zitierten Artikel von Eugene Fama und Ken French mit dem Titel „The Cross-Section of Expected Stock Returns“.2 Diese Schrift entfachte eine Debatte darüber, ob die sogenannte Value-Prämie – der große Abstand zwischen den historischen Renditen billiger und teurer Aktien – auf einem zusätzlichen Risiko oder auf Fehlpreisungen beruhte. Waren die Überrenditen von Value-Aktien eine Belohnung für zusätzliche wirtschaftliche Risikofaktoren, die die Aktionäre trugen, oder waren diese Aktien schlicht falsch bewertet? Für Eugene Fama und Ken French war die Antwort klar: Wenn der Markt effizient war, musste die Value-Prämie einem größeren Risiko zugeschrieben werden. Das risikobasierte Argument für die Value-Prämie schien Wes als Fan von Ben Graham weit hergeholt. Graham und sein Schüler Warren Buffett waren berühmt dafür, dass sie den Markt über lange Zeiträume schlugen, indem sie billige Aktien kauften. Sie behaupteten, „Mr. Market“ als Vertreter des breiten Marktes sei eine manisch-depressive Persönlichkeit mit großen psychischen Problemen: Manchmal biete er Aktien unter ihrem fundamentalen Wert an (zum Beispiel in der Finanzkrise 2008) und manchmal über ihrem fundamentalen Wert (zum Beispiel während der Internetblase Ende der 1990er-Jahre). Und wenn ein Value-Investor billig kaufte, würde Mr. Market schließlich zustimmen. Aber konnte es vielleicht sein, dass die Aktien, die diese Value-Investoren kauften, nicht deshalb hohe Renditen hatten, weil sie Mr. Market überlisteten, sondern weil sie mehr Risiko einkauften und Glück hatten? Wes begann zu graben.

Er erfasste die Daten zu fast 4.000 Anlagetipps, die von führenden Fondsexperten, Vermögensverwaltern und Value-Enthusiasten an Joel Greenblatts Website ValueInvestorsClub.com geschickt wurden. Dieser Klub war nicht irgendein Klub. Er war hochgradig auserlesen, seine Mitglieder wurden auf Qualität geprüft und er galt als eine der besten Internetseiten für Börsenideen. Die Mitglieder landeten in der Arena des Value-Investings oft große Treffer.

Nach einem Jahr der Mühen und Qualen hatte Wes die Aktienempfehlungen aller Mitglieder in einer Datenbank zusammengefasst und konnte sie nun gründlich analysieren. Die Ergebnisse waren höchst überzeugend – es lagen starke Indizien dafür vor, dass „universitäre Value-Anleger“ erhebliches Stock-Picking-Geschick an den Tag legten.

Begeistert wollte Wes seine neuen Ergebnisse mit anderen teilen und verfasste ein Paper, das am Ende der Zusammenfassung folgenden Satz enthielt:

„Die Analyse anormaler Buy-and-hold-Renditen und kalendarischer Portfolioregressionen bringt mich zu dem Schluss, dass Value-Anleger Stock-Picking-Geschick besitzen.“

Mit seinem Werk zufrieden, reichte Wes den Entwurf seiner Dissertation bei seinem Berater Dr. Eugene Fama ein, der damals allgemein als „Vater der modernen Finanzlehre“ anerkannt war und sehr mit der Markteffizienzhypothese (EMH) assoziiert wurde. Später, im Jahr 2013, bekam Dr. Fama den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Dr. Fama war ein starker – vielleicht der stärkste – Verfechter der EMH. Da Dr. Fama Wes’ Forschungsergebnisse persönlich durchsah, würde sein Entwurf sicherlich gründlich geprüft werden. Die...

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