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E-Book

Prüfungen auf die Agenda!

Hochschuldidaktische Perspektiven auf Reformen im Prüfungswesen

Verlagwbv Media
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl222 Seiten
ISBN9783763946013
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,90 EUR

Die Bedeutung von Prüfungen nimmt zu: Sie entscheiden über die Verteilung von Berufs- und Lebenschancen und beeinflussen Lehr- und Lernprozesse. Das Prüfungsgeschehen bestimmt zunehmend den Lehr- und Lernalltag in den Hochschulen. Aufgabe der Hochschuldidaktik ist es, diese Entwicklung zu reflektieren und Gestaltungsoptionen zu erarbeiten. Die Beiträge dieses Bandes reichen von den Hintergründen über Perspektiven bis hin zu praktischen Innovationen und setzen damit das Thema Prüfungen auf die Agenda.

Der Autor

Sigrid Dany, Birgit Szczyrba und Johannes Wildt forschen und lehren am Hochschuldidaktischen Zentrum der Universität Dortmund.

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Leseprobe
3. Spannungsfeld eAssessment und Lernkultur (S. 144-145)

Betrachtet man die Qualitätsmerkmale für Prüfungen, die sich in der Hochschuldidaktik etabliert haben, wie z.B. die enge Anbindung an Lernprozesse, Transparenz der Kriterien, Wahl der Prüfungsformen und kontrastiert dagegen die strategischen Qualitätsmerkmale, die der Bologna-Prozess an Prüfungen stellt, wie z.B. studienbegleitende Prüfungen infolge der Modularisierung oder Benotung nach ECTS-System, so ergibt sich hier folgender Zielkonflikt: Prüfungen als Beitrag zum Lernprozess vs. Prüfungen als Beitrag zur Bewältigung zusätzlicher Belastungen im Kontext der BA-/MA-Studienreform.

Hierbei kommt dem eAssessment eine besondere strukturelle Bedeutung zu. Dieser Zielkonflikt führt zu dem folgenden Spannungsfeld: Einerseits formiert sich vor dem Hintergrund von Studienreformprozessen und der zunehmenden Integration von eLearning in der Hochschullehre eine veränderte bzw. neue Lehr- und Lernkultur, die sich vorwiegend als bottom-up-Initiative charakterisieren lässt (z.B. die Tendenz im Rahmen von zumeist drittmittelgeförderten eLearning-Projekten sinnvolle didaktische Ansätze zu entwickeln und umzusetzen oder der vermehrte Einsatz von Lernplattformen in der eigenen Lehre).

Auf der anderen Seite ist der hochschulpolitische Rahmen zu sehen, der geprägt ist durch top-down-Impulse und durch Vorgaben, die aus den Bologna-Vereinbarungen abgeleitet und im Hochschulrahmengesetz verpflichtend verankert wurden (z.B. die Bedingung, ein Modul innerhalb eines Studienjahrs mit einer Modulprüfung abschließen zu müssen). Der Druck personeller Einsparungen bei zunehmendem Wettbewerb der Hochschulen um Studierende mit der Zunahme der (in BA-/MA-Studiengängen studienbegleitenden) Prüfungslast befördert die Tendenz, (e)Assessment-Arrangements zu entwickeln, die möglichst weitgehend automatisiert hohe Studierendenzahlen verarbeiten können.

Unter dem Druck des Bologna-Prozesses besteht zunehmend die Gefahr, dass Prüfungen von den Lehr- und Lernprozessen abgekoppelt und primär unter administrativen und rechtlichen Gesichtspunkten betrachtet werden. Schriftliche Prüfungsformen, z.B. standardisierte (Multiple-Choice-)Fragen, werden zunehmend als Lösung für die entstehenden Notsituationen diskutiert und entwickelt. Im Rahmen dieses Spannungsfeldes ist es wesentlich, Qualitätsmerkmale aufzugreifen, die die Hochschuldidaktik zur Gestaltung von Prüfungsprozessen im Rahmen von Studienreformprozessen formuliert hat, und ihre Funktion als Beitrag zum Lernprozess für die neue Situation des eAssessment im Kontext der BA-/MAStudienreformen herauszuarbeiten und gegen die administrativ-strategischen Anforderungen abzuwägen.

