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E-Book

Ohne Bauch geht's auch

Mein Zehnkampf gegen die Papa-Plauze

AutorMarkus Götting
VerlagUllstein
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783843712989
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Spätestens Anfang 40 entdecken Männer den Sport wieder für sich - nachdem sie allmählich verfettet sind. Markus hielt sich immer für einen Durchschnittsathleten, bis er bei diversen Tests feststellen muss: Er ist nicht mal das. Also holt er sich für zehn Sportarten legendäre Stars als Trainer; Olympiasieger, Weltmeister, Tour de-France-Helden, die frühere Nummer 1 im Tennis. Wenn die ihn nicht fit kriegen, wer denn dann? Dieses Buch ist ein Roadtrip zu unseren Idolen, voller Leiden und Leidenschaft. Ein urkomischer Selbstversuch mit vielen hilfreichen Tipps zum Nachmachen und einer guten Nachricht für alle Couchpotatoes. Wenn dieser Schlaffi hier sein Fett wegbekommt, schafft das jeder.

Markus Götting, Jahrgang 1971, lebt in München. Nach Stationen bei der Süddeutschen Zeitung, dem SZ-Magazin und dem stern ist er seit 2014 Textchef beim Focus. Seine Bestseller 'Nachts im Sägewerk' und 'Alles Azzurro' sind beide bei Ullstein erschienen.

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Leseprobe

Vorlauf


Wieso geraten Männer mit Mitte vierzig plötzlich auf den Sporttrip?

Sie meint das sicher nicht böse. »Muffin Top«, sagt Kati, als sie auf den Computermonitor schaut. Dann lächelt sie mich an. Rotblondes Haar, Gesicht wie ein Engel. Ehrlich jetzt, sie kann das einfach nicht böse meinen.

Auf dem Bildschirm ist ein Männchen zu sehen, das verblüffende Ähnlichkeit mit mir hat. Wobei ich mir wünschte, es wäre anders.

Ich hatte mich bis auf die Unterhose frei gemacht. Eigentlich bester Dinge. Brust raus und nicht mal den Bauch eingezogen. Es war wohl Übermut. Dann stieg ich auf ein Podest in einer kleinen Kammer, die sich 3-D-Bodyscanner nennt. Ein Sound wie bei der Kernspintomographie setzte ein, ein roter Laserstreifen fuhr einmal ringsherum an meinem Körper runter – und nach ein paar Sekunden erschien eine Figur auf dem Monitor. Die Figur war ich. Meine rausgestreckte Brust war nicht zu sehen, dafür eine Wampe. Um meine Hüfte ein trauriger Rettungsring, der den Kampf gegen die Schwerkraft offensichtlich verloren hatte.

Kati, angehende Doktorin der Biomechanik, schaute auf den Bildschirm. Sie sagte nicht »Rettungsring«, das war ein Wort, das meine Eltern benutzt hätten. »Wir nennen es ›Muffin Top‹«, sagte das Engelsgesicht. Kürzlich hatte ich gelesen, woher das Wort Muffin kommt: aus dem Altfranzösischen. Moflet bedeutet »weich«.

So ein 3-D-Bodyscan ist unbestechliche, unumstößliche, kalte algorhythmische Faktizität. Computergenerierte Wahrheit. Ich, Markus »muffin top« Götting, hatte das gewollt. Ich wollte wissen, wo ich körperlich stehe.

Nun könnte man natürlich sagen: Wenn du keine Antworten willst, dann frag nicht. Aber genau das macht man in meinem Alter irgendwann: Man fragt. Einen Mann um die vierzig kann man sich wie einen Dreijährigen vorstellen. Ständig hat er Fragen. Große, gewichtige Fragen. Lebensfragen. Fragen wie: Führe ich das richtige Leben? Habe ich meine besten Jahre genutzt? Was wird von mir bleiben? Was soll von mir bleiben? Finden mich Frauen eigentlich noch sexy – außer meiner eigenen natürlich, die das vermutlich längst nicht mehr tut?

Der Unterschied zwischen Männern und Dreijährigen besteht darin, dass wir die Fragen für uns behalten. Wir werden schweigsam. Kaufen uns lieber eine grummelnde Harley und reiten damit melancholisch in den Sonnenuntergang. Wenn das nicht geht, versuchen wir es mit einem Hobbykeller – oder stürzen uns in sportliche Abenteuer.

