1.4. Fachkraft für PPT
Möchten Psychotherapeuten das Pferd in die Psychotherapie einbinden, dann sollten sie sich als Fachkraft schulen lassen, da die Einbindung mit einer hohen Verantwortung gegenüber den Patienten und den Pferden einhergeht. Besonders die Auswahl und Schulung des Pferdes müssen von der Fachperson geleistet werden, die Auswahl der geeigneten Methoden sowie die Reflexion über die Wirkung des einzelnen Pferdes individuell auf den einzelnen Patienten.
Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es nur eine Weiterbildungsmaßnahme vom Institut für Pferdegestützte Therapie (IPTh), die sich ausschließlich an Psychologen, Mediziner oder Pädagogen mit psychotherapeutischer Weiterbildung bzw. Approbation richtet. Für Reittherapeuten und Reitpädagogen existieren vom Berufsverband für Fachkräfte Pferdegestützter Interventionen (Berufsverband PI) Leitlinien für Weiterbildungen, dies gilt bislang für die Pferdegestützte Psychotherapie nicht. Die Ausrichtung einer solchen Weiterbildungsmaßnahme sollte sich auf die spezifische Situation beziehen, dass Psychotherapeuten innerhalb ihres Wissens- und Anwendungshintergrundes einer spezifischen Therapieausrichtung das Pferd bewusst in einzelne Prozesse des Therapieverlaufs einbinden können.
1.5. Therapiepferde im Einsatz in der Psychotherapie – Auswahl und Ausbildung
Welche Pferde in psychotherapeutische Prozesse einbezogen werden, muss vom individuellen Patienten und den Zielsetzungen abhängig gemacht werden. In der Regel kommen Pferde zum Einsatz, die als Therapiepferde ausgewählt und geschult wurden. Allerdings soll hier angemerkt werden, dass auch junge oder nicht speziell geschulte Tiere in Einzelfällen einbezogen werden können, um bestimmte therapeutische Auseinandersetzungen anzuregen. Ein Fohlen kann mütterliche und beschützende Reaktionen hervorrufen, die in der Therapie genutzt werden sollen, ein junges und noch unerzogenes Pferd kann symbolisch für den Patienten oder ein anderes Familienmitglied stehen und nur für die Beobachtung auf der Weide genutzt werden. Oder ein älteres Tier kann für einen langsamen und sensiblen Kontakt zum Patienten eingesetzt werden, auch wenn es für umfassendes Arbeiten in der Therapie zu alt ist. Es hängt immer von der Fachkraft ab, das passende Tier auszuwählen und fachlich zu entscheiden, ob allen Sicherheitsbedingungen Folge geleistet wird, denn der Patient darf natürlich nicht in Gefahr gebracht werden durch unerfahrene und nicht ausgebildete Pferde. Und ebenso ist die Fachkraft dafür verantwortlich, das Pferd nicht zu überfordern und korrekt einzubinden, so dass es körperlich und psychisch nicht darunter leidet.
In der Regel werden Pferde zu Therapiepferden ausgebildet, wenn sie als Grundvoraussetzungen ein freundliches und menschenbezogenes Wesen und eine gewisse Gelassenheit mitbringen. Ein Therapiepferd sollte eine solide reiterliche Ausbildung durchlaufen haben, darauf aufbauend sollte es an gebissloses Reiten sowie das Reiten ohne Sattel gewöhnt sein.
Von besonderer Bedeutung ist die Ausbildung der Pferde vom Boden. Es beginnt beim Führtraining über die Schulung am Leitseil, ebenso wie in der Freiarbeit. Das Pferd lernt, sich über längere Zeiträume auf den Menschen zu konzentrieren und mit der Aufmerksamkeit nicht abzudriften. Bei allen Lernprozessen steht immer die positive Verstärkung der Pferde im Vordergrund, damit es Freude an der Zusammenarbeit mit dem Menschen bekommt und behält.
Als auf ein intensives Training in der Bodenarbeit aufbauender Punkt werden angehende Therapiepferde an alle eingesetzten Materialien gewöhnt, wie z.B. an Planen, Bälle, Flatterbänder, Stangen, Aufstiegstreppen etc. Es wird auf dem Reitplatz wie auch im Gelände an einer besonderen Schreckfreiheit gearbeitet. Das Therapiepferd muss lernen, sich vom Therapeuten auch in Stressmomenten beruhigen zu lassen. Es lernt in der ersten Zeit der Ausbildung, eine sichere Bindung zu seinem Bezugstherapeuten aufzubauen und sich diesem anzuschließen sowie in Schrecksituationen beruhigen zu lassen. Danach werden eine bis zwei weitere Personen einbezogen, die in gleicher Art mit dem Pferd arbeiten, so dass es lernt, mehrere Personen als sichere Basis zu nutzen. Ein weiterer Schritt in der Ausbildung der Pferde ist, dass sie nicht nur den Anweisungen des Therapeuten Folge leisten sollen, sondern dass sie in vielen Situationen selbst mitdenken. Die Führpositionen im Training werden immer wieder verändert und das Pferd angeregt, die Aufgabe selbst mitzudenken und zum Teil eigenständig zu bewältigen. Die Pferde werden durch diese Art von Arbeit selbstbewusst und eigenständig, zugleich in stetem Bezug zu dem Menschen in ihrer Bindung an diesen unterstützt.
Nach dieser zeitintensiven Schulung, welche in der Regel mehrere Monate allein für die Arbeit vom Boden, Materialgewöhnung und Schreckfreiheit dauert, kommt es zu der Schulung der Pferde für die eigentliche therapeutische Arbeit in der Triade. Das Pferd lernt, sich in Situationen, in denen eine für ihn fremde Person in die Arbeit mit einbezogen wird, sich dieser zuzuwenden und nur bei Unsicherheiten Rückbezug auf den Therapeuten zu nehmen. Dadurch soll erreicht werden, dass der Klient auch eigenständig mit dem Pferd arbeiten kann und sich „Spiegelungsprozesse“ vorrangig auf den Klienten beziehen.
Die Ausbildung eines Pferdes für die Psychotherapie dauert häufig mehr als ein Jahr, um es zu einem sicheren und kompetenten Partner in der Therapie zu machen. Zudem müssen die Lerninhalte immer weiter ausgebaut und aufrechterhalten werden. Dies wird durch einen regelmäßigen Einsatz mit Patienten und ein kontinuierliches Therapiepferdetraining gewährleistet (Gomolla, 2016).
Wichtig ist das individuelle Lerntempo eines Pferdes zu erfassen. Weiterhin spielen für die Ausbildungsart und den Einsatzbereich der Pferde Alter, Geschlecht und Rasseeigenschaften eine Rolle. Wie auch beim Menschen können auch beim Pferd Entwicklungsprozesse nicht beschleunigt werden, sondern benötigen ihre Zeit.
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