3.1 Hochschuldidaktik und Prüfungen

Eine intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung der Hochschuldidaktik mit Prüfungen und Prüfungssystemen hat in den 1970er Jahren im Zuge der Einführung der Massenuniversitäten begonnen (vgl. Schütz/Skowronek/ Thieme 1969). Als Merkmale von Hochschulprüfungen wurden drei Funktionen identifiziert. Die Rekrutierungsfunktion von Prüfungen kann in einer absoluten Bewertung, d.h. in der Bewertung des gesamten Studiums, im Sinne eines Qualitätsnachweises verstanden werden. Die Prüfung gibt dann Auskunft darüber, ob das Studienziel erreicht wurde oder nicht. Die relative Bewertung gibt Auskunft über die Platzierung der Kandidatinnen und Kandidaten untereinander und kann zum Beispiel in Aufnahmeprüfungen zur Auslese genutzt werden, wenn es weniger Plätze als Bewerber gibt. Wenn Prüfungen sinnvoll auf Lehrund Lernprozesse bezogen sind und in Evaluationsprozesse einbezogen werden, können sie didaktische Funktionen, beispielsweise die zeitliche und inhaltliche Gliederung des Studiums übernehmen.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt4
Einleitung: Prüfungen auf die Agenda!6
1. Hintergrund und Anliegen einer Publikation zu Reformen im Prüfungswesen6
2. Zum Aufbau des vorliegenden Bandes7
‚Kompetenzen’ prüfen?13
1. Warum „Kompetenzen“?13
2. Wie „Kompetenzen“ beschreiben?17
3. Wozu die Mühe?20
Hochschuldidaktische Prüfungskritik revisited unter Bologna- Bedingungen28
1. Einleitung29
3. Die Rolle von Prüfungen im Zwei-Zyklen-Studienmodell ( B. A/ M. A.)34
4. Folgerungen für die hochschuldidaktische Praxis und Analyse38
5. Brennende Forschungsfragen einer hochschuldidaktischen Prüfungstheorie42
Kompetenzorientiert prüfen – Baustein eines gelungenen Paradigmenwechsels46
1. Vorbemerkungen46
2. Prüfungen im Rahmen des Kompetenzerwerbs47
Prüfungen als Schlüsselelement kompetenzbasierter Curricula – das Lernziel- Leistungskontroll- orientierte Curriculummodell ( LLC)59
1. Einleitung60
2. Das Lernziel-Leistungskontroll-orientierte Curriculummodell ( LLC)62
3. Diskussion des LLC66
4. Schlussfolgerung72
Prüfungen in der Transformation – Kleiner Erfahrungsbericht in wandelndemgewandeltem Selbst- bzw. Rollenverständnis75
Der Dramen erster Akt oder: Von PrüfungsheldInnen wider Willen76
Der Dramen zweiter Akt oder: Von Prüfungsopfern zu TäterInnen – und retour?80
Der Dramen dritter Akt oder: Im Prüfungsüberblick ein Aus(-Blick)?85
Kompetenzorientiertes Prüfen – ‚utopischer‚88
Epilog?88
Qualitätssicherung von Multiple- Choice- Prüfungen93
1. Einleitung94
2. Qualitätssicherung von MC-Prüfungen96
3. Praktische Umsetzbarkeit100
4. Maßnahmen zur Sicherung der Qualität von MC-Prüfungen101
Prüfung praktischer Fertigkeiten: Performance- based Testing in der Medizin104
1. Zur Relevanz praktischer Prüfungen in der ärztlichen Ausbildung105
2. Historischer und theoretischer Kontext105
3. Objective Structured Clinical Examination (OSCE)107
4. Der Stellenwert von „Simulationspatienten“ für die Prüfung klinisch- praktischer Fertigkeiten110
5. Diskussion des Formats: Vor- und Nachteile111
Progress-Testing – ein Verfahren zur detaillierten Leistungsdarstellung und Lehrevaluation auf Basis der Wissensentwicklung von Studierenden115
1. Das Prinzip Progress Testing115
2. Wie muss ein Test beschaffen sein, der dies alles leisten kann?117
3. Geschichte des Prinzips Progress Testing119
4. Praktische Anwendung eines Progress Tests am Beispiel des Progress Test Medizin ( PTM) der Charité – Universitätsmedizin Berlin120
5. Diskussion über die Anwendbarkeit des Prinzips Progress Testing127
Prüfungserstellung mit Total Quality Management (TQM)130
1. Die Lehrveranstaltung Informatik im Maschinenbau131
2. Die Lehrveranstaltung Kommunikation und Organisationsentwicklung136
3. Fazit141
eAssessment und Lernkulturen – ein Spagat zwischen Studienreformprozessen und Didaktik?143
1. Einleitung143
2. Hochschulpolitische und strukturelle Rahmenbedingungen144
3. Spannungsfeld eAssessment und Lernkultur145
4. Praxisorientierte Konkretisierung – Fallbeispiele zum eAssessment151
5. Prüfungsentwicklung als formativer Prozess – ein Fazit156
Die Beurteilung fächerübergreifender Leistungen in der interdisziplinären Lehre160
1. Einleitung – Allgemeine Ökologie und die Studiengänge in Allgemeiner Ökologie161
2. Befähigung zur interdisziplinären Zusammenarbeit – Grundlagen163
3. Beurteilung der Kompetenz zur Interdisziplinarität in der Allgemeinen Ökologie – Werkstattbericht170
4. Ausblick – Zusätzliche Herausforderung auf der Bachelorstufe179
Kompetenzen in großen Gruppen prüfen. Ein Beispiel der Schlüsselkompetenzprüfung ‚ Präsentation’ an der FH Bielefeld181
1. Kompetenzen lehren und prüfen181
2. Beispiel einer Schlüsselkompetenzprüfung „ Präsentation“ in großen Gruppen185
3. Fazit187
Biographisches Lernen zwischen Studium und Beruf. Ein Portfolio für die Praxis189
1. Prüfungsdidaktische Zielbestimmung189
2. Das Modul190
3. Die Portfolio-Methodik192
4. Biographisches Lernen194
‚Prüfungscoaching’ – zur Vorbereitung von Studierenden auf die mündliche Prüfung: Ein Werkstatt- Konzept201
1. Einleitung: Unterstützung von Lernenden in der Prüfungsvorbereitung202
2. Werkstatt-Arbeit als Arbeit im „Schon-Raum“203
3. Kontrakte, Räume und Zeiten als Rahmenbedingungen für die Werkstatt- Arbeit204
4. Ablauf der Lernwerkstatt nach dem Beratungsmodell206
5. (Lern-)Aufgaben zur Bearbeitung von Schwierigkeiten mit der Prüfung208
6. Untersuchungen von Prüfungsgesprächen mit szenischen und theatralen Mitteln209
7. Ressourcen zur Bewältigung von Prüfungsanforderungen213
8. Schlussbemerkung: Auch Lehrende brauchen Unterstützung216
Autorinnen- und Autorenverzeichnis220

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