Auch ich habe mir also diese Fragen gestellt, und das Ding ist: Hätte ich mich in einen Scanner gestellt, der nicht nur meinen Körper, sondern gleich mein ganzes Leben seziert, wäre vermutlich herausgekommen, dass ich in jeder – und zwar in absolut jeder – Beziehung kompletter Durchschnitt bin. 44 Jahre alt, eine Frau und zwei Kinder. Ich fahre eine Familienkutsche, die zu den meistverkauften Autos in Deutschland gehört, und wenn ich’s mir leisten könnte, besäße ich auch ein Reihenhäuschen innerhalb des zweiten Münchner U-BahnRings. Ich bin 1,76 groß, 72 Kilo schwer, mein Body-Mass-Index beträgt 23; normalerweise schlafe ich acht Stunden. Ich kann nur wenige Dinge besser als andere, aber eine richtige Niete bin ich auch nicht. Verdammt, ich trinke sogar Medium-Mineralwasser.

Man könnte also sagen: Mein Leben hat keine Ausschläge, weder nach unten noch nach oben. Ist das gut? Einige würden sagen: »Ja, natürlich ist das gut. Sei zufrieden, sei dankbar.« Aber es ist ja nun auch nicht gleich undankbar zu sagen: Zu den vielen Dingen, die ich mir als junger Mann mal für »später« vorgenommen hatte, gehörte sicher nicht der Satz: »Ich führe ein Leben ohne Ausschläge.«

Ich sage nicht, dass es nur Ausschläge nach oben sein müssen. Nein, mir reicht es, dass die Dinge in Bewegung kommen – und falls sie in die Hose gehen, dann ist das eben so. Bei dem, was ich vorhabe, spricht ja auch alles dafür, dass sie in die Hose gehen. Irgendjemand hat mal gesagt: »Vor die Wahl zwischen dem Schmerz und dem Nichts gestellt, wähle ich den Schmerz.« Bisher habe ich meist das Nichts gewählt. Ich finde, es wird Zeit, dass ich das ändere.

In der Zeitung habe ich kürzlich gelesen, dass Männer zwischen dreißig und vierzig im Schnitt knapp eineinhalb Kilo pro Jahr zunehmen. Viele ersitzen sich im Büro einen gramgebeugten Rücken und eine Papa-Plauze, von der nur ihre Mutter sagt, dass sie ihnen steht. Alle wissen, dass schleichende Verfettung eine Frage des Stoffwechsels ist und letztlich simple Mathematik: Man führt mehr Energie zu, als man verbraucht.

Natürlich habe ich mich lange selbst belogen. Männer sind sehr gut darin. Nehmen wir den sogenannten Dad Bod, der gerade in den Medien omnipräsent ist. Er kam wie gerufen für Typen wie mich. Ein Dad Bod ist der Körper eines Vaters, der ziemlich genauso aussieht wie das Männchen, das ich vor ein paar Minuten auf dem Computerbildschirm gesehen hatte. Frauen finden ihn angeblich schnuffig. Heißt es jedenfalls in der Presse. Ich glaube kein Wort. Würde man bei genau diesen Frauen genauer nachfragen, käme ziemlich schnell heraus, dass an diesen Bauch einige Bedingungen geknüpft sind. Zum Beispiel sollte er an einem Hollywood-Star hängen. Zieht aber der eigene Kerl am See sein T-Shirt aus und präsentiert seine Plauze, verdrehen dieselben Frauen die Augen.

Ich liebe meine Frau. Und meine Kinder. Aber je älter sie werden, desto schneller mutierst du für sie von Daddy Cool zu einer Art mobilem Geldautomaten. Für deine Gattin bist du eh nur noch der Typ, dem Haare an den falschen Körperstellen wachsen – und für den Rest der Frauenwelt verschwindest du völlig vom Radar; du wirst einfach unsichtbar. Ein sozialer Tarnkappenbomber. Exakt das ist dann der Zeitpunkt, an dem manche Männer die blonde Praktikantin flachlegen, weil sie die Einzige ist, von der sie noch aufrichtig bewundert werden.

Ich hingegen finde, die zeitgemäße Kompensation einer massiven Midlife-Crisis ist Sport. Die Vorteile liegen nahe. Im Gegensatz zum Fremdgehen ist das Scheidungsrisiko zunächst erheblich geringer. Und du reduzierst bei entsprechendem Trainingsumfang auch noch dein biologisches Alter.

Wenn wir ehrlich sind, tun wir ewigen Jungs uns verdammt schwer damit, zu realisieren, dass unsere körperliche Leistungsfähigkeit schon mit Ende zwanzig nicht mehr so ausgeprägt ist wie noch zehn Jahre zuvor. Und selbst wenn wir es merken – müssen wir das wirklich akzeptieren?

Darum stehe ich hier, in Unterhose und beschämt bis auf die Knochen, im ifd cologne, dem Institut für funktionelle Diagnostik. Diese Wunderwelt hat erst im Sommer 2014 eröffnet und sieht aus wie der Wellness-Bereich eines überteuerten Designerhotels; dabei ist es ein wissenschaftliches Gemeinschaftsprojekt der Biomechaniker der Sporthochschule Köln mit den Sportmedizinern aus der Kölner MediaPark-Klinik, wo die Fußballer des 1. FC Köln und die Eishockeyspieler der Kölner Haie betreut werden. Ich bin also in guten Händen.

Kati, der Engel im Arztkittel, hat meinen Körper am Computer auf den Millimeter genau vermessen. Im Boden der Scan-Kabine sind zwei Präzisionswaagen eingelassen, die Rückschlüsse darauf geben, wie symmetrisch sich meine Körperlast verteilt. Ob meine Beinachsen in Ordnung sind, die Beine unterschiedlich lang, Becken oder Schultern schief stehen – all das kann sie mit diesem Modell nachvollziehen und hochrechnen.

Kati ist noch immer mit ihrer Computermaus beschäftigt. Sie lässt das dicke Männchen über den Bildschirm tanzen, dreht es zur Seite, und ich denke: Um Himmels willen, da sieht man ja jede einzelne Speckfalte. Dann lässt sie mein Alter Ego auch noch nach vorn kippen, und irgendwie erinnert mich mein Ranzen in dieser Position an ein Hängebauchschwein.

Kati sagt: »Das könntest du jetzt auch in einem 3-D-Drucker als Figur ausdrucken lassen. Cool, oder?«

Während dieser durch und durch erniedrigende Satz, den sie vermutlich nicht mal böse meint, in der Luft hängt, betrachte ich das Männchen genauer. Mit war schon klar, dass da noch eine Menge passives Gewebe meinen Körper beschwert. Aber es so in aller Deutlichkeit illustriert zu bekommen, das ist dann schon ziemlich demütigend. Dabei war ich guter Dinge.

Kurz nach Ostern hatte ich angefangen, einigermaßen regelmäßig zu laufen. Zuerst steigerte ich meine Strecke von seniorigen vier Kilometern auf acht bis zehn; seit Frühsommer hatte ich mein Pensum auf viermal die Woche getrieben – immer schön vor dem Frühstück, damit der Körper nach und nach die Fettreserven wegknabbert. So zumindest meine laienhafte Theorie, die von Hörensagen gestützt wurde.

Eine Weile hatte ich mich morgens um kurz vor sechs aus dem Bett geschält, weil meine Gattin findet, dass so ein Sportprogramm zwar ganz okay ist – aber nur, solange ich es außerhalb der beruflichen und familiären Geschäftszeiten praktiziere. »Wenn du schon mal zu Hause bist«, sagte sie, »dann bringst du auch die Kids in die Schule und in den Kindergarten.« So stand ich also morgens um sieben, die frischen Semmeln unterm Arm, vor den Betten der Kinder und ließ meinen Schweiß auf sie herabtropfen, wenn sie nicht aufstehen wollten. Ich fühlte mich gut. Jünger und voller Energie. Und irgendwann, vermutlich beim Laufen, kam mir diese Idee. Eine Idee, die man mit Fug und Recht als kompletten Unsinn verwerfen kann. Verwerfen sollte. Aber sie war da. Groß und klar. Und ganz gleich, wie oft ich mir sagte, dass daraus nichts werden würde, sie ging einfach nicht weg.

Was ist das Problem, das alle Männer wie ich haben? Woran...

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